Soldat Delapina 1Nach dem Abschluss der Handelsakademie in Linz diente Franz Delapina (1882-1959)  als einjähriger Freiwilliger beim k. u. k. Festungs-Artillerie-Regiment Graf Colloredo-Mels Nr. 4, 2. Feld-Compagnie, in Pola nahe der Südspitze der Halbinsel Istrien.
 

Karte:  

Pola, 29.10.1901
Nächste Woche gehen wir schießen.
Vorläufig nur mit dem Gewehr.
 
Liebe Eltern,
Euer liebes Schreiben habe ich empfangen. Mein Befinden ist gut, finde mich immer mehr in die neue Lebenslage hinein. Für dieses Mal sende mir, lieb. Vater, noch fl. 30,- da ich mir ein Paar Stiefel machen lassen muss, die fl 8,- kosten.
Sonntag folgt Brief.
Herzl. Gruß Franz
 

Stempel 30.10.1901

Mein jetziges liebes Heim. Am 1.XI. schwören. Da müssen wir wieder 1 Stunde stehen, ohne uns zu rühren. Nachher große Defilierung.
Grüße an Rudl.
Herzliche Grüße und Küsse Euer dankschuldiger Sohn Franz
 
Soldat Delapina 2
Soldat Delapina 3
 

Pola, 15.12.1901

Liebste Eltern.
Die Sonne strahlt und lacht beim Fenster herein, so dass in mir wirklich gar keine Weihnachtsstimmung wachgerufen wird, wie es sonst das Schneewetter mit sich bringt. Es ist aber auch schon fest bestimmt, dass wir Freiwilligen keine Ferien haben. Die haben ohnedies nur 1 Jahr. Die sollen nur fest lernen und arbeiten hieß es. Nun, ich habe mich schon hineingefunden und werde meine paar freien Nachmittage so angenehm wie möglich verbringen. Mit meinen Wünschen war ich noch nie so arm wie heuer. Wenn Ihr, liebe Eltern, doch etwas im Hintergrund haben solltet, so bitte ich, das fürs nächste Jahr zu sparen. Am besten wären Essmittel, für diese ist aber die Weg zu weit und mit anderen Gegenständen wäre mir, wo ich doch bald aufs Fort hinausmuss und somit die Raumverhältnisse sehr beschränkt werden, wenig gedient. Das einzige Geschenk, das ihr mir, liebe Eltern, geben könnt, ist, Euch gesund u. rüstig zu erhalten, dass wir das nächste Jahr die Weihnachten umso fröhlicher feiern könne. Rudl will mir eine Bartbinde, die, wie er glaubt, nun unbedingt schon nötig sein muss, zum Geschenk machen. Ich werde mich da wohl mit einem Zwicker (OO) revanchieren müssen.
Den lieben Brief habe ich empfangen. Das Kellerstüberl wird wohl recht benützt werden. In Deinen Neuigkeitenprogramm hast Du, liebe Mutter, nicht mitgeteilt, wer die Neustifter Jagd erhalten hat. Ist die Untersuchung gegen den Grameder? schon eingeleitet? Kirchberg muss ja jetzt durch die gestutzten Bäume recht traurig aussehen? Ist bei Euch auch schon so viel Schnee. Onkel Fritz hat mir geschrieben, dass er schon fleißig den Schlitten benützt. Bei uns geht einige Tage die Bora mit kaltem Regen, nachher ists wieder ganz Frühling. Vorgestern machten wir einen Marsch nach Maria Luis. Dieses Fort ist am äußersten Ende des Hafens gelegt und bietet einen herrlichen Blick über die ganzen Anlagen. Wir schauten auch mehr auf die Naturschönheiten als auf die Geschütze, wegen denen wir eigentlich draußen waren. Mit dem Zimmer sind wir sehr zufrieden. Insoferne das Bett kommt uns auf den Strohsack der Kaserne ganz königlich vor. In der Früh leistet uns der Wecker, der bis jetzt unnütz am Koffer lag, ganz gute Dienst. 3 Prüfungen habe ich schon ganz gut bestanden, die anderen Offiziere tragen aber noch fortwährend vor, so dass wir erst Mitte Jänner zur Prüfung kommen. Zeitung habe ich, solange ich in Pola bin, 2 mal gelesen, so dass ich buchstäblich abgeschnitten bin von der Welt.
Zu Weihnachten werde ich wahrscheinlich noch einen speziellen Weihnachtsbrief schreiben; bis dahin grüßt u. küsst Euch, liebe Eltern, Euer dankschuldiger Sohn Franz
 
Von Eduard noch nichts gehört. Da er aber gerade in der Zeit ist, um eine Gesponsin umzusehen,  so ist er entschuldigt.
Von heute ab haben wir beständig bis 11h Überzeit. Werde sie aber wenig benützen.   
 

23.12.1901    

Liebste Eltern,
Meinem Versprechen gemäß will ich jetzt einen Weihnachtsbrief schreiben, aber ich bin in ärgster Verlegenheit, denn es fehlt mir nämlich an der Hauptsache – an Stoff.
Vor allem wünsche ich Euch, liebste Eltern und auch dir lieber Rudl, die angenehmsten, fröhlichsten & zufriedensten Feiertage und namentlich ein glückbringendes Neujahr, so dass es nächstes Jahr um so lustiger gefeiert werden kann.
Den Kellerbrief, der mich recht erfreute, habe ich erhalten. Besonders eine Stelle ließ mir das Wasser im Munde zusammenlaufen – nämlich dort, wo Du, liebe Mutter, das Kletzenbrot-backen erwähnt hast. So ein bissen wäre ganz gut. Na, lieber Rudl, da musst halt Du auch für mich die Portionen „vertilgen“. Hoffe, dass Du meinem Soldatenmagen alle Ehre machen wirst.
Übrigens eine Neuigkeit! Ich habe auch ein Christkindl bekommen. Obwohl im Schweiße meines Angesichtes verdient, hat es mir doch innige Freude bereitet. Das ging nämlich so zu. Bei den gemachten Prüfungen waren einige mit so gutem Erfolg darunter, dass ich heute beim Befehl zum - Vormeister (Gefreiter) ernannt wurde. Von den 43 Einjährigen wurden es noch 14. Sogleich musste ich mir Sterne kaufen, Schnur am Czako annähen lassen. Die große Verschönerung kaufen. Ich hatte es mit einem Wort furchtbar eilig. Daher kommt es auch, warum das Briefpapier, das ich noch kaufte und in der Hast in die Tasche steckte, so verknüllt ist. (Wofür ich um Entschuldigung bitte) Ansichtskarten musste ich auch noch schreiben, so dass mir die Zeit von 6h bis 8h fast zu kurz wird. Nach Beendigung dieses Briefes muss ich mir noch die Sterne aufnähen, da wir morgen schon en Parade erscheinen müssen. Ins Gasthaus traue ich mich heute nicht mehr, denn – aus Anlass dieses Ereignisses – müsste man am Ende „was springen“ lassen, ich aber immer dem Grundsatz huldige dass: selbst essen fett macht.
Dass Du, lieber Vater, wieder Mitpächter einer Jagd geworden bist, hat mir große Freude bereitet. Wenn ich dann im Oktober zu Hause komme – Gott sei den Hasen gnädig! Denn ich habe beim letzten Scheibenschießen wieder ein ganz gutes Schussresultat aufzuweisen. Wir schossen auf 300 Schritte, liegend, auf Figuren. Der schwarze Fleck ist auf diese große Entfernung kaum mehr zu sehen und doch habe ich unter 5 Schüssen 3 Treffer zu verzeichnen. Viele waren darunter, die gar nicht die Scheibe getroffen haben.
Nächste Woche 3 Prüfungen. Am 28.12. gehen wir in Wachdienst. Heute haben sich 10 zur Transferierung zu einem Infanterieregiment gemeldet. Wegen vorgerückter Abendstunde (9h) und mir noch die vorhin erwähnte Arbeit bevorsteht, schließ ich mit herzl. Gruß u. Kuss.
Euer dankschuldiger Sohn Franz
 
