(22.3.1897 – 11.8.1970, Mitterstockstall)
Wie viele andere musste auch Anton Halmer, angehender Landwirt aus Mitterstockstall, im Jahr 1916 in den Krieg ziehen. Er war am Isonzo eingesetzt, von wo er nach einer Schussverletzung nach Wien gebracht wurde. Im Zuge des Heilungsprozesses lernte er Erzherzogin Maria Josepha, die Mutter von Kaiser Karl I.  kennen, mit der er später jahrzehntelang in Briefkontakt stand.

    
Anton Halmer zu Beginn seines Kriegsdienstes 

   
Die Soldatenkiste von Anton Halmer, auf der das Einrückungsjahr 
1916 vermerkt ist. Er war zu diesem Zeitpunkt 19 Jahre alt. 

Ausbildung

Sein erster Aufenthalt war ein Barackenlager ein Wien, wo er die Ausbildung (Abrichtung, wie er es nannte) zum Kriegsdienst erhielt. 

Zwei Aufnahmen der Kompanie aus dieser Zeit:

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 

  
Anton Halmer  k.k. Schützen-Reg. N 24, 6. Ersatz Komp. II. Zug; Anton Halmer 19./6.
Anton Halmer ist der 3. von links in der oberen Reihe – blau markiert 

  
Anton Halmer etwa in der Mitte – blau markiert

  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
Zwischenzeitig bekamen die jungen Rekruten kurze Heimaufenthalte,
ein Erlaubnisschein, September 1916 

     
Einige Brocken italienisch, die er sich notiert hat. Er war zu diesem Zeitpunkt anscheinend schon in Italien
oder zumindest auf dem Weg dorthin.

Diese Karte sandte Anton Halmer am 12.1.1917 an seinen Vater. In Ermangelung von Grußkarten haben die Soldaten solche Karten selbst entworfen. Diese Karte wurde vom Feldpostamt 360 abgesandt, er war zu diesem Zeitpunkt also schon an der Front, eventuell schon am Isonzo.

   
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Ein Brief von der Front

Am 15. Mai 1917
Liebste Eltern! 

Im Anfange meiner Zeilen grüße ich euch herzlich und teile euch wieder einmal die Wahrheit mit, bin sowohl auch noch gesund und hoffe es auch von euch allen. Wir waren jetzt wieder vom 28.4. bis 8.5. in Stellung auf St. Kathrine, das ist gerade vor Görz am Isonzo. Dort war es sehr heiß zugegangen. Görz ist eine sehr schöne Stadt aber das könnt ihr euch nicht vorstellen, wie es aussieht, denn wir sahen sehr schön hinein, denn wir waren 5 Minuten herunter Görz.

Liebe Eltern, es stand mir oft schon oft sehr nahe, ich und der Leopold sind Gott sei Lob und Dank noch immer durchgekommen. Wir sind am 8. von der 21. Landwehr  aus St. Pölten abgelöst worden, wir kommen jetzt auf den Tollmeiner Bückenkopf, hier lösen wir die 37. Infanterie Ungarn ab. Dort ist in den Karawanken das elektrische Licht und die Wasserleitung, die Menasch kommt mit der Drahlseilbahn hinauf, das hatten wir auf der St. Kathrine auch. Rechts vor uns ist der berühmte Berg Monte Sabotin, dort sind die Italiener oben und links das Daberto Plateau, wenn ihr vielleicht schon gelesen oder gehört habt.

Was hier den Krieg angelangt, ist nur alles Artillerie Feuer, aber wie? Den Gewehrschuß hört man selten. Es kann sich kein Mensch vorstellen, was Artilleriefeuer ist hier auf den Steinen, denn die meisten erschlagen die Steine.

Jetzt geht es sehr lustig zu, denn die Offensive hat schon stellenweise begonnen. Unsere Menasch ist Polenta und wieder Polenta, es hat auch ein jeder die Scheißerei als wie nicht gescheit. Hoffe, daß der Krieg bald aus ist und gesund wieder nach Hause komme.

