1914

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Provisor Wenzel Steiner
27.6.1914, Firmung in Kirchberg: …Kaum war ich in den Pfarrhof zurückgekehrt, kam Herr Postmeister ganz bestürzt und meldete, daß Thronfolger sei ermordet; auf  meine Bitte fuhr sofort Herr Postmeister mit dem Rad nach Groß-Riedental, um diese Trauerbotschaft Sr Eminenz zu hinterbringen. Alle Feierlichkeiten wurden abgesagt, alles war aufs höchste bestürzt, alles ahnte, es kommt der Krieg, wie er auch gekommen so schrecklich, wie keiner sich ihn ausgemalt. Die Visitationen wurden zwar weiter abgehalten, aber alles in Stille. So war wohl die Kirchberger Visitation auch die schönste.  Einige Tage später kam Se Eminenz auch nach Neustift und Winkl.

Es kamen die Kriegserklärungen nach der Reihe. Alles ahnt, was kommen wird. Jünglinge und Männer rücken ein, zu kämpfen fürs  teure Vaterland. Wir zu Hause ergreifen die Waffen des Gebetes. Die ganze Pfarrgemeinde wurde ergriffen von einem wahren Gebetssturme. Namentlich nahm man  Zuflucht zur Kapelle unserer lieben Frau „zum Ursprung“ – In den Abendstunden kamen aus den umliegenden Gemeinden Scharen mit brennenden Kerzen und Fackeln zur Kapelle und beteten um Hilfe in der Kriegsnot; oft hielten wir auch Ansprachen daselbst und das Volk ging wieder betend nach Hause. Das ging so bis in den kühlen Herbst – es war ein ergreifendes Bild. Täglich wird auch in der Pfarrkirche abends die Kriegsandacht gehalten. 


Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Georg Aiden

Am 28. Juni nachts ½ 10 Uhr weckte mich Herr Oberlehrer Bachner und brachte die traurige Nachricht von der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand samt Gemahlin in Sarajewo. Dadurch sah ich die Visitation vereitelt. Sie wurde aber doch abgehalten durch seine Eminenz, jedoch entfiel jeder äussere Prunk.

Die Visitation verlief programmäßig. Um ½ 11 Uhr fuhr Seine Eminenz nach Wien zur Einsegnung der hohen Toten um 4 Uhr Nachmittags. Um ½ 7 Uhr abend kam er wieder zurück, besichtigte die Filialen Sachsendorf und Kollersdorf und übernachtete hier und fuhr am Samstag den 9.7. um 6 Uhr früh nach Bierbaum.

Am 31. Juli erfolgte die allgemeine Mobilisierung. Fast alle hier mobilisierten Pfarrkinder gingen vor der Abreise zur hl. Beichte. 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
30. Juli, allgemeine Mobilisierung. Auch Herr Lehrer Fritz Süß mußte sofort einrücken.

Am 24. September wurde die Sammlung  von Brombeerblättern für Teebereitung angeordnet.

10. November: Fürsorge für die im Felde stehenden Krieger. Von den Schulkindern angefertigt und der Bezirkshauptmannschaft eingeschickt: 8 Schneehauben, 5 Paar Kniewärmer, 5 Paar Socken, 2 Paar Handschuhe, 12 Bauchbinden, 58 Paar Fußlappen aus Barchent.

16. November: Subskription der 1. Kriegsanleihe.

1. Dezember: Die gesammelten Liebesgaben im Gewichte von 48 kg (2 Kisten) der Kommunalstelle Direktion der Doppelbürgerschule in Tulln eingeschickt.

Die Ernte 1914 fiel gut aus und trotzdem viele Männer abwesend waren, wurden doch alle Feldarbeiten rechtzeitig bewältigt.

4. Dezember
Der Krieger Nesinger Karl gefallen. Gefechtsbericht und Bild liegt bei.

Zeichnung 1. WeltkriegZeichnung, eingeklebt in der Pfarrchronik Altenwörth



Brief von der Front

Das Gefecht, in welchem der Zugsführer Nesinger durch die Streukugel eines Schrapnells an der rechten Schläfe verwundet wurde, fand am 6. und 7. November auf der Jagodina Planina, einem Höhenzuge in Serbien östlich des  Städtchens Krupany statt. Der allgemeine Angriff unserer Armee begann vor Einbruch der Dämmerung am 6. Nov. Unser Batallion welches zur 1. Gebirgsbrigade gehört, hatte seine Stellungen auf dem höchsten Gipfel des ganzen Höhenzuges. Die 13. und 15. Kompagnie rückten am 6. in Gefechtsformation vor, während die 14. und 15. Kompagnie erst  am Abend des gleichen Tages in den Kampf, welcher gerade bei unseren Stellungen am stärksten wütete, eingriff. Bei der 14. Kompagnie war Zgsf. Nesinger als Schwarmkommandant eingeteilt. Leider war keiner der hier weilenden Regimentskameraden mit dem verstorbenen Zugsführer bei diesem Kampfe zusammen, um etwas über das Verhalten desselben mitzuteilen. Ohne Zweifel hat der tapfere und unerschrockene Kämpe auch in seinem letzten Kampf sich, wie in allen übrigen zahllosen schweren Gefechten in Montenegro und Serbien, als wahrer Held und  rechter Deutschmeister gezeigt.

Zgsf. Nesinger galt bei dem ganzen Bataillon als einer der verläßlichsten und kundigsten Patrouillenführer und war uns stets ein Muster aller Soldatentugenden. So wollen wir unserem tapferen Zugsführer, den uns eine tückische Krankheit so früh entrissen hat, ein ehrendes Andenken bewahren.

Karl Kotvay, Inf. k.u.k. Inf. Reg. Hoch- und Deutschmeister No 4/13. Feldkomp.

Unterschriften Kameraden



Schulchronik Kirchberg am Wagram, 1. Teil
Eine Sammlung zur Anfertigung von Kälteschutzmittel für unsere Soldaten im Felde ergab 297 K.

Angefertigt von den Schulkindern unter Leitung der Industrielehrerin Frau Eleonore Rittmannsperger, wurden 47 Stück Schneehauben, 34 Stück Bauchbinden, 10 Paar Fußlappen, 17 Stück Schals, 56 Paar Socken, 23 Paar Pulswärmer, 17 Paar Fäustlinge, 4 Stück Hemden und 1 Paar Kniewärmer. 