Sonntag kommt der nächste Brief. Morgen Weihnachtsabend!!!
Ist das Christkindl von Pola nach Kirchberg gekommen? Hast Du, lieb. Rudl die …(vier Worte stenografiert) erhalten?
Wir haben 3 Tage frei, nur in der Früh um 8h und um 2h Nachmittag müssen wir in der Kaserne sein, aber nur auf ½ Stunde. 
 

Pola, 24.12.1901

Liebste Eltern.
Entzückt, halb betäubt vor Freude über das eben angekommene Christkindl aus Kirchberg kann ich nicht umhin, mich gleich zum Tisch zu setzen, um Euch, liebe Eltern, für die vielen schönen und guten Dinge mit ganzem Herzen zu danken.    Um 3h Nachmittag kam ich aus der Kaserne, als mir meine Zimmerfrau mitteilte, dass das Christkind aus Kirchberg angekommen sei. Dies Zimmer eintretend, gewährte ich auch schon das leibliche Pfefferkistchen. Nach schweißtriefender Arbeit (ich hatte nur einen kleinen Hammer zur Verfügung) lagen all die vielen Herrlichkeiten vor meinen Augen. Zuerst kamen die „Heimatsklänge“  unter meine Hände. Für mich, der ich bis jetzt das Kommissbrot gewohnt bin, ist es ein Leckerbissen. Der Riesenschinken verursachte in meinem Magen ein leises Rumoren. Derselbe kam in ganz gutem Zustande an und wird oft eine angenehme Viertelstunde bereiten. Dann kamen die Rauchmateriale an die Reihe. Eine Zigarette wurde sofort in Brand gesteckt und ich muss sagen, dass ich ganz entzückt bin. Die anderen wurden aufgehoben, um sie bei besonderen Gelegenheiten zu rauchen. Nun das geheimnisvolle Paketchen. Ein Papier nach dem anderen. Nun, was wird das wohl sein…. Ah! Ein  Opernglas. Oft, wenn ich an der Meeresküste stand und in die Weite hinausblickte, wünschte ich mir ein solches, um die Schiffe zu beobachten. Mit diesem habt Ihr, liebe Eltern, einen Herzenswunsch gestillt, wofür ich Euch besonders dankbar bin. Am Fort draußen wird es mir den Sommer noch angenehme Stunden bereiten. Die guten Krapferl wurden nach eingehender Betrachtung sofort beiseite gestellt, da ich von dir, liebe Mutter weiß, dass sie umso besser sind, je älter sie sind. Die Zuckerl wurden ins Nachtkastl gegeben, um beim Schlafengehen etwas „naschen“ zu können. Ihren wirklichen Zweck (nämlich das Husten zu stillen) können sie bei mir nicht erfüllen, da ich in Pola an  einem solchen bis jetzt noch nicht litt. Endlich das teure Nass, das ich mit besonders freudigen Mienen betrachtete. Sofort wurde die Flasche entkorkt und mit der Hand am Magen ein Gläschen davon entleert. Da ich seit 2 Monaten immer Wein trinke (das Bier ist hier zu teuer) so weiß ich einen guten Tropfen zu schätzen. Er moussierte und war kalt, wie wenn er eben aus dem Keller käme. Es ist doch etwas anderes, so ein  markiger Kirchberger gegen die süßlichen gehaltlosen Istrienweine. Das Kistchen kam am Weihnachtstag an und trug dazu bei, mir diesen wirklich als solchen erscheinen zu lassen. Ich wiederhole Euch daher, liebe Eltern, nochmals meinen innigsten Dank. Wir Einjährigen sind alle heute bei Luzzi, unserem Stammlokal geeint, wo für unsre Kosten ein kleiner Christbaum angezündet wird. Leider wird die Geschichte etwas geschraubt sein, weil 5 – 6 Offiziere noch hinkommen. Da ich keine Überzeit habe, werde ich um ½ 11h verschwinden und mir zu Hause bei all den guten Sachen einen angenehmen Abend bereiten. Da der Vater meines Zimmergenossen hier ist, werde ich allein sein, was mich nicht hindert, mir alles bestens munden zu lassen. (Dessen Vater ist, glaube ich, höherer Südbahnbeamter. Ich wollte nicht neugierig erscheinen und ihn fragen, was er eigentlich ist). Um den Kirchberger Gesangverein steht es ja ganz schrecklich. Vielleicht kann der Rudl als Schimmelreiter (?) etwas zum Besten geben. Wie unterhältst Dich denn, lieber Rudl. Klavier, Flobertgewehr, Kirchberger Damenwelt etc…. nicht wahr?
Na, triste Dich, hoffentlich werden wir zum Ostern wieder fest miteinander musizieren. Richtig, wie schauts denn mit der Kirchberger Chormusik aus? Ich habe, während ich hier bin , nicht einmal eine Violine gesehen, geschweige denn gespielt. Da ich von Samstag auf Sonntag Wache stehen muss, so bitte ich, mir eine eventuelle Unkonsequenz zu verzeihen, da ich wahrscheinlich den Sonntag Nachmittag sehr schläfrig sein werde.
Eben 7h. Jetzt muss ich Toilette für den Abend machen, ich schließe daher, indem ich Euch, lieber Eltern und lieber Rudl, grüßt und küsst
Euer dankschuldiger Sohn resp. getreuer Bruder Franz.
 
