Apotheker in Kirchberg am Wagram

 

 

    

 

Das Wort „Apotheke“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „Aufbewahrungsort“ für Vorräte im Allgemeinen. Besonders aber bezeichnete es das meist oben im Hause gelegene Weinlager, wo der Wein in Amphoren bewahrt wurde. In Klöstern wurde hiermit der Raum zur Aufbewahrung von Heilkräutern bezeichnet.

 

Geschichte der Apotheken

Um 1241 wurde vom Stauferkaiser Friedrich II. das „Edikt von Salerno“ (Medizinalordnung) erlassen: die erste gesetzlich fixierte Trennung der Berufe Arzt und Apotheker. Ärzte durften keine Apotheke besitzen oder daran beteiligt sein. Die Arzneimittelpreise wurden gesetzlich festgeschrieben, um Preistreiberei zu verhindern. Das Edikt von Salerno wurde Vorbild der Apothekengesetzgebung in ganz Europa. Aus dieser Zeit stammt auch die älteste noch existierende Apotheke Europas: eine Urkunde von 1241 mit dem Siegel der Stadt Trier (Landeshauptarchiv Koblenz) dokumentiert die Schenkung einer Apotheke, die als Löwen-Apotheke am Trierer Hauptmarkt noch heute besteht.

Nach der Erlassung der Medizinalordnung entstanden städtische Apothekenordnungen, in denen festgelegt wurde, dass Apotheken nur zum Verkauf von Arzneien gegründet werden dürfen. Im Laufe des 14. Jahrhundert wandelten sich die Apotheker vom fliegenden Händler zum wohlhabenden Patrizier, der nicht nur Heilpflanzen, Gewürze und Drogen verkaufte, sondern auch selbst Arzneimittel in der Offizin (Werkstätte, Arbeitsraum) herstellte.  Seit dem Jahr 1317 befindet sich im Franziskanerkloster der Stadt Dubrovnik eine der ältesten Apotheken Europas, ebenso wie die Tallinner Ratsapotheke.

Da die Wirtschaftlichkeit von Apotheken damals stark von Seuchen und Epidemien abhängig war, gab es mancherorts Versorgungsprobleme, wenn längere Zeit keine solchen auftraten. Um dem vorzubeugen, wurden im 15. Jahrhundert beispielsweise in Niederösterreich durch die Landstände sogenannte Landschafts-Apotheken errichtet.

Vor dem letzten Viertel des 19. Jahrhunderts bestanden die meisten Medikamente, die man in Apotheken fand, aus Teilen von Pflanzen und Tieren und aus ein paar mineralischen Substanzen. Der Beruf des Apothekers erforderte damals eine gründliche Kenntnis der einheimischen wie der exotischen Flora und Fauna, insofern man ihnen Heilwirkung zuschrieb.

Als Apotheke wird heute ein Ort bezeichnet, an dem Arzneimittel und Medizinprodukte abgegeben, geprüft und – zum kleinen Teil – hergestellt werden. Zudem ist es eine Hauptaufgabe des Apothekers und des übrigen Apothekenpersonals, die Patienten zu beraten, sie über Nebenwirkungen aufzuklären und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten aufzudecken. Zusätzlich zu der Abgabe von Arzneimitteln verkaufen Apotheken auch „apothekenübliche Artikel“ wie Nahrungsergänzungsmittel, kosmetische Erzeugnisse und weitere Waren mit gesundheitsförderndem Bezug.  

 

Apotheker in Kirchberg

um 1644: Zacharias Puecher

Er betreute nicht nur eine Badstube in der heutigen Passauerstraße, sondern war auch "Arzt und Apotheker".

 

ab 1829: Karl Weidinger

Die Apotheke für den Ort wurde 1829 für Karl Weidinger (geb. St. Pölten 31.5. 1795, exam. 8.10.1819) bewilligt.  Seine Gattin war Johanna geb. Wilthan. Die Adresse der Apotheke war Kirchberg Nr. 5. Er starb am 18.9.1857 an "allgemeiner Wassersucht".
Um 1865: Johanna Weidinger ist Firmeninhaberin der Apotheke in Kirchberg. (Wiener Zeitung vom 28.5.1865, veröffentlicht in ANNO)

 

ab 1869: Joseph Pollenat

1869 wird die Apotheke an Josef Pollenat (geb. in Ungarisch Hrachych, Mähren, exam. 30.8.1867) verkauft.

 

ab 1873: Sigismund Gerlich

1873 kauft Sigismund Gerlich (geb. in Odrau, Schlesien, 2.5.1846, exam. 23.8.1869) die Apotheke. 



ab 1896: Ernest Freissler

1896 kauft Ernest Freissler die Apotheke. Er stammt ebenfalls aus Odrau in Schlesien (geb. 5.10. 1865, exam 23.7.1890), sein Vater war Tuchhändler. Wie  aus der Eintragung seiner Ehe in den Pfarrmatriken hervorgeht, war seine Mutter eine geborene Gerlich, es dürfte  Sigismund Gerlich sein Onkel gewesen sein. Dieser und Bürgermeister Franz Roßkopf waren die Trauzeugen.  Er war mit Aloisia Neugebauer, der Tochter des Fleischhauers von Kirchberg Nr. 26 verheiratet. Die Adresse der Apotheke zu dieser Zeit lautete Kirchberg Nr. 9.

