Ausschnitt aus einem handgeschriebenen Dokument im Akt:
NÖ Baudirektion, Donauregulierung 1890 – 1903, Div.Bauakten K 0506, NÖ Landesarchiv
Das Dokument ist nicht datiert, es stammt aus der Zeit nach 1850.
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Der Hauptstrom der Donau in Österreich friert wegen seines schnellen Laufes nicht wie ein ruhiges Wasser zu, wohl aber jene Seitenarme, wo die Bewegung des Wassers sehr verringert oder ganz aufgehoben ist. Dagegen bildet sich das sogenannte Landeis, von den Ufern beginnend, wodurch das Strombett verengt wird; und bald nach dem Eintritt einer Kälte von 5 bis 6 Grad Reaumur (4 – 4,8° C), stellt sich das Eisrinnen (nämlich das Herabschwimmen von Eisstücken, welche aus den Seitenarmen und vom Ufer in die Strömung gelangen) ein.
Ein Gleiches, wie an der Donau, geschieht auch in ihren oberen Nebenflüssen, welche unter ähnlichen Umständen ebenfalls Eisschollen liefern. Bei zunehmender Kälte nimmt auch die Zahl, die Größe und die Härte der Eisschollen zu, so dass endlich die ganze Oberfläche des Flusses damit bedeckt ist. Die Geschwindigkeit der Bewegung nimmt aber, im Verhältnis der Menge des treibenden Eises, dergestalt ab, dass es fast stille zu stehen scheint, und endlich gelangt des Treibeis an einer seichten, oder an einer durch das Landeis sehr eingeengten Stelle wirklich zum Stillstand. Dieses sogenannte Stellen des Eisstoßes, erfolgt in dem Verhältnisse umso eher, als das Wasser klein ist.
Nach den bisherigen Wahrnehmungen erfolgt das Feststellen des Treibeises gewöhnlich am frühesten gleich unterhalb Preßburg, bei Sarmingstein unterhalb des Wirbels, und am Schwall bei Nieder-Wallsee.
 
Jede solche Eisstellung bildet gleichsam eine Eisbrücke und verursacht eine Stauung des Wassers in Folge der Zusammenschiebung der Eisschollen. Das Stauwasser findet teils unter, teils zwischen den Eisschollen einen Ausweg, während die noch treibenden Eisschollen zumeist von der Eisbrücke aufgehalten werden, an derselben und untereinander festfrieren und auf diese Weise die Eisdecke flussaufwärts verlängern. Ein Teil des Treibeises geht jedoch mit dem Wasser unter den stehenden Eisdecken weiter fort und erreicht zum Teil die stromabwärts befindlichen eisfreien Flussstellen und setzt seinen Weg so lange fort, als es nicht an einer oder der anderen Eisbrücke oder sonstigen Flussstelle hängen bleibt. Die Zunahme der Eisdecke stromaufwärts, das sogenannte Vorbauen des Eisstoßes, geht mehr oder weniger rasch vor sich und zwar je nach dem Grade einer größeren oder geringeren Kälte, der Menge des Treibeises und der Beschaffenheit des Strombettes.
Während des Vorbauens des Eisstoßes tritt stets aufwärts von der Stelle, wo dieses Ereignis eben stattfindet, eine stärkere oder schwächere, jedenfalls einige Fuß (1 Fuß = 0.3048 m) betragende Stauung des Wassers ein, in Folge welcher nicht selten die glatte Eisdecke in den Seitenarmen gehoben und gebrochen und an ihre Ausmündungen abgeführt wird. Hiedurch werden die überfrorenen Seitenarme vom Glatteis wieder frei, um später vom Treibeis und zwar oft bis auf den Grund verlegt zu werden.
In jenen Stromstrecken in welchen die Bildung des Eisstoßes (das Zusammenschieben der Eisschollen in der ganzen Breite des Flussbettes) bereits erfolgt ist, tritt bald darauf ein Fall des Stauwassers und in Folge dessen, eine Senkung der Eisstossdecke ein.
 
In der nahe 50 Meilen (die Länge der Donau ist Österreich ist heute 349 km) langen Donaustrecke in Ober- und Niederösterreich können mehrere Eisstöße entstehen, die Zwischenstrecken aber vom Eise frei bleiben. Je anhaltender und stärker aber die Kälte wirkt, desto mehr dehnen sich die Eisstöße längs des Stromes aus, und umso kürzer werden folglich die vom Eis freien Zwischenstrecken.
Wenn aber zuweilen kurz anhaltendes Tauwetter eintritt, welches in dem einen oder anderen Teil des oberen Stromgebietes den Schnee schmilzt, dann bewirkt die vermehrte Wassermenge eine Erhöhung des Stauwassers und Hebung der Eisdecke und es erfolgt ein Nachdrücken mehrerer Eisstöße, welches die Vereinigung derselben zu einem ununterbrochenen, gemeinschaftlichen zur Folge haben kann.
 
