Der alte Friedhof


Kirchberg um 1600
Skizze von Major i.R. Eduard Wettendorfer

 

Der Friedhof umschloss, wie früher üblich, die Kirche zur Gänze. Da die Kirche in den ersten Jahrhunderten auch Wehrzwecken diente und bei Feindgefahr Zufluchtsstätte für die Umwohner war, umgab man den Friedhof mit einer Mauer  - siehe Karte der Josephinischen Landesaufnahme.
Im Zuge seiner vielen Reformen ließ Kaiser Josef II. die Friedhöfe außerhalb der Dörfer anlegen. In Kirchberg wurde nur der Teil stillgelegt, der sich vor der Kirche befand, der Rest wies ohnehin vom Ort weg.
1787 ließ der Monarch auch die erst 12 Jahre alte Wallfahrtskirche auf dem Weg nach Mitterstockstall schleifen. Sie wurde entweiht und die wertvollsten Einrichtungsgegenstände in die Pfarrkirche übertragen. Der vorhandene Geldbestand diente zur Anschaffung einer Orgel und zur (Wieder)herstellung der Friedhofsmauer.
Der Friedhof zur Zeit des Franziszeischen Katasters um 1820.
Mit dem Entfernen des aufgelassenen Friedhofsteiles gab man sich aber nicht viel Mühe, da erst Pfarrer Ignaz Scheiger (1799-1835) auf seine Kosten den Platz ebnen ließ, da vor dem Pfarrgebäude nichts als Hügelwerk war. Auf der entstandenen freien Fläche ließ er Linden pflanzen.
Pfarrer Franz Pany (1843-1861) merkte in der Pfarrchronik an, dass der Grund und Boden des Friedhofes ein Eigentum der Kirche sei, und die Gemeinden nur darum keine Grabstellengebühr entrichten müssten, weil sie die Erhaltung der Friedhofsmauer  zu bestreiten hätten.
1844 wurde eine Kommission wegen Verlegung des Friedhofes abgehalten und diese für nicht notwendig erklärt.  
 
Johann Schuster, Wirtschaftsbesitzer aus Unterstockstall, ließ in den Jahren 1865/66 ein großes Kreuz mit einer Umrahmung aus Eisengitter herstellen. Sowohl  Kreuz als auch Christusfigur sind aus Gusseisen und feuervergoldet, platziert auf einem mächtigen Stein. Das Eisengitter ist inzwischen entfernt worden.
 
Friedhofskreuz
Foto um 1960, Dr. Rudolf Delapina, Kirchberg/Wien
    
Das Friedhofskreuz, 2020
 
 
1886 pflanzte Pfarrer Ignaz Hohmann, dem sehr an der schönen Gestaltung des Pfarrareals gelegen war, auf dem ehemaligen Kleinkinderfriedhof, den früher nur eine Muttergottesstatue zierte, eine bedeutende Baumschule. Außerdem ließ er längs der Friedhofsmauer Linden pflanzen.
 
1892 wurde die Mauer im unteren Friedhof erhöht, um den Durchgang abzusperren.
Die rückwärtigen Kirchentüren waren sehr niedrig, die Sargträger mussten hier jedes Mal die Bahre niedersetzen und sich durchzwängen. Die Tür machte man höher, das schlechte Pflaster wurde durch ein Zementpflaster ersetzt und ein Grabstein aus dem Fußboden herausgenommen und an der Friedhofseite des Vorhäuschens eingemauert. Die Grabplatte wird dem Pfarrherrn Hans Hippelsdorfer zugeschrieben. Seit der letzten Außenrenovierung im Jahr 2013 befindet die Platte aus konservatorischen Gründen im Vorbau zum Westeingang an der Wand neben dem gotischen Kirchentor.   
 