Ernest Freisler starb am 21.5.1909 im Krankenhaus in Wien im Alter von nur 43 Jahren an einer Bauchfellentzündung.

Ein Zeitungsbericht dazu:
Der in weiten Kreisen bekannte und allseits ob seines jovialen Wesens beliebte Apotheker Freisler verschied am 22. d. in Wien. Derselbe litt an Gedärmverwicklung, wurde nach Wien überführt, dort operiert und konnte schon auf Genesung hoffen, als eine neue Komplikation den Leidenden dahinraffte. Herr Freisler ist der Schwiegersohn unseres Bürgermeisters Neugebauer und war erst 44 Jahre alt.
(Österreichische Land-Zeitung vom 29.5.1909)

   
Die Apotheke um 1900
Fotos: Apotheke Kirchberg am Wagram, Mag. Wilfried Becker
 

 

Seine Witwe, Anna Freißler, sucht einen Magister, Christen, ledig, zu einem Gehalt von 160-180 Kronen, mit Frühstück, Jause und freier Wohnung.
Pharmaceutische Post vom 19.10.1909

Herr Mr. Wilhelm Mayer wurde daraufhin mit der Leitung der Apotheke von E. Freißlers Erben in Kirchberg betraut.
(Pharmaceutische Presse vom 30.10.1909)

 

ab 1910: Karl Lauzil

1910 kauft Karl Lauzil die Apotheke, er begeht Selbstmord und hinterlässt eine Witwe mit 2 Kindern. 



ab 1912: Familie Becker

1912 pachtet und 1914 übernimmt die Konzession der Apotheke Mag.Ernst Becker, geboren in  Komorau, Böhmen, am 7.7.1870 , exam. 25.7.1891, gest. 23.4.1921.  Er erhält zwischendurch eine Konzession für eine Apotheke in Amstetten, bleibt aber in Kirchberg am Wagram.

Herr Mr. Ernst Becker, bisher Provisor der kürzlich verkauften Wallaschekschen Apotheke in Wien, XII., Albrechtsberggasse, übernimmt den Pacht der den Lauzil’schen Erben gehörigen Apotheke in Kirchberg am Wagram. 
(Pharmaceutische Post vom 27.1.1912) 

Nach dem Tod ihres Gatten führt Irma Becker die Apotheke als Witwenbetrieb mit verschiedenen Provisoren.
Um 1930 war Frau Mr. Iphigenie Pils angestellt, 1933 Mag. Rudolf Rysavy, 
 zuletzt ihr Sohn Herbert als Leiter bis Kriegsende. Während und nach dem Krieg leitete ein im Jahre 1944 zugeteilter Rumäne, Emil Litschel,  die Apotheke, da Herbert Becker einrücken musste. 

Nach dem Tod von Irma Becker leitet  ihre Tochter Margarete Lieb (geb. 1903) die Apotheke bis zum Jahre 1953. In diesem Jahr bekommt Mag. Herbert Becker , der seit 1933 mit Josephine Hirsch verheiratet ist, die Konzession, die er bis zu seinem Tod im Jahre 1970 inne hat. 

  
Mag. Ernst Becker sen.
Foto: Apotheke Kirchberg am Wagram, Mag. Wilfried Becker 


Ansichtskarte: Herbert Eder
 


Im Jahr 1971 erwirbt Sohn Mag. Ernst Becker (geb. 1934) die Konzession für die Apotheke.

 


Die Apotheke vor der Renovierung 1973 - Verkaufsraum und Materiallager



Kurz darauf, im Jahr 1973, wird die Apotheke umgebaut, um der modernen Zeit Rechnung zu tragen
Fotos: Apotheke Kirchberg am Wagram, Mag. Wilfried Becker

 

Im Jahr 2006 wurde die Apotheke innen komplett umgebaut, wobei nicht nur der Verkaufsraum, sondern auch die Nebenräume, Offizin und Lager mit modernster Technik ausgestattet wurden. Im Jahr 2011 wurde die Apotheke schließlich außen renoviert. 

Seit 2012 hat Mag. Wilfried Becker  (geb. 1980), die Konzession für die Apotheke inne. 


 

 

 

 

 

 

 

 


 








Die Apotheke heute
  

 

 Diverses


2 Kuverts zum Verpacken von Tabletten und Pulvern
Fotos: Herbert Eder 


Fläschchen, die früher zum Aufbewahren von Tinkturen und Tropfen verwendet wurden.


Mörser, die man heute als Ziergegenstände aufstellt, waren und sind wichtige Hilfsmittel zum Zerreiben von allerlei festen Stoffen zur Herstellung von Medikamenten.

 

Alte Rechnungen 

Folgende Rechnungen befinden sich in den Akten des Diözesanarchivs Wien, Pfarrarchiv Kirchberg am Wagram, Karton 21, Spitalrechnungen 1841 - 1937 und betreffen die Rechnungen des Paul Czernitz'schen Spitals.

 

 

Quellen:
Mag. Ernst Becker und Mag. Wilfried Becker
Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram
Die Geschichte der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram
Diözesanarchiv Wien, Pfarrarchiv Kirchberg am Wagram, Karton 21, Spitalrechnungen 1841 - 1937
https://www.apokirchberg.at/information 

 

Dezember  2012
Maria Knapp