Der Donauraum, und somit auch die Gegend um Altenwörth, waren im Kriegsfall immer heiß umkämpft, da der Fluss gleichzeitig den Transportweg für die Truppen darstellte. Dies war bereits bei den Römern der Fall, die ihre Heere hier beförderten.

 
Da sich Altenwörth relativ weit weg von größeren Städten befindet, die umfangreichere Chroniken besitzen, sind diesbezügliche Informationen über die hiesige Gegend eher dürftig. Zu Kriegsereignissen jüngerer Zeit gibt wieder die Pfarrchronik Auskunft.
 
Awarenkriege (791 – 796)
 
In den Awarenkriegen wurden von Karl dem Großen mächtige Donauflotten eingesetzt. Dieser Einsatz war aber nicht von heute auf morgen möglich, sondern hatte eine schon vorher betriebene Schifffahrt als Grundlage.[1]
 
Feldzug gegen Mähren (864)
 
Im Jahr 864 überschritt das fränkische Heer unter Ludwig dem Deutschen bei Tulln die Donau zum Angriff auf das Mährische Reich unter der Herrschaft von  Rastislav von Mähren.[2]
 
Kreuzzüge
 
Die meisten Kreuzzüge nahmen ihren Weg nach Süden über das Mittelmeer. 1146 benützte Konrad III. die Donau als Transportweg, danach Ludwig VII. von Frankreich und 1172 Heinrich der Löwe.[3]
Der dritte Kreuzzug, an dem auch Kaiser Friedrich I. Barbarossa teilnahm, zog die Donau entlang nach Osten. Vom 24. April 1188 an strömten mehr als 600.000 Kreuzfahrer aus allen Gebieten Deutschlands längs der Donauufer nach Wien, wo der Sammelplatz war und Musterung und Heerschau gehalten wurde. [4] 
 
Am 11. Mai 1189 brach Friedrich I. Barbarossa mit dem vermutlich größten Kontingent, das jemals ein einzelner Fürst zu einem Kreuzzug beisteuerte, in Regensburg auf. Friedrich wurde von einigen Vertretern des deutschen Hochadels begleitet.[5] Der Legende nach warnte ein Sterndeuter Kaiser Friedrich: Wenn er den Weg ins Morgenland am Wasser unternähme, würde der Monarch den Tod durch Ertrinken finden. Sicherheitshalber vermied Friedrich den Seeweg und zog zu Lande gen Osten. Seinem Schicksal konnte er dennoch nicht entrinnen, er ertrank im Fluss Saleph in der Türkei.[6]
 
Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648)
 
Was am 23.Mai 1618 mit dem Prager Fenstersturz begann, entwickelte sich zu einem dreißig Jahre dauernden Religions-, Stände- und Staatenkonflikt auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.[7]
 
Bereits im ersten Kriegsjahr bestand die Gefahr, dass die Böhmen in den Tullner Raum einmarschieren. Diese Gefahr ging vorbei, aber bereits im Mai 1619 stießen die Böhmen gegen Wien vor. Nun wurden alle Zillen vom Nordufer der Donau und die Schiffsmühlen bei Tulln und Altenwörth auf die Südseite gebracht. Ein Strom von Flüchtlingen aus den Orten nördlich der Donau zog nach Tulln, um sich vor den gefürchteten Böhmen zu retten. Als sich die Böhmen wieder zurückgezogen hatten, wurde das Land nördlich der Donau von den kaiserlichen Truppen wie ein erobertes Land behandelt und ein neuer Flüchtlingsstrom wurde nach Tulln getrieben.[8]
 
Das Tullner Feld hatte dann einige Jahre Ruhe und der Krieg wurde in weit entfernten Gebieten ausgetragen. Trotzdem litt die Bevölkerung unter hohen Steuern, Naturalabgaben und Bedrängung durch die eigenen Truppen.[9]
 
1642 begannen die Schweden, die kaiserlichen Truppen nach Niederösterreich zurückzudrängen. Der Schwedenführer Torstensson verlegte sein Quartier im April 1645 ins Schloss Grafenwörth und seine Truppen rückten bis Wien vor. Die Grafenwörther flohen auf die Insel Kriegau bei St. Johann, dessen Ortsteil Santl so wie auch Kollersdorf und Winkl von den Schweden vollständig zerstört wurden.[10] Auch in Neustift plünderten die Truppen Torstenssons.[11]
 