Nochmals besten Dank und die Versicherung, dass der heurige ausgezeichnet ist.
 
Soldat Delapina 41906 wurde er zum Leutnant der Reserve ernannt.
 
Im Frühjahr 1914 kam Sohn Franz zur Welt. Bei Kriegsausbruch im Jahr 1914 rückte Franz wieder zum Regiment nach Pola ein, diente schließlich als Hauptmann bei der Flugzeugabwehrbatterie zuerst in Pola, später in Venetien. Von dort schrieb er viele liebevolle Briefe an seine junge Gattin, von denen einige erhalten sind.

 

15.7.1915 früh  

Absender:
Oblt. F. Delapina F.A.R.No 4 12 f.K.
Marinefeldpostamt Pola
 
Liebe Adele.
Seit 9. ohne Nachricht! Doch alles wohlauf? Erwarte heute Nachmittag bestimmt ein Brieflein. Ist dir, Lieb, die Gegend auf dieser Karte nicht bekannt? Auf dem Hügel im Hintergrund leb‘ ich nun fast ein Jahr meiner Robinsonade. Die Welle wurde jedenfalls von Lichtbildern erzeugt (milit. Gründe). Mit geht’s gut. Das Bad ist jetzt unser Lieblingsaufenthalt. Tragen jetzt alle cranische Leinenblusen. Ähneln zwar Heitzer, aber recht luftig u. riesig bequem. Bleib‘ mir guten Mutes, gesund u. sei Du, Herzlieb u. Bubi innig geküsst, Dein Franz.
 
Soldat Delapina 5
 
 
An den Rand der Tagespost vom 19.8.1915 geschrieben. Auf der Titelseite befindet sich ein Artikel über den Abschuss des italienischen Luftschiffes „Città de Iesi“: 

Pola, 22.8.1915

Liebe Adele.
Deine I. Karte vom 18. d.M. glückl. in meinem Besitze. Freue mich, dass Du, Bubi und alle Lieben wohlauf u. namentl. der wiederholten Mitteilung, dass Bubi schlimm. Möge sich weiter so entwickeln. 

Heute mein Bericht in etwas ungewöhnlicher Form. Mein jugendl. Famulus war in der Freude des Erfolges allzu mitteilsam u. der Vaterstolz sorgt für weitere Verbreitung. Folge davon dürfte eine vorzunehmende Verlängerung seines Gesichtvorsprunges werden, woraus folgt, dass Privatmitteilungen nur privat zu behandeln sind.

Habe jetzt wieder ein größere Arbeit zu erledigen, die mich voll in Anspruch nimmt. Muss den heutigen Sonntag zu Hilfe nehmen. Wetter soll auch hier der Teufel holen. Nachtdienst ohne Wetterkragen oder Mantel unmöglich. Vergangenes Jahr um diese Zeit haben wir um diese Zeit gebraten. Wientrauben abermals missraten, tut’s mir leid. Ich frisch u. munter wie gewöhnlich.
Eben kommt Depesche: Italien der Türkei den Krieg erklärt. Jedenfalls den anderen würdig.
Innige Bussi Dir, Lieb, u. Bubi, Dein Franz  

29.8.1915

Liebe Adele.
 
Soldat Delapina 6Die „Città di Iesi“ nach der Erschießung. 1/3 Luftschiff, 2/3 Unterseeboot.
Città di Jesi (Iesi) - V1, ein Luftschiff (Luftschiff, Luftschiff) der italienischen Marine. Es war 90 m lang und 19 m breit, die Gesamtnutzlast der Bomben betrug etwa 600 kg und es konnte eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Knoten erreichen.
 
Deine l. Karte vom 24. mit den „Gewissensbissen“ gestern eingetroffen u. freue mich schon auf angekündigtes Brieferl. Deine starke Inanspruchnahme kennend, bequeme mich auch mit Karte, wenn Du diese Zeitersparnis zur Ruhe verwendest. Bubi frisch? Mit geht’s gut. Freue mich jetzt (10h vorm.) auf ein Bad.  Frau Sonne holt jetzt Versäumtes nach. Bleibt mir gesund.
Viele Bussi dir, Lieb u. Bubi.
Dein Franz

Karte an Bruder Dr. Rudolf Delapina 

6.9.1915
Kdt. Asp.
Przemysl
Inf.Regt. V-45. 3te E.K.
 
Lieber Rudl.
Danke für Deine l. Karte und freue mich, dass es dir gut geht. Ich verlasse am 14 d. M. Pola, da ich für blfg. 2 Monate als Instruktor am Steinfeld zu tun habe. Ob dann hierher zurück oder Front noch unbestimmt. Hoffe auch ein Sprüngerl nach K. nehmen zu können, da ich mich am 16ten in Wien zu melden habe. Bleibe nur gesund. Bild von Euch heute erhalten. Finde es recht gut. Heil dir    Franz
 
Città di IesiDie Città di Iesi als Unterseeboot. Pfeil zeigt auf Platz meiner  1jhgTätigkeit als Soldat u. tiefer als Artillerist in 4 …

 
Artikel im Neuen Wiener Tagblatt vom 4.10.1915, den Franz Delapina mitsamt obiger Karte aufbewahrt hat: 

Città di Iesi


Pola, 24.1.1916

Liebes.
Hoffe, Dich Lieb u. Bubi u. alle Lieben wohl. Kam gestern nicht mehr zu fälligem Brief, jetzt 7h früh nur diese Karte, da ich noch Vorbereitungen zum Schicken treffen muss. Gestriger Nachmittag war recht interessant. Besuch der Seeflugstation u. hernach fuhren wir auf ein Großkampfschiff, das wir eingehendst besichtigten. Um ½ 6h zurück, trank dann bei „Adria“ Bier, da ich schon 5 Tage keinen Tropfen bekommen, dachte hiebei an schöne Zeiten, ging um 9h nach Hause um war recht matsch, das Steigen auf u. ab am Schiff hat uns alle recht ermüdet. Bleibt gesund innige Bussi Dir Lieb und Bubi
Dein Franz 
 

Pola, 21.7.1916

Liebes.
Hurra, da ist gestern und heute Nachricht von Euch Lieben u. ich Euch gesund wissen darf. Danke herzl. Lieb, für Brief u. Karte. Wurde mir doch schon bänglich. Auch mir geht’s gut, nur, weiß der Kuckuck, fehlt mir auf einmal der Schwung. War halt doch eine zu starke Dosis Hinterlandsgift, das ich genossen. Zivilistische Abteilung im Herz wurde schrecklich groß u. steht mit Kriegerhirn derzeit im Kampf. Tätigkeit lässt nicht zu wünschen übrig, da ich Untätigkeit andrer von einem Monat wettzumachen habe. Hab’s nicht ungern, Zeit fliegt nur so. Wetter leider unfreundlich. Ab Montag brauch ich schön, bin neugierig, ob gut angeschrieben.  Kleinbubi schickt‘ nur fleißig spazieren. Auch Du, Lieb‘ gönn dir, wenn schön, 1 Stündlein im Garten. Josef soll den alten Birnbaum ausgraben. Rudl hab ich schon geschrieben. Bleibt nur recht gesund, alles andre wird sich heuer, wie ich noch immer fest glaube, finden.
Viele u. innige Bussi Dir u. Bubi.
Franz.
 

