1942 bis 1947 

Franz Weiss jun. (Jahrgang 1923) musste Anfang April 1942 nach Klagenfurt einrücken. Von dort setzte sich seine Einheit sofort nach Frankreich in Bewegung, wo er seine Grundausbildung absolvierte.

 
Franz Weiss jun. vorne rechts im Bild
 

Ende September 1942 wurde er nach Ostpreußen  verlegt und machte dort die Ausbildung zum SMG-Schützen-Luftwaffenjäger. Den ersten Winter verbrachte er am See Usvyatskoye an der russischen Front.

Am 14. November 1943 verlieh man ihm das  EK II und das Verwundetenabzeichen in Schwarz wegen vorangegangener Granatsplitterverletzungen an Ohr und Schulter.

Kurz danach erlitt er bei einem Kampfeinsatz in einem Wald bei Newel (Russland) erneut eine schwere Verwundung am Rücken durch einige Granatsplitter. Nach mehreren Stationen kam er zum Genesungsaufenthalt nach Spindlermühle im Riesengebirge in Tschechien. Während des dortigen Aufenhaltes erreichte ihn die Todesnachricht über seinen Bruder Otto, gefallen in Russland.

Mit der 6. Luftwaffenfelddivision in Berlin Ruhleben kam er im März 1944 erneut an die russische Front, in den Raum Witebsk, wo zwei Monate später die Russische Gegenoffensive begann. Dort hatte er am 5. Mai 1944 durch einen Oberschenkeldurchschuss die dritte schwere Verwundung. Seine Einheit wurde aufgerieben. Im Juni 1944 erhielt er das Verwundetenabzeichen in Silber.

Bei der Eisenbahnfahrt Richtung Dünaburg erfolgte eine Bombardierung des Zuges, in dem er sich befand. Die Fahrt ging weiter Richtung Ostpreußen ins das heutige Kovno, von dort per Schiff auf der Memel nach Skören bei Tilsit. Auf einer Insel in der Memel kam es zu einem erneuten Kampfeinsatz.

Im August 1944 wurde er im Raum Wilkowischken in Litauen gefangen genommen und nach eigener Mitteilung auf dem Marsch zum Kriegsgefangenenlager von einem entgegenkommenden russischen Militärlastwagen absichtlich angefahren und schwerst verletzt. Zuletzt erfolgte die Internierung im Kriegsgefangenenlager Nr. 195/II  in Vilnius (Wilna). Über die ungefähren Zustände dort siehe  Kesselausbruch Wilna ( Vilnius ) 1944 - Seite 7 - militärische Operationen - Forum der Wehrmacht (forum-der-wehrmacht.de)  . Mitte September 1947 kehrte Franz Weiss jun. heim.

 

Zeittafel 

Mit Briefanschriften und Feldpostnummern

1942

  1. 4. Osterdienstag, Einberufung zur Wehrmacht, Fl. A. Rgt. 14, Klagenfurt.
            Abfahrt von Sammelstelle Bf. Wien Matzleinsdorf mit Sonderzug nach Klagenfurt Flugplatz Annabichl
  1. 4. Nach Einkleidung Verlegung nach Frankreich, 10. Komp., Fl. A. Rgt. 62, 10. Fl. Div.
    18.4. Ankunft nach 5 tg. Fahrt am Militärflugplatz Pruniers/ Romorantin bei Blois; L 32146 d, Luftgaupostamt Paris

   Ende Juni Ende der Grundausbildung

   Anfang Juli Überstellung zum Stammpersonal, Beschäftigung in Schreibstube

   Ab ca. 20. 7. Dienst in Fernsprechvermittlung

  1. 9. bis 11. 9. Sonntag bis Freitag 6 tg. Verschlüsselungslehrgang in Paris / St. Clou
    24.9. Abfahrt von Frankreich. Nach 4 tg. Fahrt Ankunft in L 50965 d,  Luftgaupostamt Königsberg Ostpreußen, Bf.  Mielau (Mlava), Truppenübungsplatz Praschnitz. Auflösung der           10. Fl. Div, Überstellung zur 3. Luftw. F. Div.    
    31.10. Abfahrt von Praschnitz nach Newel. Allerheiligentag
           Fahrt durch Litauen – Dünaburg – Polozk – Nerwel
  1. 11. Quartier in einem Russendorf Nähe Newel
    15.11. Neue Feldpostnummer L 49142 a,   Luftgaupa. Berlin
    16. 11.  Eintreffen an der Front. Stützpunkt Vorwerk (3. Zug)   L49142 D,  Luftgaupa. Berlin 11. Komp, Feldw. Schleuß) Nähe Usjathy -(? Uswaty See – Hirmensee)

1943

   Mai     Beförderung zum Gefreiten  L 49142 D,   Luftgaupa. Posen

   ? – 12. 7. 20 Tage Heimaturlaub
   13.7. Rückfahrt vom Urlaub in Brest Litowsk
   17.7. Ankunft nach Urlaub bei Einheit an der Front

  1. 11. Ruhestellung in einem Russendorf Nähe Polozk
  2. 11. Verleihung EK II und Verwundetenabzeichen in Schwarz für Granatsplitterverletzung re. Ohr und re. Schulter
  3. 11. Kampfeinsatz in einem Wald bei Newel
  4. 11. Verwundung durch Granatsplitter im Rücken, Feldlazarett Polozk
    21.11. Verlegung mit Flugzeug nach Biala Podlaska, Reservelazarett I. Biala Podlaska, Baracke 7 - Polen
    6.12.   Verlegung mit Lazarettzug nach Spindelmühle, Reservelazarett Spindelmühle (Riesengebirge) Teillazarett Grand Hotel
    7.12.   Umquartierung, Teillazarett Hotel Buchberger
    12.12. Todestag von Bruder Otto, in Russland gefallen

1944

  1. 1. Nachricht von Ottos Tod erhalten

   ? – 21. 1.       Sonderurlaub wegen Otto

  1. 1. Entlassung aus dem Lazarett

   ? – 14. 2.       Urlaub

  1. 2. Ankunft bei Ersatztruppe in Gütersloh
  2. 2. Überstellung zum Grenadier Ersatz Batl. in Idar Oberstein
    20.2. Überstellung nach Berlin Spandau zum Grenadier-Ersatz Batl. 203, Genesungskompanie

   ? – 9. 3.         Genesungsurlaub, Teil gemeinsam mit Rudi

  1. 3. Rückkunft nach Urlaub in Spandau
    13.3. Überstellung zur Marschkompanie ErsatztruppeGenesende Marschkompanie der Luftwaffe in Berlin Ruhleben Alexanderkaserne (Turnhalle), 6. Luftwaffenfelddivision
    14.3. Dienstreise nach Küstrin
    21.3. Abreise mit Marschkompanie Richtung Osten
    23.3. Warschau, 12 Stunden Aufenthalt
    29.3. Orscha, 1 Tag Aufenthalt auf Fahrt nach Witebsk
    31.3. Ankunft bei alter Einheit Raum Witebsk, FPNr. 40152 D
    1.5. Beförderung zum Obergefreiten
    10.5. 3. Verwundung, Oberschenkeldurchschuß rechts
    12.5. Ankunft im Feldlazarett Wileika; FPNr. 42320            Beginn der russischen Offensive  im Mittelabschnitt, Fall Witebsk, alte Einheit aufgerieben;
             siehe 206. Infanterie-Division (Wehrmacht) – Wikipedia
    24.6. Verleihung des Verwundetenabzeichens in Silber

    25.6. Entlassung aus dem Feldlazarett Wileika zur Feldgenesungskompanie
    28.6. Auf Fahrt am Bf. Wilna (Bombenangriff)1.
    1.7. Fahrt Ri. Dünaburg und wieder zurück nach Wilna. 2 Tage Aufenthalt am Bahnhof
    6.7. Überstellung zu einer Genesungskompanie in Wina FPNr.  29637
    9.7. Fahrt über Reichsgrenze nach Ostpreußen (Abenteuerliche Fahrt mit Zug)
    bis 26. 7. Aufenthalt am Bahnhof Ebenrode
  1. 7. Entlassung aus der Genesungskompanie zur Frontleitstelle nach Kauen (Kovno)
  2. 7. Verladung auf Dampfschiff, Schifffahrt auf Memel
    30.7. Fahrt bis ca. 10 km vor Reichsgrenze- (Einsatz auf einer Memelinsel)      FPNr. 00509 C
    6.8. Wieder Verladung auf Dampfschiff
    7.8. Kurzer Aufenthalt (einige Stunden) in Tilsit
    8.8. Ankunft neuer Standort Kaserne in Skören (ca. 25 km von Tilsit) FPNr. 57899 B
    11.8. Abstellung von Skören
    ab 16. 8. Neue Einheit (Heeres-Infanterieeinheit mit unbekannter Bezeichnung) Standort Raum Wilkowischken  (? Wilkowisky),  Litauen, ca.15 km vor Grenze zu Ostpreußen              (erlebter deutscher Panzergegenstoß); FPNr. 32445 E
    16.10. Russische Offensive, Durchbruch nach Ostpreußen. Beginn der Kriegsgefangenschaft in Vilnius  

 

Die Briefe 

(Volltext, abgeschrieben von Franz Weiss):
 

Brief Nr.1

9. April 1942.

Liebe Eltern!

Vor allem herzliche Grüße. Wir sind hier in der Nähe von Klagenfurt, eine herrliche Umgebung. Mir geht es bis jetzt ganz gut. W. ist auch da, er schläft neben mir. Die Zivilkleider habe ich mit W. in seinem Koffer geschickt. Holt bitte die Sachen bei seinem Vater ab. Mantel, Hose, Rock und Schuhe. Das nächste Mal werde ich Euch dann mehr schreiben. Ich habe heute nicht viel Zeit dazu.

Grüße an alle Bekannten. Franz. 

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Brief Nr. 2

9. April 1942.

Meine lieben Eltern!

Wir sind schon gestern mittags hier angekommen. Es geht mir vorläufig ganz gut. Ihr braucht keine Angst zu haben, es wird nicht so arg werden. Absender kann ich Euch keinen bekannt geben, da wir wahrscheinlich nächste Woche wegkommen. Bitte wenn Ihr dann meine Adresse habt so schickt mir folgendes: 2 kleine Stoffsackerl, so wie ein Kugelsackerl, aber größer, zirka 15 X 20 cm, mit Schnürl zum Zusammenziehen. Dann bekommt man beim Weidinger (Trödler) ein kleines Drahtbürstel, so wie ein Schuhbürstl und wenn es möglich ist, so schickt mir auch noch vom Rudi das Schachterl für das Zahnbürstel. Das Sackerl braucht man für das Wasch- und Zahnputzzeug. Wenn für mich Post kommt, dann schickt es mir auch nach sowie auch meine Fotos. In der Packtasche ist etwas für die Buben. Wenn Ihr meinen Reichsbahnausweis findet, da sind nämlich noch eine Menge andere Sachen drinnen, so schickt mir das  dann bitte auch. Sonst brauch e ich nichts. Essen haben wir genug. Ich werde Euch erst wieder schreiben, wenn wir auf unserem neuen Platz sind. Seid nicht böse, dass es heute nicht mehr geworden ist, aber wir haben sehr wenig Zeit.

Herzliche Grüße Franz

Turnschuhe! 

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Brief Nr.3

Mittelfrankreich, 19. 4. 42.

Meine lieben Eltern.

Wir sind gestern Nachmittag nach einer fünftägigen Fahrt in unserem neuen Standort eingetroffen. Es geht mir vorläufig ganz gut. Zu Essen bekommen wir hier auch genug. Ich werde in nächster Zeit sehr wenig schreiben können. Ihr braucht deshalb keine Angst haben. Wenn ich Gelegenheit habe, werde ich Euch gleich immer schreiben. Wir sind hier in einer sehr öden Gegend, sehr warm, ganz flach und eben und weit und breit keine Ansiedlung. Ich bin hier zirka einen Tag Bahnfahrt weiter als Herr K. Die Fahrt nach hier war nicht besonders angenehm. Wir konnten uns fünf Tage nicht waschen und zum Schlafen war es auch sehr schlecht. Es war gut Mutter, dass Du mir so viel mitgegeben hast. Ich habe alles gut brauchen können. Habt Ihr meine Zivilkleider schon bekommen? Ein Teil davon ist bei W. in Kirchberg. Franz ist auch bei mir. Er schläft in der gleichen Stube. Wenn Ihr mir etwas schickt, dann bitte meine Turnschuhe und irgendeine Hautcreme zum Einreiben nach dem Rasieren. Ihr könnt mir nur 10 dkg Päckchen schicken. Bindet mehrere zusammen, da kommen sie sicherer an.

Meine jetzige Adresse:
Soldat W.
Feldpostnr. L 32146 d
Luftgaupostamt Paris.

Viele Grüße Euer Franz. 

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Brief Nr.4

Frankreich, 27. 4. 42.

Meine lieben Eltern!

Wir haben heute Montag, die erste Woche der Ausbildung ist vorüber. Es war nicht einmal so schlimm, wie wir es anfangs erwartet haben. Ihr würdet aber trotzdem überrascht sein, wenn ich Euch alles schreiben dürfte. Es sind Sachen, die wir uns in Klagenfurt nicht einmal träumen hätten lassen. Wir sind hier 200 km südlich Paris, noch weit über Orleans hinaus. Bis zur Grenze des unbesetzten Gebietes sind es von uns nur mehr 4 km. Der Dienst ist sehr umfangreich und vielseitig. Um 5.30 Uhr haben wir bereits Wecken und dann geht es bis abends ziemlich scharf durch. Die kurze Freizeit, die planmäßig vorgesehen ist, wird meistens durch andere Sachen ausgefüllt. Unser Essen ist auch so ein eigenes Kapitel. Es ist wirklich sehr gut. Wir können uns darüber nicht beklagen, aber: in der Früh bekommen wir einen sehr durchsichtigen und hantigen „Schwarzen“, von uns Negerschweiß genannt, zu Mittag eine sehr gute und sehr viel Gemüsesuppe und etwas Fleisch mit Soße und Kartoffel und wieder einen Schlag Gemüse, meistens Karfiol. Es ist auch sehr gut und auch viel, aber es ist alles so wässerig, so unsättig, dass wir nach dem Essen mehr Hunger haben als vorher. Mir geht es hier genauso wie in Gloggnitz. Abends bekommen wir jeden zweiten Tag eine warme Suppe und täglich ein Drittel Brot und Butter, Wurst oder Marmelade, Rauchwaren, einen Schwarzen und manchmal auch Rotwein. Ich schreibe Euch nochmals, die Verpflegung ist sehr gut, aber leider haben wir immer Hunger, besonders  an Brot mangelts bei uns. Du brauchst Dich deshalb nicht ängstlichen, liebes Mutterle, es ist nicht arg. Wenn Ihr mir etwas zum Essen schickt, dann bitte keine Nascherei, sondern irgendetwas Kräftiges. Du hast doch Recht gehabt, Mutter, dass Du mir das Schmalz und das andere Essen mitgegeben  hast. Ich könnte noch einen Koffer voll brauchen. Ich danke Dir dafür und ich glaube, dass ich hier in Frankreich auch zum Revanchieren Gelegenheit habe. Habt Ihr auch so ein dreckiges Wetter? Wir haben einen Tag Regen und dann wieder Sonnenschein. Ich werde Euch kurz sagen, wie es bei uns ausschaut. Meiner Ansicht nach dürfte das die ödeste und dreckigste Gegend von Frankreich sein. Vorigen Sommer soll es hier bis zu 60 Grad Hitze gehabt haben. Es ist hier sandig und staubig. Auch Schlangen gibt es da. Die Bewachsung und Besiedlung ist sehr dünn, nur einzelne Häuser und fast keine Äcker. Alles dürr, trocken und sandig. Über unser Lager will und darf ich Euch nichts schreiben. Ihr werdet mich ja verstehen.

Gestern haben wir auch die Führerrede hören können. Wir waren alle sehr ergriffen. Heute hatten wir Impfung, am Arm und auf der Brust und morgen geht es wieder frisch los – Geländedienst.

Post hat bis jetzt noch keiner von uns bekommen. Wir sind schon alle sehr gespannt , was es in der Heimat Neues gibt. Es kann ja nur mehr einen oder zwei Tage dauern und dann bekomme ich auch on Euch etwas, Ich freue mich schon darauf.

Fragt bitte gelegentlich beim Bürgermeister nach, ob ich dort abgemeldet bin. Bei uns wurde nämlich nachgefragt, ob  wir das gemacht haben.

Viele Grüße an Dich, liebe Mutter, an Vater, Otto und Rudi

und an alle Bekannte – K., W.

Franz.

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Brief Nr.5

2. Mai 1942.

Liebe Mutter, lieber Vater, Otto, Rudi!

Etwas aus Frankreich. Es ist nicht  viel, nur was man bei uns in der Kantine bekommt. Ausgang haben wir noch keinen gehabt. Die Sacktücher gehören für die Mutter, Zigaretten und Tabak für Vater, für Otto und Rudi Zahnbürstel und Zahnpasta, dann Schreibpapier und Umschläge, damit Ihr mir recht viel schreiben könnt und auch 2 Kämme, weil lausige Zeiten kommen.  Bitte schickt mir Seife, Schuhpasta und etwas Ham-Ham, vielleicht Käse, oder Speck oder Brot, wenn es auch trocken ist. Solche Sachen halt, die nicht schlecht werden. Hunger haben wir genug.

Wir haben noch immer keine Post bekommen.

Viele Grüße Franz.

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Brief Nr.6

Frankreich, 5. 5. 42.

Liebe Eltern! 

Gestern abends habe ich die erste Post erhalten. Gott sei Dank. Vom 7. April bis 4. Mai, fast einen Monat ohne Verbindung mit der Heimat, das ist wohl bestimmt lange. Wir alle haben es kaum mehr erwarten können. Jetzt hoffe ich halt, dass ich sehr oft und viel bekomme, vor allem seid deshalb nicht böse, etwas  - Fresserei. Das Essen ist bei uns sehr gut, aber verflucht wenig und eine kleine Nachhilfe von daheim wäre gut zu vertragen. Ich bitte Euch darum. Ihr braucht deshalb nicht glauben, dass wir hier verhungern. Es ist nicht so arg. Wenn Ihr mir etwas schickt, dann nur kräftige Sachen, die bei der Hitze nicht schlecht werden, wie zum Beispiel Käse, Geselchtes, Speck, Brot und so weiter. Mutterl, Du weißt es ja ohnehin, was man da nehmen kann. Dann schickt  mir bitte vielleicht auch etwas Hansaplast. Bei kleinen Verletzungen kann man es gut brauchen. Habt Ihr meine Päckchen schon bekommen? Es ist nicht viel, aber ich hoffe, Euch damit eine kleine Freude gemacht zu heben. Ich werde jetzt ab jeden Brief fortlaufend nummerieren, dass Ihr wisst, wenn Ihr einen Brief von mir bekommt. Macht Ihr es auch so bitte. Heute  sind wir schon wieder auf der Brust geimpft worden. Dieser Dreck tut ganz schön weh. Letztes Mal wurden wir auch am Arm geimpft, das zieht bei mir ganz anständig. Ich kann fast die Hand nicht bewegen und der Dienst lässt uns keine Zeit zum krank sein, da heißt es fest mitmachen. Dienst haben wir ja genug, das Gewehr ist schwer, der Stahlhelm drückt. Ach ja, wenn man  alles nach Hause schreiben dürfte, würdet Ihr es gar nicht für möglich halten. Ich muss schon wieder Schluss machen. Bitte schickt mir ein wenig zum Essen. Bindet drei, vier oder fünf Päckchen zusammen, bei uns nennt man das Geleitzug, da kommen sie sicherer an. Ja dann auch noch ein Stückchen Schnur, so wie sie mir der Vater mitgegeben hat und etwas Salz schicken. Solche Sachen braucht man öfters.

Ich bin schon gespannt, wann ich das erste Päckchen bekomme. Vielen Dank für den Brief und die Fotos.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

Grüße an die Großeltern.

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Brief Nr.  7

Frankreich, 7, 5. 42.

Liebe Eltern!

Bei uns wird es jetzt schon ganz schön warm. Gestern haben wir bis zu 42° in der Sonne gehabt und heute nicht viel anders, nur in der Früh beim Aufstehen ist es noch immer sehr kalt.

Was gibt es sonst Neues? Schreibt mir bitte bald wieder und bitte etwas zum Essen.

Viele Dank für die heutigen Päckchen und Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 8

Frankreich, 15. 5. 42.

Liebe, liebe Eltern und Brüder!

Wir liegen alle Tage fest mit der Nase im Dreck. Jetzt sind wir fast ein Monat hier und haben schon sehr viel durchgenommen. Das wird den Vater interessieren: wir „hauen“ schon fest mit dem MG um - . Morgen Samstag sollen wir angeblich den ersten Ausgang haben. Wir sind schon alle sehr gespannt. Hoffentlich fällt die Sache nicht wieder ins Wasser. Für heute muss ich wieder Schluss machen. Danke für die Päckchen. Vielleicht könnt Ihr mir auch etwas Butter oder Schmalz schicken. Ich hab schon das Ganze verbraucht und immer schön den ganzen Absender, also auch Post und Empfänger draufschreiben.

Grüße und Küsse Franz.

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Brief Nr. 9

17.5. 42.

Liebe Eltern! 

Heute ist Sonntag und ich habe jetzt Nachmittag ein wenig Zeit zum Schreiben. Mit dem Ausgang, wie ich geschrieben habe, ist es leider nichts geworden, Frühestens in 2 Wochen hat unser Chef gesagt. Es ist ja alles ein, draußen ist ja bei uns auch nichts los. Wir versäumen nicht viel. Heute abends haben wir wieder einen Film in unserem höchst einfachen „Horstkino“. Menschen im Sturm, wird gespielt. Auch Radiohören können wir. In unserer  Nachbarstube wohnen nämlich Unteroffiziere und da können wir abends beim Schlafengehen immer das Radio durch die Holzwand hören. Wenn ich schlummere glaube ich immer ich bin zu Hause in meiner Kammer und höre in der Küche Radiospielen. Aber es ist doch anders. So gibt es bei uns nichts Neues. Die ganze Woche hat es wieder geregnet. Heute ist der erste Tag, wo es wieder so richtig warm ist – 35° - . Am nächsten Sonntag ist ja schon Pfingsten. Wir werden natürlich wieder in unserer Bude sitzen. Meistens weiß unser Chef an solchen Tagen eine besonders schöne Beschäftigung, aber es wird schon wieder anders werden. Ich muss leider schon wieder betteln. Schickt mir bitte einige einser Bleistifte und einen Zeichenpinsel. Ich muss mich hier öfters zeichnerisch betätigen. Beim letzten Brief hab ich wieder die Nummer vergessen, es war Nummer 3.

Viele  Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 10

19.5. 42.

Liebe Eltern!

Wir haben heute schon wieder so einen heißen Tag gehabt. Es ist jetzt kurz vor 10  Uhr abends. Ich sitze im Bett und schreibe diesen Brief. Soeben haben wir die Sondermeldung von der Krim durch die Holzwand von der Nachbarstube gehört. Vielleicht sind wir auch bald dabei, aber brauchst keine Angst haben, Mutterl.

Viele Grüße, frohe Pfingsten.

Franz.

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Brief Nr. 11

21, 5. 42.

Liebste Eltern!

Wir haben heute ein schreckliches Wetter. Alle fünf Minuten regnet es in Strömen. Hoffentlich ist es bei Euch anders. Ihr werdet jetzt sehr viel Arbeit haben und da braucht Ihr bestimmt schönes Wetter. Zu Pfingsten sollen wir angeblich frei haben. Bis jetzt haben wir noch keinen halben Tag gehabt, wo wir sagen könnten, wir haben nichts zu tun. Wir würden jetzt auch schon einmal ein wenig Freizeit vertragen. Wenn Ihr am Abend Zeit habt, dann schreibt mir. Man freut sich immer so, wenn man von den Lieben daheim etwas bekommt. So, jetzt muss ich Schluss machen, ich muss den Rucksack Packen. Es wird nämlich bei uns gemunkelt, dass wir heute Nachtalarm probeweise haben.

Es grüßt Euch vielmals Euer Franz.

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Brief Nr. 12

24.5. 42.

Meine lieben Eltern!

Vor allem viele Grüße am Pfingstsonntag. Es ist jetzt 10 Uhr abends und ich sitze am Bett und schreibe diesen Brief.

Es war heuer vielleicht einer meiner schönsten Pfingstsonntage. Wir haben heute den ersten Ausgang gehabt. Von 2 Uhr nachmittags bis 8 Uhr abends durften wir selbstständig ausgehen. W., ich und noch zwei Kameraden waren zusammen in der Stadt. Wir mussten zwar gehen, ein Weg 5 km, aber es ist ein herrliches Gefühl, wenn man das erste Mal allein und frei aus der Bude herauskommt. In der Stadt selbst war zwar nicht viel los. Alles war von Soldaten überfüllt. Wir gingen in einige Kaffeehäuser und ins Soldatenheim. Likör, Sekt und Wein gibt es hier in rauen Mengen, zum Essen ist jedoch nichts zum Auftreiben.

Dann hab ich gestern die Kirtagpäckchen bekommen, 3 mit Rebeltorte, 1 mit Krapferl, 1 Speck und 1 Geselchtes. Es hat mich sehr gefreut. Ich hab gegessen wie zu Hause am Kirtag. Morgen, Montag, haben wir wieder den ganzen Tag frei, ja vielleicht sogar wieder Ausgang. Im letzten Brief habe ich Euch geschrieben, dass wir wahrscheinlich Nachtalarm haben. Wir hatten wirklich Alarm. Von ½ 1 Uhr bis 3 Uhr waren wir aus den Betten und nächsten Tag mussten wir schon wieder um 6 Uhr aufstehen.

Ich hoffe, dass Ihr heuer auch schöne Pfingsten habt und grüße Euch herzlich. Franz.

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Brief Nr. 13

  1. 5. 42.

Liebe Eltern! 

Sonntag und Montag haben wir den ersten Ausgang gehabt. Das habe ich Euch ja schon geschrieben. Es war aber nichts Besonderes. Am Dienstag haben sich dann 42 Mann von der Kompanie krank gemeldet. Der Chef hat darauf gesagt, dass wir, solange wir hier sind, keinen Ausgang mehr haben. Wir werden aber hoffentlich nicht mehr lange hier sein. Unsere Rekrutenzeit dürfte in zwei bis drei Wochen aus sein. Bis dahin werden wir wahrscheinlich versetzt. Wo ich bin wisst Ihr ja auch noch nicht. 5 km von Romorantin entfernt oder zirka 30 km südlich von Blois, das ist zirka 100 km südlich von Orleans. Wir haben jetzt wieder ein schreckliches Wetter hier. 2 Tage regnet es schon.

Viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 14

4.6. 42.

Meine lieben Eltern und Brüder!

Diesen Monat haben wir Besichtigung, dann wird auch unser Dienst etwas leichter werden. Bis jetzt haben wir immer Exerzier-, Schieß- und Geländeausbildung gemacht. Alle Tage von früh bis spät  im Gelände draußen   mit Gewehr und Stahlhelm, was das heißt, könnt Ihr Euch ja vorstellen. Jetzt haben wir schon 3 Tage sehr heißes Wetter. Wir sind im Gesicht schon wie Neger so abgebrannt. … Weidinger Franz ist immer noch bei mir, aber der Schaller Hansl, wie der Vater geschrieben hat, ist nicht in unserer Kompanie. Der Novotny Sepp ist auch von Klagenfurt mit uns her nach Frankreich gefahren. Er ist aber nicht hier, sondern in einer anderen Kompanie in Blois. Es sind fast lauter Wiener in unserm Lager. Unter den Rekruten gibt es keinen Piefke. In unserer Stube haben wir sogar einen Jahrgang 1925, auch einen mit 29 Jahren, sonst alles 23er.

Viele Grüße Euer Sohn und Bruder Franz.

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Brief Nr. 15

14.6. 42.

Meine lieben Eltern und Brüder!

Entschuldigt, dass ich jetzt so lange nicht geschrieben habe. Wir haben nämlich in nächster Zeit Besichtigung und da haben wir fast für nichts mehr Zeit. Es ist jetzt Sonntag Nachmittag. Draußen ist ein zünftiger Landregen. Wir haben nachmittags etwas frei, da habe ich Gelegenheit, Euch nach langer Zeit wieder einmal zu schreiben. In unserer Stube ist es heute sehr gemütlich. Ein bekannter, vertraulicher Geruch ist herinnen. Ein Ausbildner hat einen kleinen elektrischen Kocher und da wird jetzt gerade gebraten und gekocht. Einige Kameraden haben Eier aufgetrieben, die machen Eierspeise, ein anderer isst gerade einen Erdäpfelsterz. Einer hat sogar zwei Stück Schnitzelfleisch gehamstert. Der klopft soeben fest auf einem Tisch. In einem Kochgeschirr brasselt ein Zwiebel. Wir fühlen uns wie zu Hause. Ihr seht also, dass es uns schon ganz gut geht. Wir verstehen uns jetzt schon ein wenig heimelig einzurichten. Ich schicke Euch in einem andern Umschlag 5 Bilder von unserer Vereidigung. ...

Vorigen Samstag und Sonntag habe ich Wache gehabt. Wir hatten dabei die größte Hitze, die ich bis jetzt erlebt habe. Über 50° in der Sonne. Das kann man sich gar nicht vorstellen. Im Stahlhelm hätte man Eierspeise machen können. Heute haben wir wieder ein regnerisches und kühles Wetter.

Vielen Dank für die Päckchen und viele Grüße Euer Franz.

Für Otto und Rudi: Weidinger Franz und ich haben uns sehr gefreut, dass gerade Neustift die beste Kameradschaft im Reichssportwettkampf war.

Grüße an alle HJ Kameraden.

Franz.

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Brief Nr. 16

18.6. 42.

Liebe Eltern!

Im Anfange herzliche Grüße und vielen Dank für die Päckchen. Ich habe gestern wieder 6 Stück bekommen und zwar 3 mit Käse und 3 mit Krapferl (prima). Euren lieben Brief Nr 10 habe ich jetzt gerade bekommen und auch die Wiener Illustrierte. Vielen Dank dafür. Auch ich habe heute ein Päckchen abgeschickt mit Pfeffer, Paprika, Gewürznelken, Zigaretten und 2 Taschenkämmen, wie Otto geschrieben hat. Hoffentlich bekommt Ihrs. Ob die Sachen etwas wert sind, weiß ich nicht, aber Ihr werdet es schon brauchen können. Habt Ihr die Bilder bekommen und wie haben sie Euch gefallen? In nächster Zeit werde ich Euch vielleicht noch andere schicken können. Heute Abend habe ich wieder Wache. Wir haben jetzt wegen der großen Hitze Tropenhelme für die Wache gefasst. Dass  wir letzte Woche über 50° gehabt haben, wisst Ihr ja schon. Das war allerhand. Heute sind es gerade 2 Monate, dass wir in unserem Ausbildungslager sind. Wie lange werden wir noch hier bleiben müssen? Vom Herrn Böhme habe ich heute auch einen Brief bekommen. Er schreibt mir auch wie Ihr, dass abends bei Euch immer so schwere Gewitter sind. Du darfst Dich nicht fürchten, Mutter. Ist in den Weingärten und Äckern schon Schaden angerichtet? Bei uns hier war bis jetzt noch kein besonderes Gewitter.

Zu Eurem heutigen Brief möchte ich Euch noch folgendes schreiben. Das Taschenmesser habe ich schon vor einigen Wochen bekommen. Danke! Ist das nicht Rudi seines? Die Schmalzgefäße habe ich leider einige verschenkt. Schmalz keines mehr schicken. Auch Geld keines mehr senden. Wir bekommen alle 10 Tage 5 RM ausbezahlt, das andere wird aufbewahrt und erst bei Entlassung ausbezahlt. Vielleicht könnt Ihr einige Reichskreditkassenscheine auftreiben, das sind so 5 RM Scheine wie das gewöhnliche Papiergeld, nur eine andere Farbe, wird auch Soldaten- oder Frontgeld genannt. Das könnte man in einem Briefumschlag schicken. Aber nur wenn Ihr zufällig welches auftreibt und wenn Ihr welches übrig habt.

Otto- und Rudionkel habe ich noch nicht geschrieben, aber ich werde es so bald wie möglich nachholen. Auch den Großeltern werde ich schreiben.

Viele Grüße an Euch, an die Großeltern, an Familie Kohoutek und Weiß. Franz.

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Brief Nr. 7

Sonntag, 21. 6. 42.

Meine lieben Eltern!