Die kaiserliche Armee lag südlich der Donau. Kein Bürger traute sich vor die Tore, kein Vieh war auf dem Felde, es mußte im Stall verhungern; alles Holz, Stadel, Zäune und Brunnendächer wurden verbrannt, alles verwüstet, klagte der Tullner Rat. Bis 1647 hielten die Schweden mit ihren Besatzungen in Korneuburg und Krems die Bevölkerung in Angst und Schrecken.[12]
Mit dem lang ersehnten Kriegsende hatte aber die Drangsalierung der Bevölkerung noch immer kein Ende gefunden. Die Landsknechte, die nach dem Friedensschluss entlassen wurden, zogen häufig als Räuber von Ort zu Ort um zu plündern und zu rauben. Auch militärische Einquartierungen waren nach wie vor an der Tagesordnung.[13]
 
Zweite Türkenbelagerung, 1683
 
Sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Türkenbelagerung Wiens zogen die Osmanen südlich der Donau eine Spur der Verwüstung durch das Land. Bei der zweiten Belagerung war der Tullner Raum vom Durchzug der zu Hilfe eilenden Truppen aus Bayern und Polen betroffen.
 
Die Bayern erreichten am 16. August Krems, die Polen unter König Jan III. Sobieski am 31. August Hollabrunn, die Sachsen am 1. September Maissau; Sammelpunkt aller Entsatztruppen (65.000 Mann) war das Tullner Feld. Am 4. September wurde bei einem Kriegsrat im Schloss Stetteldorf der Schlachtplan entworfen, am 9. September marschierten die Truppen aus dem Tullner Feld ab und besetzten am 11. September die ungesicherten Wienerwaldhöhen.[14]
 
Die Dörfer nördlich der Donau hatten unter den polnischen Einquartierungen stark zu leiden. Unbarmherzig  plünderten die Pollackhen  Flur und  Feld, Hof und Keller. Anbelangend aber der Pollackhen wie auch Kosaken Speis waren viel derselben im Essen nicht gar zu delicat und erzeigten sich mit einem Wort sehr gefräßig. Daher denn auch weder Kraut noch Kohl weder Rüben noch Möhren vor ihnen sicher blieben, und verzehrten solches alles ohne Feuer und ungekochter. Die großen Schweinsplutzer, so kaum halbzeitig, fielen sie wie die Bienen an und blieben weder Bäume noch Weinreben unberührter, denn sie waren nicht allein mit den harten und unzeitigen Weintauben begnügt, sondern schnitten auch mit denselben die Reben ab, wurffen sie auf die Wägen, sonderten alsdann die schwarzen von den weißen, sagend, die schwarzen wären schon zeitig und aßen selbige. Die grünen Umurken  (Gurken) aßen sie ungeschälter, ohne Salz und Essig; den Salat aber wurffen sie samt allen Unflat in ein Schaff, gossen Milch darauf und war ihnen eine gute Speis, Pyrn, Aepffl, Marillen und Zwetschken und alles was sie fanden, steckten sie in Säcke und thaten in denen Getreidt und Feldern einen unersetzlichen Schaden.[15] 
 
Laut Pfarrchronik soll das Polnische Heer im Gemeindegebiet von Winkl die Donau bei einem Rinnsal überquert haben, das in der Folge „Plaiken“ oder „Placken“ genannt wurde.[16]
Ein Winkler Hof gehörte damals dem Stift Schlägl (OÖ). Aus dessen Akten geht hervor, dass der Ort durch die durchziehenden polnischen Soldaten großen Schaden erlitten hat. Am 3. November 1645 berichtete der Lesemeister Gottfried dem Abt, daß der Winkler Untertan am 20. Oktober zu ihm nach Königstetten gekommen sei und ihm sein Elend geklagt habe. Er habe dann selbst den Augenschein eingeholt und den Schaden aufgenommen. Er hatte auch 57 Eimer Wein gekauft, die er aber nicht nach Krems liefern konnte, da kein Fuhrmann aufzutreiben war. Der Lesemeister hatte überhaupt in diesem Herbst seine liebe Not, da an Leuten und Pferden großer Mangel war und auch die Schiffleute auf der Donau den Anforderungen, die von den zurückkehrenden Flüchtlingen und der Armee an sie gestellt wurden, nur schwer nachkommen konnten.[17]
 