An Liebesgaben für Weihnachten im Felde wurden von der Schulleitung abgesendet:

Gegenstand

Zahl der Pakete

Anmerkung

Gegenstand

Zah lder Pakete

Anmerkung

Lebkuchen

4

-

Seife

4

-

Bäckereien

7

-

Kamm

1

-

Zuckerl

2

-

Taschentücher

1

-

Dörrobst

9

-

Notizbücher

1

-

Schokolade

5

-

Briefpapier

4

-

Kekse mit Zucker

4

-

Bleistifte

2

-

Tee mit Zucker

3

-

Treibund-Feld-postsendung

70

10 Stück

Fischkonserven

-

6 Stück

Kakao

-

3 Dosen

Tabak f. Pfeifen

18

-

Soldaten-Nähzeug

-

5 Päckchen

Tabak Zigaretten

1

-

Heftpflaster

-

9 Knäuel

Zigarren

8

-

Seifenblätter

-

9 Büchlein

Zigaretten

40

-

Senfpapier

-

10 Kö…

Tabakspfeifen

1

-

Rasierzeug

-

4 Stück

Alle diese Sachen wurden von den Kindern der hiesigen Volksschule gespendet.

Unsere Feinde sperrten die Zufuhr der Lebensmittel aus dem Auslande ab um Österreich und Deutschland auszuhungern. 
 

Aus Zeitungen
Fürsorge für Angehörige der Einberufenen. 
Der hiesige Bezirksarmenrat hat sich um die Fürsorge für Angehörige der Einberufenen durch Einleitung von Sammlungen in den Gemeinden Groß-Weikersdorf, Klein-Wiesendorf, Dörfl und Unterstockstall verdient gemacht. Die eingelangten Geldspenden gingen dem Kriegshilfefond zu.
(Österreichische Land-Zeitung vom 12.9.1914)

Ernennungen.
Herr Oberpostinspektor Dr. Heinrich Becker, Bruder unseres Verbandsmitgliedes Ph. Mr. Ernst Becker, Apotheken-Pächter in Kirchberg am Wagram, wurde bei Ausbruch des Krieges zum Armeepostdirektor der Nordarmee berufen.
(Parmaceutische Presse vom 31.10.1914) 

Dank.
Den ehrenwerten Schulschwestern in Weitra und allen edlen Wohltätern von Krems, Stratzing und Kirchberg am Wagram, welche Leib- und Bettwäsche, Kleider und Geldspenden für Verwundete im Piaristen-Konvikte abgegeben haben, sei hiermit herzlichst gedankt.
(Österreichische Land-Zeitung vom 14.11.1914) 

Kriegsanleihezeichnung
Beim hiesigen Postamte wurden bisher für die Kriegsanleihe ein Betrag von 2475 K für die Kriegsanleihe entgegengenommen. Jedenfalls eine sehr erfreuliche Erscheinung.
(Österreichische Land-Zeitung vom 5.12.1914)

 

1915

Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef Dedelbacher
…. Da die Bevölkerung wiederholt zu Armeelieferungen verhalten wurde, so wird das Ausreichen bis zur nächsten Ernte knapp sein. 
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
Am 1. Jänner wurde die Aufstellung von Gebäck (wie bisher üblich) verboten.

22. Jänner: 2400 Stück von den Schulkindern angefertigter Papiersocken dem k.k. Bezirksschulrate eingeschickt.

30. Jänner: 1200 Stück Schuheinlagen von den Kindern angefertigt dem k.k. Bezirksschulrate eingeschickt.

8. Februar: Verbot des Verfütterns von Getreide und Mehl.

13. Februar: 3000 Stück Schuheinlagen und 2000 Stück Socken aus Silkpapier dem k.k. Bezirksschulrate eingeschickt.

1. und 2. März: Aufnahme der Mehlvorräte.

31. März: Erzeugung von Kleingebäck verboten. Einführung der Vormerkbücher der Geschäftsleute.

8. April: Einführung der Brotkarte.

9. April: Die ersten Brotkarten ausgegeben.

12. bis 17. April: Mehl und Körnerfrüchte Aufnahmen

21. April: Metallsammlung.

29. April: Ankauf der vorhandenen Getreidevorräte durch die Kriegs-Getreide-Verkehrsanstalt Wien.

7., 8.u. 9. Mai: Korn- und Mehlrequisition.

7. Mai für Kriegsfürsorge dem k.k. Bezirksschulrate Tulln geschickt 5 Schneehauben, 1 Paar Fäustlinge, 6 Paar Wanderstutzen und 6 Paar Kniewärmer.

13. Mai: Verbot des Bestreuens der Straßen mit Gras bei Festlichkeiten wegen Futtermangel.

15. Mai: Auflage der 2. Kriegsanleihe.

10. August wurden dem k.k.n.ö. Landeschulrate für Kriegsfürsorge 100 Stück Nackenschützer geschickt.

14. Oktober: Auflage der dritten Kriegsanleihe. An hiesiger Schule als Sammelstelle wurden 400 K gezeichnet.

11. November: 115 kg von den Kindern gesammelte Roßkastanien an das Militär-Verpflegungs-Magazin Wien geschickt und 2 große Karton getrocknete Brombeer- und Erdbeerblätter an die chemische Fabrik Viktor Alder Wien Oberlaa geschickt.

16. Dezember: Einlösung von Gold und Silbergegenständen.

18. Dezember: Zwei große Kisten Äpfel an den Zweigverein des roten Kreuzes nach Tulln für die Verwundeten im dortigen Reservespital geschickt.


Schulchronik Winkl, Schulleiter Jakob Jungbauer

Der Schulbesuch war trotz des fortdauernden Weltkrieges ein sehr guter, was um so erfreulicher ist, da es sehr an Arbeitskräften mangelte, denn viele mußten als Vaterlandsverteidiger die Heimat verlassen, da sie bei den Musterungen als geeignet befunden wurden.
 

Schulchronik Neustift, Schulleiter Ludwig Kern
Vom 1.III. bis 4.III.1915 entfiel der Unterricht, da der prov. Schulleiter wegen Aufnahme der Getreidevorräte im Orte Neustift den Unterricht nicht erteilen konnte.

Als eine Folge des Krieges ist der zeitweise schlechte Schulbesuch zu betrachten. Nun werden laut Erl. v. L.S.R. die 11-, 12- u. 13jährigen Kinder, die kräftig genug sind, bei den Frühjahrsarbeiten mitzuwirken, während der Arbeitszeit vom Unterrichte befreit.  