Bekanntlich nimmt die Eisdecke während des Winters bei anhaltender Kälte zu und wird im Gegenteile durch laue Winde und Regen nach und nach aufgelöst. Manche Winter sind so gelinde oder die Temperatur wechselt so häufig, dass sich gar keine oder nur höchst unbedeutende Eisstöße bilden und dies ist der gewöhnlichste Fall; so zwar, dass die meisten Winter ohne Nachteil besonderer Gefahren vorübergehen.
Es ereignet sich dagegen auch, dass in manchen Wintern strenge, unterbrochen lange andauernde Kälte herrscht, wobei die einmal entstandene Eisdecke sich nicht nur erhält, sondern auch verstärkt und dass hierauf, ohne einen langsamen Übergang von der Kälte zu einer wärmeren Witterung (wo die Eisdecke sich nach und nach auflösen und abgehen könnte) plötzlich Südwinde und Regenwetter eintreten, welche in den Gebirgen ein schnelles Schmelzen des Schnees bewirken. In einem solchen Falle kommen große Wassermengen aus den Gebirgstälern schleunig herab, schwellen den Strom an und tragen die Schollen nach abwärts; d. h. es findet der Eisgang statt.
Der Zeitpunkt jedoch, wann der Eisstoß in allgemeine Bewegung kommen und vollständig abgehen wird, lässt sich ebenso wenig mit Verlässlichkeit voraus bestimmen, als sich die Orte bezeichnen lassen, an welchen eine Überschwemmung eintreten wird. Die zufälligen Ereignisse, die unmittelbar vor und während der Bewegung des Eisstoßes eintreten und die örtlichen Stromverhältnisse üben hierauf den größten Einfluss aus.
So sind z. B. auf der Donau in Niederösterreich Fälle vorgekommen, dass Eisstöße binnen zweimal 24 Stunden nach eingetretenem Tauwetter und bei beträchtlicher Anschwellung des Stromes in teilweise Bewegung kamen und in wenigen Tagen darauf abgingen. Dagegen setzen sich andere erst acht Tag nach dem Eintritte des Tauwetters teilweise in Bewegung und bleiben in Folge wechselnder Temperaturen wieder stehen, bis sie endlich nach zwei bis drei Wochen bei bedeutend hohem Stauwasser allmählich streckenweise abgingen und dabei unvermutet Ortschaften und die anliegenden Gründe überschwemmten, während andere, der Gefahr bloßgestellte Gegenden verschont blieben. 
 
Im Allgemeinen muss gesagt werden, dass der Abgang des Eisstoßes an jenen Stellen, wo der Fluss in einem regelmäßigen stabilen Flussbett vereinigt ist, ohne bedeutende Störungen vor sich geht.
Wo jedoch das Flussbett in verschiedene Arme geteilt oder zu breit und seicht ist, so sich daher auch die Eisdecke zuerst bildete, am meisten verstärkte und an mehreren Punkten des Flussbettes festsetzte, wo aus gleichem Grunde die Kraft des Wassers sich zersplittert, da wird die Eisdecke nicht so leicht gebrochen und in Bewegung gesetzt.
Die von oben herabgeführten Eismassen schieben sich unter und über jene noch stehenden Eisflächen, wodurch das Wasser in seinem Abfluss immer mehr und mehr gehemmt und daher immer höher und höher aufgestaut wird, bis endlich der vermehrte Druck des Wassers sich entweder durch die Massen des Eises oder zur Seite über die Ufer einen Ausweg verschafft, in welch letzterem Falle natürlich die angrenzenden Gründe überschwemmt werden.
Diese Fälle eines Wasseraufstaues und einer Überschwemmung bei Eisgängen sind an vielen Stellen der Donau oftmals vorgekommen.
Hievon sind durch den verursachten großen Schaden in letzter Zeit besonders denkwürdig geworden, bei Wien die Eisgänge von 1820, 1830, 1849 und 1850; bei Preßburg jener von 1830 und 1850; und bei Pest jener des Jahres 1838. Die allgemeine und jedesmalige Ursache dieser Katastrophe war die Stockung der Eisgänge unmittelbar unterhalb dieser Städte, wo das Flussbett unregelmäßig und übermäßig breit war und sich deshalb eben alle oben gedachten Übelstände ergaben.
 
Eine Chronik er Eisstöße siehe hier. 
Dezember 2016
Maria Knapp