Napoleonische Kriege, 1807-1809
 
Zwischen 1807 und 1809 tobten die Franzosenkriege auch in unserer Gegend. Um die Truppen Napoleons aufzuhalten, die sich am südlichen Ufer befanden, gab das Kreisamt Krems folgende Verordnung zur Verteidigung heraus:
 
Instruction über die Bewachung der Donauufer
In allen an der Donau gelegenen Ortschaften ist ungefähr 200 oder 300 Schritte außer dem Orte gegen den Wagram zu, auf einem am meisten sichtbaren Platze eine Allarmstange mit einem Bund Stroh, welcher mit Flachs und Werg vermischt und mit Pech überronnen sein muß, aufgestellt.
 
Zu dieser Allarmstange wird eine Wache gestellt, die bei Tag und Nacht dabei die Wache versieht, damit diese nicht etwa zu Unzeit oder gar aus Mutwillen von jemand angezündet und dadurch die Landleute unnützerweise in Bewegung gesetzt werden. Den Befehl, daß die Allarmstange anzuzünden sei, kann nur der Ortsrichter allein geben, der dafür verantwortlich bleibt, wenn bei wirklicher Gefahr dies unterlassen werden sollte.
 
Als wirkliche Gefahr kann nur der Fall betrachtet werden, wenn es eine feindliche Truppe von wenigstens 100 Köpfen wagen sollte, auf der Donau an irgendeiner Stelle überzusetzen und das diesseitige Ufer zu erreichen; auf eine mindere Zahl wird nicht geachtet, weil dies leicht durch die vom Militär auf-gestellten Wachposten aufgehoben werden kann.
 
In jeder der an der Donau gelegenen Ortschaften muß bei Tag und bei Nacht ein gesatteltes Pferd bereit stehen, damit, wenn Gefahr eintritt, augenblicklich ein reitender Bote nach Grafenegg abgeschickt  und der Herr Oberbeamte daselbst in Kenntnis gesetzt werde, der sich glücklich schätzen würde, das Ganze des Aufgebotes zu leiten und diese Gelegenheit benützt, alle rechtschaffenen Bewohner des Donaubezirks um ihr Zutrauen zu bitten, dessen er sich bei jeder Gelegenheit wert zu machen bestreben wird.
 
Um jede sich ereignende Gefahr eines feindlichen Überfalles möglichst zu verbreiten, und unsere lieben Landsleute auch in der Entfernung aufzufordern, zu unserer Unterstützung, werden auch in den am Wagram gelegenen Ortschaften Feuersbrunn, Ottenthal und Kirchberg Allarmstangen, so wie jene, von denen oben Meldung geschah, aufgestellt, die alle zugleich angezündet werden, sobald eine oder die andere der bei den Donau-Ortschaften Allarmstangen brennend gesehen werden.
 
Vor allem ist wohl zu bemerken und bei strengster Verantwortung des Ortsrichters darauf zu sehen, daß nur diejenige von den Allarmstangen, welche in den an der Donau gelegenen Ortschaften aufgestellt sind, angezündet werden, wo die Feinde wirklich einen Überfall zu unternehmen versuchen, alle übrigen aber ruhig gelassen werden und dies zwar aus der Ursache, weil die brennende Allarmstange zugleich als das Zeichen gilt, wo das Landaufgebot zur Abwendung der Gefahr sich in Waffe zu versammeln hat. Würden dann mehrere Stangen zugleich angezündet, so müßten notwendig Unordnungen daraus entstehen, die bei solchen Versammlungen, wenn sie von dem gewünschten Nutzen sein sollten, sorgfältig vermieden werden müssen.[18]
 
Doch alle Maßnahmen erwiesen sich als gänzlich zwecklos, denn wenige Wochen später war die Gegend vom französischen Militär überrannt. In Grafenegg hatte der französische General Marmont sein Quartier aufgeschlagen, am 8. September 1809 kam Napoleon selbst nach Grafenegg, um im Schloss zu übernachten. Die Soldaten plünderten und raubten, die Ortschaften hatten Zwangslieferungen zu leisten.[19]
 