Pola, 9.8.1916

Liebes.
Obwohl erst gestern eine Karte, kommt heute schon wieder ein Brieferl. Die Gefahr, von Dir am Ende unkonsequent gehalten zu werden, erscheint mir doch kleiner, als die, Deine Drohung verwirklicht zu sehen und nur Karten zu bekommen. Obwohl für Dich eine Erleichterung. 10mal Läuten, immer was dazwischenkommen! Mausl, pack‘s nicht gleich wieder zu gewaltig an und gönne dir Ruhe, Ruhe! Das Bad hat dir hoffentlich recht gutgetan und folgen jetzt mehr. Aber nicht gar zu warm. Oder kalte Douche wär‘ halt sehr gut. Keine Courage? Probier’s mal u. auch klein Manni eintauchen, schon für den kommenden Winter Vorsorge treffen. Bei uns herbstelt es einige Tage ganz bedeutend u. wenn’s bei Euch in dem Maße abgenommen, war’s saukalt. Heute geht’s wieder an u. kann man baden. Wasser jedoch sehr frisch. Die Aufnahme ist nur gekünstelt. Ich kann noch nicht spielen u. der Sänger hat keine Stimme. Jedenfalls beweist das Bild meinen Fleiß, da ich das Instrument mit ins Bad nehme. Vorläufig hält er noch an. Geht aber recht langweilig vorwärts. In meiner Art  möchte ich halt schon wieder fertig sein. Die Geschichte ist sehr schwer, wenn man’s gründlich nimmt. Studier‘ einstweilen ein paar flotte Liedl, ich begleite dann. Na, Bubi wird Augen machen. An den verschiedenen verwandtschaftlichen Namenstagen bringen wir dann Ständchen.
Mit der Änderung im Oberkommando bin ich teilweise einverstanden. Allen Anschein nach bräuchten wir noch Einen. Seit 3 Tagen hört man die Katzelmacher ununterbrochen trommeln. Wo die Kerls die Munition hernehmen. Seit meinen gräulichen Denkumschwung vom Juni, denke nichts mehr, es bleibt daher nur der Umschwung und der ist wirklich gräulich. Deine Gefühle, mich in diesen Würden zu sehen, teile vollkommen. Der Rotwein schmeckte auch auf der Reise großartig. Im Vereine mit dem Geselchten gelang es ihm bis nach hier, eine lang vermisste Säure in mir zu erzeugen, die vollständig meinen Gefühlen beim Eintreffen entsprach. Leistet Dir beim Essen im Schlafzimmer nicht Bubi Gesellschaft. Ganz allein, armes Frauerl. Bitte Spiegel zumachen, sonst suchst Sommersprossen u. gehst am Ende nicht in den Garten. Heute um ½ 10h – ½ 11h abends hab‘ ich eine kleine Erprobung bei Geschützen. Die ganzes Tagesbeschäftigung. Daher jetzt um 6h das Brieferl verfasst. Faultier ersten Ranges. Bleibt nur recht gesund u. nicht kleinkriegen lassen.
Herzliche Grüße allen Lieben.
Annerl wünsche angenehmes Verbringen ihres Ferienrestes.
Wie’s Rudl gehen wird! Wenn Du, Lieb, was erfährst, bitte gleich mitteilen. Viele, viele Bussi Dir Herzlieb u. Bubi.
Franz
 
Soldat Delapina 9(Beilage zum Brief)
Bad in Stoja. 9.8.1916
Nach Eintreffen des Brieferls vom Frauerl mit guten Nachrichten; also nicht „so leben wir, so leben wir alle Tage“; so machen’s wir, wenn der Friede ausbricht u. alles gesund diese Zeit überdauert.  
 

Pola, 28.8.1916 

Liebes.
Wie geht’s Mausl.  Bubi doch auch wohl? Na, hab‘ ich es nicht gesagt.  Die Karten, und eine solche ist jetzt an der Tour – brauchen länger. Bin ohne erwartete Nachricht. Früh und spät immer tätig, hoffe aber, dass Du nicht ganz auf die Erhaltung Deiner Gesundheit vergisst. Namentl. auf Mittagsruhe vergesse nicht. Die Japaner(?) sollen ihre guten Nerven, durch öfteres Hinlegen des Tages, u. dabei ins blaue Starren, erhalten. Über Kriegsereignisse nicht allzu sehr nachdenken. (Die walachische Bande hat uns gerade noch gefehlt.) Wann stehst Du eigentlich jetzt auf? Bitte nicht gar zu zeitlich. Erstens tut Dir, Lieb, Bettruhe gut, zweitens, auch Deinem Manni, der sich dann auch moralisch zur Morgenstunde gezwungen sieht und bei Übergabe des „Kommandos“ in Deine bewährten Fußstampfen treten muss. Ja, wenn’s nur mal so weit wäre! Kleinmanni gedeiht befriedigend? Schade, dass die Fotografiererei bei uns noch nicht geübt wurde. Dieser Sport ist wirklich so nett, dass auch Du ihm Geschmack abgewinnen und für ihn Zeit finden würdest. Jedenfalls ist’s, wenn ich mal zu Hause u. einen Apparat habe, mein Frauerl abzubilden, meine erste Aufgabe. Diesen Mangel empfinde ich zwar jetzt mehr, aber Deine, und von mir  vollverstandene  Abneigung gegen die berufsmäßige Fotografiererei, lässt mich den Wunsch nach einen Bildl unterdrücken. Versteht Annerl nichts von Apparaten? Zu Wien würde ab u. zu etwas preiswertes zu haben sein. Ich schreibe jetzt öfter an solche, die der Zeitung anbieten, bis jetzt aber nichts Passendes gefunden. Müsste halt bestimmten Bedingungen entsprechen, die neuen kosten das doppelte, u. sind mir jetzt zu teuer. Da müsste, wenn nichts unter der Hand zu erhalten, auf friedliche Zeiten gedulden. Vorläufig huldige dem Lautensport. Mit meinen Fortschritten bin ich befriedigt. Außer Bad bin ich immer in meinem Zimmer, außer kleiner nervöser Gereiztheit, vielleicht mangels Bewegung, (oder Kriegsereignisse) geht’s mir ganz gut. Morgen Vormittag hab‘ ich in der Stadt zu tun. Die Zeit vergeht mir auch kurslos rasend. Freue mich schon auf morgige, ohnedies schon verspätete Nachricht u. küsse Dich, Herzlieb u. Kleinmanni innigst
Dein Franz
Herzliche Grüße allen Kirchbergern.