Österreichisch-ungarischer Mörser Foto: Helmut Minar, Wien  Schulchronik Kirchberg am Wagram
Für unsere Soldaten im Felde wurden von den hiesigen Schülerinnen 2000 Papiersohlen angefertigt.

Damit die Bevölkerung mit den vorhandenen Getreidearten ihr Auskommen bis zur neuen Ernte findet, wurden die nebenstehenden Brotkarten eingeführt. Jeder Person konnte in der Woche 1470 gr Brot oder 1050 g Mehl verbrauchen.

Roggen- und Weizenmehl durfte nur gemischt mit Mais-, Erdäpfel oder Gerstenmehl verbraucht werden. Weißes Gebäck durften die Bäcker nicht erzeugen.

Preise der Lebensmittel am 31. Juli:
Rindfleisch                     1 kg    4 K 40 h
Schweinefleisch             1 kg    4 K 80 h
Selchfleisch                   1 kg    5 K
Kalbfleisch                     1 kg    4 K 40 h
Schweinefett                  1 kg    6 K
Butter                             1 kg    5 K
Weizenmehl                   1 kg    60 h
Roggenmehl                  1 kg    50 h
Reis                               1 kg    1 K 80 h
Milch                              1 l       28 h

Eine Sammlung zur Anfertigung von Kälteschutzmitteln für unsere Soldaten im Felde ergab 300 K. Angefertigt wurden von diesem Gelde durch die Schulkinder 53 Stück Be…, 22 Unterhosen, 23 Paar Socken, 8 Paar Wadenstutzen, 28 Paar Fußlappen und 15 Sacktücher.  

Schulchronik Bierbaum, Oberlehrer Robert Dobrawa
Am 29.9. war Woll- und Kautschuksammlung.
Am 1.12. Erörterung der Kriegslage unter Bezugnahme auf den 20.12.1915.
Am 2.12. Gedenkfeier. 
 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Alois Riedel
Wegen Aufnahme der Getreidevorräte entfiel vom 1. bis 4.4. 1915 der Unterricht, weil der Schulleiter Vertrauensmann war.  

29.9. und 2.10. Woll- Und Kautschuksammlung für das Kriegsfürsorgeamt.

 

Aus Zeitungen
Unserer Lehrerschaft im Kriege.
Von den Lehrern unseres Bezirkes stehen 41 im Felde, und zwar: … Schützner Hubert (Absdorf), Süß Friedrich, Erhart Karl (Altenwörth), Welek Kaspar (Fels), Riediger Eduard, Machinek Karl (Feuersbrunn), Löffler Robert, Kletzl Lorenz, Hille Franz (Grafenwörth) Christian Julius, Wagner Bruno (Groß-Riedenthal), Wetscherek Eduard (Jettsdorf), Eißelt Franz (Kirchberg am Wagram) Greil Ferdinand, Polt Anton (Königsbrunn), Hirsch Adalbert (Neustift)…
(Österreichische Land-Zeitung vom 16.1.1915)

Eine Faschingsfeldpostkarte.
An die Tischgesellschaft im hiesigen Hotel Figlmüller langte eine vom 1. Februar 1915 datierte Feldpostkarte vom Gefreiten Robert Löffler, Volksschullehrer, jetzt Gefreiter-Ersatzreservist im Infanterieregiment Freiherr von Heß Nr. 49 ein, mit nachstehender heiteren Einladung: „Fasching 1915. Einladung zu dem am 30. Feber 1915 in den grundlosen Sümpfen von Russisch-Polen stattfindenden Kriegerkränzchen. Vortragsordnung: Schrapnellfeuer, Polka schnell, Gewehrfeuer, Quadrille, Granatensang, Walzer, Russenflucht, Galopp, Mange, Ländler, Sturm Tango (Damenwahl), Friedensklänge, Schlußmarsch. Eintritt: 160 scharfe Patronen, Damen frei. Damenspenden: Gulaschkonserven. In den Zwischenpausen gemütliches Maschinengewehrfeuer. Für 30,5 Zentimeter Mörserbatteriegebrumme ist bestens gesorgt. Die Musik besorgt die Hesser-Schützen- und Scharfschützenkapelle. Für Separees hat das Winterfrischlerkomitee bestens Sorge getragen. Gedeckte und ungedeckte Schützengräben in jeder Größe! …..(unleserlich), Obmann.! Der Inhalt der Faschingspostkarte zeigt, daß unsere Hesser durchaus ihre Heiterkeit nicht verloren haben und diese auch unter allen Verhältnissen bewahren wollen. Daraufhin Heil und Sieg unseren wackeren Hessern!
(Österreichische Land-Zeitung vom 13.2.1915)
 
Aus Ostsibirien,
und zwar aus der Ortschaft Perosofki hat Infanterist Ludwig Knell am Neujahrstage an seine Eltern eine Feldpostkarte geschrieben, welche am 11. März hier eingelangt ist. Es heißt darin unter anderem: „Hätte mir mein Lebtag nicht gedacht, daß ich so weit in die Welt hinauskomme…. Wir haben eine Kälte von 25 – 35 Grad. (Einer seiner Kameraden, mit dem der Schreiber dieser Postkarte das harte Los der Kriegsgefangenschaft teilt, ist Riedlmaier aus Engelmannsbrunn bei Kirchberg am Wagram.
(Eggenburger Zeitung vom 2.4.1915)
 
Spende für erblindete Soldaten.
Familie Lager in Kirchberg am Wagram hinterlegte in der Kanzlei der Landzeitung statt eines Kranzes zu Allerheiligen für ihren verewigten Vater, Herrn Karl Lager, und für ihre Tante Frau Franziska Stingl, Ratssekretärswitwe, Krems, den Betrag von 40 Kronen für den Fond für erblindete Soldaten.
(Österreichische Land-Zeitung vom 27.10.1915
 