Wenn das Gerücht umging, die Napoleonischen Truppen seien nahe, versteckten sich die Leute, besonders aber die Männer und jungen Burschen, denn der Feldherr liebte es, die stämmigen und halbwegs starken Leute mitzunehmen und in sein Heer einzureihen.[20]
 
Französisch-Württembergische Heeresabteilungen zogen durch Kollersdorf in Richtung Wien, wobei sich die Württemberger gegen die Bevölkerung viel roher und habsüchtiger als die Franzosen benommen haben sollen.[21]
 
Eine Episode dieser  Kriege  nahm am  6. Juli 1809 bei der Knödelhütte ihren Anfang. Leutnant Georg Fontano stand hier mit 50 Mann, als er am anderen Ufer ein Kommando von drei Offizieren und 100 Mann bemerkte, die Gefahr liefen, von ihrem Schiff abgeschnitten zu werden. Er eilte in einem tiefen Nebenarm über die Donau, fiel den Feinden in den Rücken, vereinigte sich mit der abgeschnittenen Truppe und drängte die Franzosen zurück. Als diesen zwei feindliche Kompanien zu Hilfe eilten, ordnete er den Rückzug über eine vom Feind geschlagene Brücke an. Mit unbeträchtlichen Verlusten überquerte er wieder die Donau. Nach diesem tapferen Offizier ist in Zwentendorf eine Gasse benannt.[22]
 
 
Preußisch-Österreichischer Krieg, 1866
 
Seit dem Bestehen des Deutschen Bundes kam es zu immer größeren Spannungen zwischen den Großmächten Österreich und Preußen im Kampf um die Vorherrschaft, die 1866 schließlich in einen Krieg gipfelten. Nach der Entscheidungsschlacht am 3. Juli bei Königgrätz, die den Österreichern eine schwere Niederlage bescherte, wandten sich die Preußen, durch ihren Sieg beflügelt, der Residenzstadt Wien zu. Nach strategischen Berechnungen wurde das Tullner Feld als eine der Möglichkeiten für die Preußen angesehen, die Donau zu überqueren. Die Brücken bei Stein und Wien wären als Übergang, sowie die Überfuhren bei Hollenburg, Zwentendorf, Tulln, Klosterneuburg und Nußdorf als Anbaumöglichkeiten für Brücken in Frage gekommen.[23]
 
Die Erzählung „Die Hexe von Endor“ von Justus Felix aus dem Jahr 1874 gibt die Lage im Tullner Feld kurz nach der Schlacht bei Königgrätz anschaulich wieder (gekürzt): Oesterreich handelte rasch, um zu retten, was zu retten war. Die österreichische Hauptarmee wurde um Wien und am rechten Donauufer von Wien aufwärts bis Mautern konzentrirt und die Donaulinie durch zahlreiche Schanzen in Vertheidigungszustand versetzt und hiermit war auch das Tullnerfeld zum Kriegsschauplatze gestempelt. Jedes Dorf, jedes Haus war mit Truppen belegt, kein Tag verging, wo nicht auf den Straßen Regimenter auf und niederzogen.
 
Bald kamen auch die Flüchtlinge aus Böhmen und Mähren mit Wagen und Gepäck, worunter oft ganz werthlose Gegenstände waren. Sie jammerten und lamentirten und meldeten Tag für Tag, daß ihnen die Preußen auf dem Fuße folgen, wenn man sich aber genau  erkundigte, erfuhr man, daß sie von denselben eben so wenig etwas gesehen hatten, als wir. Diese Flüchtlinge und die aufgeworfenen Schanzen vermehrten im Tullnerfelde den Schrecken und die Verwirrung bis ins Unglaubliche. Die Ernte stand in den Feldern, sie war reif, harrte der Schnitter und hatte von den durchmarschirenden Truppen  viel zu leiden - allein nur Wenige dachten daran. Die Leute standen müßig in den Ortschaften und an der Donau herum und forschten nach Neuigkeiten und nach den Preußen oder - sie waren mit dem Vergraben ihres werthvolleren Eigenthums beschäftigt.
 