Diesen Brief hat mir der Kolleg aus Pettendorf, Bezirk Stockerau mitgenommen, der ist Offiziersdiener und sein Offizier, ein Ober-Leutnant aus Wien, ist in Urlaub gefahren und da hat er mir den Brief mitgenommen. Er heißt Rigl, er war auch schon in Kirchberg im Keller beim Geislhofer aus Bierbaum. Ich hab ihm gesagt, wenn es ihm ausgeht, so soll er auch euch nachschauen.

Ich schließe jetzt und hoffe auf ein baldiges Wiedersehen.

Mit Grüßen euer dankschuldiger Sohn Anton.

Verwundung

Anton Halmer war mit einem Kameraden zum Quartiermachen eingeteilt. Als sie nach erfolgter Erhebung in einem Privathaus, in dem sich ein Ehepaar mit ihrem Kind befand, dieses verlassen wollten und sich schon zum Gehen gewandt hatten, zog die Frau unter ihrem Kittel einen Revolver hervor und schoss Anton Halmer  von hinten ins Knie. Von seinem Kameraden, der die Familie dafür zur Rechenschaft gezogen hatte, wurde Anton auf die Sanitätsstation gebracht.


Aufnahmeblatt des Feldspitals Nr. 1502, wahrscheinlich am Isonzo 

Wie aus einer Karte weiter unten hervorgeht, war er aber bereits am 30. Mai im Augartenlazarett in Wien. Die Verwundung fand also zwischen 15. und 30.  Mai statt.  

Von der Front kam er nach Wien ins  Palais Augarten, in dem  Erzherzogin Maria Josepha, die Mutter von Kaiser Karl I., ein Lazarett für Kriegsverwundete eingerichtet hatte.

Die Kugel, die aus dem Knie entfernt worden war und die ihm in Wien in diesem Behälter übergeben worden war. 

Da die Wunde nur langsam heilte, wurde er wie viele andere Verletzte in ein Wasserbett gelegt, um das Wundliegen zu verhindern. Den langsamen Heilungsprozess überlebten damals nur wenige, so  war er also gewissermaßen ein Held und wurde dementsprechend von der Erzherzogin selbst gepflegt und betreut, sie kam auch mit ihrem Enkelsohn Otto (von Habsburg), der damals etwa 5 Jahre alt war, an sein Krankenbett. Ärzte und Professoren, sogar aus dem Ausland, kamen zu ihm, um an seinem Fall zu lernen. Insgesamt lag er acht Monate im Palais Augarten, einige Zeit war er in Stadt Haag zur Erholung. 

Die Erzherzogin brachte ihm große Sympathie entgegen, und so lud sie ihn eines Tages in die Oper ein. Mit der Staatskarosse wurde er abgeholt. Bei der Oper wurde die Tür von den bereitstehenden Lakaien geöffnet – aber aus der Kutsche kam nur ein Soldat auf zwei Krücken. Er fühlte sich in dieser ihm fremden Welt nicht wohl und so lehnte er einen weiteren Besuch dort ab. 

Karte mit persönlicher Widmung: Ihre kaiser u. königl. Hoheit Erzherzogin Maria Josefa 31. Mai 1917

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Andenken an des Wasserbett im Augarten-Spital II. Bez.
vom 30. Mai – 6. Okt. 1917   
 

Folgende Feldpostkarte hat Anton Halmer von seinem Kameraden Franz Köller erhalten. Dieser schrieb ihm in die Rekonvaleszenz-Abteilung nach Markt Haag, in der er einige Zeit verbracht hatte. Die Karte wurde an das Verwundetenspital Augarten in Wien II umadressiert.

12.III.18

Lieber Freund!

Deine Karte vom 9. erhalten, bin noch immer gesund und hoffe auch von Dir das Gleiche, es war Deine zweite Karte, welche ich erhielt. Ich war sehr erstaunt über Kammerer und Riedlmaier, kannte sie sehr gut, auch der zweite Kammerer und Mayerhofer sind gefallen und so noch (unleserlich) … Mein Cousin Ehrentraut Ignaz, mit welchem du auch in Obersuhl besuchest, ist Gefreiter und hat gegenwärtig den ersten Urlaub. Habe jetzt keine Bekannten mehr, wie wir früher beisammen waren, bis auf  Wieser aus Neustift, der ist bei meiner Komp. Von den anderen, wie wir einst beisammen waren, weiß ich von keinem nichts.