Frauenkriegsbeisteuer.
Am 21. 11. fand in Kirchberg am Wagram ein Vortrag der Frau General Josefa Porges aus Krems statt. Sie ist Gründerin des Vereines „Frauenkriegsbeisteuer“, dessen Zweck es ist, durch eine Frauenkriegsbeisteuer Frauen und Kinder, die durch den Krieg ihres Ernährers beraubt wurden, vor Verelendung zu schützen. Die Frauenkriegsbeisteuer besteht darin, daß jede Frau aller im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder dem Verein monatlich 20 Heller bezahlt, ein Betrag, den sicherlich jede, auch die ärmste Frau aufbringen kann. Wer vor dem Vortrag ein ungläubiger Paulus gewesen, der meinen möchte, das Ziel, so edel es sei, könne wegen unüberwindlicher Schwierigkeiten betreffs Organisation im ganzen Reiche nicht erreicht werden, wurde durch den Vortrag zu einem gläubigen Paulus. In überaus warmen, oftmals zu Tränen rührenden, von einem wahrhaft goldigen Herzen zeugenden Worten legte die Frau Generalin dar, wie nun  einige gute Menschen in jedem größeren Orte sich finden müssen, um mit wenig Arbeit die lokalen Organisationen zu schaffen, die in ihrer Gesamtheit ohne fühlbare Opfer der freiwilligen Spender Millionen sammeln können, dazu bestimmt, die Tränen der Hinterbliebenen unserer Helden zu trocknen, die Augen, die infolge Herzenskummer und Lebensnot glanzlos geworden, einen Schimmer von Freude zu zaubern. Unmittelbar nach dem Vortrage wurden 135, 60 K dem Vereine zugewendet, ein Erfolg, der sicherlich die besten Hoffnungen für die Zukunft verheißt. Möge es der edlen Frau vergönnt sein, ihr herrliches Ziel zu erreichen zum Wohle derer, denen, wenn dereinst die Friedensglocken läuten und die Helden vom Kampfplatze zurückkehren, kein Gatte, kein Vater kommt.
(Österreichische Land-Zeitung vom 26.11.1915) 
 

 

1916

Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef Dedelbacher
Da es an Raum fehlen würde, wollte der gefertigte Ortspfarrer die detailierte Kriegschronik nicht fortsetzen. Jedenfalls muß über den furchbaren Weltkrieg ohnedies ein Geschichtswerk im Buchhandel erscheinen, das in pragmatischer Art Aufklärungen bietet. Wie  wird der Krieg enden? Ob die Übermacht der Feinde nicht schließlich doch unser liebes Vaterland niederringt! Deus providebit. 

An der Front
Foto: Familie Schachhuber, Kollersdorf

 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
3., 4., 5., 6. Jänner: Mehl- und Getreidevorratsaufnahme.

Am 5. Februar wurden die von den Kindern für die Soldaten im Felde gesammelten Bücher (2 Kisten) an den k.k. Bezirksschulrat geschickt.

6. März: Sammlung für tuberkulöse Soldaten. Ergebnis 315 K.

7. bis 11.: März Getreide Vorratsaufnahme.

19. März: Einführung der Zuckerkarte.

27. April: Auflage der IV. Kriegsanleihe. Bei der Sammelstelle (Schule) wurden 51.500 K gezeichnet.

1. Mai: Einführung der Sommerzeit bis 30. September

15. Mai: Viehaufnahme.

29. Mai bis 6. Juni: Anbau- und Erntestatistik. Der Schreiber dieses, Oberlehrer Bachner, mußte mit einem Ortskundigen und der Mappe von Acker zu Acker gehen und die Parz.N., Größe des Ackers, Wiese, Hutweide u.s.w., die Frucht, aufnehmen und dann alles zu Hause in große Bögen eintragen, summieren und übersichtlich zusammenstellen. Eine Riesenarbeit für nichts.

13. und 17. Juni: Woll- und Kautschuksammlung Ergebnis zusammen 5 kg.

18. Juni: Kaffeeabgabe nur gegen Vorweisung der Zuckerkarte.

9. Juli: Einführung der Kaffeekarte.

7. September: Einführung dreier fleischloser Tage Montag, Mittwoch und Freitag.

12. bis 16. September: Viehaufnahme.

15. September: Einführung der Fettkarte und Butterkarte.

19. bis 21. September,  22. bis 24. Oktober: Fettaufnahme.

3. und 4. November: Ernteertragsaufnahme.

23. November: Auflage der V. Kriegsanleihe. Bei der Schule als Sammelstelle wurden 38.900 K gezeichnet.

4. Dezember: kamen aus dem … Flüchtlingslager 30 ruthenische Flüchtlinge und wurden in hiesiger Schule (I. Klasse) untergebracht. Die Kinder, 8 an der Zahl, besuchten die hiesige Schule.

7. Dezember: Einziehung der Nikelmünzen zu 20 h ab 1.1.1917 und Ausgabe von Eisen 20 h Stücken.

17.Dezember: Der chem. Fabrik Viktor Alder, Wien, Oberlaa, 9 kg getrocknete Brombeerblätter geschickt.
 

Schulchronik Neustift, Lehrer Adalbert Hirsch d. Ä.
Am 6.9.1915 Sammlung von Brennesseln, am 10. u. 11. 1. 1916 wegen Getreideaufnahme schulfrei, am 1.5.1916 Sammlung fürs Rote Kreuz, am 13.6.1916 Woll- und Kautschuksammlung.

Im neuen Spritzenhause der freiwilligen Feuerwehr wurden Mitte Mai 1915 20 kriegsgefangene Russen untergebracht. Gutmütige, starke Leute, sehr religiös, sehr sangeslustig. Diese helfen unseren Ortsbewohnern bei der Feldarbeit und fühlen sich bei uns ganz wohl.

Am 25.10.1916 Fruchtaufnahme, am 6., 7. und 8. November 1916 Getreideaufnahme.  

Gefechtsstellung an der Isonzo-Front
Foto: Otto Moosbauer, Kirchberg 

 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Auf die III. Kriegsanleihe haben die hiesigen Schulkinder 3500 K gezeichnet.  

Preise der Lebensmittel am 1. Juli 1916:
Rindfleisch                das kg            10 K              
Mehl                          das kg            58 h bis 1 K 20h
Schweinefleisch         "                    18 K              
Grieß                         "                    90 h
Kalbfleisch                 "                     7 K                 
Kaffee                        "                   12 K
Speck                        "                   10 K              
Zucker                       "                     1 K 6 h
Schweinefett              "                   10 K              
Seife                          "                     6 K
Butter                         "                    8 K                
Milch                         1 l                 36 h
Eier                           5 Stück           1 K     

Junger Wein wurde beim Hauer der Liter um 1 K 24 h gekauft. 

An dem nötigen Mehl war großer Mangel.
Großer Mangel an Leder war. Das Doppeln von ein Paar Schuhe kostete 12 bis 14 K.