30.8.1916

Liebe Adele.
Brieferl (heiß erwartet) vom 25. glücklich in meiner Hand. Hurra! Dass Ihr Lieben alle wohl. Das mit den 30 dkg Kartoffel ist mir neu. Berührt uns insoferne wenig, als wir gar keine besitzen. Schwelge in Reis u. Brot u. könnte sie leicht entbehren. Eine gewisse Menge für Futterzwecke ist doch vorgesehen? Sonst bangt mir ja um Deine Zöglinge u. Sorgenkinder. Na, und die Häferlguckerei! Um wieviel angenehmer wird dies, obwohl von jedem energischen Frauerl  energisch verboten, vonseiten des Mannes empfunden. Auf die Strafen bin ich neugierig. Muss aber sein. Heuer, wo auch die Wallachen nichts. Liefern, heißt’s alles doppelt ernst nehmen. Hoffentlich hat Dich die Tat dieser Bande nicht allzu sehr aufgeregt. Ich verlasse mich auch auf die Berater im Bdk(?) Mir geht‘s gut in gewohnter Tätigkeit. (Mach ich nicht schon Fortschritte)
Bussi dir und Bubi
Franz


Pola, 6.9.1916

Liebes.
Wie geht’s Euch Lieben. Heute hab ich so recht Zeit (bei meiner Faulenzerei zwar sollt‘ es immer sein), an Euch Lieben zu denken, Stunde für Stunde im Geiste Euren Lebenswandel mir vorstellend, geschwind zu schwere Gegenstände (halt leider nur im Geiste) dem Frauerl aus der Hand nehmen, mit Brumme, wenn schon wieder alle Türen offengelassen werden, alle Eintragungen in die vielen Vormerkungen (halt leider nur im Geiste) vornehmen, dem lieben Frauerl die Sorgenfalten aus der Stirn streichen, halt, so alles mitmachen, was ein Tag im Haus Nr. 1 bringt (bis aufs Frühaufstehen, da hab ich nicht mitgehalten). Es regnet nämlich derart den ganzen Tag, dass man keinen Schritt auf die Straße machen kann. Na, ich gratuliere,  wenn das zu Euch Lieben hinaufkommt. Es herbstelt halt schon u. das tut mir um Euretwegen recht leid. Nehme an, dass Dich Frau Sonne doch in den Garten hinausgelockt hat, so dass Du jeden Tag in frischer, freier Luft Bewegung machtest, dass ja auch Kleinmanni‘s prächtiges Entwickeln (die Vorsehung geb’s auch weiter so) nebst der mütterlichen Fürsorge, so begünstigte. Bieten sich noch schöne Tage, bitte, Lieb, versäum‘s nur ja nicht u. lass Dich nicht abhalten. Erstens verursacht Herbstsonne keine Sommersprossen, 2tens ists die schönste Stimmung, 3tens kommt der Winter, wo man lieber beim Oferl bleibt. Richtig, was ists mit den kalten Waschungen. In Deinen Briefen hast Du noch keine Bemerkung gemacht und nehme an, dass die Waschungen noch nicht über die sichtbaren Hautstellen hinaus gediehen. Und das täte Dich in Deinem Kampf mit Zug u. Kälte so sehr unterstützen. Kleinmanni ist hoffentlich noch das alte Ungewitter. Seine Kistenbenagelungsvorliebe hält an? Mit ihm Gesang zu pflegen, wenn ich dann zu Hause, hab‘ ich mir schon fest vorgenommen. Wir „Kinder“ haben das eigentlich gar nie und bei uns „Großen“ hats die Tagessorge begraben. Mein Lautenspiel ist bis dorthin schon so weit gediehen, dass es uns die Anregung dazu bietet. S’Frauerl muß dann fest mithalten u. es erfrischt und lenkt ab. Mit den Verordnungen hast sicher eine Mehrarbeit aufgebürdet. Durch diese Beschränkungen fangen die Leute ins Hamstern und herumziehen an. Beim Bier wird’s jedenfalls auch so gemacht werden. Die Bierwasteln werden dann von Gasthaus zu Gasthaus ziehen. Bist Du über die Hauerangelegenheiten doch orientiert? Wir zahlen jetzt um 100 % Erwerb- und Einkommensteuer mehr? Auf welche Höhe des Einkommens wurden wir überhaupt hinaufgeschraubt? Es dürfte halt 20 % des Einkommens ausmachen. Durch den Warenmangel u. die Verkaufsbeschränkungen kann sich ja dies nicht halten. Na, ich bin wirklich neugierig, wie sich das alles noch gestalten wird. Gesunde Glieder werden nach dem Krieg das beste Kapital sein. Hast Du Dich, Lieb, zur Anlage Deiner Reserven entschlossen. Mir geht’s gut; der kommende Kurs dauert wahrscheinlich um eine Woche länger (zu meiner „Freunde“) da mein Chef auf Urlaub u. doch beim Schießen dabei sein will. Bekomme diesmal aktive Oberleutnants. Sonst nichts neues. Freue mich schon auf morgige Nachricht (mein Verdacht, dass Du Lieb alle 3 Tage schreibst, verstärkt sich immer mehr. Bitte, Lieb, wie gesagt, wenn Du oft wenig Zeit findest, begnüge mich gerne mit Karte). Bleibt nur recht gesund und sei Du, Herzlieb u. Kleinmanni innig geküsst. Heute schreibe noch Namenstagbrief an Mutter. Ich grüße alle Lieben
Franz. 
 