Wie geht es Dir? Hoffentlich kannst Du bald auf Urlaub gehen und Dich beim Heurigen gütlich tun. Ich schließe mein Schreiben in der Hoffnung auf baldiges Kriegsende und baldiges Wiedersehen

Dein Freund Franz Köller

  



Brief vom Kameraden und Freund Hans Rossmeisl, der aus dem
Reservespital in Leitmeritz im Sudetenland schrieb.

Leitmeritz, 16/3/18

Lieber Freund Anton.

Deinen Brief vom 17.II. mit Freuden dankend erhalten und komme heute endlich dazu, Dir zu antworten und hoffe, dass Dich mein Schreiben noch in Haag antrifft. Warst Du noch nicht zu Hause auf Urlaub. Ich werde nach den Ostern auf eine Woche heim fahren, worauf ich mich schon lange freue. Meinen Apparat, den ich schon im Februar erhalten sollte, habe ich heute noch nicht, es dauert schon lange, bis man etwas bekommt. Ich habe Zeit ….(unleserlich) weis so noch nicht, was ich einmal beginnen werde, wenn ich einmal entlassen werde. Sei nicht beleidigt, daß ich dir heute bloß eine Karte schreibe, denn ich habe keine Briefe bei mir.

Grüßt Dich vielmals Dein bester Freund Hans.
 

Keiner der beiden Kameraden geht auf die Verletzung von Anton Halmer ein. Sie dürften davon also nichts gewusst haben, obwohl sie ihm in eine Rek.Abt. (Rekonvaleszenz-Abteilung) schrieben, fragten sie offensichtlich nicht nach. 

Anton Halmer wurde am 6. Juli 1918 wegen Invalidität als nicht aktiver Landwehrmann aus dem Kriegsdienst entlassen und durfte in seinen Heimatort zurückkehren. 

Ein weiterer Brief:

Absender: Theisl k.k. Augarten Spital Wien II.

Stempel:Verwundetenspital
der k.u.k. Hoheit der durchl. Frau Erzherzogin Maria Josepha
Im k.k. Augarten.
Militärpflege 

Wien 2.IV.18
Lieber Freund Anton! 

Deine Karte erhalten, freut mich, dass du auch in Zivil an mich Armen gedacht hast. Jetzt hab ich mich schon ein bißl eingewöhnt in Augarten, aber die erste Zeit dachte ich, ich muß mich aufhängen, kann man halt nichts machen, immer kann man nicht im schönen Haag bleiben. Waldhäusl und Sautschek sind fünf Tag nach Haag gefahren auf Urlaub, kommen morgen wieder, der Klein Augustin? ist auch auf Urlaub, ich muss hier dunsten wie ein Verfluchter aufn Leibstuhl und dabei den Finger im Maul.

Wie geht es dir in Zivil?
Wär es nicht beim Militär schöner?
Gestern hab ich mit Wagner gesprochen, er ist auch bei der Sup. Abteilung.

Zum Schluss die besten Grüsse sendet dein
Kolleg Theisl

Lass es dir gut gehen und wenn möglich schreib wieder einmal.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

 
Das Entlassungsdokument – Vorder-und Rückseite: 
Nach erfolgter sup.ad BK B. No 177 mit dem Befunde: Invalid,
zu jedem Ldst Dienst ungeeignet zu entlassen - 
...in seine Heimat nach Mitterstockstall - entlassen
 

Da Anton Halmers Bein durch den Schuss steif blieb, bot ihm seine Wohltäterin einen Posten als Förster auf ihrem Besitz an, doch Herr Halmer wollte lieber zu Hause die Landwirtschaft der Eltern übernehmen. Jedoch blieb er, wie schon erwähnt,  jahrelang mit der Erzherzogin in brieflichem Kontakt, wie die Karten weiter unten belegen.

Anton Halmer heiratete 1932 im Alter von 35 Jahren Theresia Waltner aus Oberstockstall und führte mit ihr die Landwirtschaft.