Von den Schulkindern wurden bei der 4. Kriegsanleihe 1800 K gezeichnet.  

Zur Anschaffung von Kälteschutzmitteln erhielt die Schule von der Sparkasse Kirchberg 60 K und durch ein Wohltätigkeitskonzert 100 K. Angefertigt wurden davon von den Schulkindern 12 Stück Unterhosen und 12 Hemden für unsere Soldaten im Felde.

Bei der fünften Kriegsanleihe wurden von den hiesigen Schulindern 1200 K gezeichnet. 

Schulchronik Bierbaum, Oberlehrer Robert Dobrawa
Am 6.3. war Sammeltag für tuberkulöse Soldaten.
Am 6.5. war Sammeltag für das „Rote Kreuz“.
Am 14. u. 17. 6. war Sammlung von Wolle und Kautschuk. 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Alois Riedel
In den Monaten April bis Juli sehr schwacher Schulbesuch, bis 33 % entschuldigte Versäumnisse. Die Kinder wurden zur Feldarbeit gebraucht.

Aus Zeitungen
Wolhynien, am 8.2.1916
Sehr geehrte Redaktion!
Ich bestätige den regelmäßigen Empfang Ihres sehr geschätzten Blattes, welches ich jeden Montag erhalte und danke Ihnen bestens für die pünktliche Zusendung. Mein erster Blick ist immer auf die Nachrichten aus der lieben Heimat, welche mich sehr interessieren. Meine Kameraden freuen sich ebenfalls, weil so mancher von der Umgebung ist. Bin gesund und sende allen Roseldorfern die besten Grüße. Franz Auterieth, Anton Hader und Johann Dittrich aus Roseldorf, derzeit beim k.u.k. Infantierie-Regiment Nr.
Unterschrieben sind auch: Leopold und Johann Germ aus Absdorf, Korporal Schaubelt, Bierbaum am Kleebühel, Zugsführer Josef Krenes aus Kollersdorf. Feldpost Nr. 57.
(Eggenburger Zeitung vom 18.2.1916)
 
Der Kirchberger Kaufmann F. Laiminger bedankt sich über die Österreichische Land-Zeitung „aus dem Schützengraben“ bei kaiserlichen Rat Ignaz Weineck, Kerzen- und Seifenfabrikant aus Stockerau für die Spende an Kerzen.
(Österreichische Land-Zeitung vom 19.2.1916)
 
Kirchberg am Wagram. Auszeichnung.
Der gegenwärtig am südlichen Kriegsschauplatze tätige k.k. Regimentsarzt Herr Dr. Franz Widhalm, Sohn des hier wohnhaften Oberlehrers d. R. Franz Widhalm, welcher schon im Vorjahre mit dem Signum laudis ausgezeichnet wurde, erhielt als Anerkennung für vorzügliche und aufopferungsvolle Dienstleistung im Kampfgebiete das Ritterkreuz des Franz Josef-Ordens am Bande des Militärverdienstkreuzes.
(Österreichische Land-Zeitung vom 18.3.1916)
 
Rasiermesserspenden.
Für unsere 84er spendeten weiters Rasiermesser und Rasier-Apparate: …. Herr Oberlehrer Berger in Kirchberg am Wagram…. Herzlichen Dank für die edlen Spenden, welche unseren Soldaten große Freude bereiten werden.
(Österreichische Land-Zeitung vom 25.3.1916)
 
Am 7. September veranstaltete die hiesige Pfarrgemeinde eine Bittprozession nach dem nahegelegenen Wallfahrtsorte Maria Trost in Kirchberg am Wagram, an welcher sich ungefähr 500 Personen beteiligten. Der musterhaft geordnete Einzug in dieses herrliche Gotteshaus bot einen dem Ernste der Zeit und der Meinung der Wallfahrt entsprechenden eindrucksvollen Anblick. An dieser Stelle sprechen wir der Pfarrgeistlichkeit von Kirchberg ein herzliches „Vergelt’s Gott“ aus für den ehrenvollen Empfang und Auszug! Möchten die geschätzten Leser in schweren Anliegen sich gleichfalls an Maria Trost in Kirchberg erinnern.
(Eggenburger Zeitung vom 15.9.1916)
 
Fürs Vaterland.
Laut Mitteilung des Alpinen Detachement ist am 6. September 1916 Adolf Göttl in der Foramestellung an der Tiroler Dolomitenfront fürs Vaterland gefallen. Sein Leichnam konnte erst nach mehreren Tagen geborgen werden. (Nach einer privaten Mitteilung soll es überhaupt heuer nicht mehr möglich sein, die Leiche zu bergen.) So ist er mit seinem Bruder Erwin, welcher am 29. Oktober 1915 am serbischen Kriegsschauplatze den Heldentod fand, für ewig vereint. Gott wird ihnen ihren Heldenmut lohnen. Das Requiem mit Libera wurde Donnerstag den 12. Oktober in Kirchberg für die verstorbenen Krieger aufgeopfert. Das Vaterland wird seinen Helden ein dauerndes Andenken bewahren. Bruno Göttl kam verwundet am 18. August 1916 in russische Gefangenschaft und wurde seinen Eltern am 27. September vom k.u.k. Dragonerregiment Kaiser Ferdinand Nr. 4 die silberne Tapferkeitsmedaille übermittelt. Wir wünschen dem wackeren Krieger völlige Gesundheit und glückliche Heimkehr!
Eggenburger Zeitung vom 20.10.1916
 
Wohltätigkeitsvorstellung.
Am 12. d. findet um 5 Uhr nachmittags in Fieglmüllers Saalräumen eine Wohltätigkeitsveranstaltung statt, deren Reinerträgnis zur Anschaffung von warmer Leibwäsche für unsere im Felde stehenden Soldaten verwendet wird. Vorträge des Salonorchesters und von Chören werden mit solchen unserer heimischen Künstlerinnen und Künstler Frl. Becker, Frl. Emma Roskopf, Herren Schulleiter Hirsch und Lehrer Höflinger abwechseln. Eintritt 1 K. Es steht mit Rücksicht auf den Zweck ein Massenbesuch zu erwarten.
(Österreichische Land-Zeitung vom 11.11.1916)
 
Militärische Auszeichnungen.
Josef Gruber aus Kirchberg am Wagram erhielt 1916 sowohl die Bronzene Tapferkeitsmedaille als auch das eiserne Verdienstkreuz mit der Krone am Bande der Tapferkeitsmedaille.
(Österreichische Land-Zeitung vom 18.6.1917)  

Altenwörth an der Donau. Unsere Flüchtlinge fühlen sich so ziemlich wohl, da die Ortsbevölkerung die traurige Lage dieser 30 Heimatlosen zu lindern nach Kräften bestrebt ist. Kahl und spärlich schaut es heuer in den Vorratskammern aus, aber für die notleidenden Flüchtlinge aus Ostgalizien (bei Tarnopol) bleiben eben doch Brosamen übrig. Kürzlich veranstatltete der Ortspfarrer auch eine Kirchensammlung für diese armen Brüder.
(Eggenburger Zeitung vom 22.12.1916)

 

1917

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
11., 12. und 13. Jänner: Vieh- und Pferdeaufnahme.