Pola, 8.9.1916 

Liebes.
Gestern Deine l. Karte eingetroffen. Bin froh Euch Lieben wohl zu wissen; Besuch gut abgelaufen? Freue mich schon auf Bericht hierüber. Kleinmanni fühlte sich natürlich als Mittelpunkt. Gerne käme seinem Wunsche nach (ist’s auch dermalen nicht daran zu denken) so hoffe ich doch auf Erfüllung im Winter. Meine Anschauungen schon stark gewandelt. Morgen beginnt für mich wieder ein anderes Lüft’l zu blasen. Geht mir gut. Bleibt gesund u. wohlgemut.
Viele Bussi, Dir Herzlieb, u. Kleinmanni.
Ich grüße alle Lieben
Franz 
 

Pola 11.9.1916

Liebes Frauerl.
Soeben Dein Brief vom 28. eingetroffen. Über gutes körperliches Befinden sehr erfreut, aber wie steht’s mit dem seelischen. Was hab‘ ich denn da für ein gedrücktes Frauerl? Gesund bleiben ist die Hauptsache. Man täte unseren Herrn Gegner dann doch zu viel Ehre an, uns durch sie den Lebenssommer rauben zu lassen. Das mit den Handelsschiffen stimmt nicht ganz. War sicherlich gerade Dein Vater da und schaust Du den Krieg durch seine Brille. Dass es den Handelsschiffjägern an den Kragen gehen könnte, ist das von mir als tragisch empfindende. Ansonsten ist der von mir zurechtgelegte Standpunkt noch immer fest in meiner Auffassung. Von 2 Jahren Kriegsdauer kann gar keine Rede sein, allerdings meine feste Zuversicht, im Winterschluss zu sehen, wackelt bereits bedenklich u. manches andere. Für die Zukunft bin ich der festen Meinung, dass der kalte Egoismus, der die ganze Bande zusammenhält, sie auch derartig übereinander bringen wird, dass wir bzw. Deutschland, schon wieder ein Süpplein daran kochen können. Obs ich oder Kleinmanni stramm auslöffeln wird, bleibt für die Nation belanglos. Kleinmanni! Gesundheit und eiserne Gesinnung müssen wir ihn auf den Weg geben!! Das nahe Ereignis von dem furchtbaren Existenzkampe das deutschen Volkes wird ihm’s als notwendig veranschaulichen, und wenns jetzt nicht gelingt, muss er dann mithelfen, den Platz zu erobern, der dem Tüchtigen zukommt.
Bekommst Du, Lieb, noch die Unterstützung? Über die  Impfung kann mir bei der Nervosität Deiner Zöglinge ein rechts Bild machen. Das wird ein Radau gewesen sein. Nun bist Du wenigstens beruhigt. Jetzt wär’s ja doppelt unangenehm. Wegen Fett wirst Du gegebenenfalls irgend eine Transaktion finden. Auf Verwandtschaft aufteilen u.s.w. bei Deinem Geschick, Deiner Umsicht und Tüchtigkeit mache mir keine Sorge. Jedenfalls sind durch den Wegfall Rumäniens noch ernstere Zeiten zu erwarten. Und da geht’s uns noch immer besser als Deutschland.
Mir geht’s gut. Am 10ten beginnt ein Kurs. Dann ist’s wieder vorbei mit’n süßen Nichtstun, das ich jetzt schon recht gewöhnt bin. Korrespondiere jetzt ab und zu mit Fotografapparatenbesitzer, die solche in den Zeitungen zum Verkauf anbieten. Sind lauter Haderlumpen. Haben den Apparat 1 – 2 Jahr schon in Benützung und wollen jetzt noch die 50%ige Steigerung mit verdienen. Außerdem entsprachen mir bis jetzt nicht die Linsen dieser Apparate. Durch Lektüre bin ich jetzt schon ganz Fachmann (theoretischer). Werd’s doch auf friedliche Zeiten aufschieben müssen. Die guten sind alle in fester Hand. Wetter dermalen kühl. Keine Bademöglichkeit. Bleibt nur gesund u. verzage Du, Herzlieb, nicht an der Zukunft u. sei guten Mutes in Erfüllung Deines bisher so gut u. stramm geführten Pflichten Kreises.
Viele, viele Bussi Dir Herzlieb u. Kleinmanni
Franz
Herzlich Grüße allen Lieben. 
 

Pola, 12.9.1916

Liebes.
Karte vom 9. heute eingetroffen. Danke, u. froh Euch Lieben wohl zu wissen. Namenstag ohne Trübung vorüber gegangen? Kleinmanni schön brav gratuliert? (Schon mit einem Auge auf Kredenz blinzelnd?) Mir geht’s gut und bin ich wieder fest beschäftigt. Miserables Wetter. Bleibt nur gesund u. wohlgemut.
Viele Bussi dir Herzlieb u. Manni   
Franz 
 

Pola, 25.9.1916

Liebes.
Karte vom 21. schon da. Danke! Freue mich Eueres Wohlseins. Das Wetter dürfte nunmehr doch Josef gestatten, seine süßen Lasten auszufahren. Meine Bewunderung, dass es dir doch immer gelingt, was aufzutreiben. Lese in den Zeitungen von Mangel überall. Es sollte doch ein Verdienstkreuz für brave u. tüchtige Frauerls geschaffen werden. Kleinmanni wohlauf? Mir geht‘s gut, im gleichen Schritt u. Tritt gewohnter Tätigkeit. Bleibt nur gesund.
Viele, innige Bussi Dir Herzlieb u. Kleinmanni    
Franz
Hzl. allen Lieben.
 
 
Franz Delapina dürfte vor den folgenden Briefen Heimaturlaub gehabt haben.
 

Pola, 27.9.1916

Liebes.
Für Dein liebes Brieferl vom 24. innigen Dank. Vorwürfe brauchst Du dir, Lieb, der Karten wegen nicht machen. Bin ich doch auch immer mit solchen zufrieden, wo ich deinen vielseitige Inanspruchnahme kenne und mit beitragen will, dass Du zu einen ruhigen ½ Stündlein kommst. Kleinmanni’s Husten ist doch schon im Abnehmen begriffen. Trage nur rechte Vorsicht Poldi auf, dass unser Herzbinkerl den Winter gut durchmacht. Für solche katarralische Erscheinungen scheint er sehr empfänglich. Wenn er das von mir hat, wär’s sehr unangenehm. War bis zum 10 Jahr ein Krankensessel. Wie geht‘s dir, Herzlieb. Auch Du halte Dich nach Möglichkeit. Rechtzeitig wegen Ofen Vorsorge treffen. (Wenn er raucht, ein Büschl Holzwolle beim Türl im Schreibzimmer anzünden u. gleich zumachen. Zieht die kalte Luft aus dem Kanal). Warme Unterkleidung u. gestrickte Jacke! Mit den Gefrierstützl  nicht zu lang warten. Wenn Du nicht Deine Hände rechtzeitig schützt, kann’s von Jahr zu Jahr schlechter werden. Bin schon auf morgigen Gesundheitsbericht recht neugierig. Das Schweindelgewicht ist ein glänzendes Zeugnis Deiner Vorsorge. Bei meinem Dortsein haben wir’s ja auf 40 (?) geschätzt. Kannst Du doch noch Kaffee bekommen. Glaube, dass die Vorräte schon recht klein sind u. sich das meiste das Militär gesichert hat. Mein Schnupfen (am Ende hab‘ ich Kleinmanni angesteckt) ist auch schon gut u. geht’s mir ganz gut. Froh wäre ich schon , wenn ich die Gesellschaft los wäre. Bleibt noch unbestimmt lang hier, da ich mit ihnen eine Neuerung durchführen muss, die im Komitee erst zusammengestellt wird. Hoffe oder besser „fürchte“ noch 14 Tage. Liebäugle mit meiner Laute, die ich jetzt recht vernachlässige; habe aber trotzdem mit meiner Kunst Herren überholt, die schon ein Jahr (allerdings weniger ernst) diese Kunst betreiben.
Auch hier herbstelt’s schon stark. Früh rücken schon mit dem Wetterkragen aus. Auch abends im Freien wird‘s schon ungemütlich. Bitte eingehender Gesundheitsbericht u. recht brav halten. Viele innige Bussi dir, Herzlieb u. Kleinmanni    Franz
Herzliche Grüße allen Lieben. 
 