Es ist jetzt Sonntag Abend. Wir haben heute den ganzen Tag Arbeitsdienst gehabt und jetzt abends habe ich etwas Zeit, um Euch wieder zu schreiben. Vorgestern habe ich 8 Päckchen bekommen. Davon waren 6 mit guten Mohnstrudel und 2 mit Speck. Das hat mich wieder etwas herausgehalten. Wenn ich dann einmal nach Hause komme, dann freß ich aber, dass …. Diese Woche haben wir Besichtigung. Wir haben dann vielleicht mehr Gelegenheit aus dem Lager herauszukommen. Dann werden wir mit allen Mitteln versuchen, etwas zum Essen aufzutreiben. Habt Ihr meine Bilder und das Gewürz schon bekommen? Wenn ich mehr Geld hätte, könnte ich Euch mehr kaufen. Wir bekommen aber nur alle 10 Tage 100 France, das sind 5 RM ausbezahlt. Und in unserer Kantine ist alles so wahnsinnig teuer, da ist das Geld immer so schnell weg. Heute abends haben wir eine Filmvorführung. In unserem Lager hier haben wir ein sogenanntes Horstkino. Es ist zwar sehr bescheiden eingerichtet, aber man wird dabei etwas vom schweren Dienst abgelenkt und fühlt sich 2 Stunden wie zu Hause. Wir haben fast alle 3 bis 4 Tage Kino, oder irgendein Varietee. Die Wehrbetreuung funktioniert hier sehr gut. Die Filme, die bei uns laufen, sind wie daheim. Heute wird „Hallo Janine“ gespielt. Gehen die Buben auch am Sonntag immer ins Kino oder baden? Badegelegenheit haben wir hier leider nicht. Gleich neben unserem Lager ist ein schöner Fluss (Sauldre), aber das Baden ist darin streng verboten, weil das  Wasser verseucht sein soll. Badewetter hätten wir hier ein sehr schönes. Alle Tage so rund 40°.

Viele Grüße und Dank für die Päckchen. Franz.

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Brief Nr. 18

28.6. 42.

Meine lieben Eltern!

Es ist heute Sonntag. Wir haben heute den ganzen Tag frei, aber keinen Ausgang. Das macht aber nichts. Es ist mir sowieso zu heiß draußen umherzulaufen. Ich habe vorgestern die Päckchen mit der Rebeltorte und den anderen Sachen bekommen. Vielen Dank dafür. Auch die Briefe Nr 12 und 13 habe ich schon erhalten. Einen Brief dürftet Ihr von mir nicht bekommen haben. Ich habe Euch nämlich schon einmal geschrieben, dass ich das Taschenmesser schon bekommen habe und dass Ihr mir keine Blei- oder Farbstifte mehr schicken sollt, die bekomme ich hier selbst und billiger. Am Donnerstag hatten wir Besichtigung. Unser Regimentskommandeur, ein Generalmajor, hat sie abgenommen. Es ist alles ganz gut ausgefallen. Am Freitag abends hatten wir dann eine allgemeine Abschiedsfeier. Es wird nämlich jetzt mit den Versetzungen angefangen. Es war sehr schön dort. Ich hatte dabei meinen ersten „Schwips“ Ein jeder Mann bekam eine Flasche Rotwein. Auch Sekt, Likör und Bier konnten wir trinken so viel wir wollten. Für abwechselnde Unterhaltung hatten Kameraden gesorgt. Ich schicke Euch in einem andern Umschlag ein Programmzettel von unserer Abschiedsfeier und wieder einige Bilder. Wir sind nach der Feier erst um ½ 1 Schlafen gegangen. Gestern Samstag hatten wir erst um 7.00 Uhr Aufstehen und dann den ganzen Tag leichten Innendienst. Wir haben dabei 3 kleine Hasen gefangen, die liegen jetzt hier ausgezogen und zerstückelt in einem Kochgeschirr und warten darauf, gebraten oder gekocht zu werden. Gestern abends hatten wir dann einen Kinovortrag. Es wurde der Film „Großreinemachen“ gespielt. Am Montag sahen wir den bekannten Film „Tanz mit dem Kaiser“. Heute hatten wir wieder erst um 7 Uhr Wecken und jetzt den ganzen Tag frei, leider keinen Ausgang. Das macht aber nichts, es ist sowieso heute dazu zu heiß. Wenigstens komme ich dazu, Euch wieder einmal zu schreiben.

Viel Grüße und Dank für die Päckchen, Briefe und Zeitungen. Ich freue mich schon wieder auf die nächste Sendung. Franz.

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Brief Nr. 19

30.6. 42.

Liebe, liebe Eltern!

Vor allem herzliche Grüße. Ich habe heute die Sendung Päckchen bekommen, von der Ihr im letzten Brief geschrieben habt. Es sollen 15 sein, habe aber vorläufig nur 13 bekommen. Es war  das  Messer dabei, dann 2 Päckchen Käse, 1 Speck, das übrige Brot und Mohnstrudel. Ich habe natürlich gleich ordentlich gegessen. Vielen Dank dafür. Habt Ihr die Bilder beim letzten Brief bekommen? Seit der Besichtigung geht es uns jetzt sehr gut. Wir leben wie die Kaiser. Vormittag haben wir erst um 6 Uhr Wecken und um 5 Uhr nachmittags haben wir schon wieder Dienstschluss. Es wird aber nicht lange so dauern, wir werden wahrscheinlich in kürzester Zeit von hier wegkommen. In wenigen Tagen sollen hier schon wieder neue Rekruten herkommen.

Was gibt es bei Euch Neues? Was ist mit der Ernte und wie sind die Weingärten Heuer? Hier ist das Getreide schon bald reif und sehr schön. Hoffentlich fällt es zu Hause auch gut aus.

Vielen Dank für die Päckchen und herzliche Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 20

3.7. 42.

Liebe Eltern!

Ich habe heute abends und Morgen Wache und da habe ich jetzt ein wenig Zeit, um Euch zu schreiben. Gestern und vorgestern habe ich die zwei Nachzüglerpäckchen bekommen mit 1 Speck und 1 Mohnstrudel sowie den Brief Nr 14 habe ich gestern bekommen. Es freut mich, dass Ihr mir so fleißig schreibt. Ich schicke Euch heute wieder 4 Bilder mit Kameraden aus meiner Gruppe. Auch Weidinger ist wieder drauf. Dass es uns jetzt so gut geht, habe ich Euch ja im letzten Brief schon geschrieben. Wenn wir mehr zum Essen hätten, wäre es hier bestimmt gut zum Aushalten Es wird aber jetzt schon mit den Versetzungen begonnen. Morgen fährt der erste Trupp mit 20 Mann nach Nordfinnland ab. Ich bin aber vorläufig noch nirgends eingeteilt. Dass Herr Kohoutek abgerüstet hat, das hat mich sehr überrascht. Er wird sich wohl sehr freuen darüber. Er ist ja sowieso schon wieder lange beim „Barras“. Auch bei mir ist es schon wieder 3 Monate her. Die Zeit vergeht so schnell, dass man es fast gar nicht recht glauben kann. Noch einmal so lange und ich komme vielleicht schon im Urlaub, aber daran kann man noch nicht denken. Das eine weiß ich aber, wenn ich nach Hause komm dann friß ich mich so an, bis mir fast der Bauch zerspringt. Ihr dürft aber deshalb nicht glauben, dass wir hier verhungern. Jetzt geht es sich schon wieder ganz schön aus. Wir verstehen es jetzt auch schon uns nebenbei noch etwas zu verschaffen. Gestern habe ich mir etwas ganz besonders Gutes gemacht, einen Erdäpfelsterz. Aus der Küche habe ich mir einige Kartoffel organisiert, dann hab ich im Kochgeschirrdeckel einen Zwiebel geröstet, schön goldbraun. Schmalz habe ich noch ein wenig im Einsiedeglas, das mir Mutter mitgegeben hat und den Zwiebel habe ich von einem Kameraden bekommen. Ein Ausbildner auf unserer Stube hat einen kleinen elektrischen Kocher, auf dem habe ich dann meinen Sterz ordentlich durchgeröstet. Das war dann ein Fressen, wie zu Hause. Da habe ich einmal in Ruhe und mit Appetit gegessen.

Wenn Ihr mir wieder Päckchen schickt, dann schickt mir bitte ein Schachterl Schuhpasta und auch ein Anstreichbürstel mit. Bei uns hier bekommt man nämlich sehr schlechte Schuhpasta, welche gar nicht glänzt und da lässt sich das Lederzeug so schwer in Ordnung bringen. Ich habe aber vorläufig noch fast die vorige Schachtel ganz voll, also ist nicht sehr dringend. Und auch Rasierklingen bitte.

Viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 21

Mittelfrankreich 8. 7. 42.

Meine lieben Eltern und Brüder!

Viele Grüße und vielen Dank wieder für die Päckchen, Briefe und Zeitungen. Vorgestern habe ich 16 Päckchen mit Speck, Käse, Brot und Rebeltorte (war sehr gut) bekommen und 2 Briefe, davon einer vom Vater, welcher mich sehr freute und das Geld. Das Geld war richtig so, ich werde  es sehr gut brauchen können. Ihr dürft mir aber nicht viel davon schicken, weil Ihr es ja sowieso braucht.

Ich bin jetzt hier in der Schreibstube beschäftigt und habe den Feldpostverkehr in unserer Kompanie zu bearbeiten. Es ist ein sehr ruhiges Geschäft, Dienst brauche ich sonst keinen mitmachen, aber es gefällt mir gar nicht. Versetzt werde ich leider nicht. Ich muss auch beim Rekrutenlehrgang, der nach uns kommt, als  Stammpersonal, oder vielleicht noch länger, hierbleiben. Mit den Versetzungen geht es jetzt sehr rapid. In einigen Tagen ist außer dem Stammpersonal niemand mehr hier. Weidinger Franz kommt wahrscheinlich auch nicht weg.

Habt Ihr den Brief Nr. 15 mit den Bildern bekommen? Wie gefallen sie Euch?

Viele, viele Grüße Euer Franz.

Entschuldigt diese Patzerei.

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Brief Nr. 22

13.7. 42.

Liebe, liebe Eltern!

Vorgestern habe ich mit dem Päckchenempfang Rekord gemacht. Habe gleich 22 Stück auf einmal bekommen. Ihr könnt Euch vorstellen, Wie ich mich da gefreut habe. Die Wuchteln waren noch sehr gut, aber der Mohnstrudel war teilweise schon schlecht. Ich musste einige Stücke davon wegwerfen, der Mohn war schon stark schimmelig. Das Übrige war alles gut und in Ordnung. Ich danke Euch vielmals dafür. Dir leeren Feldpostschachterln schicke ich wieder zurück, damit Ihr nicht zu viel neue kaufen braucht. Gestern habe ich zwei Briefe erhalten. Einen mit Nr. 18 und den andern mit 11 RM. Geld habe ich jetzt genug. Wir haben unser ganzes Geld herausbekommen. Ich habe schon 2600 Fr., das sind 130 RM, beisammen. Wir können aber vorläufig nichts kaufen, weil wir keinen Ausgang haben. Bei uns wird überhaupt damit sehr gespart. Ich bin seit dem Pfingstausgang noch nicht wieder hinausgekommen. Wenn die neuen Rekruten kommen, sollen wir dann jeden zweiten Tag abends Ausgang bekommen, ich bin schon neugierig.

Liebe Mutter, Reisbürste kann ich Dir leider noch nicht kaufen. Erst wenn wir ausgehen können, werde ich Dir gleich eine in der Stadt besorgen. Man bekommt aber auch hier keine guten Sachen mehr. Wie es mit mir steht, wisst Ihr ja von meinem letzten Brief. Sonst gibt es über uns nicht viel zu schreiben. Uns ginge es jetzt ja ganz gut. Die Versetzten sind alle weg. Unser Lager schaut wie ausgestorben aus. Was gibt es zu Hause alles Neues? Schreibt mir recht viel. Mich interessiert immer, wie es mit den Äckern, Wiesen und allem anderen steht.

Viele, viele Grüße liebe Eltern und Brüder Euer Franz.

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Brief Nr. 23#

18.7. 42.

Liebe Mutter, lieber Vater!

Vor allem viele herzliche Grüße und Dank für die Sachen, die ich seit meinem letzten Schreiben erhalten habe. Ich muss erst alles aufzählen. Vor vier Tagen habe ich 7 Päckchen Rebeltorte bekommen. Das war ein Freudenfest. Es war sehr gut erhalten und hat noch ganz frisch geschmeckt. Es war eine wunderbare Zuspeise zum Schwarzen, dass ich mich wie zu Hause am Kirtag gefühlt habe. Dann habe ich gestern 5 Stück mit Käse, Zuckerln und Krapferln bekommen. Es war eine willkommene Nascherei. Vorgestern bekam ich auch den Brief vom Vater. Ich bin sehr erstaunt über die Neustifter Neuigkeiten. Heute wurde ich gleich mit 2 besonderen Briefen überrascht. Einer vom Otto mit den 2 Bildern. Diese haben mich wohl am meisten gefreut. Ich habe sie gar nicht genug anschauen können. Im anderen waren wieder 11 RM drinnen. Also das war das letzte Mal, dass Ihr mir Geld schickt. Ich habe jetzt schon so viel, dass ich nicht weiß, was ich damit anfangen soll. Kaufen können wir uns nicht viel, weil wir noch keinen Ausgang haben. Und Ihr braucht ja das Geld viel notwendiger. Nochmals vielen Dank für die Sachen, die Ihr mir geschickt habt. Ja, noch etwas. Gestern und heute habe ich zusammen noch 3 illustrierte Zeitungen bekommen. Also Dank für alles.

Es ist jetzt Samstag halb zwölf Uhr nachts. Da staunt Ihr, weil ich so spät schreibe. Ich bin nämlich heute „Schreiber vom Dienst“, das ist ein sehr lästiges Geschäft, da muss ich die die ganze Nacht auf der Schreibstube sein, um wichtige Sachen oder Telefongespräche aufzunehmen. Es hat nur einen Vorteil, dass man die ganze Nacht Zeit zum ungestörten Briefschreiben hat.

Heute war auch ein besonderer Gedenktag. Heute ist Samstag, der 18. Genau vor 3 Monaten, am Samstag den 18. April um 15 Uhr sind wir hier angekommen und stellt Euch vor, heute um 15 Uhr sind die neuen Rekruten gekommen. Genau nach 3 Monaten. Die haben vielleicht Augen gemacht, als sie das alles gesehen haben. Aber was die erleben werden in der nächsten Zeit. Wir haben, Gott sei Dank. diese Sachen schon hinter uns. Wir leben fast wie die Kaiser hier.

Viele, viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 24

Frankreich, 18. Juli 42.

Lieber Otto und Rudi!

Ich möchte heute einmal einen Brief nur für Euch schreiben. Zuerst bedanke ich mich für Eure Bilder, die ich heute abends bekommen habe. Diese 2 Fotos haben mich besonders gefreut. Ich habe sie gleich an meiner Spindtür angemacht. Von Vater und Mutter möchte ich  halt auch gern welche haben. Bei Dir, lieber Otto, bedanke ich mich ganz besonders für Dein fleißiges Briefschreiben. Lass nur gut sein, ich werde Dir das schon einmal irgendwie gutmachen.

Nun was ist mit Euch und den Neustifter Buben los? Ich bin ganz erstaunt über Eure Fußballspiele. Ihr zieht die Sache ja ganz groß auf. Was ist mit der HJ, wer führt denn jetzt die Kameradschaft, wenn der Lutzmayer nicht mehr hier ist und was ist in Kirchberg mit der Gef.? Was macht der Walzer Franz immer, hat er schon einen neuen Spezi? Schreibt mir einmal über diese Kleinigkeiten etwas, diese interessieren mich nämlich am meisten.

Bei uns gibt es nichts Besonderes. Heute nachmittags ist ein Teil von den neuen Rekruten gekommen. Da geht dann der Betrieb bald wieder im vollen Umfang los. Wir hätten uns jetzt schon an etwas Leichteres gewöhnt. Aber uns kanns nicht mehr viel machen, wir sind ja schon sogenannte Stammflieger, also auch schon Vorgesetzte der Rekruten.

Für heute muss ich Schluss machen, den Eltern muss  ich auch  noch schreiben.

Gruß. Franz.

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Brief Nr. 25

24.7. 42.

Meine Lieben!

Viele, viele Grüße und vielen Dank am Anfange wie immer. Ich habe seit  meinem letzten Schreiben schon wieder eine Unmenge Päckchen, Briefe und Zeitungen bekommen. Päckchen habe ich heute die Sendung mit Käse und Nuss-Strudel und vorgestern die mit Speck und Brot erhalten. Es war noch alles im besten Zustand. Briefe habe ich in der letzten Zeit besonders viel von Euch bekommen (auch den mit den Fotos). Ihr seid mir mit den Nummern schon weit voraus. Ich werde jetzt versuchen, Euch wieder einzuholen.

In den letzten Tagen konnte ich Euch leider aus Zeitmangel nicht schreiben. Bei uns war nämlich ein besonderer Vorfall und da hat sich jetzt sehr viel geändert. Auch bei mir. Ich bin vorläufig von der Post weggekommen und bin jetzt hier in die Fernsprechvermittlung kommandiert worden. Hier gefällt es mir sehr gut. Das ist ein Geschäft nach meinem Wunsch. Hoffentlich kann ich hierbleiben. Gleichzeitig lerne ich hier auch das Ver- und Entschlüsseln von Geheimtext, eine sehr interessante Arbeit. Heute habe ich Nachtdienst hier in der Vermittlung. Ich kann aber fast die ganze Nacht schlafen nur die Uniform muss ich dabei anhaben.

Wie ist es zu Hause? Das freut mich, dass die Ernte heuer so schön ausfällt. Auch hier stehen schon Mandl, genau so wie daheim.

Ich schicke Euch hier die Marke für das Kilopaket für Monat Juli. Ihr wisst ja schon davon. Lebensmittel sollen nicht geschickt werden. Aber das ist ja gerade das Wichtigste. Also schickt mir nur ruhig

Nun Schluss für heute.

Herzliche Grüße. Franz.

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Brief Nr. 26

31.7. 42.

Liebe Eltern und Brüder!

Vielen Dank für die Päckchen. Ich habe in den letzten Tagen schon wieder eine Menge bekommen und zwar Würsteln, Brot, Käse, Schuhpasta, Rasierklingen, Brausepulver usw. Mit dem Brausepulver muss ich Euch leider etwas schreiben. In diesem gesegneten Land haben wir nämlich kein Trinkwasser. Das Wasser, das wir hier haben soll angeblich verseucht sein und darf nicht getrunken werden. Ihr könnt Euch vorstellen, was das für mich bedeutet hat, als ich herkam, wo ich doch immer fast nur vom Wasser und Schmalzbrot gelebt habe. Jetzt habe ich mich aber schon so an den Schwarzen gewöhnt, dass ich auch ohne Wasser gut auskomme. Nur hie und da, wenn es sehr heiße Tage gibt, da holen wir uns ein Kochgeschirr voll Wasser und da ist das Brausepulver gerade recht dazu. Manchmal bekommen wir auch Mineralwasser in Flaschen, das sogenannte Vichy-Wasser zum Trinken. Das ist aber meistens warm und hat einen Geschmack wie Sifon und wird nicht besonders gern getrunken.

Vorgestern habe ich auch einmal ein kleines Päckchen wegschicken können. Habt Ihr es schon Bekommen? Es ist nicht viel. Ein wenig zum Naschen von unserer Kantine und für Vater einige Zigaretten. Wir haben noch immer keinen Ausgang, dass ich Euch einmal etwas Ordentliches kaufen und schicken könnte. Jetzt haben wir schon wieder sehr strengen Dienst bekommen. Um 4.30 Uhr haben wir jetzt täglich Wecken und um 5.00 beginnt schon der Dienst. Mir selbst geht es noch ganz gut. Ich bin jetzt in der Telefonvermittlung, wie ich Euch ja schon geschrieben habe, und da wirkt sich dieser scharfe Dienst nicht so aus.

Im letzten Brief habe ich die Marken für das Kilopaket mitgeschickt. Habt Ihrs schon bekommen?

Für heute wieder Schluss.

Viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 27

6.8. 42.

Meine lieben Eltern!

Am Anfange viele Grüße und vielen Dank für die Sachen, die Ihr mir wieder geschickt habt. In der letzten Zeit habe ich fast täglich einige Päckchen bekommen, Wuchteln, Käse und diese Tortenstücke sowie auch wieder Briefe und Zeitungen. Ihr könnt Euch denken, wie ich mich immer auf diese Sachen freue. Besonders neugierig bin ich schon auf das Kilopaket.

Heute habe ich meinen ersten dienstfreien Tag. Wir bekommen jetzt wöchentlich einen Tag frei. Die Vermittlung, bei der ich jetzt Dienst mache, gehört nämlich zum Bataillonsstab. Da sind die Verhältnisse etwas besser, als in der Kompanie. Nachmittags fahre ich dann in die Stadt. Meine Armbanduhr habe ich beim Uhrmacher, die muss ich mir holen. Bei dieser Gelegenheit werde ich auch gleich Sachen kaufen, die Ihr zu Hause notwendig brauchen könnt. Soweit man halt noch etwas Ordentliches bekommt.

Sonst gibt es bei uns jetzt keine besonderen Neuigkeiten, nur dass der Dienst jetzt wieder sehr scharf ist. Ich selbst bekomme ja dabei nicht viel zu spüren, aber in unserer Kompanie hat sich in den letzten Tagen schon sehr viel getan. An einem Tag mussten gleich 3 Mann von unserer Kompanie vom Platz weg in die Heilstube gebracht werden, davon war einer einen halben Tag bewusstlos. Ein vierter bekam abends einen Nervenzusammenbruch, wurde dann tollwütig und musste mitten in der Nacht mit der Zwangsjacke im Auto nach Orleans gebracht werden. In einer Nachbarkompanie ging in der Nacht einer mit geladenem Gewehr durch und konnte bis jetzt noch nicht festgestellt werden. In einer anderen Kompanie hatten wir sogar einen Selbstmörder. Also Ihr könnt daraus sehen, dass es ganz schön bei uns zugeht. Mir macht das aber nichts aus. Ich leide nicht viel darunter. Zurzeit geht es mir sogar sehr gut.

Für heute wieder Schluss.

Viele grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 28

10.8. 42.

Liebe Eltern und Brüder!

Zuerst viele, viele Grüße. Habe gestern das Kilopaket bekommen. Könnt Euch denken, wie ich mich gefreut habe. Ihr hättet mir gar nichts Besseres schicken können. Die Krapferl und besonders die Rebeltorte waren wunderbar. Ich habe mir alles gleich gut schmecken lassen. Es war  noch alles wie frisch gebacken. Auch andere Sachen (Päckchen, Briefe, Zeitungen) hab ich in den letzten Tagen wieder erhalten. Ich möchte mich hier für all das bedanken, besonders bei Dir, liebe Mutter, für die Päckchen und bei Otto für die Briefe. Also recht herzlichen Dank.

In Eurem letzten Brief habt Ihr wegen den Turnschuhen geschrieben. Es ist vorläufig nicht notwendig, dass Ihr welche machen lässt. Vielleicht bekomme ich hier welche zu kaufen und zweitens brauche ich sie nicht so dringend.

Bei uns hier gibt es nichts Neues. Im letzten Brief habe ich Euch geschrieben, dass ich Ausgang habe. Es ist aber leider wieder nichts daraus geworden. Dafür gehe ich diese Woche bestimmt aus.

Also für heute muss ich leider schon Schluss machen. Euer Franz.

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Brief Nr. 29

14.8. 42.

Liebe Eltern!

Habe heute wieder gleich 9 Päckchen auf einmal bekommen und zwar Wuchteln mit Ribiselmarmelade und Rosinenstrudel. Ich habe mich natürlich wieder sehr über diese Sachen gefreut. Es war noch alles in sehr gutem Zustand. Am besten bis jetzt war noch die Rebeltorte aus dem Kilopaket. Heute Morgen haben wir das erste Mal einen weißen Kaffee bekommen, da schmecken die Wuchteln und der Strudel wunderbar dazu.

Ich bin jetzt in eine neue Stube umgezogen. Es ist sehr schön hier. Wir haben Radio und Wasserleitung. Diese Stube ist nicht mehr in einer Holzbarake, sondern in einem Steinbau. Auch sind uns nicht so viel hier, als in der Rekrutenzeit. In der jetzigen Stube sind wir 8 Mann, da lässt es sich schön und ruhig leben.

Neues gibt es nichts sonst.

Dann möchte ich Euch bitten, dass Ihr mir meine Englisch- und Stenografiebücher schickt. Das sind zwei Englischbücher und ein dickes und zwei dünne Stenobücher. Die dünnen könnt Ihr in der Mitte zusammenbiegen und mit einer Schleife wie eine Zeitschrift schicken. Die dicken Bücher einzeln einmachen und wie einen Brief aufgeben. Wenn sie auf der Post nicht angenommen werden, dann lasst es ruhig. Ich brauche sie nicht so notwendig. Heute habe ich Euch einige Briefumschläge geschickt, damit Ihr mir wieder fest schreiben könnt.

Viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 30

20.8. 42.

Meine lieben Eltern!

Vor allem viele Grüße. Habe heute wieder 14 Päckchen mit Biskuit, Strudel und Wuchtel und vor einigen Tagen Päckchen mit Brot und Käse bekommen. Es war alles sehr gut. Mit dem Essen geht es mir jetzt schon ganz gut. Brot braucht Ihr mir keines mehr schicken. Ich komme mit der Verpflegung ganz schön aus. Letzten Sonntag habe ich mit einem Kameraden, welcher fast perfekt französisch spricht, gehamstert. Wir hatten ganz schönen Erfolg. Den ganzen Sonntag sind wir umherzigeunert und waren dabei bei fast 20 Bauern. Die Leute haben aber selbst nichts. Bei einem bekamen wir 4 kg Pfirsiche und 2 kg Äpfel. Bei anderen wieder Zwiebel, Kartoffel, Paradeiser, usw. In 2 Wochen bekommen wir sogar einige Kaninchen. Die Bauern sind hier genauso wie bei uns daheim. Auch so arme Schlucker. Aber mich hat gewundert, dass sie so freundlich und so liebenswürdig sind. In einem Haus war der Mann der Bruder und der Schwager von der Frau noch in Gefangenschaft. Sie war aber trotzdem sehr nett und hat uns sogar einen Brief von ihrem Mann gezeigt. Auch in unserer Kantine bekommen wir öfters etwas. In letzter Zeit konnten wir dort Pfirsiche, Birnen und auch Weintrauben kaufen. Diese Woche gab es für jeden einen halben Kilo Kunsthonig. Also Ihr seht, dass ich keinen Hunger leiden brauche.

Habt Ihr gestern die Sondermeldung vom Landungsversuch gehört? Das war eine ganz große Sache. Wir wussten schon morgens, dass etwas nicht in Ordnung sei. Aber was eigentlich los ist, war uns nicht bekannt. Wir waren feldmarschmäßig hergerichtet und es hätte nicht mehr viel gefehlt und wir wären von hier weggefahren. Ihr könnt Euch vorstellen, wie wir alle Feuer und Flamme waren. Leider wurde dann abends wieder alles abgeblasen und  durch die Sondermeldung erfuhren wir erst, was eigentlich los war.

Gerade habe ich die Päckchenmarke bekommen. Ich schicke sie Euch gleich mit. Schickt mir halt bitte wieder etwas Gutes und für heute Schluss.

Viele, viele Grüße Euer Franz.

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Brief Nr. 31

28.8. 42.

Liebe Eltern und Brüder!

Habe schon wieder sehr viele Päckchen bekommen mit Brot, Käse und Rebeltorte und die Briefe von Vater und Otto. Also recht vielen Dank dafür. Brot braucht Ihr mir jetzt keines mehr schicken, ich komme schon spielend leicht mit meinem Verpflegungsbrot aus. In unserer Kantine bekommen wir seit einiger Zeit sehr viel Obst zu kaufen, vor allem Weintrauben. Auch von auswärts kann ich mir Sachen zulegen, so dass mir nichts mehr zum Essen fehlt. Ich glaube sogar, dass ich schon bei 5 kg zugenommen habe. Ihr würdet staunen, wie gut ich ausschaue. Vielleicht kann ich mich schon in 2 Monaten bei Euch sehen lassen. Jetzt wird es schon wieder 5 Monate, dass ich eingerückt bin. Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. Überhaupt jetzt, eo es mir so gut geht, da merkt man’s gar nicht. Augenblicklich sitze ich in der Vermittlung und höre  eine Sendung für die Wehrmacht vom Sender Afrika. Es ist jetzt abends und da ist nicht viel Betrieb hier, da kann ich nebenbei noch diesen Brief schreiben. Jetzt will ich Euch noch schnell erzählen, wie es hier bei mir ausschaut. Die Vermittlung hier ist ein Betonbunker. Von Außen sieht man nur einen großen Erdhaufen, aber innen  ist er schön ausgebaut mit 3 kleinen Räumen. Die Mauern sind sehr dick und aus Beton. Der Eingang und 2 Fenster sind durch schwere Stahltüren abschließbar. Und wenn man beim Fenster rausschaut, so sieht man sonst nichts, als eine große, stark beschädigte Halle.

Ja und jetzt wieder Schluss für heute.

Viele Grüße Franz.

Grüße für die Großeltern.

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Brief Nr. 32

Paris, 7. 9. 42.

Meine lieben Eltern und Brüder!

Vorerst einmal vielen Dank für den Brief Nr. 32, wo mir Otto so schön von der Musterung erzählt und für die vielen Päckchen, die ich in letzter Zeit bekommen habe. Ich will Euch hier nochmals schreiben, dass Ihr mir nicht mehr so viel Päckchen schicken sollt, vor allem kein Brot mehr. Ich habe so viel zum Essen, dass ich wunderbar auskomme. Nur wenn Ihr zu Mittag Mehlspeise habt, dann schickt mir bitte ein wenig zum Naschen. Ja und die Bücher habe ich auch alle vollzählig erhalten. Also nochmals vielen Dank für alles. Und jetzt kommt das Wichtigste. Ich schreibe Euch diesen Brief direkt aus Paris. Ja wirklich aus Paris. Ich habe es auch fast nicht glauben können. Sonntags Morgen um 4 Uhr sind wir, ein Unteroffizier, 2 Kameraden und ich von unserem Lager weggefahren und sind um 9 Uhr vormittags eingetroffen. Von Orleans bis hierher nach Paris sind wir in einem Expresszug 2. Klasse gefahren. Wir sind hier auf einen dreitägigen Lehrgang. Den ganzen Sonntag haben wir uns dann die Stadt angesehen. Es war wunderbar.

Ich muss schon wieder Schluss machen. Heute sind es gerade 5 Monate.

Nächstes Mal weiter.

Gruß Franz.

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Brief Nr. 33

19.9. 42.

Meine lieben, lieben Eltern!

Entschuldigt bitte, dass ich so wenig schreibe, aber bei uns hier überstürzen sich die Ereignisse, so dass ich erst heute wieder dazukomme. Zuerst einmal vielen Dank für die Päckchen, Briefe, Zeitungen. Das Kilopaket war wieder sehr gut und noch ganz in Ordnung. Habt Ihr meinen Brief aus Paris bekommen? Ich war dort vom Sonntag bis Freitag auf einen Lehrgang. In der Freizeit habe ich gründlich die Stadt kennen gelernt. Es hat mir sehr gut gefallen dort, nur wirkte sich die Sache verflucht auf die Brieftasche aus. Ich will Euch kurz erzählen, wie es in Paris war. Wir waren ein Unteroffizier, 2 Kameraden und Ich. Am Sonntag, den 6. 9. um 4 Uhr früh fuhren wir von unserem Lager weg und kamen schon um 9 Uhr vormittags an. Wir benützten dabei von Orleans bis Paris einen Expresszug 2. Klasse. Zuerst besuchten wir ein  Soldatenkaffee und erholten uns etwas von der Fahrt, anschließend ging’s zum Mittagessen und nachmittags besuchten wir die bekanntesten Sehenswürdigkeiten. Leider mussten wir uns schon um 8 Uhr abends bei unserer neuen Dienststelle melden, so dass wir nachts nicht in der Stadt sein konnten. Nächsten Tag, also Montag, durften wir schon wieder ab 6 Uhr abends in die Stadt fahren. Unser Standort lag nämlich am Rande derselben, aber mit der Schnellbahn brauchten wir nur 15 Min. bis zum Zentrum des Pariser Lebens. Am Wichtigsten war für uns das Essen, das dort sehr gut und viel ist. So gingen wir auch montags zuerst in eines der vielen Soldatenheime, welche so gemütlich und wunderbar ausgestattet sind und schmiedeten dort unsere Pläne für das heutige Unternehmen. Wir nahmen uns vor heute etwas sparsamer zu sein und nur den billigen Lunapark zu besuchen. Der Lunapark kann mit unserem Wiener Prater verglichen werden nur ist alles viel einfacher eingerichtet. In den nächsten Abenden suchten wir die heimlichen Plätzchen auf, aber darüber gibt es nicht viel zu schreiben. Bemerkenswert ist noch, dass wir die letzte Nacht in einem Hotel ein Zimmer zugewiesen bekamen und dort wunderbar geschlafen haben. Freitag abends um 6 Uhr ging es wieder von Paris ab. Es war sehr schön, hat mir aber auch sehr viel Geld gekostet.