20. Jänner,  20. Februar, 19. u. 20. März: Fettaufnahme.

8. Februar: Einführung der Petroleumkarte.

Am 23. April mußten von den 9 in der ganzen Pfarrgemeinde befindlichen Glocken folgende 6 zum rauhen Kriegsdienste einrücken: Vom Kirchturm die Zwölfuhr-Glocke aus dem Jahre 1791 stammend,…. die Speiseglocke, 47 cm Durchmesser 55 kg schwer, die Friedhofsglocke aus dem Jahre 1909, 39 cm Durchmesser und 35,5 kg, die Kapellenglocke von Gigging aus dem Jahre 1906, 49,5 cm Durchmesser und 66 kg. Von Kollersdorf die Sterbeglocke aus dem Jahre 1877, 42 cm Durchmesser und 41 kg. Die Kapellenglocke von Sachsendorf aus dem Jahre 1778, 48 cm Durchmesser und 60 kg. Die Glocken  waren Eigentum der Gemeinde. Als Vertreter der Militärbehörde bei der Regierung fungierte Herr Anton Schäftner, Stadtbaumeister Wien V. Reinprechtsdorfer Straße N. 53.

17. Mai: VI. Kriegsanleihe. Bei der Schule aus Sammelstelle wurden 1000 K gezeichnet.

6. September: Einführung der Seifenkarte.

4. Oktober: Einführung der Kohlenkarte.

18. Oktober: Einführung der Kartoffelkarte
VII. Kriegsanleihe. Bei der Schule als Sammelstelle wurden 3000 K gezeichnet. 
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram 1. Teil
Von 19. bis 22. Februar und von 19. März bis 10. April war der Unterricht wegen Mangel an Heizmitteln eingestellt.
Bei der 7. Kriegsanleihe wurden von den Kindern 100 K gezeichnet
 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Alois Riedel
Vom 19.2. bis 4.3. war wegen Kohlenmangel kein Unterricht. 
Wegen der mannigfachen Aufnahme und amtlichen Besprechungen entfielen sehr viele Unterrichtstage. 

Vom 26.11. bis 9. 12. entfiel wegen Kohlen- und Holzmangel der Unterricht. 

gefangene Russen im Haus der Familie Mann in Unterstockstall, 1918
Foto: Otto Moosbauer, Kirchberg
 

 

Aus Zeitungen
Das k.k Bezirksgericht Kirchberg am Wagram hat mit Urteil vom 21.9.1916 zu Recht erkannt: Johann W., 52 Jahre alt, katholisch, verheiratet, Bauer in Gigging, ist schuldig dadurch, daß er am 1.9.1916 für eine seit der Zeit vor dem Kriege in seinem Stalle befindliche Nutzkuh, deren gegenwärtiger Wert höchstens 3500 K ist, einen Betrag von 5000 K verlangte. In Ausnützung der durch den Kriegszustand verursachten außerordentlichen Verhältnisse für einen unentbehrlichen Gegenstand einen offenbar übermäßigen Preis gefordert und hierdurch die Uebertretung nach § 18 der kais. Vdg. vom 21.8.1916 begangen zu haben und wird deshalb gemäß § 18 dieser Verordnung zu einer Woche Arrest und 100K Geldstrafe verurteilt.

K.k. Bezirksgericht Kirchberg am Wagram am 1.9.1916
Vorstehendes Urteil wurde mit Erkenntnis des k.k. Kreisgerichtes Krems vom 31.10.1916 bestätigt.
(Österreichische Land-Zeitung vom 17.2.1917)
 
Erschossen.
Am 18. August hantierte der 15jährige Sohn des Wirtschaftsbesitzers Leopold Rauscher in Winkl mit dem Gewehr seines Vaters. Der Knabe war der Meinung, das Gewehr sei nicht geladen und drückte los. Der Schuß traf den hinter ihm stehenden russischen Kriegsgefangenen Krinkow, Vater dreier Kinder und von Beruf Wirtschaftsbesitzer, so unglücklich in den Kopf, daß derselbe nach zwei Minuten tot war.
(Österreichische Land-Zeitung vom 8.9.1917)

 
Zeitungsanzeige GemüseAnzeige in der Österreichischen Land-Zeitung vom 13.4.1917

 

1918

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
Am 21. Jänner wurden die Prospektpfeifen unserer Orgel für Kriegszwecke beschlagnehmt und mit der Abnahme war die Orgelbaufirma Johann Kaufmann, Wien 15. Bez. Robert Hammerlinggasse 30, betraut. Das Gewicht der abgelieferten Pfeifen betrug 41,5 kg.

2. Februar: Allgemeine Herabsetzung der Mehlverbrauchsmenge.

8. Juni: Auflage der achtern Kriegsanleihe. Bei der Schule als Sammelstelle wurden 56.400 K gezeichnet.

1. Juli: Einführung der Raucherkarten.

Vom 6. November bis 25. November war die Schule wegen Mangel an Heizmaterial gesperrt.

14. November: Kaiser Karl verzichtet auf die Regierung und anerkennt im Voraus die Entscheidung, die Deutschösterreich über seine Zukunft treffen wird. Der Deutschösterreichische  Standsrat beschließt die Ausrufung der Republik morgen um 3 Uhr nachmittags.

Der Weltkrieg ist zu Ende!