Grabplatte, noch an der Außenmauer
Foto: Hermann Pistracher, 2012
 
 
Die Bezirkshauptmannschaft Tulln forderte die Pfarrgemeinde Kirchberg wiederholt auf,  einen neuen Friedhof anzulegen und hat sich an das Pfarramt mit dem Ansuchen gewandt, ihr zur Erweiterung des alten Friedhofes den der Pfarre gehörigen Gemüsegarten Parzellen 19/1 und 19/2 abzutreten. Da der Garten für den Pfarrer wertlos war, verkaufte er den Grund im Jahr 1907 an die Gemeinde. Zu Allerheiligen 1908 wurde der neu angelegte Friedhof bereits eingeweiht.
1923 schreibt Pfarrer Karl Rasberger in der Pfarrchronik über den Friedhof:  Der Friedhof  in Kirchberg am Wagram ist eigentlich ein Pfarrfriedhof und die früheren Pfarrer übten auch ihre Rechte über den Friedhof aus. Der Schreiber dieses konnte sich oft nicht denken, wie der Friedhof in einen Gemeindefriedhof umgewandelt werden konnte. Nun hat der ehemalige Pfarrer von Kirchberg, hochw. Herr Johann Wiesinger folgendes dem jeweiligen Pfarrer mitgeteilt: Er habe von seinem früheren Seelsorgeposten Kirchschlag eine Friedhofordnung (Statuten) mitgebracht und der hiesigen Gemeinde übergeben, welche ein sogenanntes Friedhofcomitee gründete. Der hochw. Herr Pfarrer Johann Wiesinger gestattete diesem Komitee die Gebühren für die Gräber einzuheben, dafür verpflichtete er das Comitee die Friedhofmauern  in Stand zu halten und für Totengräber etc. zu sorgen. Tatsächlich ging unter den Dienstnachfolgern die Gemeinde mit dem Friedhofe zu Werke, als ob er alleiniges Eigentum der Gemeinde wäre. Dies diene den Amtsnachfolgern zur Kenntnis, da vom Friedhofe in diesem Buche in den letzten Jahrzehnten keine Erwähnung getan wurde.
 
Luftaufnahme um 1928
Foto: Dr. Rudolf  Delapina 
1931 kommt Pfarrer Rasberger wieder auf den Friedhof zu sprechen:„Über Aufforderung der N.Ö. Landesregierung wurden dem Obmann des Friedhofs-Comitees, Bürgermeister Damböck auferlegt, die Friedhofs-Rechnung bis 15. April vorzulegen. Dies ist aber nicht geschehen. Was hier noch zu erwarten ist, bleibt unbekannt. Jedenfalls war es ein Fehler, die Friedhofsverwaltung eines pfarrlichen Friedhofes aus der Hand zu geben und ein Friedhofs Comitee mit eigenen Statuten zu gründen, einzig deshalb, damit die Friedhofsmauer erhalten und immer instand gesetzt wird. Der Kirche ist dadurch viel entgangen und die Mauer hat bisher in ihrer Festigkeit noch keinen Schaden bis heute erlitten. Eine Rechnung wurde seit dem Jahre 1922 dem Comitee nach nie verlangt. Daher ist die Aufforderung der Rechnungslegung über  Anzeigen von Comitee-Mitgliedern und des Pfarrers erfolgt. Es handelt sich um große Beträge, wenn man bedenkt, daß für eine Gruft 500 S, für eine Erneuerung eines einfachen Grabens 50 S verlangt werden.
Mitte Dezember 1931 begann man mit der Errichtung eines Brunnens im Friedhof. Am 24. Dezember stieß man nach etwa 24 Metern auf Wasser. 
 
 
Der Kirchenplatz, wo früher ein Teil des Friedhofes war.
Bild: Kaplan Lorenz Dienbauer, um 1940
 
Kurat Gössinger von Ottenthal beim Besuch von Kardinal Innitzer im Jahr 1951am Friedhof,
jeweils mit im Bild Kaplan Ludwig Loidolt. 

Fotos: Familie Halmer, Mitterstockstall
 
 
Der Friedhof  von Süden aus gesehen

 
Eine unüberschaubare Trauergemeinde sah der Friedhof im Jahr 1954 beim Begräbnis von Pfarrer Josef Pelzmann. Im Trauerzug gaben Dompropst  Prälat Wagner und 44 Priester ihrem toten Amtsbruder das letzte Geleit. 
Der Eingang zum Friedhof, 1954
Foto: Kaplan Lorenz Dienbauer  
 
Der Friedhof anlässlich eines Treffens der weitläufigen Familie Mantler, um 1955
Foto: Marianne Eckart, Engelmannsbrunn
1978 übernahm die Gemeinde einen Teil des Kirchberger Friedhofes in ihr Eigentum. Heute sind beide Friedhöfe im Besitz der Marktgemeinde.
1985 errichtete man einen Teil der Friedhofsmauer neu.
 
Foto: Herman Pistracher, Kirchberg, 2003
 
 
Luftaufnahme, Hermann Pistracher, Kirchberg,  2009 
 
 Friedhof und Kirche 2020
 
Blick von der Stiege, 2020
 
Der östliche Friedhofsteil, 2020 
 
Im Jahr 2018 erneuerte die Firma Marecek das Dach des ehemaligen „Totenkammerls“.
 
Hier wurden früher auch die Totenbeschauen bei ungeklärter Todesursache durchgeführt.
Die Stützmauer mit alten und einer neuen Stütze, in einem Pfeiler befindet sich eine Gedenkinschrift.