Nachdem auch noch die Kirchenthürme, besonders an der Donau, mit Observationsposten belegt wurden, nachdem in den Auen am linken Donauufer die Brücken niedergebrannt wurden und auch die Trümmer der in die Luft gesprengten Steinerbrücke herabgeschwommen kamen, erreichte die Angst und Verwirrung die höchste Stufe, so daß auch im Tullnerfelde die Auswanderung begann. Zahlreiche Familienväter schickten ihre Familie fort ins Gebirge gegen Türnitz und Annaberg zu; auch das Vieh wurde in Sicherheit gebracht.
 
Ueber die genaue Terrainkenntniß des Preußen gingen die sonderbarsten Gerüchte; jeder Weg und Steg soll ihnen bekannt gewesen sein; ja es verbreitete sich die Sage, daß ihnen der Name, die Lage und die Vermögensverhältnisse jedes Hauses bekannt seien. Uebrigens schienen sich die Preußen  hiermit eine vergebene Mühe gemacht haben; denn mehrmals wurden Stimmen laut, die sagten: „Die Preußen sollen nur kommen, wir werden ihnen schon den Weg zeigen zu jenen Häusern, wo etwas zu finden ist.“ – Solche gemeine Kreaturen, die keinen Anstand genommen hätten, ihr Vaterland, ja selbst ihre Nachbarn zu verrathen, fanden sich auch dort.  Dieses Ereigniß wurde auch im Tullnerfelde bekannt und dasselbe war durchaus nicht geeignet die gedrückte Stimmung der Bewohner zu heben.
 
Unterhalb Altenwörth war die Donau zu einem Uebergange sehr geeignet, besonders damals, wo der zur Zeit der anhaltenden Regengüsse im Juni und Anfangs Juli hohe Wasserstand rasch gefallen war, so daß eine Ueberbrückung der Donau vermittelst Pontons mit keinen besonderen Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre. Dieses Unternehmen würde insbesondere der oberhalb Altenwörth in die Donau mündende Kampfluß sehr erleichtert haben; denn dort hätten die Pontons aufgestellt und mit Leichtigkeit in die Donau gebracht werden können. Die Wahrscheinlichkeit, daß die Preußen unterhalb Altenwörth einen Versuch, oder wenigstens einen Scheinversuch, die Donau zu übersetzen, unternehmen würden, war also sehr groß; daher wurden auch von den Oesterreichern ganz mit Recht dort alle Vorbereitungen getroffen und insbesondere am rechten Ufer zahlreiche Schanzen aufgeworfen. Diese theilweise sehr unzweckmäßig aus Schottergrund aufgeführten Schanzen stehen - wenn auch nicht mehr alle - noch heute: wahrscheinlich hat man sie stehen lassen - bis die Preußen wieder kommen. Da sie jetzt mit Gras überwachsen und sehr fest geworden sind, werden sie das nächste Mal sehr praktisch sein.
 
…Gegen die allgemeine Vermuthung versuchten die Preußen oberhalb Wiens keinen Uebergang über die Donau, sondern sie wandten sich nach Ungarn hinab, wo Preußen und Italien einen Aufstand anzuzetteln bestrebt waren. Der Versuch scheiterte aber kläglich. Nachdem auf der Donau der Feind nicht mehr zu fürchten war, wurde die Schiffahrt, die seit dem 12. Juli eingestellt war, wieder eröffnet und die Herzen der Donauländler athmeten beim Anblicke der rauchenden Dampfer wieder auf.[24]
 
