Bericht in der Österreichische Land-Zeitung vom 22.2.1913, veröffentlicht in ANNO:

Über Anregung der Herren Beier, Schaufler, Unbekannt und Burger wurde hier eine Milchgenossenschaft gegründet und nachstehende Herren in den Ausschuß gewählt: Anton Beier, Obmann, Karl Slama, Förster, Obmann-Stellvertreter, Alois Schaufler, Schriftführer, Karl Unbekannt, Schriftführer-Stellvertreter, Karl Wimmer, Kassier, Rudolf Schaufler, Kassier-Stellvertreter, Anton Hametner, Karl Burger, Hrdlizka und Johann Magerl. Herr Beier von Gigging erörtert einleitend die Notwendigkeit der Gründung einer Milchgenossenschaft Altenwörth-Gigging, wobei er fortgesetzt durch den bisherigen Anton Fischer gestört wurde, der die christlichsoziale Politik auch in diese rein wirtschaftlichen Angelegenheit hineinzuzerren versuchte, um darüber hinweg zu täuschen, daß er als Wiener Milchlieferant seit Jahren die hiesige bäuerliche Bevölkerung eigentlich wirtschaftlich schwer schädigte. Der Trick zieht aber allmählich immer weniger, da auch wir Bauern endlich einsehen lernen, daß gerade jene, welche den Bauernstand allerwärts „abmelken“, immer „christlichsozial“ sind und unter Vorspielung von Ehrlichkeit und Christlichkeit, unsere Religiosität gründlich ausschroten. So macht es nicht nur unser Wiener Milchhändler Anton Fischer allein, sondern die christlichsozialen Bauernführer selbst. Zu dumm ist es, wenn der Mann dann schreit, er wird von dem Mitbegründer unserer Milchgenossenschaft, Herrn Karl Unbekannt Schadenersatz verlangen. Sehr anerkennenswert ist, daß Herr Hametner, der immer für Fischer die Milch hier sammelte, auf den Ertrag der Tätigkeit verzichtet und selbst für die Gründung der Milchgenossenschaft eintrat. Herr Beier von Gigging erörterte die Vorteile der Gründung der Milchgenossenschaft für die Milchproduzenten und Herr Wimmer trat unter Beifall gegen Fischer auf, bis schließlich letzterer auch noch in Folge seiner Frechheit durch Herrn Schaufler,die Tür gewiesen wurde. Schließlich stellte Herr Beier an die Versammelten die Anfrage, ab sie der Gründung der Milchgenossenschaft zustimmen und als dies zur Tatsache wurde, krächzte wieder der tschechisch-christlichsoziale Dampfmüller Pieta von Altenwörth mit den Worten drein: „… wo gomt den Casino hin“, worauf Herr Unbekannt erwiderte: auf eine dem Herrn Beier, um einen annehmbaren Preis angekaufte Wiese, die zwischen Altenwörth und Gigging liegt, so daß das zur Erbauung kommende Milchgebäude für die Genossenschaft, mitten zwischen beiden Orten liegt. Darauf sagte Pieta: „a do wär i mi net streiten, do geh mi“ und mit seinen Anhang abzog. Wie notwendig aber die Gründung war, beweist, daß schon nach drei Tagen auch die Anhänger Pietas der jungen Genossenschaft beitraten. Nachdem die Satzungen der Genossenschaft genehmigt waren, schlug Herr Glanina, Herrn Beier zum Obmann vor und wurde eine Frist von acht Tagen zum Eintritt in die Genossenschaft beschlossen. Die Genossenschaft besteht heute einmütig mit 47 Mitgliedern und der tschechisch-klerikale Dampfmüller Anton Pieta und der frühere Milchhändler Anton Fischer wurden aber ausgeschlossen. So endete die Gründung unserer Genossenschaft, die ferner unter der neuen Leitung blühen, wachsen und gedeihen möge zum Segen der hiesigen Milchproduzenten. Herrn Karl Bennersdorfer von Kollersdorf, der uns 7 bis 8 Jahre die Milch bis zum letzten Tage abnahm, sprechen die Milchproduzenten von Altenwörth-Gigging hiermit nochmals den besten Dank aus.

 

Milchgenossenschaft Altenwörth.
Bei der letzten Sitzung der hiesigen Milchgenossenschaft wurde Johann Waltner jun. einstimmig als Direktor der Genossenschaft gewählt. Er hat sich um die Hebung der Gemeinde bereits große Verdienste erworben. Sein Plan von der Gründung einer großzügigen Käserei hat auch in den Nachbarortschaften Winkel und Neustift Anklang gefunden.
(Volksblatt für Stadt und Land vom 26.7.1927)

 

April 2021
Maria Knapp