9. Dezember: mußte die Schule wegen Mangel an Heizmaterial abermals gesperrt werden.
 

Schulchronik Neustift, Lehrer Adalbert Hirsch d.Ä.
Am 23. 1. 1918 erschienen 2 Soldaten und 1 Arbeiter und requirierten die mittlere Glocke, das Zügenglöcklein und die Metallpfeifen unserer Manualorgel für Kriegszwecke. Ergreifend erklangen unsere trauten Heimatglocken zum letztenmale. Viele Leute waren tief bewegt und weinten.

Im Frühjahr 1918 kamen 5 kriegsgefangene Italiener nach Neustift. Gebildete Leute, stärker, zur landwirtschaftlichen Arbeit unfähig. 

In der zweiten Oktoberhälfte 1918 Zerfall des Reiches und der Armeen. Am 3. November Waffenstillstand an der italienischen Front. Die kriegsgefangenen Russen und Italiener verlassen den Ort. Alle größeren Verbände lösen sich auf. Der Krieg ist aus, alles eilt in die Heimat zurück.

Der Friede steht vor der Türe, aber ernste Nahrungssorgen bedrücken uns. Die Lebensmittel sind knapp. Wien hungert! Die Zuführungen aus den slawischen Nachbarstaaten und aus Ungarn stocken. Deutschösterreich muß sich selbst erhalten. Die Versorgung der Stadt Wien mit Milch ist derart gesunken, daß nicht einmal Säuglinge und Schwerkranke die unbedingt notwendige Milchnahrung mehr erhalten können. Zahlreiche “Hamsterer” beleben unsere Ortschaft. Die Lieferungen sind auf die Hälfte der bisher erreichten Mengen zurückgegangen.

Die Ruhe, Ordnung u. Sicherheit im Lande ist schwer bedroht. Einbrüche und Brandlegungen stehen auf der Tagesordnung. Alles sucht um Waffenpässe an. Häufige Schießereien mit Dieben und Einbrechern. Bildung von “Platten” in der Nachbarschaft. Unser wackerer Ort bewahrt Ruhe und Ordnung.
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Von den Mädchen der Arbeitsschule wurden 30 Hemden und 20 Hosen für die Soldaten angefertigt.
 

Schulchronik Bierbaum, Oberlehrer Robert Dobrawa
Vom 4.11.1917 – 3.1.1918 Schulsperre wegen Kohlenmangel.

Vom 5.2. – 28.2.1918 Schulsperre wegen Kohlenmangel.
 

Aus Zeitungen
Vorzüglicher heurige Natur-Obstwein, von 56 Liter aufwärts, per Liter 80 bis 85 h. versendet gegen Einsendung von Bezugsscheinen A. Langer, Kirchberg. Einsendung von Fässern erwünscht aber nicht Bedingung.
(Reichspost vom 10.3.1918) 

Bauer und 8. Kriegsanleihe.
In der Landzeitung war zu lesen, daß jene Bauern, die die 8. Kriegsanleihe zeichnen wollen, dafür solche landwirtschaftlichen Geräte kaufen könne, als sie brauchen. Das wäre freilich recht gut. Was hat nicht alles die Militärverwaltung zusammengeschleppt, was hat sie nicht alles den Bauern abgenommen! Da waren Pferde, Ochsen, Kummete, Leitseile, Wagen, Schaufeln, Schlitten und viele andere Sachen abzuliefern. Damals kosteten die Sachen nicht gar viel, was kosten sie aber heute, wenn der Bauer sich solche Sachen anschaffen muß! Sicher das Zehnfache, wenn nicht mehr! Und noch dazu sind sie nicht zu bekommen, weils an Material und an Handwerkern fehlt! Wenn also die Militärverwaltung solche Sachen, die der Bauer brauchen kann, abgeben wird und zwar zum Schätzenswert, dann wird mancher Bauer zu billigen und brauchbaren Sachen kommen. Aber sicher sollte das sein, dann werden die Bauern auch fleißig zeichnen. Man kann dem Bauern, der im Krieg so viel geleistet hat, auch etwas zukommen lassen, denn er hat auch tausend und tausend von Söhnen dem Vaterlande geopfert. Bauern, zeichnet daher die achte Kriegsanleihe, trachtet aber auch, daß ihr dann wirklich das Recht habt, solche Sachen zum Schätzwert zu erhalten. In Deutschland hat man das auch so gemacht, daher dort der große Erfolg der 8. Kriegsanleihe.
(Österreichische Land-Zeitung vom 25.5.1918)
 
Rauchernot am Lande.
Es ist höchst sonderbar, daß man die Landbezirke immer heranzieht, wenn es gilt, irgendwo auszuhelfen, sonst denkt man keineswegs an sie. In den Verlagsbezirken Ernstbrunn, Groß-Weikersdorf, Kirchberg am Wagram wird die Wochenmenge für Raucher mit drei Zigarren oder neun Zigaretten oder ein halbes Paket Pfeifentabak festgesetzt. In den anderen Bezirken Niederösterreichs wird überall bloß die Hälfte von der Wiener Wochenmenge ausgegeben, also sechs Zigarren, achtzehn Zigaretten oder ein Paket Pfeifentabak. In manchen Trafiken ist es sogar vorgekommen, daß Stammkunden nichts als Schnupftabak erhielten.
(Volksblatt für Stadt und Land vom 21.7.1918)
 
Herr Dr. Rudolf Delapina aus Kirchberg am Wagram, Leutnant in der Reserve, der am Kremser Gymnasium studierte und maturierte, wurde mit dem Eisernen Kronenorden 3. Klasse ausgezeichnet. Es ist dies bereits die vierte Auszeichnung an der Front.
(Österreichische Land-Zeitung vom 12.10.1918)
 
 

1919

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
Am 4. Jänner 1919 wurden die Wahlvorbereitungen für die konstituierende Nationalversammlung angeordnet. Amtsblatt N. 1 vom 4.1. Seite 1. Die Kaiserbilder mußten aus den Lehrzimmern entfernt werden.

Mit 1. Jänner wurde wieder der Unterricht aufgenommen

Soldatenfriedhof IsonzoSoldatenfriedhof an der Isonzo-Front
Foto: Otto Moosbauer, Kirchberg

 

Reminiszenz, Schulchronik Winkl, Lehrer Jakob Jungbauer
…Es fing an, an allem zu mangeln. Glocken wurden von den Türmen genommen. Kupferdächer wurden abgedeckt, um das Material für die Geschosse verwenden zu können, ja selbst Orgelpfeifen wurden herausgenommen. Auch unser Kirchlein mußte eine Glocke und Orgelpfeifen liefern. Noch ärger war es mit dem Mangel an Lebensmitteln und an Futter für die Pferde. Durch Letztere wurde unsere Wehrmacht entkräftet und dadurch kampfunfähig.