 
Heute liegt der alte Friedhof in drei Terrassen an der Südseite der Kirche. Neben zahlreichen Gruften der angesehenen Bürger des Ortes befinden sich an der Südwand auch einige Urnengräber und Gedenktafeln. 
 
Vom Friedhof genießt man einen weiten Rundblick über das Tullnerfeld. Bei klarer Sicht zeigen sich die Türme der St. Stephanskirche in Tulln, gegen Süden erscheinen der Schneeberg und der Ötscher am Horizont und gegen Westen das Stift Göttweig, das Wetterkreuz und der Jauerling. 
 
 
Fotos von 2016
 
NÖ-Atlas, 2020
 
Lageplan, 2020
Kataster: (c) Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV)
Marktgemeinde Kirchberg am Wagram

 
Bereits 1958 schreibt Wilhelm Simlinger in seinem Heimatbuch  über Kirchberg, dass man, wenn man den Friedhof  betritt, auf den ersten Blick sieht, dass er beinahe ganz belegt erscheint und bald zur Verlegung desselben Anlaß geben wird. Doch erst 1997 war es dann endgültig so weit: Nach langen Überlegungen kam es aber zu keiner Verlegung, sondern die Marktgemeinde errichtete einen neuen, zweiten Friedhof  westlich des Schulkomplexes in Richtung Ursprungskapelle.
 
Eingang in den Friedhof
 
 
Der Kirchenweg führt über die Beethovenstiege zur Kremser Straße
 
 
Gräber
 
Die Priestergruft
Um eine würdige Begräbnisstätte für die Pfarrgeistlichkeit zu haben, wurde 1909 unter Pfarrer Johann Wiesinger die fast verfallene Gruft der hier ausgestorbenen Familie Schuster an der Südwand der Kirche für diesen Zweck adaptiert. Früher lagen die Gruften in diesem Teil des Friedhofes der Länge nach an der Kirchenmauer. Nachdem sich die Besitzer der einzelnen Grabstellen einig waren, drehte man alle Gräber um 90 Grad, was eine bessere Erreichbarkeit der Gräber mit sich brachte.  Neben den auf der Priestergruft genannten Pfarrer Johann Wiesinger (1911), Josef Pelzmann (1954)  und Rudolf Koriska (1978) wurden am Friedhof laut Pfarrchronik schon vorher die Pfarrer Peter Anton Nuck (1739),  Administrator Franz Xaver Perwein (1768),  Johann Grädinger (1793), Ignaz Scheiger (1835), Franz Xaver Pany (1861), Friedrich Kantzler (1866), Vincenz Willim (1877), Ignaz Hohmann (1901) und Adalbert Salzer (1902) begraben.
  
 
 
          
Gruft der Familien Roßkopf und Wettendorfer, daneben lehnt die Grabplatte des
Lorenz Diem, Vater der Anna Roßkopf, der 113 Jahre alt wurde.
   
   
Das Grab der Lehrerfamilie Hirsch aus Neustift
Die Gruft der Kaufmannsfamilie Fidelsberger aus Kirchberg
Grab des Lehrers Robert Löffler, Vater des „Telemax“
 
    
Links: Grabstätten der Familien Anker, Kominek, Mantler, daneben das Grab von August Baumgartner,
Besitzer des Guteshofes in Mitterstockstall
Rechts: Gruft der Familie Delapina.
Zwischen 1739 und 1748 ist Jonas Franz Delapina als Pfarradministrator in Kirchberg genannt.
 
 
Die Grabstelle von Angela Langer, einer Schriftstellerin, deren Familie in Langenlois und später im Inwohnerhaus südlich des Bahnhofes  Kirchberg lebte und die 1916 hier beerdigt wurde. (Heute nicht mehr vorhanden.)
 
2023 wurde ihr neben dem Friedhofstor eine Gedenktafel gewidmet.
      
 
Der Grabstein von Adalbert Schmiedt, einem Maler in der NS-Zeit, der sich „Edler von Koschtial“ nannte.
   
Schriftplatte des Gemeindearztes Dr. Hans Jarosch († 1919)
Grab des Zwettler Gemeindearztes Dr. Kilian Streit († 1929), Vater von Adele Delapina 
Grab des Gemeindearztes Dr. Josef Schober († 1997)
 

Das Grab der langjährigen Organistin Mizzi Heinrich
 
  
Dieses Kreuz ist den im Lazarett verstorbenen Soldaten des 2. Weltkrieges gewidmet.
Davor befinden sich vergessene Kindergräber.
 