Und jetzt will ich Euch noch schreiben, dass Ihr mir keine Päckchen, Briefe überhaupt keine Post schicken sollt, bis Ihr nicht wieder etwas von mir hört.

Bis zum nächsten Mal viele, viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 34

Praschnitz, 12. 10. 42.

Meine lieben Eltern!

Endlich habe ich einmal Gelegenheit Euch zu schreiben. Zuerst viele herzliche Grüße, es geht mir hier ganz gut. Weidinger Franz ist auch bei mir. Habt Ihr meine Karte mit der Feldpostnummer bekommen? Es ist eine kleine Änderung, meine Anschrift heißt jetzt L 50965 d Luftgaupostamt Königsberg. Ich werde Euch kurz erzählen, wie es hier bei uns ist.

Am 24. Sept. fuhren wir von Frankreich ab. Es ging quer durch Mitteldeutschland, über Thorn durchs Wartheland und kamen nach einer 4 tägigen Fahrt hier an. Unser nächster Bahnhof heißt Mielau (Mlawa), gehörte früher zu Polen und ist jetzt  an Ostpreußen angeschlossen. Die Bevölkerung besteht fast nur aus Polen und Juden. Wir liegen hier auf einem großen Truppenübungsplatz von 60 km Länge und 40 km Breite, 5 km von der Stadt Praschnitz entfernt. Wir machen hier Ausbildung, die wir dann für Russland notwendig brauchen. Das Essen ist ganz gut. Wir bekommen täglich nur Eintopf und kalte Abendverpflegung. Die erste Zeit hatte ich Hunger, aber jetzt habe ich mich schon daran gewöhnt. Gestern habe ich 2 Päckchen aus Frankreich nachbekommen. Es hat mich sehr gefreut, da ich ja schon 3 Wochen keine Post bekommen habe. In einigen Tagen werdet Ihr meinen Koffer bekommen. Die Sachen, die wir nicht unbedingt brauchen, mussten wir nämlich nach Hause schicken. Wir dürfen nur mit dem Rucksack an die Front und der ist durch die viele Winterbekleidung, die wir empfangen haben, ohnehin so schwer, dass man ihn fast nicht ertragen kann. Den Kofferschlüssel schicke ich mit diesem Brief hier. Auch eine Päckchenmarke lege ich bei. Eine kleine Zubesserung könnte ich hier gut brauchen, es ist hier keine Gelegenheit, dass man zur Verpflegung etwas dazuorganisieren könnte. Mit Urlaub ist es natürlich jetzt vorbei. Wären wir noch in Frankreich geblieben, so hätte ich diesen Monat noch fahren können. Ich wäre gerne wieder auf kurze Zeit zu Hause gewesen. Was gibt es daheim alles? Wenn man so lange keine Post bekommt, da kann man gar nichts mehr erwarten. Wie war die Ernte und Weinlese, ist jetzt die Presse schon endgültig fertig? Das Geld, das Ihr mir nach Frankreich nachgeschickt habt, habe ich noch nicht bekommen.

Also für heute werde ich wieder Schluss machen. Die Mutter soll sich nicht recht kränken. Es ist ja nicht so arg. Vorläufig geht es uns ja noch sehr gut.

Viele Grüße und Küsse  Euer Franz.

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Brief Nr. 35

Praschnitz, 18. 10. 42.

Meine lieben, lieben Eltern!

Es ist heute Sonntag und da habe ich endlich wieder Zeit Euch zu schreiben. Gestern habe ich den ersten Brief an meine neue Feldpostnummer bekommen. Ich war gleich ganz weg, als ich ihn gelesen habe. Die arme Mutter! Die ganze Nacht konnte ich nicht schlafen. Ich kann es fast gar nicht glauben, dass der Rudi auch von zu Hause fort ist, aber heute mittags habe ich von ihm bereits einen Brief bekommen. Und die Mutter ist auch noch krank gewesen. Ich kann mir vorstellen, dass Euch das zu Herzen gegangen ist. Mir ist es auch nicht alles eins. Die Weinlese ist auch so  schlecht ausgefallen. Das war der traurigste Brief, den ich je bekommen habe. Die Mutter muss sich jetzt auf alle Fälle so schonen, dass sie wieder ganz, aber ganz, gesund wird. Wenn Rudi und ich wieder einmal zurückkommen, dann wollen wir eine gesunde Mutter haben, die wieder für uns da ist. Ich konnte in letzter Zeit etwas Geld zusammensparen, das schicke ich Euch bei Gelegenheit nach Hause, so dass es an Geld nicht mehr mangeln darf. Auch Vater und Otto dürfen sich nicht überanstrengen. Wenn Ihr jemanden zum Arbeiten bekommt, nehmt sie, auch wenn Ihr sie dreifach überzahlen müsst. Wenn Ihr aber mit der Arbeit wirklich nicht nachkommt, dann lasst sie ruhig liegen. Es wird schon wieder anders werden. Aber vor allem müsst Ihr gesund bleiben. Mutter darf sich nicht kränken, Rudi ist ein aufgeweckter Junge, er wird sich seine Sache schon so leicht wie möglich machen, die erste Zeit wird es ihm etwas schwer fallen. Und wegen mir dürft Ihr Euch schon gar nichts antun. ich werde schon gut durchkommen. Jetzt sind wir auf einem Truppenübungsplatz, wo wir für den Osten vorbereitet werden. Augenblicklich haben wir sehr viel Dienst. Ihr könnt Euch ja vorstellen, dass es jetzt noch sehr viel zu lernen gibt. Ich bin zu einem schweren Maschinengewehr zugeteilt. Gestern hatten wir wieder einen schweren Tag. Zuerst Nachtübung und am Morgen einen 30 km Marsch. Wir sind jetzt Luftwaffenjäger geworden mit grünen Spiegeln und grüner Hose, wenn Otto schon solche gesehen hat, so ähnlich wie Fallschirmjäger. Eingesetzt werden wir südlich des Ilmensee. Dann will ich Euch noch schreiben, dass Ihr mir keine Päckchen mehr schicken braucht. Überhaupt dürft Ihr Euch wegen mir keine Arbeit mehr machen. Schickt dafür dem Rudi etwas mehr zum Essen, er wird es notwendig brauchen. Ich habe mich schon an den Kommisfrass gewöhnt. Ich habe heute wieder eine Päckchenmarke beigelegt, wenn Ihr sie für Rudi brauchen könnt, dann schickt natürlich Ihm das Paket. In einigen Tagen bekomme ich wieder eine Marke, das schickt dann auch ihm. Ich brauch jetzt nichts, überhaupt wo Ihr Armen so viel Arbeit habt. Und wegen des Geldes braucht Ihr keine Sorgen haben. Wenn wir dann in einigen Tagen nach Russland abhauen, kann ich Euch monatlich 50 RM schicken. Wir bekommen dort sehr viel Sold. Lieber Vater, vor ein paar Tagen habe ich für Dich die Zigaretten abgesandt. Ich hoffe, dass Ihr sie schon bekommen habt. Wir bekommen jetzt täglich wieder  6 Stück, da kann ich Dir dann öfters welche schicken. Habt Ihr meinen Brief mit dem Kofferschlüssel bekommen? Und den Koffer auch schon? Die zwei Leintücher und die Decke konnte ich so nebenbei auftreiben, braucht Euch deshalb keine Vorwürfe machen. Vorgestern habe ich einen Brief und drei Päckchen von Frankreich nachbekommen, könnt Euch denken, wie  ich mich gefreut habe. Wenn es möglich ist, dann schreibt mir wieder öfters. Ich werde mich auch recht zusammennehmen. Die Neuigkeiten von Neustift haben mich sehr überrascht von Herrn Zimmermann und vom Zehetner Hansl. Dass gerade unser Rudi einrücken musste, geht mir nicht ein. Es sind doch noch mehr 25.er in Neustift. Was ist mit Walzer Alois und Franz? In Mainz, wo Rudi jetzt ist, sind wir bei der Herfahrt auch durchgefahren.

Ja und jetzt werde ich für heute wieder Schluss machen. Und denkt ein wenig darüber nach, was ich Euch wegen Gesundheit und Arbeit geschrieben habe. Es wird schon wieder alles gut werden.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 36

Praschnitz, 26. 10. 42.

Meine lieben Eltern!

Unsere Kompanie hat heute wieder einen Tagesmarsch und ich habe zufällig Wache hier im Lager, da bleibt mir endlich wieder ein wenig Zeit übrig, dass ich Euch schreiben kann. Vor allem hoffe ich, dass alles zu Hause gesund ist. Wie geht es jetzt der Mutter? Durch die viele Arbeit kann sie halt schwer richtig gesund werden. Gestern habe ich noch einen alten Brief aus Frankreich nachbekommen. Es hat mich natürlich wieder sehr gefreut, da ich in letzter Zeit sehr wenig Post bekomme. Habt Ihr die Sachen von mir schon alle bekommen? Koffer und die zwei Briefe mit Kofferschlüssel und Päckchenmarken? Was gibt es sonst zu Hause und in Neustift Neues? Hoffentlich keine solchen Neuigkeiten, wie ich sie im letzten Brief bekommen habe. Bei uns geht es jetzt so zu, wie beim Rudi, keinen Sonntag, nur Dienst und wieder Dienst. Ausmärsche, Gefechtschießen, Nachtübungen, so geht es bei uns immer zu und alle Tage draußen im Gelände bei diesem kalten, regnerischen Wetter. Wir machen uns aber nichts draus, wir haben uns schon sehr darin eingelebt. Jetzt sind wir ja schon wieder einen Monat hier am Übungsplatz, es dürfte aber bald weitergehen. Sonst gibt es nicht viel zu schreiben von uns. Gestern abends habe ich mir wieder einen Erdäpfelsterz gemacht. Man muss sich immer etwas zur Verpflegung dazuorganisieren, sonst ist man beim Kommis immer hungrig. Von der Feldküche habe ich mir ein paar Kartoffel genommen, die habe ich gekocht und dann mit der Verpflegungsbutter den Sterz geröstet. Abends wird auf den Stuben immer gekocht, geröstet und gebraten, was ein jeder auftreiben kann. Sonst ist das Essen sehr gut. Wir haben jetzt einen neuen Koch bekommen, der ist von Beruf aus schon Koch, der macht uns immer ein prima Essen zurecht, viel besser als in Frankreich. Aber für den scharfen Dienst ist es halt zu wenig. Ich komme aber immer ganz gut aus. In Russland, wurde uns gesagt, gibt es dann fast noch einmal so viel.

Also jetzt werde  ich für heute wieder Schluss machen. Schreibt mir bitte bald wieder.

Viele Grüße und Küsse Franz.

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Brief Nr. 37

Russland, 6. 11. 42.

Meine lieben, lieben Eltern!

Ihr werdet es ja schon vom Weidinger wissen, dass es jetzt mit uns etwas ernster gekommen ist. Zuerst möchte ich mich noch für das Kilopaket bedanken, welches mich gerade noch rechtzeitig in Praschnitz erreicht hat. Innerhalb weniger Stunden mussten wir von dort abfahren. Am 31. 10. ging es ab, am 1. (Allerheiligen) fuhren wir noch einmal durch echtes deutsches Gebiet, durch das schöne Ostpreußen. Dann ging es über Dünaburg und wurden in Newel ausgeladen. Jetzt befinden wir uns in der Nähe dieser Stadt in einem Russendorf. Die Zustände hier und die Eindrücke bis hierher lassen sich gar nicht beschreiben. Augenblicklich stehe ich beim offenen Herd und schreibe diesen Brief beim Licht des Feuers. Es ist hier schon um 4 Uhr stockfinster. Wir wohnen hier 6 Mann in einem Panjehaus mit 3 Russen. Weidinger Franz ist auch wieder bei mir. Heute war der erste Tag, wo es etwas kalt war, sonst geht es uns gut. Angst braucht Ihr keine um mich haben, es besteht keinerlei Gefahr. Zurückschreiben könnt Ihr noch nicht, da wir schon wieder keine Feldpostnummer haben. Die Nr. auf dem Umschlag dürft Ihr nicht schreiben, die gilt nur für die Post. Habt Ihr den Koffer schon bekommen? Wie geht es Euch und den armen Rudi? Ich muss jetzt Schluss machen. Ich kann beim besten Willen nichts mehr sehen. Wenn ich die neue Feldpostnummer habe, schreibe ich Euch sofort. Wir haben hier fast überhaupt keine Gelegenheit zum Schreiben. Den ganzen Tag haben wir zu tun und abends ist es immer finster.

Viele, viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 38

Russland, 15. 11. 42.

Meine lieben Eltern und lieber Otto! 

Soeben haben wir unsere Feldpostnummer bekommen. Sie heißt L 49142 a Luftgaupostamt Berlin. Gott sei Dank, dass wir wieder ordentlich schreiben können. Was mit uns los ist, habe ich Euch ja so im letzten Brief geschrieben. Habt Ihr ihn bekommen? Wir sind hier in der Nähe der Stadt Newel in einem Dorf einquartiert, sollen aber bald wieder wegkommen. Da wir nur auf die umliegenden Einheiten aufgeteilt werden, so werden wir nicht mehr weit von hier fortkommen, deshalb wurde uns auch erst die Feldpostnr. bekannt gegeben, weil wir früher nicht wussten, zu welcher Kompanie wir kommen. Weidinger Franz kommt auch wieder mit mir zusammen. Wir können uns gar nicht mehr auseinander denken. In den letzten Tagen ist es uns etwas dreckig gegangen. Bei Tag arbeiten und bei Nacht Wache stehen. Mit dem Wetter ist es vorläufig noch nicht so schlimm. Wir haben immer so zwischen 10 und 20° Kälte. Heute schneit es das erste Mal.

Wie ist es zu Hause? Hoffentlich ist alles gesund. Ich habe schon Angst, weil ich von Euch schon wieder so lange keine Post bekommen kann. Uns geht es ja im Ganzen und Großen noch gut, aber es ist ein gewaltiger Unterschied zwischen meiner früheren Soldatenzeit. Die Zustände hier sind nicht gerade angenehm. Ich habe mich schon eine ganze Woche nicht gewaschen und ein halbes Monat noch nicht ausgezogen. Wie wir aussehen, könnt Ihr Euch ja denken. Es wird aber noch viel schlechter werden. Das Essen und die Verpflegung ist augenblicklich nicht besonders. Aber in einigen Tagen, bis wir richtig aufgeteilt sind, soll es dann sehr gut werden.

Ich schicke jetzt immer in jedem Brief 10 Mark mit. Es ist nicht viel, aber Ihr werdet es schon brauchen können. Bei uns hier hat ja Geld überhaupt keinen Wert. Auch die Briefe werde ich wieder Nummerieren, damit Ihr wisst, wenn einer nicht ankommt.

Mein Geburtstag und die Weihnachten werden heuer etwas traurig ausfallen. Wir haben noch immer keine Päckchenmarken bekommen und ab 1. 12. werden ja auf der Post keine Pakete mehr angenommen. Wir sollen noch vom Oktober, November und Dezember die Marke bekommen, also 8 Stück und werden immer von einem Tag auf den anderen vertröstet bis es dann zu spät ist. Wenn es möglich ist, schickt mir halt einige 10 dkg Päckchen, damit wir etwas Weihnachten feiern können. Besonderen Wunsch habe ich keinen.

Für heute werde ich wieder Schluss machen. Ich werde Euch jetzt wieder öfters schreiben. Angst braucht Ihr keine um mich haben. Es ist hier nicht gefährlich.

Viele, viele Grüße und Küsse. Ich denke immer an zu Hause. Euer Franz.

Grüße an die Großeltern. Familien Weiß und Kohoutek.

Taschenlampenbatterien könnte ich gut brauchen.

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Brief Nr. 39

Russland, 15. 11. 42.

Liebe Eltern und Otto!

Habe heute Morgen den Brief Nr. 1 mit gewöhnlicher Feldpost abgeschickt. Ihr werdet ihn wahrscheinlich noch nicht bekommen haben, da dieser hier mit Flugpost und daher schneller gegangen ist.

Wir haben jetzt abends ganz überraschend die schon lang ersehnten Päckchenmarken bekommen. Dass sie noch rechtzeitig zu Hause ankommen, habe ich mich noch schnell hingesetzt, um diesen Brief zu schreiben. Es ist jetzt 7 Uhr abends. Die meisten Kameraden schreiben auch noch schnell wegen den Päckchen. Für gewöhnlich schläft schon alles um diese Zeit. Viel kann ich nicht schreiben, bei diesem Kerzenlicht tun einem bald die Augen weh. Es ist schrecklich. Heute hat es ein wenig geschneit und da ist es schon um 3 Uhr finster geworden. Wie es sonst bei uns ist, habe ich ja im Brief Nr. 1 geschrieben.

Und jetzt wegen den Päckchen. Wir haben jeder 8 Marken für Weihnachten bekommen, damit wir uns auch hier ein kleines Weihnachtsfest machen können. Auch 4 Luftpostmarken haben wir erhalten, dass der Briefverkehr etwas schneller geht, davon behalte ich mir 2 Stück und 2 schicke ich Euch. In diesem liegen 4 Päckchenmarken und 1 Luftpostmarke. Morgen oder in den nächsten Tagen schreibe ich einen Brief mit  gewöhnlicher Feldpost, in diesem gebe ich dann auch wieder dieselbe Anzahl von Marken. Schickt mir bitte einige Päckchen. Etwas Bäckerei oder sonst irgend etwas Weihnachtliches. Viel wird es ja zu Hause auch nicht geben. Und vor allem müsst Ihr ja auch an Rudi denken. Besonderen oder dringenden Wunsch habe ich ja keinen. Gut brauchen könnte ich, wenn es möglich ist, eine Taschenlampenbatterie, dann „Stitzerln“ oder Fäustlinge und besonders für den heiligen Abend eine schöne, neue Mundharmonika (Kann sehr teuer sein, am Geld soll es nicht liegen). Das sind alle meine Wünsche an das Christkindl, dass es sehr arm heuer ist, weiß ich. Leider kann ich Euch keine besondere Freude machen. Hier ist deutlich der Krieg zu sehen, da gibt’s nichts zu holen.

Aber ich glaube die größte Freude habt Ihr, wenn ich Euch recht oft schreibe und das werde ich auch machen.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

Die Luftpostmarken gelten nur für Briefe.

Meine Adresse: L 49142 a

Lgpa Berlin.

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Brief Nr. 40

Russland, 17. 11. 42.

Meine lieben Eltern und Otto!

Da ich nur ganz kurz Zeit habe, so will ich schnell diesen Brief schreiben. Im letzten Brief habe ich Euch geschrieben, dass wir aufgeteilt werden. Das ist bereits geschehen. Gestern abends sind wir in unserem neuen Stützpunkt eingezogen. Es ist aber sehr ruhig hier bei uns. Wir haben nichts zu befürchten. Weidinger Franz ist auch bei mir. Wir sind wieder in die  gleiche Gruppe gekommen.

Leider hat sich dabei unsere Feldpostnummer ein wenig geändert. Sie heißt nicht L 49142 a, sondern der Endbuchstabe heißt jetzt D, also L 49142 D, Lgpa Berlin. Wenn Ihr die Weihnachtspakete auf die alte Nummer schon abgeschickt habt, so kann man nichts machen. Ich bekomme sie halt um einige Tage später. Wenn sie noch nicht weggeschickt sind, dann bitte auf die neue Feldpostnummer. Otto soll bitte den Herrn Weidinger in Kirchberg über die Änderung Bescheid sagen, da Franz keine Luftpostmarken mehr hat, um auch schnell nach Haus zu schreiben. Gleichzeitig gebe ich auch die restlichen 4 Päckchenmarken und die Luftpostmarken bei. Ich kann es gar nicht mehr erwarten, bis ich wieder von daheim Post bekomme.

Für heute muss ich schließen.

Viele Grüße und Küsse Franz.

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Brief Nr. 41

Russland, 5. 12. 42.

Meine lieben Eltern und lieber Otto!

Nach 14 Tagen komme ich erst heute wieder dazu, Euch schnell einige Zeilen zu schreiben. Bei uns geht es jetzt etwas lebhafter zu, sodass uns überhaupt keine Zeit übrig bleibt, nach Hause zu schreiben. Ich will Euch nur kurz mitteilen, dass ich noch bei voller Gesundheit bin. Angst braucht Ihr um mich keine haben. Es besteht hier fast gar keine Gefahr. Post habe ich schon fast 2 Monate keine bekommen. Ich weiß gar nicht mehr, was zu Hause los ist. Habt Ihr von mir die vorausgegangenen 3 Briefe bekommen? Und das Geld? Ich schicke ab jetzt das Geld mit Postanweisung. In den Briefen könnte es verloren gehen.

Jetzt kommen bald die Feiertage. Wir werden wohl nichts Angenehmes dabei zu spüren bekommen. Heute ist Krampus. Bin neugierig, was er mir abends bringt. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich einmal eine Nacht durchschlafen könnte. So aber heißt es Nacht für Nacht draußen stehen und aufpassen, dass der Russe nicht zu nahe am Graben kommt. Mein Geburtstag und die Weihnachten werden heuer ja ganz dreckig werden. Hoffentlich bekomme ich bis zu der Zeit ein Päckchen oder etwas Briefpost. Ich kann es ja schon gar nicht mehr erwarten.

Was ist mit Rudi? Ich habe ihm auch noch nicht schreiben können. Der Arme kann heuer auch nicht zu Hause sein. Ihr dürft nicht zu traurig sein, wenn Ihr am heiligen Abend so allein seid. Wir sind ja mit den Gedanken immer daheim.

So, meine Zeit ist schon wieder  um. Ich muss jetzt wieder Schluss machen.

Solltet Ihr vor Weihnachten keine Post von mir mehr bekommen, so wünsche ich Euch hier recht frohe Weihnachten und ein glückliches Neujahr.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 42

Russland, 15. 12. 42.

Liebe Eltern und lieber Otto!

Wieder muss ich mir die Zeit stehlen, um Euch schnell einige Zeilen zu schreiben. Zuerst vielen Dank für das schönste Geburtstagsgeschenk meines Lebens, das ich vorgestern bekommen habe. Es war der erste Brief, den ich in Russland erhalten habe. Ich habe mich so gefreut, dass ich es gar nicht beschreiben kann. Ich habe fast 2 Monate keine Post bekommen, da kann man den ersten Brief schon gar nicht erwarten. Weidinger Franz bekam seinen ersten Brief schon einige Tage früher. Meiner hat, trotzdem dass er mit Luftpost ging, 13 Tage von Euch bis zu mir gebraucht.

Und nun über den Brief selbst. Besonders gefreut hat mich, dass Otto so viel geschrieben hat, der Brief ist mit Nr. 3 numeriert. Die vorhergehenden Nummern habe ich aber nicht bekommen. Habt Ihr von mir bis jetzt immer alle erhalten? Nun warte ich halt auf die Pakete. Ich bin schon sehr neugierig darauf. Habt Ihr alle acht abgeschickt? Ich kenne mich da nicht recht aus in dem Brief ob Ihr vier oder acht Pakete abgeschickt habt. Auf die Blunzen und Krameln freue  ich mich schon besonders. Es wäre zwar nicht notwendig gewesen, da wir ohnehin genug zu essen bekommen. Einen Weihnachtsbraten kann man aber trotzdem gut gebrauchen. Dass Rudi in Urlaub kommen wird, überrascht und freut mich sehr. Da werden die Weihnachten bei Euch zu Hause auch etwas schöner. Bei uns werden wir nichts davon merken. Man sagt uns immer, wegen Nachschubschwierigkeiten kann keine Aufbesserung zu den Feiertagen gemacht werden. Wir sind aber zufrieden, wenn uns der „Iwan“ an diesen Tagen in Ruhe lässt.

Das Wetter  ist bei uns grauenhaft. Seit drei Tagen taut es hier. Was es hier für einen Dreck gibt, kann man sich gar nicht vorstellen. Die ganzen Gräben sind voll Schlamm und Wasser. Wir sehen wie die Schweine aus, ganz verkommen und verdreckt. So wie wir nachts Wache stehen, mit Mantel und Stiefel, legen wir uns auf die Pritsche. Ansonst ist das Wetter annehmbar. Wir haben noch keine große Kälte gehabt.

Mit diesem Brief schicke ich Euch wieder 2 Luftpostmarken, damit Ihr mir recht fleißig schreiben könnt. Hoffentlich ändert sich unser Zustand hier bald ein wenig, dass ich auch mehr zum Schreiben komme. Bei einem der nächsten Päckchen schickt mir bitte das Armband von meiner Uhr  mit. Das Lederband ist mir schon abgerissen.

Nochmals vielen Dank für den Brief und im Voraus für die Pakete und recht, recht schöne Feiertage.

Euer Franz.

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Brief Nr. 43

Russland, 21. 12. 42.

Liebe Eltern und lieber Otto!

Zu meiner großen Freude habe ich heute, oder vielmehr gestern abends (es ist nämlich jetzt 2 Uhr nachts), den Brief, den der Vater am 6. 12. geschrieben hat, bekommen. Es ist mir jetzt wieder bedeutend leichter, wenn ich weiß, dass zu Hause noch alles gesund ist. Wie schwer das ist, wenn die Kameraden immer fast 10 Briefe auf einmal bekommen und ich weiß nicht einmal was daheim in der Familie los ist, habe ich in den letzten Wochen erfahren. Aber wenn Ihr mir wieder öfters schreibt, dann bin ich ja beruhigt. Wie das bei uns mit dem Briefschreiben steht, lässt sich fast gar nicht beschreiben. Man muss sich die Zeit direkt vom Schlafen abstehlen Und da geht es auch oft nicht, weil wir mit den Kerzen und Lichtern sehr sparsam umgehen müssen. Heute zum Beispiel habe ich von 6 – 8 Uhr nachmittags Wache gestanden, dann habe ich Abendbrot gegessen und bis 12 Uhr geschlafen, von 12 – 2 hatte ich wieder  Wache und jetzt seit 2 schreibe ich hier am Brief. Um 5 – 6 muss ich dann zum letzten Mal auf die Wache. Es bleibt uns eigentlich keine Zeit zum Schlafen Bei Tag gibt es immer zu arbeiten und wenn wir etwas Zeit haben, da geht es immer schnell in den Bunker, Hemd und Hose herunterreißen und schon kann man Läuse knacksen hören. Seit einer Woche haben wir diese Vieher, aber dass einem  die das Leben hier noch verschlechtern können, hätte ich nicht geglaubt.

Heute haben wir wieder ein spaßiges Wetter draußen – es regnet. Man möchte es nicht für möglich halten, dass es hier, wo es doch im Vorjahr schon so kalt war, noch so ein Wetter hat. Für uns ist es ja gut, weil es für die Russen nicht sehr günstig ist, da gibt er hoffentlich zu den Feiertagen Ruhe. Wie das mit den Weihnachten wird, weiß ich nicht. Die Päckchen werden wahrscheinlich in diesen 3 – 4 Tagen nicht mehr kommen. Bis jetzt habe ich noch keines erhalten. Ich habe mich ja damit schon abgefunden. Ihr zu Hause habt ja auch nichts Schönes. Ich hätte den Vater gerne Zigaretten geschickt, aber hier bekommen wir nicht so viel und nicht so regelmäßig Rauchwaren wie in Frankreich. Die paar Zigaretten, die ich da bekomme, tausche ich dann meistens bei den anderen Kameraden für Brot und Sonstiges ein.

Vom Fredi habe ich auch gestern einen Brief bekommen. Er schreibt mir auch, dass er bei Euch am Sautanz war, - Und ich sitze hier in diesem verfluchten Russland. – Vater, wenn ich in Urlaub komme, kannst auch eine Sau bereithalten.

So, jetzt werde ich mich noch schnell etwas schlafen legen bis 5 zur nächsten Wache.

Viele, viele Grüße und Küsse und Prosit 1943. Franz.

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Brief Nr. 44

Russland, 30. 12. 42

Liebe Eltern und Otto!

Ihr werdet wohl schon wieder lange auf Post von mir gewartet haben. Es ist aber wirklich kein Augenblick Zeit dazu geblieben. Nun ist die Weihnachtswoche vorüber und da ist heute der erste Tag, wo wir ein wenig an uns selbst denken können.

Unsere Weihnachten sind hier sehr still hinübergegangen. Als angenehme Überraschung kann ich mir 2 Briefe (darunter Nr. 2) bezeichnen, die ich bekommen habe. Sonst waren die Feiertage nur voll Unannehmlichkeiten für uns. Da gerade an diesen Tagen mit starker Feindtätigkeit zu rechnen war, mussten wir (als besondere Weihnachtsüberraschung) doppelt so viel Wache stehen. Wir konnten nachts höchstens 4 – 5 Stunden schlafen, die übrige Zeit mussten wir draußen im Freien in der Kälte stehen. Also Ihr seht, dass ich wirklich nicht schreiben konnte. Von den bisschen Schlaf darf man dann aber auch nichts mehr opfern, das  könnte unter Umständen das Leben kosten.

In diesen Nächten musste ich ganz besonders viel nach Hause denken. Wenn man so auf Posten steht, alles finster und mäuschenstill, da überkommen einem alle möglichen Gedanken. Ich schaute dann immer auf die Uhr, heiliger Abend ½ 7, Vater und Otto werden in den Rosenkranz gehen und Mutter wird den „gezogenen Apfelstrudel“ backen     und die Teller herrichten, um 9 Uhr werdet Ihr gerade zum Weiß auf einen kurzen Besuch gehen und so dachte ich die ganze Zeit an Euch.

Jetzt ist die Spannungszeit wieder vorüber. Der Russe hat sich nicht sehen lassen – Gott sei Dank. Am heiligen Abend hatten wir uns im Bunker ein ganz kleines Tannenbäumchen mit einigen Kerzen aufgestellt. Bei der Verpflegung bekamen wir zirka 10 dkg Zuckerln und eine Handvoll Krapferln. Das war unsere ganze Weihnachtsbescherung. Am 27. hatten wir dann noch eine kleine Weihnachtsfeier von der Kompanie aus. Zu meiner größten Enttäuschung blieben meine Weihnachtspakete aus. Jeden Tag wartete und wartete ich darauf und es kam nichts. Nur 2 Briefe bekam ich während der Feiertage, wie ich Euch ja schon geschrieben habe. Ich hoffe, dass die Pakete in den nächsten Tagen ankommen. Heute schicke ich Euch wieder einige Luftpostmarken, damit Ihr mir recht oft schreiben könnt. Päckchenmarken für die Mundharmonika kann ich noch nicht mitschicken, da wir für Jänner noch keine bekommen haben.

Seit 2 Tagen ist es wieder kälter geworden. Wir haben jetzt so zwischen 15 und 20°. Schnee haben wir fast noch keinen .

So jetzt muss ich wieder schließen.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 45

Russland, 6. 1. 43.

Meine lieben Eltern!

Im Anfange muss ich Euch wieder um Entschuldigung bitten, dass ich Euch nach so langer Zeit wieder einmal schreibe. Warum ich so wenig von mir hören lasse, habe ich Euch ja schon jedes Mal mitgeteilt. Die letzten Wochen ging es etwas härter zu bei uns und da konnte ich beim besten Willen nicht öfters schreiben.

Nun will ich Euch erzählen, wie das neue Jahr bei uns angefangen hat. 2 Briefe und das erste Paket überraschten mich am ersten Jänner, am 2. 1. bekam ich 1 Brief und 1 Karte, alles von Euch zu Hause. Ich habe mich wie ein kleines Kind über diese Sachen gefreut. Das Paket hatte sich zwar über eine Woche verspätet, aber die Wirkung war trotzdem, wie wenn ich es am heiligen Abend bekommen hätte. In diesem Paket waren die Grammeln, Blunzen, Kerzen, Batterien, meine Harmonika, Keks und Gupferln drinnen. Es war alles noch erstaunlich gut erhalten. Die Grammeln haben mir besonders gut geschmeckt. Zuerst glaubte ich es ist Marmelade, aber als ich aufgemacht habe, war ich ganz überrascht und habe mich gleich darübergemacht, bis nichts mehr da war. Auch die Kekse und Gupferln habe ich gleich als willkommene Nascherei aufgegessen. Als ich die „Dose“ sah, wusste ich auch nicht gleich, was das sein sollte, aber dann kam ich darauf, dass Ihr heuer wahrscheinlich alles in Blechdosen eingemacht habt. Ich habe es gestern erst abends aufgemacht, aber es hat mir so geschmeckt, dass ich heute schon nichts mehr habe. Sehr gut stehen mir die Kerzen an. Wenn man nämlich schreiben will, muss man immer ein Licht haben, so finster ist es bei uns im Bunker und um ½ 4 ist es sowieso schon stockfinster. Auch die Taschenlampenbatterien stehen mir sehr gut an. Jetzt warte ich halt auf die anderen Pakete. Man möchte es gar nicht glauben, dass die  Sachen von der Heimat hierher so lange brauchen. Heute gibt es wieder Post, bin neugierig, ob etwas für mich dabei ist – hoffentlich. Ja und die Mundharmonika hätte ich bald vergessen. Es hat mich sehr gefreut, dass Otto dieses kleine Ding geopfert hat, das er wahrscheinlich auch geschenkt bekommen hat. Man glaubt es gar nicht, dass so ein kleines Instrument so große Freude machen kann. - - Hurra, soeben habe ich wieder ein Paket bekommen, aber zuerst schreibe ich diesen Brief fertig, dann mache ich es erst auf.