Pola, 1.10.1916

Liebes:
Auch heute ohne Nachricht, mache mir schon allerlei schwere Gedanken. Du und Bubi doch befriedigend wohl? Letzte Nachricht  war Brief vom 24. Eine Karte muss wohl verloren gegangen sein. Für mich ein, wenn auch schwacher Trost. Heute früh sah ich Dich mit besonderer Befriedigung den Uhrzeiger wieder zurückrücken. Nachmittags dürften wir die gleiche Beschäftigung gehabt haben. Namenstagsbrieferl an Vater abgegangen. Kleinmanni zu seinem Festtag ein extragutes Bussi in meinem Namen u.  heiße Wünsche zu seinem weiteren Gedeihen. Bleibt ihr Lieben nur gesund und seid innig geküsst.
Franz 
 

Pola, 8.10.1916

Liebes.
Wie geht’s, Mausl, Dir u. Kleinmanni. Ein bisschen hab‘ ich doch nach einer Karte geguckt. Viel brummen darf ich nicht. Mein gestriger Schreibtag war auch Dienstes wegen (so sagt man beim Militär) entfallen. Heute früh hab‘ ich an Dich gedacht u. im Geiste brav mitgeholfen. Hoffentlich nicht allzu viel Rummel gewesen. Durch Verschwinden mehrerer Artikel wird’s ja jedenfalls immer einfacher. Bitt‘ sich aber darob nicht graue Haare wachsen zu lassen. Hier seh‘ ich ein großes Geschäft, in dem nur mehr einige Taschenfeitl und Ansichtskarten an bessere Zeiten gemahnen. Vorgestern kam plötzlich die Depesche von der sofortigen Auflösung des Kurses. Hatte natürlich sehr viel zu tun. Schreiberein u.s.w. Gestern, Samstag hab‘ ich alle expediert war um 6h abends auch am Bahnhof. Ging dann noch ins Kaffee, wieder mal gemütl. Zeitung lesen. Ein Monat war ich nicht drinnen. Nur 2mal dienstlich. Als ich Nachhause kam, wollte mein Brieferl schreiben, wurde mir eine Depesche zugestellt. Um ½ 9 Uhr Nachtübung von irgend etwas. Sofort wieder mit Glas u. Säbel fort. Um 10h kam ich zurück, na, kaltes Nachtmahl u. Matschigkeit, dachte mir, wird’s Frauerl entschuldigen müssen. Heute schmierte etliche Kanzleibögen voll. Filiale Wr. Neustadt will alle Namen Offiziere und Mannschaft, die unter meiner Fuchtel bisher gewesen. Waren einige 100 Mannen. Nachtmittag große Konferenz über gestern abends gemacht. Erfahrungen, g’schwind nach Haus, wieder felbern u. jetzt vorm Nachtmahl das Brieferl an Dich. Nachmittags hab‘ ich Dich, Lieb, beneiden können. Morgen Vormittag liefern alle Arbeiten ab u. Nachmittag hoffe ich nachholen zu können. Muss jetzt dazuschauen, da, wie ich hörte, in einigen Tagen wieder einer von neuem losgehen soll. Hab‘ mir hier schon tüchtige Hilfskraft herausgezogen u. mache mir’s leichter. Wäre wirklich schon pensionsberechtigt. Die Busserl sind gestern eingetroffen. Seltener Genuss. Mutti, vielen Dank und dir Herzlieb (auch f. Chokolade). Bussi kriegst in natura zurück. Obs auch so süß sind? Bei dem Zuckermangel! Bleibt nur recht gesund Ihr Herzlieben u. sei Du Lieb und Bubi innig geküsst.
Franz
 

Gruppenfoto9.12.1916

Liebes.
Frisch u. wohlauf. Hoffe auch Euch Lieben so. Frei von den obligaten Herbst-erscheinungen u. guten Mutes. Leider noch immer nicht in der Lage, genaueres über mein Weiteres zu berichten. Na, hoffentlich entscheidet es sich noch vor Weihnachten, sonst wär’s zum Auswachsen.
Bleibt gesund und viele Bussi dir u. Bubi     Franz
 
 
 
 
 
 
 
 

Soldat Delapina 1111.12.1916

Liebes.
Noch immer nicht in Person erscheinen zu können, vorläufig in dieser Form. Glaube mich ganz gut getroffen (Nur Schnurbart etwas zu dünn). Heutigen Sonntag wegen Wetter im Haus größtenteils am Strohsack. Hoffe, Euch Lieben recht wohl. Gleich mir. In „geduldigem“ Hoffen, baldigen Wiedersehens viele Bussi
Franz  
 