Weit weniger dramatisch für unsere Gegend sah Pfarrer Karl Grössinger die Situation: …kann ich bemerken, daß die hiesige Gegend, Gott sei‘s gedankt! mit der bloßen Angst davon gekommen sei. Wir sahen weder Preußische Zündnadelgewehre noch hielt Österreichisches Militär das dießseitige Donau Ufer besetzt. Nur eine Compagnie Pioniere mit 2 Offizieren wurde hirher commandiert um die Ortsbewohner zu verhalten und selbst Hand anzulegen, daß die Schiffmühlen, alle Schiffe, Plätten, Zillen und alles Lang- und Bauholz auf das jenseitige Ufer nach Zwentendorf oder nach Wien abgeführt worden sind. Diese Vorkehrung hatte zum Zwecke, daß bei einem eventuellen Donau-Übergange dem Feinde das Materiale zum Brückenschlage möglichst entgangen sei. Aus dem Grunde wurde auch die Donau-Brücke zu Stein wie alle anderen Brücken diesseits der Donau abgebrandt und alle Communication unterbrochen. Das jenseitige Ufer hingegen war mit Militär Schanzen und Kanonen wie übersät, wodurch die betreffenden Ortschaften nicht wenig gelitten haben. Abgesehen, daß alle Häuser, Scheunen etc. mit Soldaten überfüllt waren, so bemächtigte sich die Cavallerie der bereits eingebrachten Futtervorräthe; die bebauten Ackerfelder wurden zertreten, die Erdäpfel ausgegraben, die Mandel aufgelassen und als Nachtlager von den campierenden Truppen verwendet. Hieher kam aus den jenseitigen Auen täglich eine Jäger-Patrouille über die Donau gefahren um nach Spionen zu fahnden. Nur einmal brachte sie an einem Sonntage Nachmittags 2 stämmige, dem Äußeren nach dem Handelsstande angehört habende Männer ein, die sie in Oberabtsdorf aufgegriffen und mittelst Zille von hier an das jenseitige Ufer geschafft haben, um des anderen Tages nach Wien einzuliefern.[25]
 
Der Zweite Weltkrieg
 
Gegen Kriegsende im April 1945 setzte die rote Armee ihren Vormarsch fort und das von der SS verteidigte Wien musste am 10. April den Russen überlassen werden. Das russische Heer zog südlich der Donau bis zum Traisental weiter, wobei die Donau von Korneuburg bis Hollenburg die Kampfzone bildete. Somit war Altenwörth mitten im Kriegsgeschehen. Am rechten Ufer setzte sich das russische Heer fest, am linken lagen SS-Formationen. Feindliche Geschoße beschädigten zahlreiche Häuser in Altenwörth.[26]
 
Die meisten Altenwörther hausten im Keller, viele Leute zogen mitsamt dem Vieh nach Gigging, andere flüchteten bis nach Oberösterreich und Salzburg. Eine Frau aus Gigging wurde durch eine Fliegerbombe getötet, zwei Personen durch Kugeln verletzt. Das Ziel der Artillerie war der Kirchturm mit der Funkstation der SS; er wurde zwar mehrmals getroffen, aber nicht zerstört. Die Beschießung des Ortes wurde immer bedrohlicher, bis am 8. Mai die bedingungslose Kapitulation Deutschlands erfolgte und hiermit der Krieg sein Ende fand. Noch in der Nacht vom 8. auf den 9. Mai kamen russische Soldaten mit Zillen über die Donau.[27]                                                                                                              
Maria Ertl (verh. Kittinger) wohnte damals am östlichen Ende des Ortes in der heutigen Sigmarstraße. Sie erinnert sich: „Etwa sechs Wochen vor Kriegsende waren auf einmal über Nacht die Russen in der Au gegenüber von Altenwörth. Davor befanden sich nur das Sägewerk und die Gemeindegärten, die Häuser konnten also von den feindlichen Soldaten leicht eingesehen werden. Sobald sich etwas bewegte, schossen sie herüber. Einmal ging ich über den Hof, um den Hund zu füttern und konnte bis zum Einbruch der Dunkelheit nicht mehr ins Haus zurückkehren, da immer wieder herüber geschossen wurde.“ Die ganze Zeit über schlief die Familie mit zwei anderen Parteien im kleinen gewölbten Keller des Hauses. Die SS verschanzte sich in einem Bombentrichter an der Uferböschung und schoss gelegentlich zurück.
 
Die Geschoße der Stalinorgeln (Raketenwerfer) reichten, je nach Fabrikat, 4 bis 8 km weit. Als zwei Winkler Mädchen in den letzten Kriegstagen nach Neustift gehen wollten, gerieten sie unversehens in die Einschläge dieser Raketen und traten sofort verängstigt aber unverletzt den Heimweg an.[28]
Haltbare Lebensmittel wie Geselchtes, Mehl, Schmalz und Wertgegenstände wurden versteckt oder vergraben, um zu verhindern, dass alles von den Besatzern geraubt wird.
 