Jetzt will ich kurz die Briefe beantworten.

Am 1. 1. bekam ich den Brief vom Vater  mit den Briefen die zurückgegangen sind und noch einen Brief von Otto. Vor allem freut mich, dass Rudi wieder nach Hause kommen wird. Dann auch, dass schon etwas Geld immer zu Haus übrig bleibt. (Heute habe ich mit Postanweisung 100 RM aufgegeben). Die Kartoffelernte ist auch gut ausgefallen. Und besonders freut mich, dass auch für den lieben Otto etwas über ist. Er soll es nur recht ausnützen, er verdient es bestimmt. Wenn ich wieder einmal nach Hause komme, werde ich ihm das nie vergessen. Mich lässt das dann schon alles kalt. Hier trachtet man nur, dass man sich so halbwegs durcharbeitet, aber Vergnügen und so ähnliches wird mich nicht mehr interessieren. (Da werden wir nur schauen, dass wir Gicht und Rheuma und so andere Krankheiten wieder los bringen. Weil mit der Zeit wird man hier fertig).

So jetzt will ich mich noch für alles bedanken. Bei Dir mein liebe Mutter für die viele Arbeit, die Du Dir mit mir machst, bei Vater für den Brief (in einigen Tagen schicke ich Dir wieder ein Paket mit Rauchwaren) und bei Otto für sein fleißiges Schreiben.

So jetzt werde ich mich über das neue Paket stürzen.

Viele, viele Grüße und Küsse Euer Franz.

Ich muss ja immer an Euch denken.

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Brief Nr. 46

Osten, 10. 1. 43.

Liebe Eltern und Otto!

Endlich kann ich Euch schreiben, dass ich die Päckchen erhalten habe. Im letzten Brief habe ich Euch ja geschrieben, dass soeben ein Paket für mich angekommen ist. Gleich darauf hat mir ein Kamerad noch 3 andere Pakete gebracht. Also habe ich an diesem Tag 4  Stück bekommen. Die Freude könnt Ihr Euch ja vorstellen, die ich dabei gehabt habe. Ich habe erst zwei davon aufgemacht und zwar waren folgende Sachen drinnen. Rebeltorte, Würfelzucker, Krapferln, Zuckerln und so Weihnachtssachen. Ich kann Euch heute leider nichts mehr schreiben, da ich keine Zeit mehr habe. Über die anderen Pakete schreibe ich das nächste Mal. Mit diesem Brief schicke ich wieder gleich 2 Zulassungsmarken und 1 Luftpostmarke mit.

Neues gibt es bei uns hier nicht. Das Wetter ist noch immer zum Aushalten.

Jetzt muss ich schon wieder schließen. Vielen Dank für die Pakete nochmals und viele Grüße und Küsse Euer Franz.

Grüße an die Großeltern! Wie geht es ihnen?

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Brief Nr. 47

Russland, 18. 1. 43.

Meine lieben Eltern und Rudi!

Habe gestern zu meiner größten Freude gleich 3 Briefe und 2 kleine Päckchen bekommen. Es waren die Briefe Nr. 7, 8 und 10. Nr. 9 fehlt. Päckchen war eins mit Rebeltorte und das andere mit Zuckerln. Vielen Dank dafür, es hat mich sehr überrascht und gefreut. Ich will Euch schnell diese Briefe beantworten. Vor allem freut es mich, dass unser Rudi wieder daheim ist. Leider ist der brave Otto dafür weg, aber er wird ja hoffentlich auch nach 3 Monaten zurückkommen. Wie es zu den Feiertagen bei uns war, habe ich Euch ja schon in früheren Briefen geschrieben. Hoffentlich habt Ihr sie bekommen.

Das Wetter hat sich jetzt seit einigen Tagen etwas geändert. Wir hatten früher milde Kälte, so um 10° herum. Jetzt ist es etwas kälter geworden. Wir hatten vorgestern schon 32°, meistens aber rund 25°. Schnee haben wir fast keinen.

Schade dass das Paket mit den Äpfeln zurück gegangen is. Ihr hättet am Postamt gleich das Lgpa richtig stellen sollen, dann wären vielleicht die Marken nicht verfallen. Wenn Ihr mir Päckchen schickt, dann bitte nicht zu viel Lebensmittel wie Käse oder Ähnliches. Mit dem Essen komme ich schon aus.

Leider ist Otto nicht mehr zu Hause, sonst hätte er mir über den Dorfabend genau erzählen müssen.

Die Kämpfe südlich vom Ilmen See berühren uns nicht mehr. Ihr braucht keine Angst haben. De Russe benimmt sich hier ganz anständig. Wir hören es nur immer „rumbsen“, dass ober uns etwas los ist. Wir liegen noch südlicher davon.

Nun muss ich wieder schließen.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 48

Russland, 13. 2. 43.

Lieber Rudi!

Endlich komme ich dazu, Dir für die Briefe zu danken, die Du mir von zu Hause geschrieben hast. Wie man sich da freut, wenn man Post bekommt, das weißt Du ja noch von Deiner Zeit her. Und hier wo die Post das einzige Schöne ist, freut man sich dann immer ganz besonders.

Was gibt es in Neustift Neues? Soviel ich aus Deinen Briefen ersehe, fehlt es Dir ja nicht an Unterhaltung. Nur unser Otto sollte halt noch daheim sein. Schreib mir einmal, was Ihr im Dorf so immer macht. Ich wäre neugierig, wie es zu Hause zugeht und was an einem Sonntag noch los ist. Schön wäre  es, wenn ich in Urlaub kommen könnte, aber die Aussichten sind sehr gering, wo überhaupt noch bis Ende März Urlaubsperre ist.

Bei uns ist noch immer die alte Schei…. Die letzten zwei Wochen hatten wir etwas schlechtes Wetter, kalt und starkes Schneetreiben. Aber seit gestern taut es wieder. Daheim wird ja der Winter schon zu Ende sein. Leider müssen wir uns hier auf den Frühling fürchten. Die Gegend hier ist ausgesprochen versumpft und wenn es taut, sind die Gräben voll Schlamm und Wasser, da schaut es dann schrecklich überall aus.

Was ist mit dem Faschingmarkt? Der müsste ja auch in der nächsten Woche sein, oder ist heuer keiner.

Ja nun muss ich wieder Schluss machen. Mit der Zeit steht es bei uns immer schlecht. Hier schicke ich Dir noch eine kleine Beigabe zum Sonntagsgeld, damit Du nicht in der „Küche“ sitzen brauchst.

Viele Grüße an Dich und an die Schreiberin Deines letzten Briefes. Franz.

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Brief Nr. 49

Russland, 10. 3. 43.

Meine lieben Eltern!

Habe gestern abends den letzten Brief den unser Rudi zu Hause geschrieben hat bekommen. Ich war ganz sprachlos, als ich gelesen habe, dass nun auch Rudi einrücken muss. Ich kann es gar nicht glauben, dass Ihr jetzt allein sein müsst. Ihr dürft Euch aber nicht zu stark deshalb kränken, sonst geht Ihr ja zugrunde. Rudi wird sich schon gut durchschlagen, er  ist ein aufgeweckter Bursche und solange er in der Heimat ist, besteht ja keine Gefahr für ihn. Auch Otto und ich werden schon durchkommen. Traurig ist es, dass Ihr jetzt allein die viele Arbeit bewältigen sollt. Ihr dürft Euch aber nicht herunterplagen, was Ihr nicht erarbeiten könnt, lasst Ihr liegen, unser Haus wird deshalb nicht zugrunde gehen und der Krieg kann ja auch nicht mehr lange dauern, dann wird ja alles wieder anders. Das hätte ich vor einem Jahr nicht gedacht, dass unser Haus so schnell leer wird. Hoffentlich bleiben Otto und Rudi recht lange auf ihren jetzigen Standort, da können sie Euch ja öfters aufsuchen. Ich möchte jetzt auch schon gerne einmal nach Hause kommen, es ist bald ein Jahr voll, dass ich von Euch weg bin. Vorläufig darf ich mir auf einen Urlaub noch keine Hoffnung machen. – Auch von Rudi habe ich gestern einen Brief bekommen, welchen er schon in Horn geschrieben hat, dann auch ein Päckchen mit Rebeltorte vom 28. 12., aber noch sehr gut erhalten. Die Päckchensendungen müsst Ihr halt jetzt auf Otto und Rudi verlegen. Ich habe mich schon an den Eintopf gewöhnt, ich brauche die Päckchen nicht so notwendig wie vielleicht Rudi, der ein starker Esser ist. Und ich kann mich noch gut an die Rekrutenzeit erinnern, da hat man immer Hunger.

In der Heimat muss es ja schon recht böse ausschauen. Haben noch mehrere einrücken müssen und sind von Neustift welche in Stalingrad gefallen? Was gibt es sonst Neues?

Bei mir ist noch alles beim Alten, das Wetter ist sehr schön. Bei Tag taut es, aber bei Nacht friert es noch immer fest.

Für heute werde ich wieder Schluss machen. Rudi seinen Brief muss ich auch noch beantworten.

Viele Grüße und Küsse Franz.

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Brief Nr. 50

Russland, 20. 3. 43.

Meine lieben Eltern! 

Habe gestern abends den Brief Nr. 20 vom Vater erhalten, vielen Dank dafür. Bin ganz erstaunt, dass Ihr von mir schon so lange keine Post erhalten habt, wo ich doch laufend jede Woche schreibe. Wenn Ihr längere Zeit nichts von mir bekommt, dann braucht Ihr deshalb keine Angst haben. Es geht mir noch immer gut und mir wird schon nichts geschehen. Von Euch kommen, glaube ich, alle Briefe an. Auch von Otto und Rudi habe ich schon einige Schreiben bekommen.

Dass Rudi auch einrücken musste, geht mir gar nicht aus dem Kopf. Jetzt seid Ihr ganz allein. Ich kann mir denken, dass Euch das viele Tränen gekostet hat. Wegen dem Tropentauglich bei Rudi braucht Ihr Euch nicht fürchten. Es wird nämlich jeder Soldat darauf untersucht, das hat deshalb lange noch nichts zu bedeuten. Hauptsache ist, dass er nicht nach Russland kommt, denn ein Winter oder ein Vormarsch hier an der Ostfront ist nichts Angenehmes. Hoffentlich bleibt das Otto und Rudi noch recht lange erspart. Fredi ist auch schon hier in Russland, wie Ihr geschrieben habt. Schreibt mir bitte seine Adresse, wenn Ihr sie wisst, denn seine letzte Feldpostnr. wird sich wahrscheinlich geändert haben, auch die vom Walzer Franz.

In Neustift wird es recht leer ausschauen, kann es mir richtig denken. Hat sich der totale Einsatz auch im Dorfe stark bemerkbar gemacht und haben auch von uns Frauen zum Arbeiten müssen?  schreibt mir bitte was los ist und wie die Stimmung ist.

Vater, brauchst Du schon notwendig Zigaretten? Ich habe schon wieder eine ganze Menge aufgespart Ich will sie aber nicht gerne wegschicken, denn da können sie leicht verschwinden. Vielleicht wird es doch bald etwas mit Urlaub, da nimm ich sie dann mit. Wenn Du aber welche brauchst, dann schreib es mir.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

Seit einigen Tagen haben wir prima Wetter, der Boden ist aber noch gefroren. Hoffentlich hält es lange so an. In der Heimat muss es jetzt besonders schön sein.

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Brief Nr. 51

Russland, 27. 3. 43.

Liebe Eltern!

Da heute Sonntag ist, haben wir ein wenig Zeit, um wieder einen Brief nach Hause zu schreiben. Neues gibt es nichts bei uns was Euch interessieren könnte, aber damit Ihr keine unnötige Angst um mich habt so ist es notwendig, dass ich wieder ein Zeichen von mir gebe.

Ich habe jetzt auch schon längere Zeit von Euch keine Post bekommen. Ich wäre schon neugierig, was daheim los ist. Hoffentlich kommen in den nächsten Briefen keine solchen Trauerbotschaften wie in den letzten. Was ist mit Otto und Rudi? Auch von ihnen habe ich schon so lange nichts bekommen.

Ich selbst bin noch gesund und wohlauf. Dass Ihr von mir so lange keine Post bekommen habt, kann ich mir gar nicht denken, wo ich doch mindestens jede Woche einen Brief schreibe. Wenn Ihr mir ein Päckchen schickt, dann schickt bitte einen Kamm mit, wenn er auch schon schlecht ist, das macht nichts. Ich habe nämlich überhaupt keinen mehr, nicht einmal einen Zahn mehr.

Ja jetzt werde ich für heute schließen. Viele Grüße und Küsse von Eurem Franz.

Eine Luftpostmarke liegt bei.

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Brief Nr. 52

Russland, 4. 4. 43.

Liebe Eltern!

Habe gestern Euren lieben Brief Nr. 22 vom 24. 3. erhalten. Vielen Dank dafür. Vater schreibt, dass Ihr endlich, nach langer Zeit, wieder einen Brief bekommen habt. Ich kann nicht verstehen, dass so wenig Post von mir gekommen ist. Da müssen eine Menge Briefe verloren gegangen sein. Ab heute fange ich wieder mit Nummer 1 an, damit Ihr wisst, wenn ein Brief nicht ankommt. Ja und heute ist auch ein Gedenktag. Vor 5 Monaten wurden wir in Russland ausgeladen, am 4. November 42. Seither haben wir einen Ostfrontwinter überstanden. Es war Gott sei Dank heuer nicht so schlimm. Jetzt haben wir ein ausgesprochenes Aprilwetter. Einmal Regen, dann Sonnenschein, dann wieder Schneegestöber. Der Boden ist noch durchgefroren, aber eine Stiefeltiefe ist es aufgetaut und was wir hier für einen Schlamm und Dreck haben, das kann man sich gar nicht vorstellen. Wir haben jetzt jeder Gummistiefel. Die Gegend hier ist ganz sumpfig und wässerig, mit Schuhen kann man überhaupt nicht gehen. Es wird aber auch im Sommer nicht viel anders werden.

Rudi ist auch nach Frankreich gekommen. Ich war ganz erstaunt, als ich das gelesen habe. Hoffentlich bleibt er dort recht lange und braucht von Russland nichts wissen.

Habt Ihr die letzte Führerrede gehört? Da wird es also jetzt besser mit Urlaub. Ich habe schon eine ganze Menge Zigaretten für Vater aufgespart. Vielleicht können wir heuer schöne Pfingsten feiern, aber man darf sich ja nicht viel Hoffnung machen.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 53

Russland, 16. 4. 43.

Meine lieben, lieben Eltern! 

Vielen Dank für die Briefe 24 und 25, die ich erhalten habe. In den letzten Tagen hatte ich etwas wenig Zeit, so dass ich Euch erst heute wieder schreiben kann. Aber in nächster Zeit wird es besser werden, da kann ich dann öfters schreiben. Auch vom Rudi habe ich schon aus Frankreich einen Brief bekommen. Ich war sehr überrascht, dass er weggekommen ist. Hoffentlich bleibt er recht lange dort und braucht von Russland nichts zu wissen. Otto hat abgerüstet? Wahrscheinlich wird er auch bald wieder zur Wehrmacht einberufen. Lauter Soldaten in unserer Familie, das hätte ich mir vor einem Jahr noch nicht gedacht. Bei  mir ist ja schon ein Jahr voll. Wie lange wird es aber noch dauern? Ich hätte schon genug, von mir aus kann der Krieg schon aufhören. Aber da nützt halt alles nicht, da müssen wir halt abwarten was uns die Zukunft bringt.

In Neustift hat sich ja auch schon vieles geändert, wie ich in den letzten Briefen gelesen habe.

In diesem Brief schicke ich wieder 2 Päckchen- und eine Luftpostmarke mit. Die Päckchensperre ist ja schon wieder aufgehoben. Wenn die liebe Mutter etwas Zeit hat, dann soll Sie mir bitte wieder ein wenig schicken, da fühlt man sich wieder  wie zu Hause. Auch Rudi hat mir geschrieben, dass er wenig und schlecht zu essen hat. Vor einigen Tagen habe ich wieder 100 RM abgesandt, Habt Ihr die schon bekommen? Ja und mit Urlaub ist das so eine Sache. Man kann da nichts Bestimmtes sagen, es kann noch Monate dauern. Da heißt es immer warten und die Geduld nicht verlieren, aber einmal wird es schon wahr werden, dann ist die Freude umso größer.

Für heute werde ich wieder schließen.

Viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 54

Bildpostkarte zum Geburts– und Namenstag.

Osten, im April 43.

Mein liebstes Muttchen!

Zu Deinem Geburts– und Namenstage meine allerinnigsten Glückwünsche. Franz.

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Brief Nr. 55

Russland, 28. 4. 43.

Meine lieben Eltern!

Endlich kann ich Euch wieder schreiben, dass ich mit großer Freude Päckchen bekommen habe. Gestern abends sind gleich ein großes Paket mit Rebeltorte und 5 kleine Pakete mit Käse und Rebeltorte eingetroffen. Gleichzeitig habe ich auch einen Brief von Otto erhalten, den er noch zu Hause geschrieben hat. Als ich den Brief gelesen habe, war es  mit der Freude natürlich gleich wieder vorbei. Ich glaubte, dass unser Otto längere Zeit daheim bleiben und Euch bei der Arbeit ein wenig helfen kann, dabei musste der arme Kerl schon wieder nach 5 Tagen von zu Hause fort. Jetzt ist es soweit, dass die drei Weiß – Buben alle bei der schönen Deutschen Wehrmacht sind. Aber lasst’s nur gut sein, liebe Eltern. Es werden schon wieder einmal andere Zeiten kommen. Überarbeitet Euch nicht, dass Ihr gesund seid, wenn wir dann nach Hause kommen. Wie ich aus dem letzten Brief gesehen habe, habt Ihr ja jetzt eine besonders brave Arbeitskraft, da soll sich die liebe Mutter etwas schonen.

Mit Urlaub wird es bei mir wohl auch noch lange dauern. Otto und Rudi könnt Ihr auch nicht mehr besuchen, da müsst Ihr schon warten bis wir dann einer nach Hause kommen. Vom Rudi habe ich auch gestern einen langen Brief bekommen, auch vom Fredi.

Dass  ich Euch zu Ostern nicht geschrieben habe, müsst Ihr schon entschuldigen, da ich es vorher gar nicht gewusst habe, dass überhaupt schon Ostern kommt.

Nun habe ich noch eine Bitte. Schickt mir bitte bei einem nächsten Päckchen ein Messer. Ein Taschen – oder kann auch ein Tischmesser sein. Mein Taschenmesser habe ich vor einigen Tagen schon wieder verloren.

So, nun werde ich für heute wieder schließen mit recht vielen Grüßen und Küssen aber leider nur im Geiste aus weiter Ferne. Vater schreib mir einmal wie es mit Deinen Rauchwaren ausschaut.

Franz.

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Brief Nr. 56

Russland, 3. Mai 1943.

Meine lieben Großeltern!

Endlich komme ich dazu, Euch einige Zeilen zu schreiben. Wie es mir geht und wie es bei mir ausschaut, werdet Ihr ja immer von meinen Eltern erfahren. Da brauche ich Euch nichts erzählen. Ihr seid ja hoffentlich auch immer gesund. Ich glaube, dass ich Euch bald besuchen kann, wenn ich Urlaub bekomme, da können wir uns ja alles erzählen. Gestern habe ich für Großvater ein kleines Paket mit Tabak abgeschickt. Er wird sonst auch sehr wenig zum Rauchen haben.

Zuhause schaut es jetzt auch traurig aus. Otto und Rudi sind auch fort. Hoffentlich ist der Krieg bald aus, damit wir wieder nach Hause kommen. Die Eltern können die Arbeit alleine nicht mehr machen.

Jetzt muss ich wieder schließen.

Viele herzliche Grüße. Franz.

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Brief Nr. 57

Russland, 9. Mai 43.

Meine lieben, lieben Eltern!

Vielen Dank für die Briefe, die Vater am 21. und 28. 4. geschrieben hat. Ich habe diese Briefe und auch die Päckchen mit den Kämmen vor einigen Tagen mit Freuden bekommen. Gleichzeitig schicke ich Euch heute wieder 2 Päckchenmarken und eine Luftpostmarke. Ich konnte Euch diese noch nicht früher schicken, wie Ihr im Brief darum geschrieben habt, weil sie erst heute ausgeteilt wurden. Wir bekommen ja monatlich auch nur 1 oder 2 Stück.

Dass es jetzt daheim traurig ausschaut, kann ich mir denken. Ihr müsst ja unheimlich viel Arbeit haben. Und die Sorgen um uns Buben helfen auch noch mit. Um mich dürft Euch aber nicht kränken. Es geht mir noch so halbwegs zum ertragen. Aber den armen Rudi wird es schwer fallen. Ich weiß, wie das beim Kommis ist. Habe auch in der Ausbildungszeit Geschwüre am Genick gehabt, aber da gibt es kein Erbarmen und dann noch die Verpflegung, wo wir dieses Essen nicht gewohnt sind.

Dass wir hier einen neuen Kameraden gefunden haben, wisst Ihr schon. Beim Essenholen hat Weidinger Franz den Ecker Karl aus Unterstockstall getroffen.. Ich war sehr überrascht, dass in unserer Kompanie noch ein so Bekannter steckt. Wir haben uns seither schon tüchtig ausgesprochen. Ihr könnt Euch denken, dass da die Freude groß ist, wenn man wieder etwas Neues aus der Heimat erfährt. Sein Vater hat ihm auch geschrieben, so wie Du lieber Vater, dass Ihr Euch am Kirchenplatz darüber ausgesprochen habt. Mit dem Urlaub wird es ja noch eine Weile dauern. Du Kennst das Ja Vater, wie das beim Kommis ist, Du hast es ja auch erlebt.

In einem Päckchen war noch ein Zettel wo Ihr fragt, ob ich die Mundharmonika, den Speck und das Armband bekommen habe. Ich habe Euch darüber einen ausführlichen Brief geschrieben, der wahrscheinlich verloren ging. Also diese Sachen habe ich alle erhalten, nochmals vielen Dank.

Für heute muss ich schließen. Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 58

Russland, 11. Mai 43.

Liebe Eltern!

Heute Mittag, als die Post ausgeteilt wurde, habe ich auch ein großes Paket dabeigehabt. Die Freude war natürlich sehr groß. Es war das Osterpaket, von welchen mir Vater schon im letzten Brief geschrieben hat. Leider muss ich Euch mitteilen, dass der Mohnstrudel, der darin war, etwas schlecht und  zwar schimmelig geworden war. Ihr braucht aber deshalb nicht traurig sein, das Paket hat vollkommen seinen Zweck erfüllt. Hauptsache, dass es etwas von daheim war und den größten Teil konnte ich ja essen, er hat mir trotzdem sehr gut geschmeckt. Also vielen Dank dafür. Besonders hat mich der Zettel gefreut, den mir Mutter dazugeschrieben hat. Für Rudi wird das Paket auch gut anstehen, wo er doch mit dieser Verpflegung nicht recht auskommt. Am schönsten wäre es wohl, wenn ich mir das Pfingstpaket persönlich abholen könnte.

Für heute schließe ich, da ich Euch ja vorgestern erst einen Brief geschrieben habe.

Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 59

Russland, 14. Mai 1943.

Meine lieben Eltern!

            Vor einigen Tagen habe ich zu meiner größten Freude ein großes Paket und 2 Briefe bekommen. Im Paket war Speck darin. Ich war sehr überrascht dadurch. Der Speck war noch sehr gut und frisch und hat mir prima geschmeckt. Von den beiden Briefen war einer noch von anfangs April, der zweite war Nr. 29. Der Vater schreibt da, ob ich alle Briefe bekomme. Ich habe sie jetzt alle der Reihe nach erhalten. Nur der eine vom April fehlte mir noch, den habe ich nun auch. Dann noch eine Änderung der Adresse, das Luftgaupostamt heißt jetzt statt Berlin, Posen. Sonst ist noch alles beim Alten. Wetter haben wir ein sehr schönes und gesund bin ich auch noch immer. Im letzten Brief fragt Vater, ob Weidinger noch bei mir ist und wo und bei was ich bin. Also Weidinger Franz ist noch immer bei mir, wir halten uns fest zusammen, - Auch mit Ecker Karl habe ich vor einigen Tagen wieder gesprochen. – Bei was ich bin erzähle ich Euch, wenn ich dann in Urlaub komme. Bis dahin viele Grüße und Küsse.

Franz.

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Brief Nr. 60

Russland, 23. Mai 43.

Meine lieben Eltern!

Mit großer Freude kann ich Euch heute wieder  vom Erhalten eines großen Paketes schreiben. Gestern mittags sind das Paket mit der Rebeltorte und ein kleines Päckchen mit Käse angekommen. Vielen Dank dafür. In letzter Zeit habe ich so viele Sachen von zuhause bekommen, dass ich mit dem Essen gut auskomme. Wenn Ihr Otto und Rudi auch so viel schickt, müsst Ihr ja den ganzen Tag Kuchen backen und zur Post fahren. Ihr dürft Euch wegen mir nicht zu viel Arbeit machen. Geht Euch das nicht beim Essen ab, wenn Ihr so viel schickt? Ich weiß, zu Hause gibt es auch nicht zu viel von diesen Sachen.

Bei uns hier spricht man davon, dass die Jahrgänge von 1897 an einberufen werden. Meine größte Angst habe ich, dass sie Vater vielleicht auch noch holen. Das wäre dann das Letzte, -

Seit den Eisheiligen, Mitte dieses Monats, haben wir ein schlechtes Wetter, kalt und regnerisch. Hoffentlich habt Ihr keinen starken Frost gehabt und die Weingärten und Felder, die heuer so schön wären, sind wieder hin. Schreibt mir bitte darüber. Dass meine Adresse sich etwas geändert hat, habt Ihr ja schon gesehen.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 61

Russland, 29. Mai 43.

Meine lieben, lieben Eltern

Gestern abends wurde bekannt gegeben, dass Weidinger Franz heute Morgen in Urlaub wegfahren kann. Die Freude, die er und auch ich hatte, könnt Ihr Euch gar nicht vorstellen. Gerne wäre ich natürlich mit ihm zusammen gefahren. Das ist aber leider nicht möglich. Dafür ist aber sicher, dass auch ich in allerkürzester Zeit drankomme. Vielleicht kann ich schon zu Pfingsten bei Euch sein. Ihr wisst ja auch, dass ich jetzt schon wieder einmal gerne bei Euch und zu Hause sein möchte. Ich freue mich schon so stark darauf, dass ich es gar nicht sagen kann. Lange kann es ja nicht mehr dauern, in einigen Tagen werden es 14 Monate, seit ich nicht mehr daheim war. Ich glaube, dass ich im Dorf nicht mehr zu denen gehöre, die am ehesten in Urlaub waren. Rudi schrieb mir in seinem letzten Brief, dass auch er vielleicht im Juni fahren kann. Das wäre unbeschreiblich schön, wenn wir beide zusammen kommen könnten.

Vor zwei Tagen habe ich den Brief bekommen, in welchem mir Vater von der Eder Fini schrieb und dass unser lieber Otto in Frankreich ist. Dem Schreiben nach dürfte ein Brief verloren gegangen sein, ich wusste nämlich noch nicht, dass Otto nach Frankreich versetzt wurde und war daher sehr überrascht. Gestern habe ich auch von ihm schon einen Brief erhalten. Seinen Ausführungen nach geht es ihm bedeutend besser als Rudi. Außerdem bekam ich auch noch gestern drei Päckchen von Euch. Eines mit dem schon sehnsüchtig erwarteten Messer und Zuckerln, die anderen beiden mit Rebeltorte und Wuchtel. Auch vor einigen Tagen habe ich welche mit Rebeltorte und Wuchtel erhalten. Vielen Dank für den Brief und die Päckchen, besonders für das Messer.

Wie es bei uns hier ist und die Verhältnisse hier wird Euch ja Weidinger Franz bei seinem Besuch erzählen. Augenblicklich ist es fünf Uhr früh und ich schreibe diesen Brief hier auf Posten. Es ist nicht anders möglich, da sich Franz schon zur Abreise fertig macht und ich sonst keine Zeit habe. Das Wetter schaut heute sehr nach Regen aus, aber es ist hier sehr unbeständig, man kann sich nicht viel danach richten.

Für heute werde ich schließen, da ich Euch ja so alles bald mündlich erzählen kann.

Viele, viele Grüße und Küsse und ein baldiges Wiedersehen. Euer Franz.

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? – 12. 7.    20 Tage Heimaturlaub

 

Brief Nr. 62

Feldpostkarte.

Brest Lit., 13. 7. 43.

Meine lieben Eltern!

Halte jetzt mein Versprechen und schreibe von der Fahrt. Wir sind heute um 12 Uhr an der Grenze angekommen und warten jetzt hier in der Betreuungsstelle. Unser Zug geht erst abends weiter. Die Fahrt ist reibungslos verlaufen. Ich hatte einen prima Platz, so dass ich in der Nacht auch etwas schlafen konnte. Den Hasen habe ich schon aufgegessen, er ist mir doch gut angestanden. Jetzt werde ich noch an Otto und Rudi schreiben und noch etwas essen, es gibt hier guten Eintopf, dann geht es wieder weiter bis morgen nachmittags noch mit der Bahn. Bis dahin viele Grüße und Küsse.

Franz.

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Brief Nr. 63

Russland, 18. 7. 43.

Meine lieben Eltern!

Gestern abends, (Sonntag) bin ich wieder bei meinen Kameraden angekommen. Die Fahrt ist reibungslos vor sich gegangen. Hier ist alles noch beim Alten. Ich glaubte, dass sich schon so manches geändert hat. Auf der Herfahrt erzählten uns Urlauber, die nach Hause fahren, dass unser Abschnitt hier von stärkeren Kräften angegriffen wurde. Es ist aber nicht wahr. Alles ist noch wie früher. Mir kommt es so vor, als wäre ich nur einen Tag fort gewesen und hätte von der Heimat geträumt. Die Kameraden hier haben sich sehr gefreut, dass ich wieder bei ihnen bin. Ich musste den ganzen Abend erzählen. Habt Ihr mein Schreiben von der Fahrt bekommen? Ich werde jetzt die Briefe wieder genau numerieren. – Ich muss schon schließen, weil das Mittagessen soeben kommt. Ich werde dann heute abends oder morgen weiter  schreiben.

Viele Grüße und Küsse Franz

Gruß an Anna.

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Brief Nr. 64

Russland, 22. 7. 43.

Meine lieben Eltern!

Ich habe jetzt etwas Zeit, da muss ich Euch schnell einen Brief schreiben. Dass ich hier gut angekommen bin, habe ich ja schon im letzten Brief erzählt. Die Kameraden hier haben sich sehr gefreut, dass ich wieder bei ihnen bin. Wir haben gleich tüchtig Pudding gekocht, so dass schon wieder sämtliche Päckchen verbraucht sind. Liebe Mutter, ich schicke heute hier Päckchenmarken mit, davon habe ich eine von meinen Kameraden bekommen. Wenn es möglich ist, schicke mir wieder Puddingpulver. – Neues gibt es hier nicht, es ist alles noch wie früher. Ecker Karl ist auch in Urlaub, habe ich erfahren. Hat der Vater schon mit Herrn Weidinger gesprochen? Franz war sehr enttäuscht, weil ich ihm nichts mitgebracht habe. Er hat fest mit einem Paket gerechnet. Was ist mit Rudi oder Otto, kommt keiner in Urlaub? Ich warte schon wieder alle Tage auf Post. Es sind ja heute schon wieder 10 Tage, dass ich von Euch fort bin, da kann schon wieder viel zu Hause geschehen sein. Habt Ihr auch so ein Wetter? Hier regnet es alle Tage. Wenn das daheim auch so ist, dann schaut es mit der Ernte schlecht aus. Sind wieder neue Urlauber im Dorf? Wenn wieder ein Jahr herum ist, dann komme auch ich wieder. Ich freue mich heute schon, es war ja so schön in den 20 Tagen, wo ich zu Hause sein konnte.