1/1918

Liebes Frauerl.
Soeben vom Nachmittagsbummel in meiner Bude eingetroffen, dir das Brieferl.
Nach Deinen letzten Karten spüre viel Sorge u. Nervosität heraus. Natürlich richtig? Wie ist Poldi abgezogen. In vollem Frieden? Kommst Du zu einem Mittagsschläfchen u. macht’s auch noch Kleinmanni (freiwillig!) Bei ihm setzt es jedenfalls schon Kämpfe. Bist Du mit mir von wegen der verschiedenen schweren Verbrechen während des Urlaubes schon ganz ausgesöhnt. Die Dürnsteinpartie ist aufgeschoben? Was hast Du mit Vater vereinbart? Das erste Wort musst Du, Lieb, sprechen, wenn’s dir auch schwer wird, aber wie ich ihn kenne, wartet er erst recht darauf. Mit den Messern wird’s dann auch einfacher. Wie steht die Schrottmühlengeschichte? Hast Du Dich schon zu einem Muster entschieden? In erster Linie wäre eigentlich S. Vater zu befragen, dass er sich die mit leichterem Gang aussucht. Machst Du alle Tage Dein Plauscherl. Geh‘ nicht zu spät nachhause. Schlaf brauchst Du recht notwendig. Ich lege mich täglich um ½ oder ¾ 10h nieder, lese noch (augenbl. über den Weltuntergang), aber um ½ 11h kann ich die Augen nicht mehr offen halten. Schnarche in einem Zug bis ½ 7h u. bin hier ganz frisch. Dieses Müdigkeitsgefühl fehlt vollständig u. ist’s in erster  Linie in dem späten Einschlafen zu suchen, wenn’s da ist. Morgen muss ich schon um ½ 6h heraus. Brrr! Maschinen holen u. am Wege noch Fressalien fahnden. Kursler sagten mir, sie könnten wegen Körperschwäche nicht studieren. Übertreiben u. sind ausgesprochene Fresser. Wir Ständige schauen doch ganz gut aus! Gewohnheit. Ich hab den Schlüssel zu den Vorräten. Nach dem Scheißzettel wird genau nach Gewicht ausgegeben. Gestern einer Köchin ein ganzes Häfen Polenta abgejagt, das sie für sich wahrscheinlich zum Hamstern brauchte. War noch frech. Die fliegt, wenn der Menage Offizier wieder einrückt. Jetzt bleibe beim Herd, bis alles ausgeteilt. Dann esse ich erst. Zähle die Buchteln ……, was darüber, wird gleich eingesperrt u. zur Jause für uns ausgegeben. Bin daher nicht sehr beliebt, aber es geht schon besser u. sind die Portionen auch schon größer.
Jetzt bekommen wir eine Maschinengewehrkompanie zugeteilt. Werde ich zur Ausbildung  bekommen u. bleibt denen in Nähe der Schule. Habe Schritte unternommen, dass vielleicht Rudolf dazukommt. Hätte es dann ganz schön. Leder auf 1 Paar Schuhe habe ich gekauft u. dachte an Dich und Bubi. Ist aber sehr dick. Jetzt kühleres Wetter und ist ganz schön hier. Mein kleiner Hund hat Räude u. hab ich ihn aus dem Zimmer. Er ist aber ganz vergnügt dabei und gibt sich hoffentlich. Bitte Lieb, wenn Dich was drückt schreib mir ein Brieferl, dass ich wenigstens mitdenken kann, wenn auch leider nicht helfen. Schaue nur in erster Linie auf Deine u. Bubis Gesundheit, nach dem Krieg muss es ja doch wieder besser werden.
Viele, viele Bussi dir Herzlieb u. Bubi
Dein Franz 
 

14.9.1918

Liebes.
Heute bin ich zu früh aufgestanden, ein Ereignis, da sehr, sehr selten ist. Ich verwende das freie Stündlein, um mit Dir, Herzlieb, ein Plauderstündlein zu halten. In Wirklichkeit wär’s natürlich um diese Stunde (7h) nicht möglich. Da Du jedenfalls hiefür keine Zeit (um diese Stunde) aufbringen würdest. Draußen plätschert recht gemütlich ein Regen. Der uns jetzt schon sehr häufig beschert ist. Denke ihn mir auch bei Euch und nehme an, dass auch Du, Lieb, einen ruhigen Tag hast. Kleinmanni schnarcht noch. Bin recht froh, dass nach Deiner gestrigen Karte die Grippe bei Euch milderen Verlauf nimmt. Bis zum Eintritt der kalten Zeit besteht aber immer noch Gefahr und sei so lieb, Frauerl, und sei dementsprechend vorsichtig. Hast Du schon Winterkleidung. So viel ich mich erinnere, bist Du in dieser Beziehung etwas leichtsinnig. Also bitte, schön warm anziehen. Dein Schuhwerk ist in Ordnung? Ich habe hier noch ein paar Sohlen für Dich reserviert. Auch Kleinmanni ist für’n Winter gerüstet? Bei seinem starken Wachstum stellt er Dich doch nicht vor Verlegenheiten? Wirst Du Lieb mit der Kohle reichen? Soll ja heuer noch schlechter sein. Dass der Wein schlecht ausgefallen, wundert mich. Er stand ja während des Urlaubes ganz schön. War Frau Sonne im August zu kraftlos! Deine 2 großen Vierfüßler müssen ja schon prächtig sein. Kannst Du doch in vollem Genuss treten. Nachdem nirgends Schweinefleisch zu bekommen, dürfte ja noch nichts geliefert werden. Was nächstes Jahr geschieht, kann dann schon mündlich besprochen werden. Wenn auch die Ereignisse dir, Du liebe Pessimistin recht geben, bin ich, der ich zuerst ein ganzes Gebäude in mir einstürzen sah, nun wieder zukunftsfroher, als ich mir unsre Existenz ohne bundesrechtlichen Anschluss an Deutschland, gar nicht vorstellen kann. Was mit den Ersparnissen wird, ist eine Frage für sich, die ich, wenigstens hier, kalt bis ans Wurstigkeitsgefühl, sehr pessimistisch beurteile. Nur um Dich, Herzlieb, täte es mir leid, den Lohn wenigstens in dieser Form für Deine Mühe so schwerer Jahre, nicht zu finden. Wir müssen uns halt denken, ganz junges Pärchen, fangen erst an, u.s.w. Im Übrigen ist vorläufig unser Streben, gesund zu bleiben. Arbeit wird‘s nachher in Fülle geben und sich auch leichter etwas finden lassen, das doch mehr befriedigt. Wenn ist möglich. Wenn ich hier Herren frage, habe überhaupt noch keine mit seinem Beruf zufriedenen gefunden. Allerdings wird die Zufriedenheit vielfach vom Geld, oder vom Tachinierstandpunkt beurteilt. Am 20ten wird’s nichts. Gestern wurde ich zum Reisemarschall bestimmt. Durch zu spätes Einrücken von Herren die Kurse jetzt nicht gleichzeitig fertig (3 Abteilungen) so dass je Abteilung extra hinausgeht u. mein Ersatzmann geht im 4 Tage nach mir auch hinaus.
Ich halte es schon für überflüssig, da ich nach dem Entgegenkommen Deutschlands an Waffenruhe denke. Aber unser Major ist in dieser Beziehung „Optimist“. Na ja, also geh’n wir halt. Denke, dass kein Kurs mehr notwendig und sich dann Gelegenheit finden wird, auf ein Schwüngerl zu kommen. Jetzt hat man sich nach diesen Jahren schon mit Wochen bescheiden gelernt. Als „Ältester“ hoffe auch, das Vorrecht zu haben, als erster verschwinden zu können. Bleibe Du Herzlieb u. Bubi gesund u. seid innig geküsst.
Dein Franz
 
 
Allgemeines zu Franz Delapina siehe hier. 
 
 
Quellen:
Unterlagen der Familie Delapina, Kirchberg am Wagram 
 
November 2022
Maria Knapp