Kaplan in Kirchberg von 1937 bis 1940


Lorenz Dienbauer, am 21. September 1909 in Wiesmath geboren. In seinen Erinnerungen erzählt er von seinem Eintreffen hier, seiner Arbeit unter Pfarrer Josef Pelzmann, dem Anschluss an Hitlerdeutschland und von einem guten Freund, Kurator Leopold Gössinger von Ottenthal.  

Übersiedlung nach Kirchberg

Meine Übersiedlung erfolgte am 9. September 1937, wobei der Kooperator von Kirchberg, Hugo Seltenreich, und ich einfach ausgetauscht wurden. Dasselbe Lastauto, das mich mit meiner Habe und Freund Köhler Patschi von Brunn nach Kirchberg brachte, nahm auch ihn und seine Habe mit nach Brunn.

In Kirchberg zog ich an der Pfarrhausglocke und die Haushälterin, Fräulein Maria Stöger, aus Wildendürnbach, wo Pfarrer Josef Pelzmann auch einmal seelsorglich tätig gewesen, öffnete mir die Haustüre. Ich stellte mich als neuer Kaplan vor, und wurde vom Herrn Pfarrer in die Stube geführt. Er begrüßte mich sehr herzlich, wie dies seiner außergewöhnlichen Gastfreundschaft entsprach und fragte mich, ob ich ein Gläschen Wein  mit ihm trinken möchte. Davor hatte ich natürlich keine Hemmung, da ich ja von einem Weinorte kam. Wir unterhielten uns über so manches, und dann machte ich mich mit Freund Köhler ans Auspacken. Hugo Seltenreich hatte die beiden Kaplanszimmer bereits geräumt, sodass bald alles an Ort und Stelle war. Ich sprach auch mit meinem Vorgänger, der mir die Kirche zeigte. Herr Köhler fuhr anschließend mit ihm nach Brunn. Am frühen Nachmittag fuhr der Pfarrer mit der Bahn nach Hadersdorf am Kamp zu Erzdechant Piech, mit dem er sehr befreundet war, zum Kartenspiel, was sich an jedem seiner freien Donnerstage wiederholte. Pfarrer Pelzmann machte sich auch die Mühe, mich in Kirchberg selbst den Einwohnern vorzustellen, in den zehn Filialen tat ich dies allein.

Pelzmann war durch zwanzig Jahre hindurch als Katechet in Wien tätig und hatte offenbar aus gesundheitlichen Gründen – er war asthmaleidend – um die Pfarre Kirchberg eingereicht und diese auch erhalten. Er suchte deswegen auch alljährlich im frühen Sommer in Jugoslawien am Meer Linderung und Erholung. Mir war er stets gut gesinnt und machte mir nie Vorschriften. Ich habe auch nie Anlass gegeben, sondern versuchte, meine Aufgaben und Arbeiten zu seiner Zufriedenheit zu erfüllen. Ich nahm ihm auch so manche Arbeit ab, sodass es nie Meinungsverschiedenheiten gab.

Pfarrer Pelzmann pflegte auch mit den in Kirchberg sehr starken national orientierten Kreisen einmal wöchentlich in einem Gasthaus Kontakte, was uns dazu verhalf, den Umbruch im März 1938 leichter zu überstehen.

Die Pfarre hatte sechs Schulen zu betreuen. Eine Volks- und Hauptschule in Kirchberg, je eine zweiklassige Volksschule in Ottenthal, Engelmannsbrunn und Neustift im Felde, sowie eine einklassige Volksschule in Winkl. Anfangs hielt auch der Pfarrer noch einige Stunden Religionsunterricht in der Hauptschule, später habe ich auch diese Stunden übernommen. In Ottenthal und in der Hauptschule unterrichtete Kurat Gössinger. Die anderen auswärtigen Schulen waren ebenso wie die Volksschule in Kirchberg mir überlassen. Wegen der weiten Entfernungen musste ich mich um ein geeignetes Fahrzeug umsehen und kaufte mir auf Raten ein neues Steyrer Waffenrad, das mich überall schnell und rechtzeitig hinbrachte. Ein anderes Fahrzeug wäre damals für mich unerschwinglich gewesen.

Versetzung nach Wien

Im September 1940 kam einmal ein neugeweihter Priester zu uns nach Kirchberg mit einem besonders dringenden Anliegen. Weihbischof Kamprath schickte ihn zu mir, um mich zu fragen, ob ich bereit wäre, mich nach Wien versetzen zu lassen, da er einen Einberufungsbefehl zur Wehrmacht erhalten habe. Würde ich nach Wien gehen, könnte er in einer Filiale von Kirchberg zum Kirchendirektor ernannt werden und so vom Militärdienst verschont bleiben. Man erster Gedanke dabei war, dass ich dann für ihn einrücken müsste. Ich fuhr deshalb kurz darauf zum Bischof nach Wien und äußerte meine Bedenken. Er aber sagte zu mir: „No, das wird schon nicht so sein.“

So übersiedelte ich nach Wien, Alt-Erdberg. Zwei meiner Vorgänger an dieser Pfarre waren bereits zum Kriegsdienst eingezogen und der ältere von ihnen, Biedermann, gefallen. Unter diesen Umständen hätte ein Wunder geschehen müssen, wenn ich nicht hätte einrücken müssen. Ich gönnte aber ehrlich dem Neupriester seine Freistellung.

Lorenz Dienbauer wurde als Sanitäter in den Kriegsdienst einberufen, wo er bis 1946 in Frankreich, Polen und Rußland stationiert war. Ab 1953 wirkte er als Religionsprofessor in der Bundeserziehungsanstalt für Mädchen in Wien 3. Im Ruhestand lebte er im Stephanushaus und leistete gerne Aushilfe, wenn er gebraucht wurde. Er starb am 5. Februar 1992 und ist in einem Ehrengrab der Pfarre Wiesmath zur letzten Ruhe gebettet.

Pfarrer Dienbauer hat einige theologische Bücher verfasst, und zwar: "Johannes Camers, der Theologe und Humanist im Ordenskleid" und "Erinnerungen eines Wiener Diözesanpriesters", letzteres vor allem über seine Tätigkeit als Sanitätssoldat im 2. Weltkrieg. 

 
vor dem Bücherregal - im Vorgarten des Pfarrhofes - in Neustift

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 






Erstkommunion in Kirchberg, um 1940
 

Quellen
Wiener Katholische Akademie, Erinnerungen eines Wiener Diözesanpriesters, 1978
Parte - beides aus dem Nachlass von Pfarrer Lorenz Dienbauer 

Fotos aus dem Nachlass von Pfarrer Lorenz Dienbauer

September 2014
Maria Knapp