Bis zum nächsten Mal viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 65

Russland, 27. 7. 43.

Meine lieben Eltern!

Ich habe gerade etwas Zeit, da kann ich Euch einen Brief schreiben. Ihr werdet ja schon wieder auf Post warten. Könnt aber beruhigt sein, es ist bei uns alles ruhig. Auch von Euch möchte ich jetzt gerne schon wieder Post haben. Es sind ja schon wieder über eine Woche, dass ich hier bin. – Mir ist erst jetzt eingefallen, dass ich mich für die Sachen, die ich im Urlaub mitgenommen habe, noch gar nicht richtig bedankt habe. Also für die Mutter ein Busserl. In der Abschiedsaufregung habe ich das gar nicht bemerkt, dass Mutter erst die Fäustlinge gestrickt hat. Der Kopfpolster, den ich mitgenommen habe, ist prima, er findet allgemeine Bewunderung. Das Fleisch habe ich schon aufgegessen. Dass es gut war und mir sehr geschmeckt hat, könnt Ihr Euch ja denken. Auch das Schmalz ist sehr gut und der Zucker steht mir gut an. Pudding ist schon aller aufgebraucht. Den Mohnstrudel musste ich schon auf der Fahrt essen und verteilen, er wäre mir schimmelig geworden. Den Hasen, den mir Mutter für die Fahrt mitgegeben hat, habe ich allen allein aufgegessen sowie auch die Rebeltorte. Der Frau Weiß könnt Ihr bitte auch nochmals herzlichen Dank von mir ausrichten.

Habt Ihr von mir schon den Brief und die 3 Zulassungsmarken bekommen? Wie ist es zu Hause mit dem Wetter? Hier regnet es jeden Tag. Da wird es mit der Ernte auch schlecht ausschauen. Gibt es sonst irgendetwas Neues in Neustift? Wird der Krieg noch nicht bald aus? Ihr wisst wohl auch so wenig wie wir. Auch vom Duce haben wir schon gehört. Wir haben uns unsere eigenen Gedanken darüber gemacht. – Wie steht es mit Otto und Rudi, kommen sie nicht bald in Urlaub? Na ja, wird schon noch alles gut werden.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

Gruß an Frl. Onischenko. Was machen die Melinkas?


Olga und Franz Weiss sen. mit Ukrainischer

Zwangsarbeiterin Anna Onischenko, die
sie wie ein Familienmitglied angenommen hatten.

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Brief Nr. 66

Russland, 28. 7. 43.

Liebe Eltern!

Gestern abends bei der Postausgabe habe ich wieder den ersten Brief von Euch bekommen. Ich habe mich sehr darüber gefreut, weil ich ja schon so lange von zu Hause nichts gehört habe. Er war zwar etwas kurz, aber das macht nichts. Hauptsache ist dass ich weiß, dass daheim nichts passiert ist und noch alles gesund und beim Alten ist. Ich verstehe das schon, dass Ihr jetzt bei der vielen Arbeit nicht nachts, statt dem Schlafen, seitenlange Briefe schreiben könnt. Dann sind ja auch noch Otto und Rudi, denen Ihr ja auch Briefe zu beantworten habt. Ich bin schon zufrieden, wenn Ihr mir nur ein paar Zeilen schreibt und nur wenn Ihr genügend Zeit dazu habt. Auch bei den Päckchen so. Mit 10 dkg Päckchen darf sich die Mutter bei mir keine Arbeit machen.

Seit gestern haben wir schönes Wetter und es schaut aus, als wird es so bleiben. Nun – wir können es auch schon notwendig brauchen. Schlamm und Dreck hat es in den letzten Wochen hier schon genug gegeben. Auch das Getreide, das bei uns hier und vor allem weiter rückwärts steht, braucht schon sehr dringend Schönwetter. Es ist nämlich jetzt (Ende Juli) noch ganz grün. Wie ist es zu Hause mit der Ernte? Hat Euch auch das Wetter die ganze Arbeit verpatzt? Wenn Ihr wieder Zeit habt, dann soll mir der Vater bitte davon schreiben. Für heute viele Grüße und Küsse.

Franz.

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Brief Nr. 67

Russland, 5. 8. 43.

Liebe Eltern!

Habe vorgestern die fünf kleinen Päckchen mit großen Freuden bekommen. Besonders der Pudding war diesmal gut und auch die Kekse haben mir sehr geschmeckt. Da wir soeben die Zulassungsmarken für diesen Monat bekommen haben, schicke ich sie hier gleich mit. Ihr könnt aber von meinen Marken für Otto oder Rudi welche verwenden, die brauchen die Pakete notwendiger. Wir bekommen jetzt, seit ich vom Urlaub zurück bin, ein wirklich sehr gutes Essen, so dass ich leicht damit auskomme. Neues gibt es ja bei uns sonst nichts. Das Wetter ist auch wunderbar, es wäre jetzt zum Aushalten. Was gibt es zu Hause Neues? Seit Ihr mit der Ernte schon fertig? Wenn Vater Zeit hat, dann soll er mir schreiben, wie alles ausgefallen ist. Kommen Rudi oder Otto noch nicht bald in Urlaub? Die hätten sich jetzt bestimmt auch schon einen verdient.

Für heute muss ich schon schließen. Ihr werdet es an meiner Schrift sehen, dass ich es etwas eilig habe. Vielen Dank für die Päckchen.

Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 68

Russland, 6. 8. 43.

Meine lieben Eltern!

Ich habe Euch zwar erst geschrieben, aber mich drängt es heute besonders, auch für Euch schnell ein paar Zeilen zu schreiben.

Von Otto habe ich gestern einen Brief bekommen mit einem kleinen Bildchen. Er schaut darauf ganz anders aus, viel ernster und schlechter, als ich ihn von früher weiß. Habt Ihr auch so ein Foto von ihm? Jetzt kann ich mir denken, dass es ihm in der Ausbildungszeit nicht gerade gut gegangen ist. Der arme Kerl, jetzt muss er noch 6 Wochen am Truppenübungsplatz. In seinem Brief schreibt er mir auch, dass er sich nicht mehr richtig satt essen kann. Ich habe hier von einem Kameraden 2 Zulassungsmarken für Zigaretten eingetauscht, die ich diesen Brief beilege. Schickt halt den Otto bitte gelegentlich damit etwas. Ich brauche ja nichts, wir bekommen seit Neuen eine sehr gute Verpflegung.

Dann habe ich noch eine Bitte. Ich habe mir heute die Tullner Nachrichten (Zeitung) bestellt und habe dabei angegeben, dass die Gebühren von zu Hause bezahlt werden. Seid so gut und zahlt dafür, wenn dafür Geld behoben werden sollte.

Neues gibt es nichts. Gesund und munter bin ich auch noch immer. Ich hoffe, dass es auch daheim so der Fall ist.

Viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 69

Russland, 11. 8. 43.

Meine lieben Eltern!

Vor ein paar Tagen ist der Ecker Karl wieder angekommen. Ich selbst habe ihn noch nicht getroffen, aber durch einen Kameraden hat er mir das Paket und den Brief, das ihm Ihr mitgegeben habt, überbracht. Ich komme erst heute dazu, mich bei Euch für die Sachen zu bedanken. Ihr wisst ja, dass ich mich über den Brief wieder recht gefreut habe und auch das Paket habe ich wirklich gut vertragen können. Selber habe ich aber schon wieder 2 kleine Päckchen mit Krapferln erhalten, für die ich mich auch gleichzeitig bedanken möchte. Besonders gefreut habe ich mich über das Bildchen von Otto, das mir Mutter im Brief mitgeschickt hat. Wie ich Euch aber im letzten Brief schrieb, schickte mir Otto selbst eins. Bekommt Ihr überhaupt die Post von mir immer laufend nach der Nummer? – Ich habe gestern vom Foto Ridler Tulln den einen Film entwickelt nachgeschickt bekommen, der in meinen Urlaub nicht fertig geworden ist. Ich lege hier von jeder Aufnahme ein Bild bei. Es sind ausschließlich nur Kameraden von meiner Gruppe drauf, nur auf einem Bild, wo der eine drei Elstern, die wir gefangen haben, auf dem Gewehr sitzen hat, bin auch ich (schlecht getroffen) zu sehen. Schreckt Euch nicht vor den Kerlen die da drauf sind, sie sind alle halb so wild, als sie ausschauen. – So jetzt möchte ich noch schnell den Brief beantworten. Also Mutter wegen dem Fleisch hättest Du keine Angst haben brauchen. Es war noch so gut erhalten, wie ich noch selten welches bekommen habe. Trotz der Hitze, die wir in letzter Zeit hatten, war nicht das Geringste schlecht und das Fleisch sowie auch der Speck schmeckten mir wunderbar. Ich habe noch nicht alles aufgegessen, muss schön haushalten, damit ich längere Zeit was davon habe.

Ich kann mir denken, dass das schlechte Wetter bei der Ernte stark aufgehalten hat und dann ist auf einmal alles zusammen gekommen. Wenn wenigstens Rudi hätte in Urlaub fahren können, damit Euch bei der vielen, vielen Arbeit ein wenig geholfen worden wäre. Aber es muss immer alles Unglück zusammen kommen. Wie schaut es denn im Weingarten aus? Ist noch alles in Ordnung? Dann können wir ja heuer einmal mit einem anständigen Lesen rechnen.

Bei uns gibt es nichts Neues. Ein Kamerad von unserer Gruppe ist vorgestern auf Urlaub gefahren, der auf dem nackten Foto mit der Pfeife und Russenmütze. Seit ein paar Tagen haben wir wieder sehr schlechtes Wetter. Jeden Tag Regen, kalt und windig. Der Herbst meldet sich schon wieder an.

Für heut viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

Gruß an Anna, die immer so schön die Päckchen schreibt.

Heute ist es ein Monat, dass ich den letzten Tag zu Hause war. Wie die Zeit vergeht!!

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Brief Nr. 70

Russland, 12. 8. 43.

Meine lieben, lieben Eltern!

Mit viel Freuden habe ich gestern Euren lieben Brief vom 5. 8. erhalten. Besonders hat es mich gefreut, dass ihn mir Mutter zum größten Teil geschrieben hat. Wie ich darin sehe, habt Ihr ja die meiste Arbeit von der Ernte hinter Euch. Dass Ihr Armen Euch dabei recht abgerackert habt, kann ich mir vorstellen. Vater schreibt, Rudi sollen 4 Wochen bewilligt sein? Zur größten Arbeit kommt er ja zwar zu spät, aber Hauptsache ist, glaube ich, wenn er nur auch einmal nach Hause kommt. Zum Arbeiten gibt es ja immer was. Von Otto habe ich gestern auch einen Brief bekommen. Er schreibt, dass er auf einen Truppenübungsplatz gekommen ist. Habt Ihr meinen Brief mit den Bildern bekommen? Ich habe da eine kleine Bitte an Euch. Mir wurde von Ridler Tulln für die Fotos eine Zahlkarte mitgeschickt. Da man aber durch die Feldpost mit gewöhnlichen Zahlkarten wie diese nichts bezahlen kann, so schicke ich sie Euch hier mit diesem Brief mit. Seid so gut und zahlt beim Briefträger oder auf der Post  die paar Mark ein. Auf der Zahlkarte ist schon alles ausgefüllt.

Neues gibt es nichts bei mir. Bin noch gesund, wie es ja bei Euch auch hoffentlich der Fall ist.

Bis zum nächsten Brief viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 71

Russland, 18. 8. 43.

Meine lieben Eltern!

Ihr werdet schon ein paar Tage von mir nichts bekommen haben. Ja wir haben jetzt sehr wenig Zeit, dürft aber keine Angst deshalb haben, wenn ich jetzt nicht so viel schreiben kann. Jede Woche ein Brief mindestens kommt ja ohnehin mir. – Gestern habe ich die freudige Nachricht bekommen, dass Rudi zu Hause ist. Leider hat er nur 14 Tage und bis mein Brief daheim ist, ist er wahrscheinlich schon wieder weggefahren. Ihr könnt Euch ja denken, dass ich mich auch mitgefreut habe. Er hat sich seinen Urlaub bestimmt schon verdient. Wie ich aus dem Brief noch sehe, habt Ihr ja allerhand viel gearbeitet in der Ernte, habt Euch wieder mächtig abgerackert. Auch die Neuigkeit vom Klimt Oskar hat mich überrascht. Dann habe ich gestern zu meiner großen Freude noch 4 Päckchen mit Keks bekommen. Es hat mir so gut geschmeckt, dass ich alles gleich aufgegessen habe. Also recht vielen Dank für den Brief und die Päckchen und wie ich ja schon gesagt habe, ängstigt Euch nicht, wenn Ihr in nächster Zeit weniger Post von mir bekommt.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 72

Russland, 20. 8. 43.

Meine lieben Eltern!

Gestern habe ich das große Paket mit der Rebeltorte bekommen und auch wieder 4 kleine Päckchen mit Keks. Recht vielen Dank dafür. Ich habe mich sehr gefreut. In diesem Brief schicke ich wieder 2 Päckchenmarken mit, die ich von einem Kameraden bekommen habe. Verwendet sie aber für Otto und Rudi. Ich brauche ja nicht so viele Pakete. Auch einige Luftpostmarken liegen hier bei. Bei jedem Luftpostbrief müsst Ihr aber 2 Marken aufkleben. Habt Ihr meine Briefe bis jetzt alle der Nr. nach bekommen? Ich fange heute wieder mit 1 an, weil ich die alte Nummer vergessen habe. – Neues gibt es ja nichts zu schreiben. Es ist  bei  uns noch alles beim Alten. Was ist mit Rudi, wie hat er seinen Urlaub verlebt? Ich bin schon neugierig, wenn ich von ihm einen Brief darüber bekomme. In Neustift wird ja auch nichts Besonderes  los sein.

Für heute muss ich schließen.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 73

Russland, 26. 8. 43.

Bitte schickt mir Briefumschläge, wenn Ihr welche bekommt.

Meine lieben Eltern!

Gestern habe ich wieder 2 kleine Päckchen bekommen. Eins mit Pudding und das andere mit Keks. Recht vielen Dank. Besonders der Pudding hat mich gefreut, ich habe gleich gestern abends noch fest gekocht. Liebe Eltern, ich habe heute ein so ein kleines Päckchen zusammen gemacht. Es sind 2 Filme darinnen und das übrige loser Pfeifentabak für den Großvater. Auch vor 2 Wochen habe ich für Großvater Tabak weggeschickt, hat er den schon bekommen? Wenn der Vater einmal nach Tulln fährt, so soll er bitte diese 2 Filme mitnehmen und beim Ridler oder Luckas (Uhrmacher) zum Entwickeln abgeben. Es sollen von jeder Aufnahme 10 Bilder gemacht werden. Wenn sie nicht so viel machen, dann soviel wie halt möglich. Wenn die Bilder fertig sind, so behaltet von jeder Aufnahme 1 zu Hause und gebt sie zu denen, die ich im Urlaub gebracht habe. Die übrigen schickt mir. Habt Ihr eigentlich den Brief mit den Bildern und den mit der Zahlkarte für Ridler von mir bekommen? Seid nicht böse, wenn ich Euch so viel zum Zahlen schicke. Da fällt mir noch ein, wenn es möglich ist, dann soll Vater noch Filme kaufen. Wenn Ihr mir welche schickt, dann können wir hier mehr Aufnahmen machen und Ihr freut Euch doch sicher, wenn Ihr Bilder von mir hier bekommt. Wie steht es mit den Rauchwaren, Vater? Hast Du noch immer  was? Ich habe jetzt Otto und Rudi ein kleines Päckchen Zigaretten geschickt. Jetzt werde  ich aber wieder für Dich sparen.

Viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 74

Russland, 5. 9. 43.

Meine lieben Eltern!

            Gestern habe ich wieder ein großes Paket bekommen mit Rebeltorte. Wie es mir geschmeckt hat und wie ich mich darüber gefreut habe, brauche ich Euch ja nicht zu schreiben. Auch einige kleine Päckchen mit Keks und Puddingpulver und den Brief vom 22. 8. habe ich seit meinem letzten Schreiben bekommen. Recht, recht vielen Dank dafür. Seid Ihr jetzt mit mir zufrieden? Ich glaube, dass ich seit meinem Urlaub fleißiger mit Briefeschreiben bin. In den letzten Tagen habe ich zwar etwas nachgelassen, aber jetzt werde ich wieder öfters etwas von mir hören lassen. Wir haben heute wieder Päckchenmarken empfangen. Ich schicke sie in diesem Brief hier mit. Auch 100 Zigaretten haben wir heute jeder bekommen. Hast Du noch immer etwas zum Rauchen, Vater? Ich mache Dir heute ein Päckchen zusammen, schreib mir, wie Du damit auskommst. Habt Ihr folgende Sachen von mir schon erhalten? Das Päckchen mit den 2 Filmen und Tabak und den Brief dazu, dann die Briefe mit den Fotos und der Zahlkarte für Ridler und dann noch den Brief, wo ich Euch von der Zeitung geschrieben habe. Schreibt mir bitte davon. Die Zeitung „Donauwacht“ wurde mir schon einmal zugeschickt. Auch die Neuigkeit vom Kirchberger Bahnhof habe ich darinnen gelesen.

Bei uns gibt es nichts Neues. Heute hatten wir ersten Reif und dabei sieht man noch Getreide auf Mandeln. In unserem Vorgelände steht auch noch ein großer Flecken Roggen, einige Joch, aber das wird nur von MG niedergemäht. – So geht alles zu Grunde. Ecker Karl erzählte mir, dass daheim die Trauben schon weich werden, hoffentlich gibt es heuer eine recht gute Lese.

Viele Küsse. Franz.

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Brief Nr. 75

Russland, 8. 9. 43.

Meine lieben Eltern!

Im Anfange muss ich mich natürlich wieder bei Euch bedanken. Ich habe vorgestern den Luftpostbrief vom 28. 8. und gestern ein Kilopaket bekommen. Im Paket war Rebeltorte, Marmelade und Puddingpulver. Es war alles noch im besten Zustand. Und wie mir die Rebeltorte geschmeckt hat, brauche ich ja nicht zu schreiben. Besonders das Puddingpulver, das ich jetzt immer bekomme, macht viel Freude. Ich habe Euch ja im Urlaub davon erzählt, dass Pudding immer eine willkommene Abwechslung in der Verpflegung ist. Auch von mir ist jetzt ein Päckchen mit Zigaretten abgegangen, wie ich schon im letzten Brief geschrieben habe. Hoffentlich kommt es zu Hause an und Ihr habt damit auch so viel Freude, wie wenn ich ein Päckchen bekomme.

Neues gibt es bei uns hier nicht. Ich bin immer gesund und wie es mir geht wisst Ihr ja auch.

 Für heute will ich wieder schließen. Es ist 10 Uhr abends und ich muss noch schnell etwas schlafen.

Viele Grüße und Küsse und im Gedanken ein „Gute Nacht“ Euer Franz.

Gruß an Anna! Ich staune, wie schön sie schon die Päckchen beschriften kann.

dobre, karascho Anuschka.

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Brief Nr. 76

Russland, 10. 9. 43.

Meine lieben Eltern!

            Es ist jetzt abends 8 Uhr. Ich habe soeben Euren lieben Brief vom 3. 9. mit recht viel Freude bekommen. Bei uns hier ist alles in großer  Spannung. Die Unteroffiziere sind gerade in den Gefechtsstand berufen worden, dort  wird die Rede vom Führer übertragen. Wir warten schon alle mit Spannung, was er sagen wird. In welcher Zeit wir uns augenblicklich befinden, wissen wir genau. Ich habe nur Angst, dass Otto und Rudi jetzt auch drankommen könnten. Wegen mir dürft Ihr Euch nicht ängstigen. Ich bin schon lange genug in Russland und weiß, was hier los ist. – Otto hat mir gestern ein Bild geschickt, wie auch Ihr eins bekommen habt. Es hat mir sehr gut gefallen. Ich möchte ihn schon gerne wirklich einmal sehen. Für heute viele Grüße. Franz.

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Brief Nr. 77

Russland, 17. 9. 43.

Meine lieben Eltern!

Habe mit großer Freude wieder einen Brief von Euch bekommen, wo mir Vater schreibt, dass wieder eine ganze Menge Päckchen im Rollen sind. Ich freue mich schon auf die Äpfel, sie sind ja für mich etwas ganz Seltsames. Auch der Pudding freut mich immer sehr. Er ist in der Verpflegung immer eine sehr willkommene Abwechslung. Habt Ihr die Filme und das Päckchen mit Zigaretten schon? Hoffentlich ist nichts verloren gegangen.

Bei uns hier ist noch alles beim Alten. Gesund bin ich auch immer, nur sehr oft muss ich halt nach Hause denken. Was sagt Ihr über Italien? Na, ich kann mir ja denken. – Wie der Führer gesagt hat, wird ja noch alles gut werden. Für heute will ich mit recht lieben Grüßen und Küssen schließen. Euer Franz.

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Brief Nr. 78

Bildpostkarte.

Russland, im Sept. 43.

Lieber Vater!

Zu Deinen Geburtstag am 23. Sept. die besten Glückwünsche mit vielen Grüßen und Küssen sendet Dir Dein Sohn Franz.

Paket Nr. 1 mit Rauchwaren ist unterwegs.

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Brief Nr. 79

Russland, 22. 9. 43.

Meine lieben Eltern! 

Heute habe ich mich aber für viel zu bedanken. 2 große Pakete und einen Brief  habe ich in den letzten 2 Tagen bekommen. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut. Vorgestern bekam ich das Paket mit Rebeltorte, das ich, weil es mir so gut geschmeckt hat, gleich auf einmal aufgegessen habe. Gestern erhielt ich dann zu meiner größten Überraschung nochmals ein großes Paket. Dieses hatte die liebe Mutter ganz prima zusammengestellt: Speck, Salz, Pudding, Marmelade, Käse. Ich habe wirklich eine recht große Freude damit gehabt. Die Befürchtung, Mutter, die Du auf das Säckchen mit Salz draufgeschrieben hast, ist ganz unnötig. Ich bin noch gesund und es geht mir vorläufig noch recht gut. Aber für die Pakete  möchte ich Dir noch ein Busserl geben, anders kann ich Dir ja nicht danken. Spürst Du was? Nicht weinen! – Gestern abends bekam ich dann den Brief vom 14. 9., den Vater in 2 Teilen geschrieben hat. Ihr schreibt jetzt schon zum wiederholten Male, dass Ihr von mir so wenig Post in letzter Zeit bekommt. Das kann ich mir gar nicht vorstellen, wo ich Euch fast jeden 2, oder 3, Tag schreibe. Ich habe das Gefühl, dass eine ganze Menge Briefe und auch einige Päckchen, die ich Euch geschickt habe, verloren gegangen sind. Ab jetzt werde ich die Briefe für Euch genau numerieren, damit man das überprüfen kann. Heute fange ich nochmals mit 1 an. Vergessen werde ich’s jetzt nicht mehr, da ich mir die Nr. genau notiere. Vater schreibt in diesem Brief, dass  er mir die Donauwacht schickt, - die braucht Ihr mir nicht extra schicken, ich bekomm sie sowieso schon von Tulln zugesendet. Im vorigen Brief habt Ihr mir Grüße vom Maringer Franz ausgerichtet. Auch ich lass ihn schön grüßen und Frau Maringer soll so gut sein, und Euch die Feldpostnummer sagen. Ich möchte ihm nämlich gerne einmal schreiben.

Für heute recht viele liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 80

Russland, 26. 9. 43.

Meine lieben Eltern!

Seit ich Euch den letzten Brief geschrieben habe, habe ich schon wieder einige schwere Sachen bekommen. Vorgestern erhielt ich das 2 KiloPaket mit Äpfeln, das mir Vater schon in einem Brief angekündigt hatte. Ich wartete schon einige Tage darauf und glaubte, es ist vielleicht schon verloren gegangen. Umso größer war meine Freude, als es vorgestern auf einmal ankam. Auch die 2 Päckchen mit Puddingpulver, von denen Vater geschrieben hat, waren dabei. Heute erhielt ich dann die letzte Post von Euch, auf die ich auch schon gewartet habe und das war, wie Ihr ja an diesem Brief schon sehen könnt, das Päckchen mit dem Briefpapier. Vor allen einmal recht vielen Dank für alles. In letzter Zeit habe ich so viele Pakete von Euch bekommen, dass ich gar nicht mehr weiß, wie ich Euch das danken soll. Die Äpfel waren ja ganz etwas Seltsames für mich. Gerade habe ich den letzten Halben aufgegessen, Ich staune, dass wir in unserem Garten so gute Äpfel haben, besonders die Großen waren allerhand – wie Butter so weich. Sind die  von dem Baum beim Stadl? Ja und über den Pudding brauch ich ja nichts zu schreiben. Ein Päckchen habe ich schon verbraucht und für ein zweites kocht soeben das Wasser, - Heute ist Sonntag, für uns von einem anderen Wochentag überhaupt nicht zu unterscheiden. Der Russe hat wieder, wie ja jetzt öfters, etwas gewollt. Er hat aber ganz anständig den Arsch voll bekommen. Sonst gibt es nichts Besonderes hier.

Habt Ihr mein Päckchen schon bekommen und ist für Vater die Geburtstagsgratulation rechtzeitig angelangt?

Viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

Grüße an Anna, Großeltern, Familie Weiß und Kohoutek.

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Brief Nr. 81

Russland, 4. 10. 43.

Meine lieben Eltern!

Heute ist ja ein wichtiger Tag zum Briefeschreiben. Erstens hat Vater doch heute Namenstag – recht viele Glückwünsche dazu. Hat Vater meine Geburtstagsgratulation schon bekommen und auch das Päckchen? Ja? Hat er Freude damit gehabt? Weiters habe ich auch schon wieder zwei Briefe zu beantworten. Der erste ist vom 22. 9. mit dem Bild vom Rudi. Ich habe mich ja so darüber gefreut. Er ist sehr fesch darauf getroffen. Den zweiten Brief habe ich heute bekommen. Er ist vom 23. 9. und was ihn mir besonders lieb macht, ist, dass er von der Mutter geschrieben ist. – Mutter, wo Du ja sowieso so viel Arbeit hast, nimmst Du Dir noch Zeit und schreibst Briefe. Auch ein Kilopaket, schreibst Du, ist schon wieder im Anrollen. Na ich freu mich schon darauf. – Endlich sind die zwei Filme zu Hause angekommen. Ich glaubte schon, sie sind verschwunden.

Von uns gibt es nichts Neues. Heute sind es elf Monate, dass ich in Russland bin. Wieviel werden es noch werden? Ich hätte schon genug!

Helatante hilft Euch jetzt bei der Erdäpfelarbeit, steht im letzten Brief. Da ist Euch ja schon stark geholfen. Wenn sie noch da ist, dann recht  viele Grüße!!

Mit diesem Brief muss ich schon Schluss machen. Es ist abends und das Licht geht mir schon aus. – Wenn Ihr Kerzen zu kaufen bekommt, dann schickt mir eine.

Für heute recht herzliche Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 82

Russland, 6. 10. 43.

Meine lieben Eltern!

Habe gestern wieder Päckchen– und Luftpostmarken bekommen. Dass sie bei mir nicht unnötig liegen, schicke ich sie Euch gleich. Neues gibt es bei uns ja nichts sonst. Ich habe Euch ja so erst geschrieben. – Wie ist das, habt Ihr jetzt alle meine Post nach den Nummern bekommen? Ich bin schon neugierig, wie die Bilder von den Filmen werden, die ich Euch geschickt habe. Das Wetter ist bei uns jetzt wieder etwas schöner geworden. Aber man merkt schon, dass es jetzt  schon kälter wird.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 83

Russland, 19. 10. 43.

Meine lieben, lieben Eltern!

Ihr werdet wohl schon wieder Angst haben, weil Ihr von mir schon so lange keine Post bekommen habt. Zur Beruhigung kann ich Euch schreiben, dass noch alles beim Alten ist. Es geht mir gut und bin noch bei bester Gesundheit. Dass ich so lange nicht geschrieben habe müsst Ihr entschuldigen. Es ist sich wirklich nicht anders ausgegangen.

Seit meinen letzten Brief  habe ich von Euch wieder eine Menge Post bekommen. Gleich 2 große Pakete auf einmal bekam ich vor einigen Tagen. Könnt Euch vorstellen, wie ich mich gefreut habe. Besonders Schokolade war für mich eine Seltenheit. Auch ein kleines Päckchen mit Käse rollte gestern noch an. Dann bekam ich noch 2 Briefe die ich noch nicht beantwortet habe. Auf einen standen Grüße von der Helatante, die ich hier recht, recht herzlich erwidere.

Etwas Neues von uns: Ecker Karl bekam des Eiserne Kreuz 2. Klasse verliehen. – Weidinger Franz ist noch immer bei mir. Wenn von mir nochmals längere Zeit keine Post kommen sollte, dann soll Vater mit Herrn Weidinger reden. Haben wir nämlich wenig Zeit, so schreiben wir immer abwechselnd, einmal Franz und dann wieder ich.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 84

Feldpostkarte.

Russland, 21. 10. 43.

Meine lieben Eltern!

Gestern habe ich zu meiner großen Freude wieder so viel Post von Euch bekommen. Und zwar war es ein großes und drei kleine Päckchen mit Speck, Kunsthonig, Marmelade, Käse und Puddingpulver. Außerdem bekam ich auch noch den Brief Nr. 1, in welchem mir Vater von der heurigen Weinlese erzählt. Also recht vielen Dank für die lieben Sachen. Leider kann ich Euch heute nur eine kurze Karte schreiben, da es mit der Zeit sehr knapp ausschaut. Außerdem gibt es ja auch nichts Neues bei  uns hier. Hauptsache für Euch ist, wenn Ihr wisst, dass ich immer gesund bin. Für heute wieder Schluss mit recht vielen Grüßen und Küssen. Euer Franz.

Grüße an Helatante und Anna. Habt Ihr alle meine Post?

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Brief Nr. 85

Russland, 1. 11. 43.

Meine lieben, guten Eltern!

Ich habe wieder einige Minuten Zeit, um mich schnell bei Euch für die viele Post, die ich in den letzten Tagen von Euch bekommen habe, zu bedanken. Es sind heute schon wieder 10 Tage, seit ich das letzte Mal geschrieben habe. Die Zeit vergeht so schnell, dass man es gar nicht glauben möchte und Ihr wartet zu Hause jeden Tag auf einen Brief.

Mit viel Freude kann ich Euch heute mitteilen, dass ich wieder ein großes Paket bekommen habe. Es war das, welches am 8. 9. aufgegeben wurde mit Rebeltorte, Puddingpulver und Kerze. Auch habe ich die Briefe von Nr. 1 – 4 erhalten, also kein Brief bis jetzt ausständig. Recht vielen Dank dafür.

Am meisten freut mich, dass endlich unser lieber Otto in Urlaub gekommen ist. Er hat es sich bestimmt schon verdient. Leider wird er schon wieder weg sein, wenn dieser Brief hier daheim ankommt. Aber im Geiste wünsche ich ihm schon heute, dass er sich recht gut erholt und dass er genau so viel Freude an seinem Urlaub hat wie ich gehabt habe. Die größte Freude werdet ja Ihr an seinem Urlaub haben. Vielleicht hat er auch das Glück und kann dann nachher längere Zeit in der Heimat bleiben

Mit Rudi ist es gar etwas schnell gegangen. Er hat genau so ein Pech wie ich, dass er kurz vor dem Winter hierher in diese Schei… kommen muss. In 3 Tagen wird es ein Jahr, dass ich in Russland bin. – Aber Ihr dürft Euch deshalb nicht zu sehr ängstigen, es gibt auch hier in Russland viele Stellen, wo man von der Front nichts merkt. Und wenn Rudi noch Putzer ist, wie Vater schreibt, dann wird schon alles gut gehen. Hoffen wir halt das Beste!

Bei uns gibt es nichts Neues Ich schicke Euch heute 40 RM mit. Auch ein Päckchen mit Rauchwaren kann ich Vater schon wieder versprechen. Das freut mich, dass Vater die Zigaretten, die ich ihm schicke, so gut brauchen kann. Ich kann ja sonst so wenig für Euch tun.

Ihr schreibt mir immer, dass Ihr um mich Angst habt. Da könnt Ihr beruhigt sein. Ich bin nicht mehr so, wie ich vielleicht vor 2 Jahren war. Kannst mirs glauben Vater, dass ich über das Ganze genau so denke wie Du. Wir haben nur den einen Wunsch: heraus aus Russland!!

Für heute recht viele liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 86

Russland, 9. 11. 43.

Meine lieben Eltern!