Karten der Erzherzogin Maria Josepha aus den 1930er-Jahren

 

8.1.1935
An Herrn Anton Halmer.

I. k.k. die durchl. Frau Erzherzogin Maria Josepha hat sich sehr gefreut durch Herrn Dr. Kernmeyer von Ihnen zu hören, u. beauftragt mich Ihnen beigeschlossene Karte zu übersenden, die das Bild der kleinen Villa in Hirschgasteig bei München zeigt welche höchstdieselbe derzeit bewohnt.

   
Mit den besten Grüßen
……  Pallavicini


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
 
 
 



Wien, 14.1.1935
Lieber Herr Halmer!
Ihrem Wunsche gemäß teile ich Ihnen mit, dass die Adresse lautet:
Ihrer Kaiserlichen Hoheit

der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin
Maria Josepha
Geiselgasteig bei München  
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 
Wenn ich schreibe so gebe ich den Brief an die Erzherzogin in ein frisches Kuvert mit der Adresse an die Hofdame:

Hochgeborne Frau Markgrafin A. v. Pallavicini
Geiselgasteig bei München 

Die Erzherzogin wird sich sicherlich sehr freuen, wenn Sie ihr schreiben werden. Sie hat am 19. März Namenstag und am 31. Mai Geburtstag.
Mit vielen herzlichen Grüßen

Ihr Dr. Kernmayer  (sein behandelnder Arzt aus dem Palais Augarten, Anm. d.Verf.)
Im Sommer komme ich Sie besuchen.   

  


undatiert.
Herzlichen Dank für liebe Wünsche, die ich von ganzem Herzen erwidere
Erzherzogin Maria Josepha
 

 
Garage im Garten

  
Herzlichen Dank für liebe Karte. Wünsche auch alles Gute für 1939
Erzh. M. Josepha 


Herzlichen Dank für freundliche Glückwünsche die ich von ganzem Herzen erwidere.

Erzh. Maria Josepha


Das Haus mit dem mir zum Geburtstag geschenkten Auto

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Brief eines Kameraden aus dem Augarten-Palais:
 

Wr. Neustadt, 12.7.1938
Lieber Kamerad Halmer!

Kannst du dich noch an mich erinnern, der neben dir im Wasserbett gelegen ist im Sommer 1917 im Augarten in Wien und später waren wir beiden allein in einen kleinen Zimmer gelegen. Sollte dich meine Karte erreichen, so bitte ich dich mir zu schreiben. Sollte nicht eine Gelegenheit sein, wo wir uns wiedereinmal treffen könnten. Ich bin 3 Wochen auf Besuch bei meine Schwester (Leni Jursitzky in Wr. Neustadt, Arbeitergasse 9, III. Stock)

Viele Grüße v. deinem Leidensgen. Rossmeisl Johann aus dem Egerland.  

  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 





Anton Halmer links im Bild 


Nach dem 2. Weltkrieg, von 1945 – 1960 war Anton Halmer Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. Neben der Aufbauarbeit im eigenen Dorf hat er sich auch um den Ankauf der großen Glocke in der Pfarrkirche von Kirchberg verdient gemacht, wie man in der Pfarrchronik nachlesen kann:
Altbürgermeister Anton Halmer aus Mitterstockstall im 72. Lebensjahr am 12.8.70 verstorben. Ein aufrechter kath. Mann. Hauptverdienst sein gutes Beispiel – Er war die Seele für den Kauf der neuen Glocken – er war auch für den Ankauf eines Wagens für den Pfarrer.
 

 

Weitere Andenken an den 1. Weltkrieg, die Anton Halmer aufbewahrt hat:

   

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Auch im ersten Weltkrieg setzte man schon auf Propaganda. Diese Karte soll den Soldaten und ihren Angehörigen suggerieren, dass der Herr seine schützende Hand über die Mittelmächte hält

 

   
Die Russen Wasili, Mino, Josef und Nikolai – zweiefangene Russen 

Bildmaterial und Informationen wurden dankenswerter Weise von Familie Anton Halmer zur Verfügung gestellt. 

Näheres über Erzherzogen Maria Josepha siehe hier.

März 2014, letzte Änderung Februar 2024
Maria Knapp