 
Der Friedhof ist reich an Grabplatten und Urnengräbern in der Außenmauer : 
  
  
    

Antike Grabsteine (außer der Grabplatte des Hans Hippelsdorfer), wie sie in vielen Friedhöfen anzutreffen sind, fanden sich hier bereits zur Zeit Franz Xaver Schweickhardts, um 1834, nicht mehr: Schöner und ausgezeichneter sind aber die an der rechten Seite an der äußeren Kirchenwand angebrachten Grabsteine von Marmor, davon zwei der Besitzer der Herrschaft Winkelberg und Riedenthal, dem Ignaz († 1831)  und Thaddäus Fournier († 1833) und einer dem Hauptmann Alexander Bogdanovitz († 1832) vom deutsch-banatischen Regiment angehören. 

Laut Dr. Delapina wurde bei einem Grabstein die Fournier gewidmete beschriftete Marmorplatte durch eine Tafel  des verstorbenen Vaters des Pfarrers Rasberger ersetzt und die Fourniertafel höher an der Kirchenwand befestigt.

Grabstein des Ignaz Fournier (nicht mehr vorhanden)
Foto: Dr. Delapina, Kirchberg/Wien

Der Neue Friedhof 

Auf Grund der besonderen Lage des Kirchberger Friedhofes kann man diesen kaum vergrößern. Im Jahr 1995 wurden daher die Planungsarbeiten für einen neuen, ergänzenden Friedhof vergeben. In der Folge kam es aber zu heftigen Diskussionen im Markt Kirchberg und im Gemeinderat. Manche wollten mit dem alten Friedhof das Auslangen finden, andere wollten ausloten, ob man eine weitere Stufe im Gelände anlegen könne – oder der neue Standort passte nicht. Schließlich wurde der neue Friedhof doch östlich des Schulkomplexes in Richtung Mitterstockstall  errichtet.

 
Segnung des Friedhofes durch Pfarrer Josef Morgenbesser
Aus: Unser Weg, 1997
 
 
Kaum war der Friedhof fertig, stellt man fest, dass die Abstände zwischen den Gräbern zu eng war. Die Gemeindearbeiter änderten diese von 20 auf 50 cm ab.
Dieser Friedhof verfügt über Plätze für Einzel- und Doppelgräber, Gruften und Urnennischen.  
Es wurde auch eine Grabstätte für alle Gebeine geschaffen, die in der Unterkirche gesammelt und aufgestapelt waren. Die Freiwillige Feuerwehr erklärte sich bereit, die Arbeit zu übernehmen und die Gebeine von der Kirche zum neuen Grab zu bringen und dort beizusetzen. Im September 1999 sind in einem gewaltigen Arbeitseinsatz die Pläne in die Tat umgesetzt worden, drei Tage lang waren viele Helfer am Werk. 
 
  
Beim Abtransport der Gebeine 
Fotos: Karl Gangl, Dörfl 
 
  
Unterkirche, Ausgang an der Ostseite der Kirche, Josef Srb
Fotos: Christine Dreschkai, Kirchberg
 
   
Der Bestattungsplatz der Gebeine aus der Unterkirche, 2020
 
 
Heute bilden Friedhof, Spielplatz und der weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannte Alchemistenpark ein schönes Ensemble. Im Jahr 2018 wurde der NÖ Schritte-Weg eröffnet, der hier seinen Anfang nimmt.
 
 
 
Der neue Friedhof, 2012 und 2020
 
 
Der neue Friedhof 2012 und 2020

Der neue Friedhof, 2020
 

Der neue Friedhof mit Alchemistenpark und Spielplatz
NÖ-Atlas, 2020

 
 
Auch am Kirchberger Friedhof  gab es, so wie in anderen Friedhöfen, einen Grabstein mit einem heiteren Spruch:
Ignaz John starb 1903 mit 72 Jahren in Mitterstockstall 44. Er war Bahnvorstand in Pension (wo genau, wird im Zeitungsartikel verschwiegen).
Auf seinen Grabstein aber musste man ihm einer seiner letztwilligen Anordnungen gemäß, folgende Inschrift setzten, die er selber verfaßt hatte:
Wiß Ihr, wer ich war?
Bahnbeamter viele Jahr‘!
Viele Züge,
Manche Rüge
Sind dran schuld,
Daß ich hier liege!
Ignatz John, Stationschef,
gestorben am 31. Männer 103
im 73. Lebensjahre.
(Der Bezirksbote für den pol. Bezirk Bruck an der Leitha vom 13.10.1912)
Quellen:
20 Jahre Kirchberg am Wagram
Pfarrchronik Kirchberg am Wagram
Unterlagen von Dr. Rudolf Delapina
Homepage der Gemeinde Kirchberg am Wagram
Juli 2020
Maria Knapp