Eben habe ich Zeit, Euch einige Zeilen zu schreiben. Zuerst muss ich mich für die vielen Päckchen wieder bedanken, die ich seit meinem letzten Brief bekommen habe. Zu meiner größten Überraschung bekam ich vor einigen Tagen wieder ein großes Paket, Es ist schon das vierte in einem Monat! Wo habt Ihr nur die vielen Marken her? In diesem Paket waren Rebeltorte, so gut wie immer, dann Puddingpulver und Käse. Gleichzeitig erhielt ich noch drei 3 kleine Päckchen, davon 2 mit Speck und 1 mit Butter. Diese 3 kleinen Päckchen haben mich besonders herausgerissen. Vorgestern bekam ich nochmals 3 kleine Päckchen und zwar mit Krapferln. – Also recht vielen Dank für alles. Wir haben jetzt wieder  die Zulassungsmarken für die Weihnachtspakete bekommen, 4 Stück sind es heuer. Ich schick sie mit einigen Luftpostmarken in diesem Brief mit. Dass heuer wieder Päckchensperre ist, wisst Ihr ja. Wenn Ihr heuer für 3 Soldaten Weihnachtspakete schicken sollt, da weiß ich nicht wie Ihr da zurechtkommt. Ja, wenn wir wieder einmal nach Hause kommen, werden wir das alles gutmachen.

Vor einigen Tagen war es ein Jahr, dass ich in Russland bin. Das hätte ich mir vor einem Jahr nicht gedacht. Jetzt sind wir schon wieder im zweiten Winter drin, in diesen grausigen Russlandwinter! Wie lange wird das noch dauern?

Für heute werde ich wieder mit recht vielen Grüßen und Küssen schließen. Euer Franz.

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Brief Nr. 87

Osten. 14. 11. 43.

Meine lieben Eltern1

 Heute ist endlich einmal ein Sonntag, an dem ich Euch in Ruhe und Gemütlichkeit einen Brief schreiben kann. Es ist jetzt abends halb 6 Uhr und ich sitze in meinem Bett und schreibe. Man möchte fast nicht glauben, aber es ist wirklich ein Bett. Zwar kein solches wie Ihr Euch vielleicht denkt, aber immerhin für unsere Verhältnisse etwas wunderbar Außergewöhnliches. Nach einem Monat Bewegungskrieg, der uns alle ein wenig mitgenommen hat, hatten wir endlich das Glück in einem Russendorf einquartiert zu werden (in der Nähe von Polozk, nördlich Witebsk)*). Wir liegen seit gestern in einem Panjehaus. Es ist hier für uns urgemütlich, der Ofen brasselt schön warm, Ruhe und Platz haben wir auch genug. Uns liegen hier 4 Mann in einem Raum. Auch Weidinger Franz ist bei mir. Was das für uns hier bedeutet, kann man sich gar nicht recht vorstellen. Ich will diesen Brief nicht mit Erzählungen aus dem vergangenen Monat versalzen. Das heb ich mir für den nächsten Urlaub auf. Aber ich kann sagen, wenn man sich nach einem Monat wieder einmal waschen und richtig pflegen kann, so ist das doch was Schönes.

Heute ist ja ganz ein besonderer Tag, so wie man sich ihn als Soldat wünschen soll. Erstens habe ich heute und zwar erst vor einer halben Stunde, wieder eine ganze Menge Post von Euch bekommen. 2 Briefe, die Otto geschrieben hat, vom 29. 10. und vom 2. 11. Und zu meiner größten Freude kam auch gleich eines von den angekündigten Paketen mit. Es war das mit Puddingpulver, Kerze Filmen und Kekse. Also recht vielen Dank für die Freude. Was ist eigentlich mit dem Film, den ich nach Hause geschickt habe, sind da die Bilder schon fertig?

Der zweite Grund unserer guten Stimmung ist der, dass wir gestern und heute schon sehr viel zu trinken bekamen. Der Sekt, Likör, Schnaps und Wein haben uns alle schon ein wenig in andere Umstände versetzt.

Der dritte Grund ist wohl der Wichtigste, der den heutigen Tag so besonders macht. Stellt Euch vor:  unter andern haben auch Weidinger Franz und ich heute das EK 2 verliehen bekommen. Ja, da staunt Ihr, das kann ich mir denken. Ihr müsst das aber richtig verstehen, nicht dass Ihr vielleicht deshalb jetzt mehr Angst um mich habt. Im Gegenteil, hier ist es bedeutend ungefährlicher und es geht uns jetzt viel besser. Aber es ist halt einmal bei den Soldaten so, besonders wenn man den Krieg in Russland mitmacht. Vor einigen Tagen bekam ich außerdem noch das Verwundetenabzeichen. Ich schick hier die Besitzurkunde mit. Gott sei Dank war es ganz, ganz leicht ausgefallen, also keine Angst weiter. Ich konnte bei meinen Kameraden bleiben, so belanglos war die Verletzung. Nur ein stärkerer Kratzer durch Granatsplitter am rechten Ohr und rechte Schulter.

Wo wir jetzt sind, dürfte nicht so leicht ein Schuss fallen. Hier werden wir uns erst einmal wieder gründlich erholen. Hoffe nur, dass es Otto und Rudi nicht zu schlecht bekommen.

Für heute viele Grüße und Küsse und nochmals vielen Dank. Franz.

Grüße an Helatante. 

*) Polozk, Vitebsk, Wizebsk, siehe Polazk – Wikipedia und Wizebsk – Wikipedia

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Brief Nr. 88

Feldlazarett Polozk, 20. 11. 43.

Meine lieben, lieben Eltern!

Leider muss ich Euch heute auf meinen letzten Brief hin sehr enttäuschen. Wie ich Euch geschrieben habe, glaubten wir alle, dass wir jetzt einige Zeit Ruhe haben und vom Krieg nicht viel hören werden. Wir lagen in einem Dorfe, wo wir es uns nach langer Zeit wieder einmal gemütlich einrichten wollten. Wir wussten da noch nicht, dass sich in diesem Gebiet versprengte Einheiten der Russen vom Kampf bei Newel in beachtlicher Stärke aufhielten, die wir bekämpfen sollten. Noch in derselben Nacht, als ich den Brief schrieb, mussten wir auf und gingen in Bereitstellung. Am Tage, also am 15. griffen wir an. Wir hatten ein großes Waldstück zu durchkämmen, wobei wir den Russen im fürchterlichen Waldkampf schlugen. Abends gruben wir uns ein und warteten bis nächsten Mittag (also 16. 11.) bis Munition und Verpflegung nachkam. Weidinger Franz, ich und noch ein Kamerad von unserer Gruppe waren gerade beim Verpflegungsverteilen, als plötzlich so ein Ding (Granate) angerauscht kam. – Seit jetzt nicht ängstlich um mich, es war leichter, als ich mir gedacht habe. Weidinger Franz und der andere bekamen die Ladung ins Gesicht und ich 5 Splitter in den Rücken. Schon nach einigen Stunden waren wir hier im Lazarett. Weidinger hat es schwerer erwischt, er wurde noch am selben Abend mit dem Flugzeug abtransportiert. – Die  Post schickt weiter an meine alte Adresse und fragt bitte den Herrn Weidinger  von Kirchberg, ob er vom Franz schon die neue Adresse weiß und schreibt mir diese dann auch. Mir geht es schon bedeutend besser. Ob ich hier bleibe oder auch weg komme, weiß ich noch nicht. Für heute seid recht lieb gegrüßt und habt keine Angst um mich. Jetzt habe ich wenigstens wieder ein anständiges Bett unter mir und ein warmes Zimmer. Draußen ist ein verdammt grausliches Wetter.

Recht viele Küsse. Euer Franz.

 
Brief Nr. 88

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Brief Nr. 89

Reservelazarett Biala Podlaska, 23. 11. 43.

Meine lieben. guten Eltern!

Ein großer Wunsch ist endlich in Erfüllung gegangen: ich bin aus Russland heraußen! Eigentlich habe ich es mir ein wenig anders vorgestellt, aber Hauptsache ich habe noch alle meine Knochen. Am Sonntag, also vorgestern, wurde ich mit noch anderen Kameraden von Polozk mit dem Flugzeug hierher gebracht. Biala Podlaska ist ein kleines Städtchen in Polen, 50 km westlich von Brest Litovsk. Es ist hier sehr schön und schaut schon wesentlich heimatlicher aus. Als ich am Sonntag abends, wie wir mit der „Ju“ ankamen, hier in dieses Zimmer getragen wurde, standen mir die Tränen in den Augen: nach langer Zeit, wie zur Begrüßung, habe ich wieder Heinz Goedeke aus dem Radio sprechen gehört. Ich kam mir vor, als würde ich zu Euch in die Küche hineingetragen. Hier werde ich bald wieder gesund werden Die Kameraden und Schwestern sind alle sehr fürsorglich und gut. Besonders kameradschaftlich bin ich vorne gleich nach der Verwundung behandelt worden. Trotz des  harten Kampfes können diese Kerle weich und gut wie kleine Kinder sein. Ich werde das alles nie im Leben vergessen. Ich glaube, wenn ich einmal daheim davon erzähle, muss ich weinen wie der Herr Hittinger. Hoffentlich ist dieser fürchterliche Krieg mit Russland bald aus. Angst habe ich auch um meinen Weidinger Franz. Er hat mir noch Grüße für seinen Vater und die kleine Betty mitgegeben. Hoffentlich kommt er durch, der Arme. Er ist mir wie ein Bruder geworden. In der Kompanie nannte man uns die Unzertrennlichen. Wir waren immer zusammen, bekamen miteinander das EK und zwei Tage darauf mussten wir mit der gleichen Granate verwundet werden. Seinen Vater dürft Ihr aber nichts davon erwähnen, dass es ihn so erwischt hat. Auch Herrn Ecker nicht, dass es bei uns so zugeht. Von Otto und Rudi habe ich schon so lange keine Post bekommen. Ich muss immer an sie denken.

Wenn Ihr die Weihnachtspakete für mich noch nicht abgeschickt habt, dann wartet noch damit. Vielleicht habe ich doch das Glück und komme in die Heimat. Auch sonst keine Post an die Feldpostnr. oder hierher schicken, da ich ja nichts bekomme. Wartet solange, bis ich Euch etwas Genaues schreibe.

Für heute recht viele Grüße und Küsse und seid um mich ohne Sorge, ich bin schon aus dem Wasser und vor allem weit vom Schuss. Euer Franz.

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Brief Nr. 90

Biala Podlaska, 27. 11. 43.

Meine lieben Eltern!

Ich will Euch wieder einige Zeilen schreiben. Ihr werdet jetzt ja etwas Sorge um mich haben und da will ich Euch mit meinen Brief beruhigen. Mein Zustand hat sich ja schon sehr gebessert. Ich kann schon fest aufstehen und umgehen. Es ist hier sehr schön. Wir liegen in einer Baracke. Der Ofen brennt schön warm. Auch ein Radio haben wir hier. Es ist wirklich gemütlich, zum Aushalten! Besonders das Essen ist sehr gut und so viel zu haben als man will. Schwester Rosemarie, eine sehr gutmütige Krankenschwester, umsorgt uns alle recht mütterlich, so dass ich bald ganz gesund bin. Gestern waren 2 Frauen von der NSV hier. Wir bekamen Zuckerln, Briefpapier, Zigaretten. Ich hätte sonst alles, nur Post von zu Hause fehlt mir. Es sind jetzt schon wieder elf Tage seit meiner Verwundung und wer weiß wie lange ich noch keine Post bekomme. Es handelt sich jetzt nur wie lange ich noch hier im Lazarett bin. Dauert nämlich der Lazarettaufenthalt über 28 Tage, so kommt man anschließend zum Ersatztruppenteil und der ist bei mir in Gütersloh (Westdeutschld.). Von da kann man dann Genesungs- und Erholungsurlaub bekommen. Dauert der Aufenthalt aber weniger als 28 Tage, so kommt man gleich wieder vom Lazarett zur Truppe zurück. 11 Tage habe ich ja schon. Jetzt muss ich halt warten, wie lange die Ausheilung noch braucht. Wenn Ihr diesen Brief bekommt, dann schreibt mir bitte sofort zurück. Die Post soll hier sehr schnell gehen. Wenn man von daheim so lange nichts bekommt, wird man ganz krank. Auch von Otto und Rudi weiß ich nichts, haben sie noch immer die gleiche Adresse? Meine Anschrift: Gefr. F. Weiß, Reserve Lazarett I, Biala Podlaska, Baracke 7.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 91

Biala Podlaska, 2. 12. 43.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute wieder ein paar Zeilen schreiben. Es sind jetzt schon 12 Tage, dass ich hier in Biala bin und warte schon so sehnsüchtig auf Post. Seit 14, habe ich von Euch nichts gehört, auch von Otto und Rudi weiß ich nichts. Könnt Euch denken, wenn man den ganzen Tag nichts zu tun hat, dass man sich da Gedanken macht. Ja und bei mir wills jetzt auch nicht recht. Selbstverständlich ist es nicht gefährlich. Ich will es Euch einmal genau beschreiben, wie das bei mir ist, das wird Euch sicher interessieren. Also ich habe 5 Splitter drin und zwar je einen links und rechts gleich über den Gesäß auf den Beckenknochen. Dann einen auf dem linken Schulterblatt und die anderen 2 gleich darunter. Die Splitter sind nicht groß, es wurde eine Röntgenaufnahme gemacht, ich hab sie gesehen. Die Splitter haben ungefähr diese Form (gezeichnet wie kleiner Fingernagel). Als ich von Polozk hierher gebracht wurde, zeigten sich die Wunden schön. Sie waren prima am Verheilen. Ich bekam nach einigen Tagen nur noch Hansaplast darüber geklebt und konnte aufstehen. Seit ein paar Tagen aber fängt mir jetzt die Wunde auf der linken Lende, die immer schon am schmerzvollsten war, zum Eitern an. Der Stabsarzt bohrte schon einmal mit der Pinzette daran  um, konnte aber den Splitter nicht finden. Da die Wunde nicht besser werden wollte, kam es soweit, dass ich morgen nochmals einen etwas schweren Tag habe. Ich soll nämlich morgen Vormittag aufgeschnitten werden und der Splitter herausgenommen werden. Angst habe ich keine (Ihr dürft deshalb auch keine haben), es sind hier Kameraden, die haben viel, viel mehr und habens auch ausgehalten. Die anderen Splitter bleiben scheinbar drinnen, da die Wunden schon fast verheilt sind. So – beim nächsten Brief werde ich Euch dann schreiben, wie die Operation ausgegangen ist, es wird schon nicht schlimm werden. Bis Ihr den Brief bekommt, ist vielleicht alles schon wieder verheilt.

Für heute recht, recht viele Grüße und Küsse. Franz.

Ist die Helatante noch immer bei uns? Dann gelten die Grüße auch ihr. Wenn nicht, dann schreibt es bitte mir, damit ich ihr auch einen Brief schreibe.

Gruß an die Großeltern und alle Bekannte.

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Brief Nr. 92

Ansichtskarte Spindelmühle.

Spindelmühle, 7. 12. 43.

Meine lieben Eltern!

Bin gestern von Biala P. nach hier (1 Wort unleserl.) verlegt worden. Brief folgt (2 Wörter unleserl.). Bitte schreibt mir gleich.

Meine Anschrift:
Gefr. Weiß Franz
Reserve Lazarett Spindelmühle (Riesengebirge)*)
Teillazarett Grand Hotel, Sudetenland.

*) siehe  http://de.wikipedia.org/wiki/%C5%A0pindler%C5%AFv_Ml%C3%BDn

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Brief Nr. 93

Spindelmühle, 7. 12. 43.

Meine lieben, guten Eltern!

 Endlich, endlich bin ich daheim im Reich. Ich kann Euch gar nicht schreiben, wie mir ist. Am liebsten würde ich vor lauter Freude schreien. Jetzt weiß ich erst richtig, was „Heimat“ heißt. Zur größten Freude kann ich Euch schreiben, dass wir uns bald sehen werden. Ich habe Euch so viel zu erzählen. Habt Ihr meine Briefe den Nummern nach bekommen? Im letzten Brief habe ich Euch geschrieben, dass ich aufgeschnitten werde. Also da ist vorläufig nichts daraus geworden. Wegen Überfüllung des Operationssaales wurde das bei mir verschoben. Inzwischen ist aber ein Lazarettzug abgegangen, bei dem ich Gott sei Dank mitgekommen bin. In einer 2tägigen Fahrt sind wir über Warschau – Breslau gestern abends hier angekommen. Hier ist ein wunderschönes Gebiet. Wir sind hier in die einzelnen Hotels des Kurortes Spindelmühle im schönen Riesengebirge aufgeteilt. Wie es sonst hier ist, kann ich noch nicht sagen, aber wie die Kameraden erzählen, muss es hier sehr schön sein. Hier liegt schon eine ganze Menge Schnee und man kann tüchtig Wintersport betreiben. Gestern bin ich schon Schlittengefahren, es ist hier eine über 2 km lange Rodelbahn.

Wie lange ich hier bleibe, weiß ich noch nicht. Aber ich denke, dass ich das Jahr 1944 noch hier erlebe. Ihr könnt mir hier auch Pakete schicken, nicht über die Feldpost, sondern gewöhnliche Reichspost. Ich weiß nicht, ob über die gewöhnliche Post auch Päckchensperre ist, wenn nicht, dann schickt mir bitte: Bei meiner Verwundung musste ich sämtliche Sachen zurücklassen, wie Schuhputz-, Wasch-, Rasier- und Zahnputzzeug. Wenn Ihr etwas auftreiben könnt (Rasierzeug, Zahnbürstel), dann schickt mir das bitte, ich brauche diese Sachen dringend. Habt Ihr mein letztes Paket aus Russland bekommen? Da war ja Zahnpasta drinnen. Schickt mir da auch welche mit. Und wenn ein wenig zu Essen drin ist, macht es auch nichts. Die Verpflegung ist hier sehr gut, aber ich glaube für mich etwas zu wenig. Ich habe bei der Verwundung etwas viel Blut verloren (bin im Gesicht weiß wie eine Mauer) und da könnte ich jetzt für drei essen. Ich habe Euch von hier eine Karte mit meiner Adresse geschrieben. Da hat sich jetzt ein wenig geändert. Statt Teillazarett Grand Hotel heißt es jetzt Teillazarett Hotel Buchberger. Ich schicke Euch hier ein Bild von dem Hotel in dem ich wohne. Ich habe ein Zimmer ganz allein für mich (wo der Pfeil hinzeigt sind meine Fenster) mit einem prima Bett, Kalt- und Warmwasser usw. Also Ihr seht, dass es mir hier gut geht. Nur Post  möchte ich halt schon von Euch haben. Seit 14. 11. habe ich von Euch nichts bekommen. Auch weiß ich nicht, was mit Otto und Rudi los ist. Wenn es möglich ist, dann schickt mir den ersten Brief und das erste Paket Express oder sonst irgendwie, damit ich es schneller bekomme.

Für heute schließe ich mit recht vielen Grüßen und Küssen aus dem schönen Riesengebirge. Euer Franz.

Grüße an die Helatante, Großeltern und Anna.

Ich schreibe Euch hier nochmals meine Adresse auf:

Gefreiter Weiß Franz
Reserve Lazarett Spindelmühle (Riesengebirge)
Teillazarett Hotel Buchberger
Sudetenland.

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Brief Nr. 94

Spindelmühle, 12. 12. 43.

Meine lieben Eltern!

Es ist ein schöner Sonntag Vormittag heute. Da wir vormittags nicht ausgehen dürfen, so will ich Euch wieder einen kleinen Brief schreiben. Von mir hier gibt es ja nichts besonders Neues. Gesundheitlich, kann ich sagen, geht es mir sehr gut. Ich war soeben im Verbandszimmer und ließ mir meine Wunden frisch verbinden. Da habe ich gesehen, dass sie sehr schön am Verheilen sind. Nur die eine, wo sie mir in Biala den Splitter herausnehmen wollten, eitert noch immer. Das macht aber nichts, dadurch kann ich mir den Aufenthalt hier verlängern. Wie ich hier von Kameraden gehört habe, bleibt man hier gewöhnlich bis zu 2 Monaten oder noch länger hier. Zum Aushalten wäre es. Dann noch 4 Woche Urlaub und dann soll dieser verfluchte Krieg in Russland aus sein. Den einen Splitter muss ich mir früher oder später ja sowieso herausnehmen lassen, da ich sonst Beschwerden habe, ich kann kein Koppel tragen und auch sonst wäre ich behindert.

Sonst ist es hier sehr schön. Es liegt schon eine ganze Menge Schnee hier. Vorgestern war ich Schilaufen. Mich hat’s natürlich noch sehr oft hingehaut, aber zum Schluss hat es mir schon Spaß gemacht. Wenn ich noch längere Zeit hier bleibe, dann kann ichs auch so halb und halb. Es ist ein wunderbares Wintersportgelände hier. Der ganze Ort besteht fast nur aus Hotels, Kaffeehäusern und Fremdenheimen, nur das halt jedes Hotel mit Landsern belegt ist. Gestern Nachmittag war ich erst ein wenig Rodelfahren, hier ist eine über 2 km lange Schlittenbahn (ich schicke Euch hier ein Bild davon mit), dann ging ich mit einem Kameraden ein wenig bummeln. Hier ist scheinbar nur immer Schönwetter, jeden Tag Sonnenschein. Morgen bekomme ich die Lebensmittelmarken zum Führerpaket.  Man kann sich hier damit öfters Kuchen und sonstige Zulagen , wie Zucker, Butter und Marmelade, kaufen. Ich brauch eine kleine Zugabe sowieso etwas notwendig.

Ich bin schon gespannt, wann ich wieder die erste Post von Euch bekomme. Ich kann es kaum mehr erwarten. In drei Tagen werde ich 20 Jahre. Vielleicht wird die erste Post ein Geburtstagsgeschenk (wäre bestimmt ein schönes). Ich kann es zwar nicht glauben, dass ich schon wieder so alt bin. Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell. Jetzt bin ich schon wieder eindreiviertel Jahr beim Kommis. In Friedenszeiten wäre ich bald erlöst. Und der Krieg will kein Ende nehmen. Um unsern Otto und Rudi habe ich Angst, weil ich nicht weiß, wo sie sind. Es ist schon über ein Monat her, dass ich die letzte Post von ihnen bekommen habe. Schreibt mir bitte gleich die Adressen von den beiden und auch vom Fredi, er wird ja von der Kriegsschule schon weg sein.

Ja und dann wäre ich schon sehr neugierig, was mit dem Weidinger Franz los ist. Unsern Haufen hat’s schwer erwischt gehabt. In meiner Gruppe waren 8 Mann. Wir waren wie eine Familie zusammengewöhnt. Nichts war bei uns passiert. Nur ein Monat war notwendig, um uns ganz zu zerreißen. Heute ist von uns 8 Mann nur mehr einer in Russland und vielleicht hat der mittlerweile auch schon eine abgekriegt. Ja der Krieg kann fürchterliches Unheil anrichten.

Für heute ist es aber genug. Schreibt mir bitte was in Neustift alles los ist, in dieser langen Zeit wird sich ja auch schon allerhand zugetragen haben.

Recht viele Grüße und Küsse bis zum nächsten Brief. Euer Franz.

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Brief Nr. 95

Spindelmühle, 16. 12. 43.

Liebe Eltern!

Es sind schon wieder seit meinem letzten Brief einige Tage vergangen, da will ich Euch schnell wieder einige Zeilen schreiben. Hier vergeht ja die Zeit so schnell, dass man nicht einmal mit dem Briefeschreiben nachkommt. – Gestern war für mich ein großer Tag.  – 20 Jahre bin ich schon wieder alt. Meine Geburtstagsfeier war sehr still gehalten. Vor einigen Tagen habe ich die Marken zum Führerpaket bekommen und da war ich gestern mit 2 Kameraden aus und haben so viel Kuchen gegessen, bis wir nicht mehr konnten. Aber wenn ich dann nach Hause komme, werde  ich gründlich nachfeiern. Also zum Essen braucht Ihr mir nichts mehr schicken, wie ich im ersten Brief geschrieben habe. Auf das Führerpaket bekomme ich so viel zu kaufen, dass ich es gar nicht aufessen kann. Auch Rasier- und Zahnputzzeug  habe ich schon aufgetrieben. Ich habe an die Kompanie geschrieben, dass sie meine Privatsachen zu Euch nach Hause schickt, also erschrickt nicht, wenn auf einmal so ein Paket ankommt. Von Euch habe ich noch immer keine Post.

Viele Grüße und Küsse Euer Franz.

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Brief Nr. 96

19.12. 1943.

Meine lieben Eltern!

Endlich habe ich mittags gestern die ersten Briefe von daheim bekommen. Die Freude und der Stein, der mir vom Herzen gefallen ist, waren groß. Es waren die Briefe Nr. 13 und 14. Der Brief, der vom Rudi dabei war, hat mich sehr bedrückt. Ich weiß es an mir, was Krieg heißt. Die Buben sind um 1 ½ Jahre jünger als ich und erst paar Wochen in Russland und müssen schon so viel Fürchterliches mitmachen. Ich kann gar keine rechte Freude hier finden, ich muss immer an den lieben Otto und Rudi denken.

 Mir geht es sonst sehr gut Weihnachten wollte ich gerne zu Euch fahren, aber leider konnten nur die Verheirateten berücksichtigt werden. Nun es wird hier auch ganz schön werden, weil es nur in der Heimat ist. Für heute habe ich eine Bitte an Euch. Mir ist es so wie Rudi ergangen. Ich habe nichts mehr. Auch meine Brieftasche mit 120 RM und den Fotos ist verloren gegangen. Da man hier im Heimatgebiet um die Hälfte weniger Wehrsold bekommt und hier doch etwas mehr Geld verbraucht, so möchte ich Euch bitten, dass Ihr mir in den nächsten Tagen, wenn es möglich ist, 50 Mark schickt. Mit diesem Geld komme ich dann reichlich aus. Leider habe ich nichts, was ich Euch schicken kann. Mit den Zigaretten sieht es hier selbst sehr schlecht aus, da kann man keine zusammensparen. 100 Stück sind bei den anderen Sachen in Russland geblieben. Aber ich bin froh, dass ich wenigstens mein Leben in die Heimat gebracht habe.

Für heute recht viele liebe Weihnachtsgrüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 97

Spindelmühle, 22. 12. 43.

Meine lieben Eltern!

Vorgestern habe ich das erste Paket bekommen. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut. Wenn ich schon Weihnachten nicht selbst bei Euch sein kann, so habe ich doch wenigstens von meinen lieben Eltern etwas. Ich habe noch gar nicht gehofft, dass das Paket schon kommen kann. Die Kameraden erzählten mir, dass das gewöhnlich 14 – 20 Tage dauert. Ja aber wenn die Mutti etwas macht, dann muss es ja schneller gehen. Also recht vielen Dank dafür.

Wie ich Euch vielleicht schon im letzten Brief geschrieben habe, kann  ich zu Weihnachten nicht nach Hause kommen. Ich hatte zwar ein Urlaubsgesuch eingereicht, aber es konnten nur Verheiratete mit Kinder und Ledige, die schon mehrere Weihnachten nicht daheim waren, berücksichtigt werden. Nach den Feiertagen werde ich nochmals um Kurzurlaub einreichen, da kann ich dann vielleicht auf einen oder zwei Tage nach Hause fahren. Dafür bekomme ich bei meiner Lazarettentlassung gleich Genesungs- und Erholungsurlaub zusammen, da kann ich gleich 4 Wochen auf einmal bei Euch sein. Eine Verlegung in ein Heimatlazarett ist sehr schwer möglich und aus gewissen Gründen auch nicht ratsam.

Am 17. hatten wir Weihnachtsfeier. Sie wurde schon so früh angesetzt, weil sie im ganzen Sudetenland von der Partei aus einheitlich vor den Feiertagen durchgeführt wurde. Wir bekamen von der NSV 2 schöne Päckchen mit allen mögliche Süßigkeiten, dann jeder eine Flasche Rotwein, ¼ L Schnaps, 5 Mann zusammen 1 Flasche Sekt und 1 Fl. Rum, jeder ein Buch und ein Bildchen mit Widmung vom Gauleiter Henlein (schicke ich hier mit). Es war sehr schön, nur dass zum Schluss fast alle besoffen waren. Am heiligen Abend werden wahrscheinlich die, die nicht in Weihnachtsurlaub fahren, nochmals eine kleine Feier von der Wehrmacht aus haben.

Ja und jetzt sollten’s halt Otto und Rudi auch so gut haben wie ich, dann wär’s erst richtig schön.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 98

Spindelmühle, 1. 1. 44.

Meine lieben Eltern!

Prosit Neujahr!!! Es ist wieder an der Zeit, dass  ich Euch einen Brief schreibe. Seit den letzten sind schon wieder 8 Tage vergangen. Und das neue Jahr will ich wenigstens im Briefschreiben anständig anfangen. Zuerst einmal recht vielen Dank für die vielen lieben Briefe, die ich unterdessen bekommen habe. Besonders die Bilder haben mir Freude gemacht. Unser lieber Otti!! Schade dass mir in Russland sie Brieftasche mit allen Fotos verloren gegangen ist. Schickt mir bitte auch von Rudi eins. Die anderen Bilder lasst noch zu Hause, wenn ich in Urlaub komme, werde ich sie dann einordnen. Nur von denen wo ich drauf bin, könnt mir einige schicken.

Die Weihnachtsfeiertage sind bei uns hier  recht still vergangen. Wir hatten am heiligen Abend noch eine kleine Feier, Mitternachts waren wir in der Mette, sonst war eigentlich nichts Besonderes. Gestern abends bekamen wir etwas Sekt und Kognak. Ich habe hier einen prima Kameraden und wir zwei haben uns von der Weihnachtszuteilung noch eine halbe Flasche Rotwein aufgespart, von den Marken zum Führerpaket haben wir uns ein halbes Kilo Zucker gekauft, damit haben wir uns warmen Wein machen lassen. Ich habe hier ein kleines Mäderl kennen gelernt und bei der zu Hause haben wir, bei sehr guter Stimmung, ins neue Jahr hineingefeiert. Die Mutter von dem Mädel hat uns den warmen Wein gemacht. Es war sehr gemütlich. Ein gutes Gefühl, wenn man wieder einmal in einem Privathaus unter Zivilisten sein kann. Ich hoffe, dass ich auch sehr bald bei Euch sein darf. Ich  bin ja jetzt schon ganz gesund, habe schon 2 Kilo zugenommen.

Mit den Gedanken an Otto und Rudi und mit den besten Hoffnungen wollen wir das Jahr 1944 beginnen. Euer Franz.

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Brief Nr. 99

Telegramm.

Spindelmühle, 14. 1. 1944.

Komme voraussichtlich Mittwoch, kann es gar nicht glauben.

Franz.

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Genesungsurlaub

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Brief Nr. 100

Spindelmühle, 23. 1. 44.

Meine lieben, lieben Eltern!

Bin hier in Spindelmühle gestern Vormittag gut wieder angekommen. In Breslau habe ich durch Zugverspätung meinen Anschlusszug versäumt, darum bin ich erst um einen halben Tag später hergekommen. Ich habe mich gleich wegen der Sache um Rudi interessiert, die Aussichten zusammenzukommen sind aber sehr schlecht. Da ich jetzt schon in Urlaub zu Hause war, kann mir eine Fahrt zum Rudi nicht bewilligt werden. Eine Verlegung wird sich auch nicht auszahlen, da so ein Antrag 3 – 4 Wochen dauert und in dieser Zeit werde ich sicher entlassen. Die Adresse von Rudi ist nicht zu entziffern. Ich habe sofort an die Dienststelle von dem Briefstempel um Auskunft geschrieben, muss jetzt halt abwarten. Rudi wird Euch in dieser Zeit sicher noch einmal schreiben, wenn Ihr dann die Adresse lesen könnt, dann schreibt sie mir sofort. Jetzt möchte ich Euch bitten, dass Ihr den Rudi nichts von unserm lieben Otto schreibt. Wenn ich entlassen werde und dann in Urlaub komme, schicken wir ihm auch ein Telegramm, dass er dann sicher nach Haus in Urlaub kommen kann. Es lässt  sich leider nicht viel besser machen. Für heute schließe ich wieder.

Im Gedenken an unserem Otto.

Franz.

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Brief Nr. 101

Spindelmühle, 28. 1. 44.

Meine lieben Eltern!

Die Stunden, die ich noch hier in Spindelmühle bin, kann ich schon zählen. Gestern wurde uns bekannt gegeben, dass wir entlassen werden. Am Montag, den 31. geht es von hier ab. Ob ich gleich von hier aus nach Hause fahren kann, weiß ich noch nicht. Die meisten Kameraden werden gleich zur Ersatztruppe geschickt. Es schleichen sich bei uns jetzt so dumme Gerüchte herum, dass es mit dem Urlaub schlecht steht. Früher gab es immer Genesungs- und Erholungsurlaub zusammen, also 4 Wochen. Jetzt soll es nur mehr 2 Wochen, also 1 Urlaub, geben, wenn man aber gleich zur Ersatztruppe kommt, kann man sogar um den Urlaub ganz umfallen. Wenn ich nach Hause komme, schicke ich Euch vorher noch ein Telegramm. Schreiben dürft Ihr mir nicht mehr, auch kein Paket mehr schicken.