Einige Zeit vor Kriegsende wurde von Donauschleppern Stammholz ausgeladen und auf dem Platz des Holzhändlers und Sägewerkbesitzers Anton Hametner gelagert. Er selbst war zu dieser Zeit eingerückt, der Betrieb wurde als Kriegsbetrieb geführt. Allgemein bekannt ist, daß im Frühjahr 1945 über Anordnung des damaligen Kreisleiters und des Standartenführers aus Tulln in allen Gemeinden Panzersperren errichtet werden mußten und daß in der ganzen Umgebung dieses Holz hiezu verwendet werde.[29]
 
Dann kam der Befehl, die Altenwörther müssten mit weißen Fahnen oder ähnlichem und den Kleinkindern am Arm innerhalb einer halben Stunde am Donauufer Aufstellung nehmen, sonst würde man den Ort in Schutt und Asche legen. Frau Ertl (der Gatte war eingerückt) hängte ein weißes Leintuch als Fahnenersatz auf den Gartenzaun. Zwei Russen kamen mit der Zille herüber-gerudert und wollten an Land gehen. Die Leute riefen ihnen noch zu „Minski, Minski“ („Minen, Minen“), aber sie dürften das nicht gehört haben. Dem ersten Russen, der an Land kam, riss eine der Tretminen, die die SS noch vor dem überstürzten Aufbruch gelegt hatten, ein Bein weg.[30]
 
In der Nacht vor dem Einmarsch der Russen flüchtete die SS, ebenso die Besatzung der Flakstellungen bei Frauendorf. Zuvor verschossen sie noch einen Teil der verbliebenen Munition über die Donau in Richtung Pischelsdorf und sprengten die Geschütze, damit sie den Russen nicht in die Hände fielen.[31] 
 
Kurz nach Kriegsende kam es zu einem furchtbaren Unglück. Burschen hatten ein sowjetisches Schiff die Donau herunterkommen sehen und liefen zum Ufer. Sie hatten aber nicht gewusst oder nicht bedacht, dass die Böschung von den Einheiten der SS mit Minen bestückt worden war. August Ertl  trat auf eine dieser Minen, stürzte und fiel mit dem Oberkörper auf eine zweite. Bei strömendem Gewitterregen fand Frau Ertl ihren Sohn unterhalb des Gasthauses Einwögerer. Direktor Süß flößte dem Schwerstverletzten bereits Medizin gegen die unerträglichen Schmerzen ein. Helfer brachten ihn ins Elternhaus, wo er trotz des großen Blutverlustes noch sechs Stunden lebte, ohne ansprechbar zu sein.[32]
 
In den Sommermonaten 1945 sind viele Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt. Da die SS fast alle Donaubrücken gesprengt hatte und daher keine Züge verkehren konnten, haben sie sich hier mittels Zillen auf das andere Ufer übersetzen lassen - täglich 300 bis 400 Personen. Einige sind dabei auf Minen getreten, die daraufhin losgingen und sie verletzt haben. Eine russische Straf-abteilung ist später gekommen, um die Minen wegzuräumen.[33]
 
Viele Wiener sind am rechten Ufer nach Westen gegangen, um sich, wo es möglich war, übersetzen zu lassen, so auch in Altenwörth. Von hier aus sind sie zu ihren Familien am nördlichen Donauufer gelangt oder sie haben hier ihre Tauschgeschäfte als Hamsterer erledigt, um Lebensmittel für ihre Familie zu ergattern.[34] Dies wurde jedoch bald durch eine Verordnung unterbunden: Über Befehl der rußischen Militärkommandantur ist das Übersetzen der Donau verboten. Es dürfen lediglich diejenigen Personen übergeführt werden, die sich mit einer schriftlichen Bescheinigung ausweisen können, daß sie dienstlich reisen oder die Reise aus zwingenden familiären Gründen erfolge. Wenn die Orts-polizei momentan nicht zur Stelle ist, sind die Fährmänner verpflichtet, die Kontrolle durchzuführen.[35]  

 
Text auf der Rückseite:
„Zur Erinnerung an Fritz, den fahrenden Zigeuner“


Frieda Hametner mit Gefreiten der Luftwaffe
Bilder: Edith Kainberger, Altenwörth


Gezeichnete Ansichtskarte aus der Kriegszeit; Herbert Eder, Kollersdorf


Diese beiden Flugzeugteile wurden in der Au zwischen Winkl und Tulln entdeckt.
Reservetank einer alliierten Maschine, der später als Boot verwendet wurde.
Rumpfteil einer Maschine, beides in der Donauau südöstlich von Winkl      
Bilder: Michael Dollinger, Winkl