Für die Schule war dieser Krieg auch nicht von Vorteil. Viele Lehrer mußten einrücken und von den meisten Familien die Väter ebenfalls. Die zurückbleibenden Lehrer wurden zu vielen anderen Arbeiten verwendet. Dadurch trat eine gewisse Gleichgültigkeit ein und die Erfolge waren nicht die vom Frieden. Der Schulbesuch war ein sehr guter und war die Schule trotz Mangel an Brennmaterialien und Teuerung derselben keinen einzigen Tag gesperrt. Der Unterricht in weiblicher Handarbeit litt durch die hohen Preise des nötigen Materials, welches überhaupt eine Zeit gar nicht zu haben war. Die Mädchen arbeiteten fleißig an Kälteschutzmitteln für die Soldaten, wozu sie die Wolle vom Bezirksschulrate erhielten. Es wurden gestrickt 12 Paar Stutzen, 19 Paar Kniewärmer, 8 Schneehauben, 3 Paar Fäustlinge, 6 Paar Pulswärmer, 4 Paar Socken, gespendet wurden 10 Hemden, 3 Unterhosen, 3000 Stück Papiersohleneinlagen, 31 ½ kg Wundfäden, gesammelt wurden von der Schule  auf Wolle 85,59 K, Spartage 258 K, fürs Rote Kreuz 206,26 K, für Tuberkuloseheim 117 K, für Blinde 98 K, Metallsammlung 85 kg, Wolle und Gummisammlung 78 kg, Brombeerblätter 52 kg, Brennessel 92 kg.

Die Schulen wurden auch zu Kriegsanleihesammelstellen verwendet. Als solche wurden in Winkl 70550 K Kriegsanleihe gezeichnet. Da der Lehrer während des Krieges viele Arbeiten zu leisten hatte, die mit der Schule nichts zu tun hatten, die er aber, wenn ihn der Bürgermeister benötigte, leisten mußte, glaubte mancher, die Schule sei Nebensache und man könne mit den Schulgesetzen leicht fertig werden oder gar darüber hinweggehen, ebenso mit den Lehrern.
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram 
Die Lehrerschaft des Bezirkes wurde am 15.I. durch den Bezirksschulinspektor, Herrn Gustav Baumgartner, auf die neue Staatsverfassung angelobt.

Montag, den 27.I. wird der Unterricht wieder aufgenommen. Geheizt wird in 2 Klassen und der Unterricht halbtägig von 3 Lehrkräften erteilt. Der volle Unterrichtsbetrieb begann wieder mit 9. April. Vom 17. März an bringen die Kinder selbst das Holz zur Beheizung mit. 
 

Schulchronik Bierbaum, Oberlehrer Karl Dobrawa
Vom 7. – 22.1.1919 (12 Tage) wurde die Schule wegen Kohlenmangel gesperrt.    
 

Aus Zeitungen
Josef Anton Englinger, Lst. Infst. IF Nr. 84 zugeteilt dem IF Nr. 55, 7. Komp. NÖ, Tulln, Kirchberg am Wagram, 1899, verwundet.

Verlustliste vom 14.1.1919
Josef Englinger hat 1920 in Pressbaum geheiratet.
 
 

1927

 
Aus Zeitungen
Josef Leitner auch Leuthner, geboren am 11. 2.1885 in Kirchberg am Wagram, katholisch, ledig, zuletzt in Kirchberg wohnhaft gewesen, rückte bei Kriegsbeginn zum Infanterieregiment Nr. 85 ein, wurde im Oktober 1917 schwer verwundet und blieben von da an die bisher regelmäßig eingelangten Nachrichten aus.
Da demnach anzunehmen ist, daß die gesetzliche Vermutung des Todes .. eintreten wird, wird auf Ansuchen seines Vaters Alois Leitner in Kirchberg das Verfahren zur Todeserklärung eingeleitet und die Aufforderung erlassen, dem Gerichte oder dem Kurator Herrn Oberdirektor Kainz des Kreisgerichtes Krems Nachricht über den Vermißten zu geben.
(Wiener Zeitung vom 30.10.1927)
 
 

1932

 
Aus Zeitungen
Ein Kriegsgefangener schreibt nach 14 Jahren an seine Eltern.
Ein Kirchberger, der Fleischhauergehilfe Franz Maringer, Sohn der Eheleute Franz und Marie Maringer, Private in Kirchberg, geb. am 1. Juli1893 in Ottenthal, ging 1914 zu Beginn des Krieges an die serbische Front ab. Dort wurde er schwer verwundet und nach seiner Heilung in einem Spital in Fiume kam er nach Wien zurück, um von hier aus bald wieder an die Front abzugehen.
Diesmal war es der russische Kriegsschauplatz, wohin ihn sein Soldatenschicksal führte. Im Jahr 1915 wurde Franz Maringer in der Schlacht bei Sokal gefangen. Er war Korporal bei den Deutschmeistern. Aus der russischen Gefangenschaft schrieb Maringer mehrmals. Der letzte Brief an seine Eltern in Kirchberg wurde von Maringer im Juli 1917 geschrieben, kam aber erst im Frühjahr 1918 bei den Eltern in Kirchberg an. Seit dieser Zeit kam keine Nachricht mehr von Franz Maringer und er galt als verschollen.
Wer beschreibt daher die Freude der Eltern, als am 5. Jänner d. J. ein Brief vom „Franzl“ kam, den er am heiligen Abend an einem Ort in Kaukasien schrieb. Er teilt darin mit, daß er verheiratet sei und zwei Töchter habe, daß er dreimal versucht habe, in die Heimat zu gelangen, aber immer wieder den Plan aufgeben mußte, daß ihn aber jetzt die Sehnsucht nicht mehr loslasse und er die Hoffnung habe, mit Hilfe des österreichischen Konsulates noch in diesem Jahr heimkehren zu können.
Die Familie hat sich natürlich sofort mit dem bisher Verschollenen in Verbindung gesetzt und man sieht in der ganzen Gegend dem weiteren Verlauf dieser Angelegenheit mit Interesse entgegen.
((Neuigkeits) Welt Blatt vom 28.1.1932)            

 

Jänner 2013, letzte Änderung Februar 2024
Maria Knapp, Andreas Nowotny