Was ist mit Rudi? Habt Ihr schon Nachricht bekommen? Ich habe bis jetzt noch keine Antwort erhalten.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 102

Gütersloh, 17. 2. 44.

Meine lieben Eltern!

Bin gestern um Mitternacht hier angekommen. Die Fahrt ging ganz planmäßig, ohne irgendwelche Besonderheiten. Ich hatte von Wien aus einen sehr schönen Platz, so dass ich nachts auch etwas schlafen konnte. Vom Bahnhof Gütersloh musste ich noch 8 km zu Fuß gehen. Den Koffer hat mir aber ein Kamerad mit dem Fahrrad hergefahren. Die Nacht habe ich schön durchgeschlafen. Mit den Fliegeralarmen ist es gar nicht so schlimm, erzählen die Kameraden hier. Heute Früh war ich bei der Anmeldung. Also Ihr werdet staunen. Ich muss heute abends schon wieder von da wegfahren und zwar komme ich zum Grenadier Ersatz Batl. nach Idar Oberstein. Wo das ist, weiß ich nicht. Schreiben könnt Ihr mir noch nicht, bis ich Euch meine neue Adresse schreibe. Was dann mit mir los ist, weiß ich auch noch nicht. Aber auf jeden Fall habe ich mit der Luftwaffe nichts mehr zu tun. Wir sind jetzt vollkommen dem Heer überstellt. – Sonst geht es mir gut.

Recht viele liebe Grüße. Euer Franz.

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Brief Nr. 103

Spandau, 21. 2. 44.

Meine lieben Eltern!

            Gestern abends bin ich endlich bei meiner richtigen Truppe gelandet. Ich bin froh, dass ich wieder einen festen Platz habe und dass diese Fahrt ein Ende hat. Seit 15. bin ich unterwegs, von daheim nach Gütersloh, von dort nach Idar Oberstein, das liegt im Moseltal in der Nähe von Bad Kreuznach. Von da haben sie mich dann nach hier, Berlin Spandau, hergeschickt. Meine Adresse heißt jetzt: Gefr. Weiß Franz, Grenadier Ersatz Batl. 203, Genesungskompanie, Berlin Spandau. Ihr könnt mir gleich schreiben, aber Pakete keine schicken. Trotzdem dass ich erst einige Tage von zu Hause weg bin, freue ich mich schon wieder auf Post. Was ist den mit unserem lieben Rudi? Mit meinen Urlaub schaut es recht schlecht aus. Ich glaube kaum, dass ich nach Haus fahren darf. Wie es sonst hier ist, kann ich noch nicht sagen. Aber im Allgemeinen dürfte es nicht so schlecht sein.

Herzliche Grüße und Küsse für heute. Euer Franz.

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Brief Nr. 104

Berlin Spandau, 11. 3. 44.

Meine lieben Eltern und Rudi!

Bin gestern nachmittags um 2 Uhr hier in Berlin gut angekommen. Ferdi-Onkel hat mir in Wien am Franz Josefs Bahnhof D Zuggenehmigung verschafft, so konnte ich mit dem D 51 fahren, mit dem selben Zug, mit dem Ihr zum Rudi gefahren seid. Onkel hat mir dann noch einen prima Platz besorgt. Ich konnte bis Berlin durch 2. Klasse fahren. Also Ihr seht, dass bei der Fahrt alles geklappt hat. Nachmittags habe ich mich noch etwas in der Stadt umgeschaut und abends dann hier in der Kaserne gemeldet. Die letzten Luftangriffe haben aber hier nichts angerichtet. Der Betrieb hat sich hier seit ich weg bin nicht geändert. Heute habe ich schon Dienst mitgemacht, es ist nicht besonders schwer hier. Ich bin schon wieder dabei, mich einzugewöhnen, dass ich noch etwas dumm dreinschaue, könnt Euch ja denken. Morgen haben wir eine Heldengedenkfeier. Bin neugierig, was es da alles gibt.

Für heute grüßt und küsst Euch Euer Franz.

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Brief Nr. 105

Berlin, 13. 3. 44.

Meine lieben Eltern und Rudi!

Ich muss Euch heute leider schreiben, dass ich von der Genesungskompanie des Gren. Ers. Batl. 203 weggekommen bin. Und zwar bin ich bei einem neuen Haufen, wie er heißt, weiß ich noch nicht. Ich bin erst vor einer Stunde hergekommen. Es ist in einer anderen Kaserne, ebenfalls in Berlin. Das eine weiß ich, dass das  jetzt eine Marschkompanie ist und zwar soll das die Ersatztruppe von der 6. Luftwaffenfelddivision sein. Schreiben könnt Ihr mir jetzt nicht, weil ich keine Adresse habe. In einigen Tagen werden wir wahrscheinlich auch von hier weggehen. Dann werde ich Euch meine Anschrift schreiben, damit ich auch von Euch wieder Post haben kann. Wir sind heute ganz neu eingekleidet und ausgerüstet worden, wo es dann hingeht, ist uns nicht bekannt.

Mir wird das Papier schon zu wenig, darum nehme ich diese Feldpostbriefe.

Recht liebe Grüße von Eurem Franz.

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Brief Nr. 106

Berlin, 15. 3. 44.

Mein lieben Eltern und Rudi!

Muss Euch schnell wieder einige Zeilen schreiben. Mir geht es augenblicklich sehr gut. Wie ich Euch im letzten Brief geschrieben habe, bin ich bereits zu einer Marschkompanie abgestellt. Wir bleiben aber noch einige Tage hier. Der Dienstbetrieb ist ganz danach eingestellt, dass wir bald wieder nach vorne kommen. Wir haben nur um 8 Uhr und 14 Uhr Antreten, wo die Vollzähligkeit überprüft wird, sonst können wir machen was wir wollen. Nachmittag können wir ausgehen bis um 10 Uhr nachts innerhalb von Groß Berlin. Wenn einer Gelegenheit hat in der Stadt zu schlafen, so kann er bis nächsten Tag um 8 Uhr wegbleiben. Könnt Euch denken, dass die Landser scharf hinter den Berliner Mädels her sind, damit sie wieder in einem anständigen Bett schlafen können. Wir liegen nämlich hier unter schlechten Bedingungen in einer großen Halle. Die Fenster sind alle kaputt, es ist hier kalt, wie in einer Eisgrube. Wir legen uns abends hin, so wie wir am Tage angezogen sind. – Vergangene Nacht habe auch ich in einer schönen, warmen Stube geschlafen. – Ich habe mir Berlin schon ganz genau angeschaut. Trotzdem dass ein Großteil zerstört ist, so ist doch noch immer was los. Morgen werde ich wahrscheinlich kurz wegfahren. Ich bin nämlich zu einer Dienstreise nach Küstrin mit eingeteilt worden. Ich werde Euch von dort dann schreiben. Schade, dass ich von Euch keine Post bekommen kann. Wenn ich jetzt auf den Absender schreibe „im Marsch“, dann braucht Euch deshalb nicht ängstigen, das hat gar nichts zu bedeuten. Wir dürfen unsere Adresse nicht offen schreiben. Wenn etwas Besonderes sein sollte, dann bin ich folgendermaßen zu erreichen:

Genesende Marschkompanie der Luftwaffe in Berlin Ruhleben.

Alexanderkaserne (Turnhalle).

Für heute grüßt und küsst Euch recht innig Euer Franz.

Rudi wünsche ich einen recht schönen Verlauf seines Urlaubes.

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Brief Nr. 107

  1. 3. 1944.

Meine lieben Eltern!

Bin gestern nachmittags von Berlin abgefahren und befinde mich augenblicklich 50 km vor Warschau. Leider ist die schöne Zeit in Berlin so schnell abgebrochen worden. Die letzte Woche war eine der schönsten in meiner bisherigen Kommiszeit. Wir durften jeden Tag bis zum Wecken ausgehen und auswärts übernachten. Ich habe mit einem Kameraden die ganze Zeit über in einem Hotel gewohnt. Wir haben diese Gelegenheit natürlich gründlich ausgenutzt, habe mein ganzes Geld dabei angebracht. Vorgestern habe ich in Berlin den Koffer aufgegeben. Es sind zirka 150 Zigaretten, 1 Schachtel Tabak, 1 Flasche Schnaps drinnen und damit der Koffer nicht eingedrückt wird, habe ich noch 2Kopfkissen von unserem Lager hineingegeben. Für heute muss ich wieder schließen, da der Zug gleich weiter fährt.

 Recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

Beiliegend ein Nachturlaubsschein.

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Brief Nr. 108

23.3. 1944.

Meine lieben Eltern!

Ich habe Euch zwar erst gestern geschrieben, aber da ich augenblicklich etwas Zeit habe, so will ich schnell noch einige Zeilen zugeben. Vorerst möchte ich mich für den gestrigen Brief entschuldigen. Da keine andere Möglichkeit war, musste ich ihn ohne Marke in einen Briefkasten werfen. Ihr habt sicherlich dafür nachzahlen müssen. Aber die Hauptsache ist doch, wenn Ihr einen Brief bekommt. Leider habe ich von Euch in der Zeit, wo ich von daheim weg bin, keine Post erhalten. Ich wäre ja so neugierig, was mit Rudi geworden ist, ob er Verlängerung oder sonst etwas bekommen hat. Ich halte jetzt jeden Tag den Daumen, es sind ja seine letzten Urlaubstage, damit alles zu seinem Besten ausgeht. Wir sind heute Morgen hier in Warschau angekommen und bleiben bis mittags hier, dann geht es wieder weiter – Richtung Osten. – Bis wir zur Einheit kommen, wird es noch einige Tage dauern. Ich schreibe Euch dann sofort meine Feldpostnummer, damit ich von Euch wieder Post bekommen kann.

Für heute viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 109

Orscha, 29. 3. 44.

Liebe Eltern!

Wir liegen immer noch am Transport und weil seit meinem letzten Brief schon wieder einige Tage vergangen sind, so will ich Euch heute einige Zeilen schreiben. Augenblicklich bin ich in Orscha, das ist eine Stadt östlich von Minsk, 3 Stunden Bahnfahrt von Witebsk entfernt, wo wir hinmüssen. Seit gestern Früh, also über 1 Tag, liegen wir schon hier. Die Bahnstrecke nach Witebsk soll unter feindlichen Beschuss liegen, darum wollen sie uns nur bei Nacht hochfahren. Sonst geht es mir ganz gut. Wir haben einen schönen, warmen Ofen hier im Wagen, also frieren brauchen wir nicht. Das Wetter ist zwar ein wenig kalt, aber Schnee sieht man fast keinen mehr liegen. Auch die Verpflegung, die wir auf der Fahrt bekommen, ist wirklich sehr gut. Post von Euch würde ich schon gerne haben. Bin neugierig, ob Rudi Verlängerung bekommen hat und ob es sonst was Neues in Neustift gibt. Aber da muss ich schon noch 4 Wochen warten.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.  

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Brief Nr. 110

31.3. 44.

Liebe Eltern!

Meine Adresse:

Feldpostnummer  40152  D

Ich kann Euch leider augenblicklich nicht mehr schreiben Bin soeben bei meiner alten Kompanie, auch Ecker Karl, angekommen. Denke heute besonders an Otti und Rudi.

Kuss! Euer Fran z.

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Brief Nr. 111

Russland, 4. 4. 44.

Meine lieben, guten Eltern!

Die Gelegenheit zum Schreiben ist hier sehr schlecht. Ihr müsst mir darum schon verzeihen, wenn jetzt immer nur kürzere  Briefe kommen. Sonst geht es mir gut, wie es hier halt möglich ist. Bin wieder bei meinen alten Kameraden von früher. Vor einem Tag sind wir wieder in einen neuen Abschnitt gezogen, sind jetzt südlich von Witebsk. – Am 7. werden es 2 Jahre, dass ich schon beim Kommis bin und am 9. wird es ein Monat, dass ich von Euch ohne Nachricht bin. Wie die Zeit vergeht. Wenn ich nur schon wieder bei Euch sein könnte!

Es küsst Euch recht innig. Euer Franz.

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Brief Nr. 112

Russland, 7. 4. 44.

Liebste Eltern!

Heute vor 2 Jahren bin ich Soldat geworden. Wie schnell die Zeit verläuft. In Normalen Zeiten wäre jetzt schon meine Dienstzeit um und ich könnte wieder zu Hause sein und meiner Arbeit nachgehen. Heute vor zwei Jahren habe ich unseren lieben Otto zum letzten Mal gesehen. Dass ich damals so leichtsinnig weggegangen bin, kann ich mir selbst noch nicht verzeihen. –

 Als ich am 31. jetzt wieder zur Truppe her kam, wurde mir das Eiserne Kreuz und die Urkunde dazu ausgehändigt. Ich schicke es Euch heute getrennt nach Hause. Bewahrt es bitte gut auf.

Recht viele liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 113

Russland, 7. 4. 44.

Liebe Eltern!

In meinem zweiten Brief heute will ich Euch nur kurz bitten, dass Ihr mir die Bilder von zu Hause schickt. Und zwar sind das die, wo ich damals von jeden 10 Abzügen habe machen lassen und wo ich Vater für Ecker Karl welche gegeben habe. Die Kameraden möchten noch gerne welche und ich habe ja davon eine Menge. Vater wird sie schon finden. Hier schicke ich noch die Urkunde für das EK mit. Das EK habe ich in einem anderen Brief verpackt. – Habt Ihr den Koffer schon aus Berlin? Waren die Zigaretten und der Schnaps noch drinnen? Hoffentlich bekomme ich bald Post, ich kann es kaum mehr erwarten.

Kuss. Franz.

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Brief Nr. 114

Russland, 9. 4. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute am Ostersonntag will ich Euch recht liebe Grüße senden. Vor 2 Jahren konnten wir diesen schönen Feiertag noch gemeinsam die ganze Familie zu Hause verbringen. Hoffen wir, dass Rudi und ich bald wieder, aber dann für immer, bei Euch sein können.

Heute vor einem Monat bin ich von zu Hause weggefahren. Noch 6 oder 7, dann kann ich wieder in Urlaub kommen.

Viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 115

Russland, 16. April 1944.

Meine liebsten Eltern!

Will Euch heut wieder ein Paar Zeile schreiben, damit Ihr um mich beruhigt sein könnt. Hoffentlich könnt Ihr diese Schrift lesen, es lässt sich nämlich hier so schlecht schreiben. Leider muss ich Euch noch immer mitteilen, dass ich bis heute keine Post von zu Hause bekommen habe. Hoffentlich muss ich nicht mehr lange darauf warten. Ich wäre schon neugierig, ob Ihr alles bis jetzt von mir erhalten habt: den Koffer, die Briefe mit dem EK?! Heute schicke ich hier 25 Mark mit. Ich könnte es hier nur verlieren und zu Hause kann man es doch noch ein wenig verwenden. Mit einem nächsten Brief schicke ich dann die Lebensmittelmarken, die mir noch übrig geblieben sind. Für Vater hätte ich schon wieder über 100 Zigaretten. Leider kann ich von hier kein Päckchen machen und wegschicken, wenn ich Gelegenheit habe werde ich das machen. Ja und dann würde ich halt gerne wissen, wie das mit Rudi ausgegangen ist und was es sonst daheim Neues gibt. Dann könnt Ihr mir bitte wieder die „Donauwacht“ Zeitung schicken lassen. Ich weiß nicht, ob man das beim Briefträger, oder beim Postamt, oder in Tulln bei der Druckerei bestellen muss. Vater wird es schon machen.

Für heute wieder recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 116

Russland, 20. 4. 44.

Meine lieben, guten Eltern!

Endlich, nach fast 6 Wochen, die erste Nachricht von zu Hause. Gestern habe ich die erste Post bekommen. Ihr könnt Euch ja gar nicht denken, wie ich schon darauf gewartet habe. Die Freude war natürlich auch entsprechend. Ich bekam die Briefe Nr. 1 und die Post, die für mich nach Hause geschickt wurde. Also recht, recht vielen Dank dafür. Das Wichtigste war für mich, dass zu Hause bei Euch alles in Ordnung war. Rudi hat leider nur 4 Tage dazubekommen. Hoffen wir, dass er sich in Füssen doch etwas länger halten kann. Sonst gibt es ja in Neustift auch allerhand Neues. Der Wagensonner Otto hat auch auf so eine blödsinnige Art und Weise gehen müssen. – Ich schicke Euch hier in diesen Brief meine übrig gebliebenen Lebensmittelmarken mit. Bis ich wieder welche brauche dauert es noch lange. Augenblicklich braucht man bei uns bis zum nächsten Urlaub zirka 8 Monate. Also könnt Euch ja denken, wenn ich wieder komme. Auch ein kleines Päckchen mit ungefähr 90 Zigaretten und 1 Tabak habe ich heute fertig gemacht. Das freut mich, dass der Koffer mit den Zigaretten und den Schnaps gut angekommen ist. Vater, wenn ich wieder nach Hause komme, dann stoßen wir aber einmal anständig an. –

Es grüßt und küsst Euch Euer Franz.

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Brief Nr. 117

Russland, 24. 4. 44.

Liebste Eltern!

Habe heute mit Freuden den Brief von Rudi bekommen, wo Vater bei ihm zu Besuch war. Ich bin jetzt etwas geschlagen darüber, dass unser lieber Rudi auch schon wieder hinaus muss. Jetzt ist es wieder soweit, dass wir nur immer hoffen können, dass alles gut geht. Unser Herrgott wird schon Nachsicht mit uns haben, Otto ist ja bei ihm. –

Vater hat diesen weiten Weg bis zum Rudi gemacht! Ich kann mir denken, dass sich Rudi darüber recht gefreut hat.

Mit diesem Brief hier schicke ich Euch wieder einige Lebensmittelmarken, die ich noch gefunden habe. Auch 2 Päckchenmarken liegen bei, wir haben sie heute empfangen. Luftpostmarken schicke ich gar nicht mit, die haben sowieso keinen Wert. Ich werde damit Briefe verkleben. Dann lege ich noch 7 Mark bei. Ich schicke nämlich jetzt immer alles nach Hause. Es können wieder einmal Zeiten kommen, wo man jeden Groschen braucht. Ich habe hier in Russland schon genug verloren.

Für heute grüßt Euch wieder recht herzlich Euer Franz.

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Brief Nr. 118

Russland, 1. 5. 44.

Liebste Eltern!

Habe soeben wieder einen Brief von zu Hause bekommen. Es war Brief Nr. 2. Dieser Brief ist schon überholt. Ich habe vor einigen Tagen schon Nr. 3 erhalten. Recht vielen Dank dafür. – Sehe, dass es daheim sehr schönes Wetter gibt. Wir haben hier sehr grausliches Aprilwetter. Jeden Tag Regen (Schneegestöber), windig und kalt. Der Boden hier ist grundlos. Wenn wir nicht Gummistiefel hätten, wüssten wir nicht, wie wir das aushalten sollten. Aber jetzt trocknet es  schon wieder sehr schön ab. Die Urlauber erzählen, dass in der Heimat alles am Blühen ist und dass es ein wunderbares Wetter hat. Sonst gibt es bei uns hier nichts Besonderes. Wo ich bin, wisst Ihr ja? Ganz in der Nähe von Witebsk. Man kann die Häuser dieser Stadt von uns aus sehen.

Für heute schließe ich wieder. Es grüßt und küsst Euch recht innig Euer Franz.

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Brief Nr. 119

Russland, 3. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe eben für einige Zeile Zeit und will Euch darum einen Brief schreiben, Neues gibt es ja nichts von hier zu berichten. Es ist alles noch so wie immer. Das Wetter will sich überhaupt nicht ändern. Heute regnet es schon den ganzen Tag. Vom Frühling merkt man hier noch gar nichts, hier kann man noch Schneegestöber erleben, wie im tiefsten Winter. Zu Hause muss es ja jetzt  wunderbar sein. Die Urlauber, die aus der Heimat kommen, können gar nicht genug von dem schönen Frühlingswetter dort erzählen. Bis ich wieder in Urlaub komme, wird es auch schon herbsteln. Nun, 2 Monate werden mir ja schon gerechnet, muss ich halt noch 6 bis 7 Monate warten. Da wird es sich gerade ausgehen, dass ich zur Weinlese bei Euch bin.

Etwas Besonderes habe ich Euch doch noch zu schreiben. Seit 1. Mai bin ich „Obergefreiter“ Hiermit habe ich meinen höchsten Dienstgrad beim Kommis erreicht. Eine Beförderung will ich noch, welche das ist, wisst Ihr ja.

Für heute grüßt Euch recht herzlich. Euer Franz.

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Brief Nr. 120

Russland, 5. 5. 44.

Liebe Eltern!

Will Euch heute die Briefe Nr. 5 und 6 beantworten, die ich in den letzten Tagen bekommen habe. Erst einmal recht vielen Dank dafür. Habe bis jetzt alle Nummern erhalten. Auch die Briefe mit den Fotos habe ich bekommen. Über den Brief Nr. 5 habe ich mich besonders gefreut. Endlich ist es soweit, dass unser Haus von diesen verfluchten Schulden, die uns schon so viel Kummer gemacht haben, frei ist. Jetzt freut mich das Sparen noch einmal so stark. Vielleicht kommt es doch noch einmal soweit, dass die viele, viele Arbeit und die weißen Haare bezahlt werden. Wenn unser guter Rudi einmal die Wirtschaft übernimmt, dann soll er es leicht haben. Für mich werden bis zu dieser Zeit schon noch ein paar Mark zusammen kommen. Und wenn wir zwei, Rudi und ich, gesund aus dem Krieg nach Hause kommen, dann braucht Ihr um Euer Alter einmal keine Angst haben. –

Für die  Mutter möchte ich noch schreiben, dass Sie sich wegen Pakete für mich keine Sorge machen braucht. Ich habe jetzt noch immer von dem Speck aus meinem Urlaub und die ganze Dose mit Schmalz habe ich noch.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 121

Russland, 10. 5. 44.

Meine lieben guten Eltern!

Wie am 14. Nov. vorigen Jahres kann ich Euch heute wieder einen freudigen Brief schreiben, dass ich wieder in einem richtigen, anständigen Bett liege. Nur habe ich heute die vollkommene Gewissheit, dass ich nicht am nächsten Tag verwundet werde. Warum, werdet Ihr gleich erfahren. Unser Otto, der ganz sicher beim Herrgott ist, hat es heut früh um 2,10 Uhr gemacht, dass die Kugel, die auf mich zugeflogen kam, nicht durch das Herz, sondern durch den Oberschenkel ging. Zum dritten Male hat es mich heute erwischt. Es ist ein glatter Durchschuss am rechten Oberschenkel. Die Wunde beträgt zirka 20 cm. Der Knochen ist nicht verletzt. Ich befinde mich augenblicklich am Hauptverbandsplatz. Die erste ärztliche Behandlung ist bereits vorüber, es ist alles in Ordnung. Am Abend komme ich weiter zurück in ein Lazarett. Freut Euch mit mir. Ich bin ja so froh, einige Zeit wieder von vorne wegzukommen. Bis in die Heimat wird es nicht reichen. Post schickt weiter an die alte Feldpostnr.

Es grüßt und küsst Euch Euer glücklicher Franz.

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Brief Nr. 122

Russland, 13. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Bin gestern nach 2tägiger Fahrt mit einem Lazarettzug hier eingetroffen. Der Ort heißt Wileika und liegt zwischen Minsk und Dünaburg. Es schaut schon sehr heimatlich hier aus. Weiß angezogene Betten, deutsche Schwestern. Ich fühle mich wieder wie vor einem halben Jahr. Meine Verwundung ist nicht schlimm. Ich habe Euch ja von Witebsk darüber geschrieben. Es war in der Nacht vom 9. auf 10. 5. Wir arbeiteten an unserem vordersten Graben. Ich stand oben und schaufelte einen neuen Graben von einem MG Stand zum anderen. Der Iwan schoss wie immer ganz verrückt mit seinen sMG’s in der Gegend herum. Wir sind das schon gewöhnt und machen uns gar nichts mehr daraus. Auf einmal, um 2.10 Uhr, wieder kam so eine Garbe angepeitscht und ich zog den Kopf ein wenig ein, gab es mir einen brennenden Schlag von hinten auf den Oberschenkel. Mich haute es so von oben gleich in den MG Stand zu meinen Kameraden hinein. In einigen Minuten war auch schon Notverband und Spritze verpasst. Um 5 Uhr war ich schon am Hauptverbandsplatz und am Abend ging es schon mit dem Lazarettzug von Witebsk ab. Jetzt liege ich in einem schönen Lazarettbett und plage mich mit einer schweren Schiene am Bein ab. Schmerzen habe ich überhaupt keine mehr. Der Durchschuss ist zirka 20 cm lang und ohne Entzündungserscheinungen, also am Heilen. Ich denke, dass ich mich 2 – 3 Wochen halten kann. Aussichten für die  Heimat sind keine. – Ja, diesmal ist es schnell gegangen. 1 Monat vorne und schon wieder ein Stück Eisen durch. Ich habe es schon gefühlt, dass ich diesmal nicht so lange in Stellung bin. Ich bin auch froh, dass ich für einige Zeit wieder von vorne weg bin. – Habt Ihr meine Karte von gestern bekommen? Die Post könnt Ihr jetzt hierher schicken, meine Feldpostnr. heißt 42320.

Für heute schließe ich. Angst braucht Ihr keine haben, ich bin vollkommen wohlauf.

Gruß und Kuss Euer Franz.

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Brief Nr. 123

Wileika, 16. 5. 44.

Meine lieben Eltern! 

Habe heute ein kleines Päckchen zusammen gemacht mit Zigaretten. Vater soll sich’s recht gut schmecken lassen. Mir geht es gut.

Gruß und Kuss. Franz.

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Brief Nr. 124

  1. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Entschuldigt bitte, wenn dieser kleine Gruß etwas verspätet kommt. Aber ich habe bei der Verwundung wieder meine gesamten Sachen bei der Kompanie  gelassen und habe jetzt nicht einmal ein Blatt Schreibpapier. Morgen kommt die NSV und bringt uns Neues. Schicken dürft Ihr mir nichts, ich habe schon an die Einheit drum geschrieben. Sonst geht es mir sehr gut. Nur Post möchte ich halt so gerne haben. Jetzt ist schon wieder eine Woche herum. Heute  wurde mein Verband gewechselt. Die Wunde ist sehr schön, aber noch nicht trocken. Bei Verbandwechsel fließt noch immer Blut. Schmerzen habe ich überhaupt sonst keine mehr.

Grüße und Küsse. Franz.

Lazarett Wileika, 17. Mai 1944.

Meine allerliebste Mutti!

Zum Muttertag das Beste von Deinem Franz.

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Brief Nr. 125

Feldlazarett Wileika, 19, 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute in bester Laune wieder einige Zeilen schreiben. Es geht mir sehr gut, habe mich über nichts zu beklagen. Nur Post möchte ich halt schon so gerne haben, Habt Ihr von mir alles erhalten? Ich habe hier vom Lazarett ein Päckchen mit Zigaretten nach Hause geschickt, ist das angekommen? Ich lege hier in diesen Brief wieder 2 Päckchenmarken bei, die wir hier empfangen haben. Schickt mir bitte hier keine  Pakete her, da ich bis dahin vielleicht schon wieder wegkomme und dann gehen diese Sachen wieder wie letztes Mal verloren. Was ist den mit unserem Rudi? Ich bin schon sehr neugierig, wenn ich die erste Post kriege.

Heute recht herzliche Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 126

Wileika, 21. 5. 44.

Meine  lieben Eltern!

Will Euch heute wieder einige Zeilen schreiben. Es gibt ja nichts Neues von mir zu berichten. Aber heute ist ja ein ganz besonderer Tag – „Muttertag“, den kann ich doch nicht vorübergehen lassen, ohne Euch einen lieben Gruß zu schicken. Ich würde ja so gerne jetzt daheim sein und der lieben Mutter persönlich meine Glückwünsche sagen, so aber liege ich hier in einem Lazarett, verwundet, und kann nur im Gedanken bei Euch sein. Aber diese Zeit wird ja auch noch vorübergehen.

Mir selbst geht es sehr gut. Die Wunde ist schon am Heilen. Ich glaube, dass ich bald aufstehen darf. Ich halte es schon gar nicht mehr aus im Bett, wir haben draußen jetzt so ein herrliches Wetter.

Einen Wunsch habe ich nur, dass ich bald Post bekomme, damit ich weiß, was mit Euch und mit Rudi ist!

Für heute wieder recht liebe Grüße und Küsse Euer Franz.

Gruß an Anna.

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Brief Nr. 127

Wileika, 24. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute wieder einige Zeilen schreiben. Neues kann ich Euch ja nicht mitteilen. Es geht mir gut und ich bin soweit gesund. Post habe ich noch immer nicht, was mich mehr krank macht als die Verwundung. Was gibt es daheim alles, was ist mit Rudi? Wenn ich die erste Post herbekomme, werde ich wahrscheinlich schon wieder zur Truppe entlassen. Ich muss zwar noch immer im Bett liegen, aber ich merke, dass es nimmer lange dauern wird.

Heute habe ich zufällig von unserem Divisionskommandeur ein Bild in der Zeitung gefunden. Er hat Anfang dieses Jahres das Ritterkreuz bekommen. Ich habe ihn gesehen, als wir jetzt wieder nach Russland kamen. Wir wurden ihm damals vorgestellt zur Besichtigung. – Auch unser Regimentkommandeur und ein Obergefreiter aus unserer Division haben das Ritterkreuz. – Das war nur nebenbei. – Jetzt warte ich halt jeden Tag auf Post. Hoffentlich kriege ich bald was.

Für heute recht liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 128

Wileika, 25. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Kurz vor dem Schlafen gehen möchte ich Euch noch ein paar liebe Grüße schicken. Habe heute die Nachrichten im Radio gehört. Wien und Umgebung sind wieder angegriffen worden. Jetzt müssen wir an der Front mehr Angst um Euch haben, als Ihr um uns. Seid nur recht vorsichtig, dass Euch nichts passiert. Wie die Urlauber aus dem Altreich erzählen, schießen sie sogar auf einzelne Menschen auf dem Felde. – Mir geht es hier so gut. Außer Post fehlt mir überhaupt nichts. Sehr gutes Essen, Unterkunft und Behandlung ebenfalls sehr gut. Ob es unseren Rudi auch so gut geht wie mir? Ich warte schon jeden Tag auf Post.

Es grüßt und küsst Euch Euer Franz.

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Brief Nr. 129

Wileika, 28. 5. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute ist Pfingstsonntag. Es hätte für mich kein schöneres Pfingstgeschenk kommen können, als nach 3 Wochen wieder der erste Brief von Euch. Wie groß meine Freude war, kann ich Euch ja gar nicht schreiben. Die ganze Woche habe ich nur auf Post gewartet. Ich habe es kaum mehr ausgehalten. Habt Ihr Euch recht erschreckt, als Ihr von mir die Nachricht bekommen habt? Nun, heute nach 3 Wochen kann ich Euch schreiben, ich fühle mich wie ein Fisch im Wasser. Das Schlimmste ist überstanden. Ich muss noch immer im Bett liegen. Aber wenn ich dürfte, ich würde bis nach Hause laufen. Heute ist es mir besonders schwer angekommen, im Bett liegen zu bleiben. Die Kameraden, die aufstehen durften, waren jetzt nachmittags bei einem kleinen Pfingstfest. Wir anderen konnten nur vom Bett aus in das schöne Pfingstwetter schauen. Aber heute Abend, oder morgen soll noch die NSV mit einer kleinen Bescherung zu uns kommen.

Bekommt Ihr von mir alle Post? Ich habe vom Lazarett hier schon 2 Päckchen mit jedes Mal zirka 100 Zigaretten nach Hausse geschickt. Sind die angekommen? Morgen schicke ich wieder 100 Stück weg. Wir bekommen hier sehr viel Rauchwaren. – Auf dem Transport nach hier habe ich der Helatante einen Brief über meine Verwundung durch einen Urlauber geschickt. Der wird den Brief wahrscheinlich in einen Postkasten geworfen haben und die Tante hat dadurch nachzahlen müssen. Wenn das der Fall war, dann entschuldigt mich bitte bei Ihr.

Wie geht es den Großeltern? Gibt es sonst etwas Neues in Neustift?

Ich würde ja so gerne nach Hause kommen, aber dieses  Mal geht es sich nicht bis in die Heimat aus.

Heute, an dem Tag, auf dem wir uns als Kinder am meisten gefreut haben, schicke ich Euch recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 130

Feldpostkarte.

