Vor etwa 17 Millionen Jahren waren das gesamte Alpenvorland und das Weinviertel - und damit auch unser Gebiet - von einem Meer, der Paratethys, bedeckt. Durch die Hebung der Alpen und Karpaten zog sich dieses Meer vor etwa elf Millionen Jahren ostwärts in das Wiener Becken und die Pannonische Tiefebene zurück und bildete dort den Pannonen See. Auch das Gebiet des heutigen Tullner Feldes wurde dadurch zur Landfläche.
 
In der Zeit vor etwa elf bis sieben Millionen Jahren floss eine Urdonau in Richtung Wiener Becken und tiefte sich in die älteren Meeresablagerungen ein. Sie verlief aber nördlicher als heute, von Krems Richtung Hohenwarth, Ziersdorf und Hollabrunn, und mündete bei Mistelbach in den Pannonen See. Der Fluss, wild verzweigt und bis zu mehrere Kilometer breit, änderte immer wieder seinen Lauf.
 
In der Zeit vor fünf bis zwei Millionen Jahren verlagerte sich die Urdonau immer weiter nach Süden, es entstand die Donau. Dabei erodierte sie die älteren Meeresablagerungen und schuf die Uranlage des heutigen Tullner Donautales. Die härteren Schotter der Urdonau blieben auf den Höhen bestehen, so dass heute nördlich des Tullner Feldes tertiäre Flussschotter auf den Hügeln erhalten sind, was als Reliefumkehr bezeichnet wird.
 
Im Quartär, vor ca. 2,6 Millionen Jahren, wechselten oftmals Kalt- und Warmzeiten. In den trockeneren Kaltzeiten lagerten die Flüsse Schotter und Sande ab, in den feuchteren Warmzeiten nahmen sie diese Ablagerungen wieder mit und tieften sich ein, wobei sie Täler und Geländestufen schufen. Dadurch bildeten sich unter anderem die Geländekanten des Wagram und des Niederwagram. In den Kaltzeiten verwehte der Wind die feinsten Flussablagerungen und schichtete sie andernorts als Löss auf. Hochwässer hinterließen im Tullner Feld wiederum Sand und fruchtbaren Schlamm. So entstanden im Laufe der Zeit die unterschiedlich dicken, fruchtbaren Schichten im Tullner Feld, am Wagram und nördlich davon.
Das scheinbar so ebene Tullner Feld ist in merkbare Terrassen unterteilt. Das höchste Niveau weist das Feld auf, das sich vom Niederwagram nach Norden bis zum Wagram hin erstreckt, der eine durchlaufende Grenze bildet. Um 4 bis 5 m tiefer liegt das Donaufeld und zu unterst säumt eine 2 m hohe Geländestufe das Auland.
 
Viele Schottergruben und Bohrungen haben den Untergrund des Feldes und Donaufeldes erschlossen, wobei festgestellt wurde, dass die Mächtigkeit des Schotterkörpers bis zu 10 m beträgt. An seiner Basis, direkt über den 17 Millionen Jahre alten Meeresablagerungen, liegen auffallend viele Gesteinsblöcke, von denen manche eine beachtliche Größe aufweisen.
 
Um der Erosion vorzubeugen und den landwirtschaftlichen Ertrag zu heben, hat man in der Mitte des 20. Jahrhunderts auf den Feldern nördlich von Neustift langgestreckte Windschutzgürtel angelegt, die heute die Ebene gliedern.
 
Blick vom Hausberg in Mitterstockstall über das Tullner Feld, 2010
 
Blick von der Brücke über die S5 bei Frauendorf zum Wagram 
Prof. Ludwig Piffl, Schulleiter in Neustift und Eiszeitforscher von Internationalem Ruf, schrieb dazu 1951 (gekürzt): Mit dem Wagram endet die geschlossene Lössdecke und es beginnt die Schotterebene der Donau. Sie weist eine deutliche Stufung auf, die durch die allmähliche Eintiefung des Stromes entstanden ist.
 
Die Feldebene. Die weite baumlose Ebene vor dem Wagram wird von den Bewohnern das Feld genannt. Sie reicht bis zu einer deutlichen Geländestufe, die von Seebarn über Neustift gegen Bierbaum verläuft und Niederwagram geheißen wird. Bei Neustift und Sachsendorf fällt er stufenförmig ab, wogegen er an anderen Stellen noch die frische Form eines Altufers mit den halbrunden Prallhängen der Flußmäander besitzt. Der Aufbau der Feldebene ist in vielen Schottergruben erschlossen. Die Feldebene weist an manchen Stellen dünenartige Sandanwehungen auf, die als Leebühel, Fuchsenbühel, oder Herzogbühel bezeichnet werden.
 
Das Donaufeld oder Aufeld breitet sich vor dem Niederwagram aus. Es ist jenes Gebiet, das bei allen größeren Überschwemmungen beinahe restlos überflutet worden ist. Halbrunde, verlandete Altarme und Mäander[1] der Donau, dort und da mit Kopfweiden bestanden, geben diesem Donaufeld ein charakteristisches Aussehen. Manche dieser Altarme sind noch im frühen Mittelalter mit dem Strom in Verbindung gestanden. Heute sind diese Altarme längst verlandet und zu Sümpfen oder Wiesen geworden. Ihre Tümpel haben sich noch lange erhalten. Die alte Bezeichnung See für solche Lacken ist in den Flurnamen des Aufeldes häufig zu finden. Unter einer verhältnismäßig dünnen Lage von Aulehm und Sand liegt der Donauschotter.
 
Eine etwa 2 m hohe ganz niedere Geländestufe scheidet das Auland vom Donaufeld. Bis zur Donauregulierung war dieses Auland ein durchaus amphibischer Boden, wie uns ein Vergleich der Karten der letzten 150 Jahre zeigt. Hier unterscheidet das Volk zwischen Haufen, Häufl und Anschütt als den jungen Ablagerungen, während die alten, bereits landfesten Auteile mit Werd oder Wörth bezeichnet werden. Nur wenige Siedlungen haben sich in diesem unbeständigen Gebiet erhalten.
 
Die Gliederung des nördlichen Tullner Feldes nach Prof. Ludwig Piffl 
Die unterschiedlichen Farben zeigen die Abstufungen des Geländes, die von Westen nach Osten abfallen.

Auf der folgenden Karte  sieht man im Norden deutlich die Geländestufe des Wagram und am Ausgang der Täler verschieden große Schwemmfächer. Südlich davon erkennt man im Bereich Sachsendorf - Kollersdorf - Neustift - Bierbaum durch den Sprung in den Farben den Anstieg am Niederwagram. Im Donaufeld sind besonders schön die alten Mäander der Donauarme zu sehen, die noch heute als Dellen in den Feldern sichtbar sind. Ebenso sind im Auland die alten Flussarme zu erkennen, die vor dem Bau des Kraftwerkes Altenwörth noch mit Wasser gefüllt waren.
Reinhard Roetzel (Geologische Bundesanstalt):
Karte der Oberflächen-morphologie im Bereich Kirchberg/Wagram - Winkl
 
Reinhard Roetzel (Geologische Bundesanstalt): Die verschiedenen Niveaus im Tullner Feld
[1] Flussschlingen
Quellen:
Piffl, Ludwig: Abschnitt Krems-Wien - Die Exkursion von Krems bis Absberg - Verhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 1951
Piffl, Ludwig: Der Wagram des Tullner Beckens, 1964
Informationen von Reinhard Roetzel im Zuge der Recherchen für das Buch „Chronik von Winkl“, 2016.

Juli 2017
Maria Knapp