 

Quelle: 
[1] MEIßINGER, Die historische Donauschiffahrt, Melk 1975, S.14.
[2] MEIßINGER, Die historische Donauschiffahrt, Melk 1975, S.14.
[3] MEIßINGER, Die historische Donauschiffahrt, Melk 1975, S.14.
[4] FRAUENDIENST, Unsere Donau, Wien 1935, S.48.
[5] www.de.wikipedia.org/wiki/Dritter_Kreuzzug, Abruf am 10.8.2017.   
[6] www.welt.de/kultur/history/article1526330/Friedrich-Barbarossa-ein-Kaiser-ertrinkt.html, Abruf am 10.8.2017.
[7] Martina WINKELHOFER in: Kronen Zeitung, 6.1.2018, Beilage S. 26.
[8] Heimatkalender des Tullner Bezirkes, Otto BIAK, Tulln 1955, S.101f.
[9] Heimatkalender des Tullner Bezirkes, Otto BIAK, Tulln 1955, S.102.
[10] Heimatkalender des Tullner Bezirkes, Otto BIAK, Tulln 1955, S.101f.
[11] Chronik der Volksschule Neustift, 2. Buch, Schulleiter Ludwig PIFFL (1947-1965), S.46.
[12] Heimatkalender des Tullner Bezirkes, Otto BIAK, Tulln 1955, S.103.
[13] Heimatkalender des Tullner Bezirkes, Otto BIAK, Tulln 1955, S.103.
[14] www.wien.gv.at/wiki/index.php/Zweite_T%C3%BCrkenbelagerung_(1683).
[15] Anton KERSCHBAUMER, Geschichte der Stadt Tulln, 1874, in: Hubert SCHÜTZNER, Chronik von Absdorf und Absberg, 1959, S.41.f.
[16] Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef DEDELBACHER (1915-1936),  S.22.
[17] Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich, 1903: Einige Nachrichten über die Zustände im Tullnerfelde zur Zeit des zweiten Türkeneinfalles, Dr. Laurenz PRÖLL, S.114f, NÖ Landesbibliothek, St.Pölten.
[18] Verordnung d. k.k. Kreisamtes VUMB N.1311 vom 13.21807, NÖ Landesarchiv, St.Pölten.
[19] Hubert SCHÜTZNER, Geschichte von Absdorf, 1959, S.46.
[20] Hubert SCHÜTZNER, Geschichte von Absdorf, 1959, S.46.
[21] Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef DEDELBACHER (1915-1936),  S.10.
[22] Heimatbuch der Marktgemeinde Zwentendorf, 2010, S.137, NÖ Landesbibliothek, St.Pölten.
[23] Neue Freie Presse vom 18.7.1866, S.4, veröffentlicht in ANNO.
[24] Volksblatt für Stadt und Land vom 18.6.1874: Die Hexe von Endor. Erzählung aus dem Kriegsjahr 1866, von Justus FELIX, 5. Kapitel, S. 17, veröffentlicht in ANNO.
[25] Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Karl GRÖSSINGER (1859-1873), S.110.
[26] Chronik der Volksschule Altenwörth, Oberlehrer Friedrich SÜß (1921-1945).
[27] Chronik der Volksschule Altenwörth, Oberlehrer Friedrich SÜß (1921-1945).
[28] Information von Theresia GRILL, Winkl, 28.8.2017.
[29] Akten der Gemeinde Altenwörth, 7.1.1954.
[30] Information von Maria KITTINGER, Winkl, 5.4.2017.
[31] Die NS-Zeit im Raum Kirchberg am Wagram, 2015, S.116.
[32] Information von Maria KITTINGER, Winkl, 5.4.2017.
[33] Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef DEDELBACHER (1915-1936), S.235.
[34] Information von Rosa WAMMERL, Unterstockstall, 2004.
[35] Akten der Gemeinde Altenwörth, 16.7.1945. 

 

Dezember 2021
Maria Knapp