Pfingstmontag, 29. 5. 44.

Liebste Eltern!

Habe wieder ein kleines Päckchen mit Zigaretten zusammnegemacht. Es ist dies das dritte, das ich aus dem Lazarett hier schicke. Habt Ihr die anderen beiden bekommen?

Recht viele Grüße. Franz.

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Brief Nr. 131

Wileika, 1. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe heute wieder 2 Briefe von Euch bekommen. Einer war vom 22. 5., der andere war vom 17. 5., den hat mir die Kompanie nachgeschickt. Ich habe mich sehr darüber gefreut, war ja schon so neugierig, was zu Hause los ist und was es in Neustift Neues gibt. Nur vom Rudi wollte ich auch halt gerne etwas wissen, aber wenn Ihr selbst noch keine Nachricht von ihm habt. Dass Rudi das Inf. Sturmabzeichen bekommen hat, freut mich. Er hat es sich auch verdient. Ich bekomme auf Grund meiner dritten Verwundung das silberne Verwundetenabzeichen. Neues gibt es hier nichts. Ich kann schon aufstehen und spazieren gehen. Es geht eigentlich schnell, gestern waren es erst 3 Wochen.

Für heute recht liebe Grüße. Euer Franz.

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Brief Nr. 132

Wileika, 4. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe gestern nachträglich 2 Briefe von Euch bekommen, die schon bei der Kompanie waren. Es waren die Briefe Nr. 9 vom 1, 5. und Nr. 1o vom 13. 5. Recht vielen Dank dafür. Leider waren diese Briefe schon lange überholt und es war daher nichts Neues mehr für mich. Ich sehe darin, dass Ihr viel Arbeit habt, was ich mir auch gut vorstellen kann. Aber arbeitet Euch nicht zu tot, wenn Ihr nicht ganz nachkommt, dann lasst es liegen, wir werden deshalb schon nicht verhungern. – Mir geht es noch immer gleich. Gestern war ich zum ersten Mal spazieren. Ich muss halt noch humpeln, wie ein alter Mann, aber sonst geht es schon. Neues gibt es hier bei uns nichts. Zur Zeit haben wir sehr schlechtes Wetter, windig, kalt, regnerisch, wie im März zu Hause. Hoffentlich ist es daheim schöner, dass die Weintrauben anständig blühen können.

Heute grüßt und küsst Euch Euer Franz.

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Brief Nr. 133

Feldpostkarte.

Feldlazarett Wileika, 12. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe wieder  ein kleines Päckchen mit Rauchwaren zusammengemacht. Hoffentlich bekommt Ihr alles, ich habe von hier schon einige Päckchen abgeschickt. 2 Zulassungsmarken liegen hier auch bei. Brief folgt.

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 134

Wileika, 13. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Ich muss Euch heut wieder einen längeren Brief schreiben. Habe gestern von hier ein kleines Päckchen mit einigen Zeilen weggeschickt, aber das werdet Ihr ja sicher erst später  bekommen. Zuerst einmal recht vielen Dank für die letzten zwei Briefe, die ich noch nicht beantwortet habe. Also am meisten war ich ja über den Fliegerangriff überrascht. Das hätte ich doch  nicht geglaubt, dass die Amerikaner auch zu uns kommen. Gott sei Dank ist es nicht so schlimm ausgefallen. Ich kann mir aber ganz gut vorstellen, dass es im ersten Augenblick zum Fürchten war. War schon recht, dass Ihr Euch einen Splittergraben gebaut habt. Es zahlt sich aus, wenn man das anständig macht. Mir hat so ein Graben vielleicht schon ein paar Mal das Leben gerettet. Aber bei uns ist das ja auch anders, für uns bedeutet ja so ein Graben alles. Seid nur recht vorsichtig, damit wir um Euch keine Sorge haben brauchen. Wie die Urlauber erzählen, sollen sie sogar auf einzelne Leute auf der Straße oder auf dem Felde und auf Züge schießen. – Mir geht es schon recht gut. Ich kann schon gehen, als wenn ich ganz gesund wäre. Die Wunden sind schon trocken. Auf einer habe ich sogar den Verband schon herunten. Sonst gibt es nichts Neues hier.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 135

Wileika, 16. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Mit großer Freude habe ich heute von Euch den Brief bekommen, wo die Feldpostnr. vom Rudi stand. Ich war ja schon so neugierig drauf. Ich habe mich gleich hingesetzt und ihm einen Brief geschrieben. Ich bin schon so gespannt, wann ich von ihm Antwort bekomme. – Bei uns hier gibt es nichts Neues. Angeblich soll wieder Urlaubssperre sein. Und ich habe schon wieder mit Urlaub gerechnet. Im Oktober wäre ich drangewesen. Jetzt kann ich wieder erst vielleicht im Winter fahren. Sonst geht es mir gut. Ich kann schon ganz schön gehen. Wie ist das, habt Ihr alle Päckchen bekommen? Ich habe von hier schon eine ganze Menge geschickt.

Für heute viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 136

Wileika, 19. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute wieder einige liebe Grüße schicken. Ein Kamerad von meiner Stube wird morgen von hier zur Ersatztruppe in die Heimat entlassen und da muss ich noch schnell einen Brief schreiben. Er nimmt Post von hier mit und gibt sie im Reich auf. Da kommt sie doch früher an, als wenn man sie mit der Feldpost schickt. Ja, schön wäre es, wenn ich auch wieder zum Ersatzhaufen kommen könnte, wie bei meiner vorigen Verwundung. Aber nach einer neuen Verfügung muss man jetzt mindesten 63 Tage, also 9 Wochen, in Lazarettbehandlung sein, sonst wird man wieder zurück zur Truppe geschickt. Ich bin seit 12. 5. hier im Lazarett, würde noch ein Monat Behandlung bis für 9 Wochen brauchen. Meine Wunden sind leider schon fast ganz abgeheilt. Ich warte nächste Woche auf meine Entlassung. Ich wäre gern wieder in die Heimat gekommen. Mit dem Urlaub ist es jetzt ja auch wieder schlechter. Hoffentlich kommt in diesem Krieg jetzt einmal eine klare Eindeutigkeit hinein. Wir verfolgen sehr gespannt die Ereignisse auf den Kriegsschauplätzen. Besonders vom Westen und von der Vergeltung erwarten wir viel. Vielleicht ist der Krieg schon aus, bis ich wieder an die Front muss, verflucht das wär schön. Von meiner Kompanie habe ich jetzt eine Verständigung bekommen, dass sie meine Privatsachen zu Euch nach Hause geschickt haben. Ich habe nämlich bei dieser Verwundung wieder nur das mitgekriegt, was ich gerade  bei mir getragen habe. Jetzt weiß ich aber nicht, was sie alles von mir weggeschickt haben. Lasst die Sachen einstweilen, bis ich wieder nach der Kompanie komme, dann werde ich Euch schreiben, was ich davon brauche.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 137

Wileika, 23. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute wieder einen lieben Gruß von hier schicken. Neues gibt es ja nichts von hier zu schreiben. Morgen muss ich zur Untersuchung. Ich glaube, ich werde zur Truppe entlassen. Bekomme leider keine 9 Wochen zusammen. Nun, werde ja sehen was es gibt. Ich lege in diesen Brief wieder 2 Päckchenmarken bei. Schicken könnt Ihr ja doch nichts damit. Aber vielleicht kann man es noch einmal brauchen. Habe gestern mit großer Freude einen Brief von Euch bekommen. Es war der, wo Vater schreibt, dass die Privatsachen von mir angekommen sind. Der Zettel war aber nicht bei von der Kompanie, wie Vater geschrieben hat. Ich habe mich schon geärgert, dass meine Sachen nach Hause geschickt wurden. Ich habe nämlich an meine Kompanie geschrieben, sie sollen die Sachen behalten, da ich ja bald zurückkomme. – Schreibt mir ab jetzt wieder an meine alte Feldpostnummer 40152  D.

Es grüß und küsst Euch Euer Franz.

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Brief Nr. 138

Wileika, 24. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute ist der letzte Tag, dass ich hier im Lazarett bin. Morgen um halb sieben früh geht es wieder ab. Ich komme zur Feldgenesungskompanie. Wo das ist, weiß ich nicht. Aber auf jeden Fall noch etliche Kilometer hinter der Front. Ich bin jetzt nichts neugierig zur Truppe zu kommen. In dem Abschnitt, wo die Kompanie liegt, geht es jetzt sehr lebhaft zu. Im Wehrmachtsbericht kann man eine Menge von Witebsk hören. Wenn Ihr mir schreibt, dann an meine alte Feldpostnr. 40152 D. Ich habe auch heute 2 Päckchen mit Rauchwaren und anderen Sachen nach Hause geschickt. Hoffentlich gehen sie nicht verloren und kommen an. – Heute bekam ich auf Grund meiner dritten Verwundung das Verwundetenabzeichen in Silber verliehen. Ich schicke hier in diesem Brief das Besitzzeugnis dazu mit.

Ja, den nächsten Brief bekommt Ihr schon von wo anders. Es hätte mir schon sehr gut gefallen hier. Na, vielleicht komme ich bald wieder. Von Rudi habe ich heute einen Brief bekommen. Er hatte ihn an die Kompanie geschickt und die hat ihn weitergeleitet. Er schreibt mir nichts Besonderes.

Es grüßt und küsst Euch recht lieb Franz.

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Brief Nr. 139

Russland, 28. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute ist der vierte Tag, seit ich von Wileika weg bin. Ich bin noch immer auf der Reise. Da ich augenblicklich keine Adresse habe, so wartet mit dem Schreiben, bis ich Euch meine neue Feldpostnr. schreibe. Auch an meine alte Kompanie schreiben ist zwecklos, da ich wahrscheinlich nicht mehr zurückkomme. Sonst geht es mir gut. Neues gibt es ja nichts Weiteres von hier zu schreiben.  Sollte ich bei meiner neuen Truppe eintreffen, So werde ich Euch gleich einen Brief schreiben. Bis dahin recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 140

Wilna, 30. 6. 44.

Meine lieben Eltern!

Bin zur Zeit auf meiner Reise in Wilna. Was jetzt mit mir los ist, weiß ich selber noch nicht. Aber auf jeden Fall könnt Ihr unbesorgt sein. Mir geht es augenblicklich ganz gut. Von hier ist es nicht mehr weit nach Deutschland! – Wisst Ihr etwas vom Ecker Karl? Hat Vater schon mit Herrn Ecker gesprochen? – Bis ich wieder Post von Euch bekomme muss ich noch lange warten. Hoffentlich ist zu Hause alles in Ordnung. Wenn ich keine Post bekommen kann, dann ängstige ich mich immer ein wenig. Vom Rudi weiß ich auch schon so lange nichts. Vorgestern nachts habe ich einen russischen Bombenangriff mitgemacht. Es war aber nicht schlimm. Recht viel Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 141

Wilna, 3. 7. 44.

Meine lieben Eltern!

Am 30. 6. habe ich Euch im letzten Brief geschrieben, dass ich von Wilna nach Richtung Dünaburg fahre und eine neue  Truppe  suche. Also schon auf halben Weg dorthin haben wir auf einen Transport die Truppe gefunden, zu der wir kommen sollten. Wir haben uns gleich angeschlossen und sind mit dieser Kompanie gleich wieder nach Wilna zurückgefahren. Was jetzt mit uns geschehen soll, weiß scheinbar niemand. Wir stehen jetzt schon 2 Tage und 2 Nächte am Bahnhof in Wilna. Erst sollten wir ausgeladen werden, aber jetzt geht es angeblich noch weiter zurück. Es ist hier allerhand los, aber man kann darüber nichts schreiben. Sonst geht es mir gut. Auch an das Schlafen auf einen offenen Wagen ohne Decke habe ich mich schon gewöhnt. Aber das ist ja nicht schlimm. Ich denke nur an meine Kameraden in Witebsk, dann kommt’s mir ganz leicht an. Adresse kann ich Euch noch immer keine schreiben.

Für heute schicke ich Euch recht viele Grüße. Franz.

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Brief Nr. 142

Wilna, 6. 7. 44.

Meine lieben Eltern!

Wir sind jetzt hier in Wilna untergebracht. Es ist eine sehr schöne Stadt, aber die Front rückt immer näher heran und macht sich auch hier bemerkbar. Wir werden deshalb nicht lange hier bleiben. Ich bin jetzt fest bei einer Kompanie gelandet. Es ist eine Genesungskompanie und hat die Feldpostnr. 29637. Schreiben könnt Ihr mir auf diese Adresse nicht. Wenn ich für ganz gesund erklärt werde, komme ich nämlich von dieser Kompanie wieder weg. Und das wird bald sein. – Sonst geht es mir gut. Hier sind zwar jede Nacht Fliegerangriffe, aber wir sind außer Gefahr. Neues gibt es sonst nichts. Post möchte ich halt von Euch wieder haben! 

Viele Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 143

Deutsches Reich, 3. 7. 44.

Meine lieben Eltern!

Was ich selbst nicht geglaubt hätte, ist zugetroffen. Soeben sind wir über die alte Reichsgrenze bei Sudauen in Ostpreußen gerollt. Es ist Sonntag, 7 Uhr früh. Das Gefühl, das wir alle haben, lässt sich nicht beschreiben. Wir sind wieder in der Heimat. Es ist nur bedauerlich, dass uns sozusagen der Russe bis hierher getrieben hat. Wir selbst sind ja jetzt aus seiner Reichweite, denn das wird unser Führer nie zulassen, dass uns der Russe ins Reich kommt. In Wilna hing alles nur mehr auf einen haardünnen Faden. Es hatte fast nichts mehr gefehlt und er hätte uns erwischt. Auf einer Seite des Bahnhofes schossen die Maschinengewehre und auf der anderen fuhr unser Zug raus. Es würde eine Menge zu erzählen geben (wenn man einmal 14 Tage auf der Reise ist, sieht man etwas), aber das hebe ich mir auf bis ich einmal nach Hause komme. Was jetzt mit uns geschieht, wissen wir noch nicht. Wir sind alle gespannt, wo wir hinfahren. Wir glauben, dass wir irgendwo in Polen bleiben werden. Ich werde Euch dann gleich schreiben. Hoffnungen, dass ich auf Urlaub komme, oder dass ich noch weiter in die Heimat verlegt werde, dürft Ihr Euch keine machen. Wahrscheinlich ist, dass wir wieder zur kämpfenden Truppe nach vorne abgestellt werden. – Aber vorerst bin ich ja in der Heimat.

Recht liebe Grüße und Küsse sendet Euch Franz.

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Brief Nr. 144

Ebenrode, 11. 7. 44.

Meine lieben, guten Eltern!

Den dritten Tag sind wir heute schon im Reich. Wir liegen hier auf dem Bahnhof Ebenrode in Ostpreußen und warten auf neuen Befehl. Wahrscheinlich werden wir in Kürze wieder wegfahren. Es ist hier wunderschön. Wenn man nur immer in der Heimat bleiben könnte. Gestern waren wir baden. Es ist ein herrliches Sommerwetter hier. Abends waren wir noch gemeinsam im Kino. Wir fühlen uns wieder so richtig wie zu Hause, die Leute sind freundlich, die Kinder so lieb und zudringlich und was wir gar nicht mehr gewöhnt sind, es wird uns sogar als Soldaten, wenn wir im Zuge fahren, zugewunken. Unter diesen Verhältnissen vergessen wir schnell, dass wir vor einigen Tagen nur durch persönliche Anstrengung noch aus Wilna entkommen sind, dass wir mit den Händen von einem Waggon zur Maschine Kohlen getragen haben und dass wir, als die Kohlen auch verbraucht waren, Holz zum Weiterfahren gebracht haben. Dass man auch mit einem Kübel Wasser in den Tender tragen kann, ist ja nichts Besonderes. Aber gut gefahren sind wir doch, gleich bis nach Deutschland hinein.

Wenn ich nur schon Post von Euch bekommen könnte!

Liebe Grüße und Küsse von Eurem Franz.

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Brief Nr. 145

Ebenrode, 23. 7. 44.

Meine lieben Eltern!

Ihr werdet überrascht sein, dass ich noch immer in Ebenrode bin. Wir glaubten schon am ersten Tag, dass wir von hier weiterkommen und jetzt sind gar 14 Tage daraus geworden. Wenn ich das gewusst hätte, dann hättet Ihr mir bestimmt Post hierher schicken können  oder gar besuchen können. Eine Menge Kameraden haben ihre Frauen oder Angehörige herkommen lassen. Aber das ist eben so richtig Kommis, dass man von einen Tag auf den andern nichts weiß. Lange werden wir uns ja nicht mehr halten. Ich denke, dass wir in 2 – 3 Tagen wegfahren. Wo es hingeht wissen wir nicht. Es geht uns hier recht gut. Nur mit dem Essen komme ich nicht ganz aus, aber das wird sich wieder geben. Das eine macht mich halt fast krank, dass ich keine Post bekommen kann. Lange kann ja dieser Zustand auch nicht dauern. Es hat sich ja in den letzten Wochen im Allgemeinen sehr viel geändert. Vielleicht kommt bald der große Tag, wo das alles für immer aufhört.

Für heute schicke ich Euch wieder recht viele liebe Grüße und Küsse. Schreiben könnt Ihr nicht nach hier, da wir ja doch bald wegkommen.

Euer Franz.

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Brief Nr. 146

Kauen, 27. 7. 44.

Meine liebsten Eltern!

In meinen letzten Brief vorgestern von Ebenrode schrieb ich Euch, dass ich von der Genesungskompanie wahrscheinlich bald entlassen werde. Ich habe schon jeden Tag darauf gewartet. Jetzt ist es wieder soweit. Ich befinde mich augenblicklich auf der Frontleitstelle in Kauen. Was mit mir jetzt geschehen soll, weiß ich noch nicht. Es wird schon alles zum Guten ausgehen. Der name Kauen (früher Kowno) wird ja fast jeden Tag im Wehrmachtsbericht genannt. Es sieht auch nicht besonders glänzend hier aus. Aber es wird schon werden. Nach den schönen 14 Tagen in Ostpreußen müssen wieder etwas schlechtere kommen. Die 2 Wochen, die wir in Ebenrode waren, werden unvergesslich sein. Nach fast 3 Wochen Bahnfahrt mit sozusagen dreckiger Zeit war das wie im Himmel. Jetzt bin ich wieder in Russland. Hoffen wir, dass ich diesmal auch wieder gut rauskomme. Heute habe ich einen Bekannten getroffen, ein gewisser Zechmeister aus Fels. Er hat mir ein Bild gezeigt vom Haus seiner Schwägerin. Es ist beim Fliegerangriff zerstört worden. Ich bin schon ganz ängstlich. Jetzt habe ich schon so lange von Euch keine Post bekommen. Hoffentlich ist zu Haus nichts passiert. Für heute recht viele Grüße und Küsse. Wenn sich bei mir was ändert, werde ich Euch gleich schreiben. Euer Franz.

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Brief Nr. 147

Russland, 31. 7. 44.

Meine lieben Eltern!

Will Euch heute wieder einen Brief schreiben. Mir fällt gar nichts ein, da ich ja von Euch schon so lange keine Post bekommen habe. Von mir gibt es wieder etwas Neues zu berichten. Ich bin jetzt von der Frontleitstelle Kauen aus, wo ich Euch den letzten Brief schrieb, wieder zu einer festen Truppe gekommen. Wir wurden vorgestern in Kauen auf einen Dampfer verladen und fuhren auf der Memel in Richtung Heimat. Gestern Nachmittag sind wir in unserem neuen Standort eingetroffen. 10 km von der Reichsgrenze entfernt, wurden wir in Litauen ausgeladen. Wir sollen angeblich hier bleiben. Was wir hier machen sollen, weiß ich nicht. Eine Feldpostnr. haben wir jetzt auch bekommen. Ob Post herkommt ist fraglich. Schreiben könnt Ihr mir ja, damit ich auch einmal weiß was zu Hause los ist. Die neue Anschrift heißt: 00509 C. Ich habe aber das Gefühl, dass ich hier auch nicht lange bin. – Wenn für mich Post nach Hause kommen sollte, dann hebt es auf, bis Ihr’s mir sicher schicken könnt.

Für heute recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

Herzliche Grüße an alle Bekannten.

Soeben erfahre ich, dass diese Feldpostnr. auch ungültig ist. Also wartet noch mit dem Schreiben bis ich Euch etwas Bestimmtes sagen kann. Franz.

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Brief Nr. 148

Tilsit, 7. 8. 44.

Meine lieben Eltern!

Endlich habe ich heute wieder die Möglichkeit, Euch schnell einige Zeilen zu schreiben. Wir wurden gestern wieder auf der Memel verladen und fuhren mit einen Dampfer in Richtung Heimat. Um 12 Uhr gestern passierten wir die Reichsgrenze. Im Laufe des heutigen Vormittags kamen wir in Tilsit an, wo wir jetzt kurzen Aufenthalt haben. Nachmittag geht es dann wieder weiter. Wohin wir kommen und was sie mit uns vorhaben, weiß ich nicht. Hoffentlich nimmt das alles noch ein gutes Ende. Bis jetzt kann ich ja noch von riesengroßem Glück reden. Außer ein paar zünftigen Bombenagriffen habe ich noch nichts mitgemacht. Im letzten Augenblick immer, wenn man schon den Artillerielärm von der Front hören kann, kommen wir wieder ein Stück zurück. Die einzige Sorge ist nur, wie es bei Euch zu Hause und mit dem Rudi ausschaut. Sollten wir jetzt irgendwo im Reich einige Tage bleiben, dann schicke ich Euch gleich ein Telegramm, Ihr antwortet mir dann auch bitte gleich telegraphisch, ob daheim alles in Ordnung ist. Mir geht es sonst noch immer gut. Ihr könnt Euch ja denken, wie es so ist.

Recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 149

Skören, 8. 8. 44.

Meine lieben Eltern!

Habt Ihr meinen Brief von gestern aus Tilsit bekommen? Dann wisst Ihr ja, dass ich wieder einmal in der Heimat bin. Es ist ein wunderbares Gefühl daheim im Reich zu sein.

Wir fuhren gestern Nachmittag noch mit dem Dampfer von Tilsit weg. Heute Mittag kamen wir auf unseren neuen Standort an. Der Ort liegt ungefähr 25 km von Tilsit ab. Es ist hier sonst nichts Bedeutendes. Wir sind in einer Kaserne untergebracht. Endlich Haben wir eine Feldpostnr. bekommen, sie heißt 57899 B. Schreibt mir bitte darauf sofort, es kann nämlich sein, dass ich von hier auch wieder wegkomme.

Für heute viele Grüße und Küsse. Wenn ich abends Zeit habe, schreibe ich Euch dann einen ausführlichen Brief. Euer Franz.

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Brief Nr. 150

Feldpostkarte.

11.8. 44.

Liebe Eltern!

Wurde heute ganz überraschend abgestellt. Meine Feldpostnr., die ich Euch von hier schrieb, ist daher wieder ungültig. Wartet einstweilen mit dem Schreiben, bis ich Euch meine neue Anschrift bekannt gebe.

Viele Grüße. Franz.

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Brief Nr. 151

Ostpreußen, 11. 8. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe Euch heute schon eine kurze Karte geschrieben, damit Ihr von meiner Anschriftänderung  Bescheid wisst. Ich habe jetzt für einen Brief Zeit und will Euch daher schnell etwas ausführlicher schreiben. Wir waren hier in einer Kaserne untergebracht und glaubten, dass wir wenigstens 14 Tage Ruhe haben. Es sind hier alle Soldaten, die aus schwerstem Einsatz kommen. Aber schon nach 2 Tagen holen sie uns wieder heraus. Was mit uns werden soll, wissen wir nicht näher. Auf jeden Fall wird es nicht leichter sein, als was wir schon hinter uns haben. Dass ich keine Post bekommen kann, macht mich fast krank. Die Feldpostnr., die ich Euch im letzten Brief geschrieben habe, ist wieder ungültig. Sagt das auch Hermi, wenn sie zu Euch kommt, damit sie mir nicht unnötig schreibt. Sollte ich wieder eine neue Feldpostn. bekommen, werde ich Euch gleich schreiben. Jetzt heißt es halt wieder fest auf Gott und unser Soldatenglück vertrauen.

Recht liebe Grüße und Küsse. Franz.

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Brief Nr. 152

Russland, 16. 8. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute Mittag bin ich wieder zu einer festen Einheit gekommen, ich habe daher wieder eine Feldpostnr.: 32445 E. Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass Ihr mir wieder schreiben könnt. Abends, wenn es dunkel wird, geht es noch das letzte Stück bis vorne, dann bin ich wieder so weit, wie heuer zu Anfang April. Aber ich habe diesmal ein sehr ruhiges Gefühl. Es wird schon alles gut gehen. Wir haben ja jetzt die Heimat ganz nahe an uns. Ich glaube sogar, die Glocken würde man daraus hören können. Ebenrode, wo ich noch vor kurzer Zeit so schöne 14 Tage verlebte, ist von uns hier nicht weiter weg, als Krems von Euch zu Hause. Das hätten wir Soldaten nie geglaubt, dass wir einmal so nahe an unserer Heimat kämpfen müssen. Die ostpreußische Bevölkerung von hier ist gar nicht mit Worten zu beschreiben.

Jetzt warte ich halt auf Post von Euch. Ich hoffe fest, dass mir der erste Brief nur gute Nachricht von Euch bringt. Es sind ja schon 2 lange Monate, die ich ohne Post bin. Von Rudi weiß ich noch länger nichts. Es wäre kein Wunder, wenn ich da etwas ängstlich bin.

Sonst gibt es ja nichts Neues von mir zu erzählen. Wenn Ihr die nächste Zeit weniger Post bekommt, dürft Ihr deshalb keine Angst haben. Ich schlage mich schon richtig durch. Wisst Ihr etwas von Ecker Karl?

Für heute recht liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 153

21.8.44.

Meine lieben Eltern!

Bin heute zufällig beim Tross hinten und habe daher schnell für einige Zeilen Zeit. Abends gehe ich wieder mit dem Verpflegungsfahrzeug nach vorne in die Stellung. Es ist hier allerhand los. Wir stehen einige Kilometer vor der Reichsgrenze. Aber es werden alle Anstrengungen gemacht, den Russen zurückzuschlagen oder mindestens hier zu halten.

Zur großen Überraschung habe ich hier bei der Kompanie einen Bekannten getroffen. Es ist ein gewisser Lager Franz aus Fels, schon ein älterer Mann. Er wohnt in Fels gegenüber der Post. Er ist hier bei der Küche als Fahrer. Wir haben uns schon eine anständige Kellerpartie ausgemacht. Aber bis dahin, glaube ich, ist noch lange Zeit. Neues gibt es sonst nichts hier. Jetzt warte ich halt alle Tage sehnsüchtig auf Post von Euch. Ich rechne, dass ich in 10 – 15 Tagen schon Post bekommen kann. Wegen Fliegerangriffe kann ich beruhigt sein, sagt mir Lager. Er war gerade bei dem großen Angriff auf Urlaub. Fels müssten sie ja anständig erwischt haben. Aber sonst soll weiter nichts passiert sein. Hoffentlich sind auch die anderen Nachrichten günstig. Unserem Rudi wird doch nichts passiert sein?

Wenn Ihr von mir einige Tage keine Post bekommt, dürft Ihr keine Angst haben.

Recht viele Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 154

Russland, 26. 8. 44.

Meine lieben Eltern!

Seit zwei Tagen ist es in unserem Abschnitt auffallend ruhig. Es ist uns sogar möglich, dass wir schnell einige Zeilen nach Hause schreiben können. Besonderes kann ich Euch ja nichts erzählen und wie es mir geht, das könnt Ihr Euch ja so ungefähr vorstellen. – Ich schicke hier in diesem Brief 30 Mark mit, damit ich das Geld nicht unnötig mit herumschleppe. Post habe ich noch immer keine, aber jetzt kann es sich nur mehr um einige Tage handeln. In Euern nächsten Brief gebt bitte einige Umschläge und etwas Papier bei. Ich habe nämlich nichts mehr. Mein Schreibzeug benützt jetzt der Iwan. –

Was gibt es denn in Neustift alles Neues? Wie ist denn heuer die Ernte ausgefallen und wie schauts in den Weingärten aus? Ich würde heuer so gerne mithelfen. Ihr bringt Euch zu Hause fast um und wir liegen Tag und Nacht in unseren Erdlöchern. – mitten in Getreidefeldern – . Wir würden was geben, könnten wir hier in Ruhe arbeiten. So schöner Weizen und Hafer steht hier. Roggen ist zum größten Teil schon geschnitten oder steht auf Mandeln. Die Zivilisten mussten hier Hals über Kopf davon. Wenn keine Urlaubssperre gekommen wäre, könnte ich ja schon bald wieder daheim sein. Aber so kann ich nur meine Gedanken und recht viele Grüße und Küsse nach Hause schicken.

Euer Franz.

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Brief Nr. 155

5.9. 44.

Meine lieben Eltern!

Es ist schon wieder eine Woche her, dass ich Euch geschrieben habe. Heute habe ich wieder einige ruhige Minuten und da will ich schnell einen kleinen Brief für Euch fertig machen. Neues gibt es ja von hier nichts zu erzählen. Seit einer Woche ist es in unserem Abschnitt etwas ruhiger geworden. Wo ich liege, wisst Ihr ja. Mein Standort ist südlich von Wilkowischken, welches im Wehrmachtsbericht schon öfters genannt wurde.

Am meisten kommt es mir augenblicklich darauf an, dass ich bald Post bekomme. Es ist jetzt schon über 3 Wochen her, seit ich Euch meine Feldpostnr. mitgeteilt habe. Ich warte schon jeden Tag so darauf, dass ich es gar nicht sagen kann. Die Kameraden, die mit mir hierher gekommen sind, haben alle schon Post erhalten. Ich glaube, dass heute für mich auch endlich etwas dabei ist. Es ist jetzt schon das dritte Monat, dass ich ohne Post bin. Könnt Euch vorstellen, dass mir schon etwas bange ist, wenn ich einmal ein viertel Jahr ohne Nachricht bin. Hoffentlich habt ihr mir nur Gutes zu schreiben. Besonders um unseren Rudi habe ich Angst. Ihm wird doch nichts passiert sein! Fredi wird es ja in letzter Zeit auch nicht besonders gegangen sein. Was erzählt denn die Helatante von ihm?

Ihr werdet in den nächsten Tagen Geld von meiner Kompanie geschickt bekommen. Den Wehrsold, ich glaube es sind 55 Mark, überweist die Einheit gleich nach Hause. – Sonst gibt es eigentlich nichts Besonderes zu schreiben.

Für heute schließe ich wieder mit vielen Grüßen und Küssen. Euer Franz.

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Brief Nr. 156

Russland, 6. 9. 44.

Meine lieben Eltern!

Mit unsagbarer Freude bekam ich gestern nach einer Pause von fast 3 Monaten wieder den ersten Brief. Ich kann Euch ja gar nicht schreiben, wie spannend ich den Brief erwartete. Ein riesengroßer Stein war mir vom Herzen gefallen, als ich den Brief durchgelesen hatte. Ich war ja schon so ängstlich. Ich glaubte bestimmt, dass in dieser langen Zeit wieder ein Unglück passiert sei. Ich habe mich heute gleich hingesetzt und den Rudi einen langen Brief geschrieben. Ja, zuerst möchte ich mich einmal bedanken. Die größte Freude hatte ich mit den Bildern, sie sind wunderbar ausgefallen. Ihr seid so gut darauf getroffen, als würde ich Euch in Wirklichkeit sehen. Wie ich drauf erkennen kann, haben wir ja noch unsere beiden Pferde. Die Weingärten dürften auch heuer gut gewachsen sein, wie man auf einem Bild sehen kann. Wenn ich wieder nach Hause komme, dann wird der Keller einmal gründlich untersucht. – Vater schreibt, dass heuer so eine gute Ernte war! Nun, da kann ich mir denken, dass Ihr Euch halb tot gearbeitet habt. Über Eure Ernthilfe bin ich ja auch überrascht und auch sehr erfreut. Aber ich will nicht haben, dass Ihr Euch darüber irgendwelche Gedanken macht. Was ist mit Anna? Ist sie noch bei uns? Laut Dr. Goebbels müssen ja alle ausländischen Arbeiter in Rüstungsbetriebe. Nun, lange kann es ja nicht mehr dauern und dann kommen Rudi und ich für immer nach Hause. Wenn Rudi einmal anständig in die Arbeit hineingreift, dann habt Ihr’s leicht. – Was sagt denn die Familie Schuster? Jetzt hat es den Walter auch erwischt. So trifft es einen nach den andern. In den vergangenen Wochen  ist es mir auch schon ein paar Mal so gegangen, dass ich glaubte, Neustift sehe ich nicht mehr. Aber jetzt ist es bei uns sehr ruhig. Mir geht es jetzt bedeutend besser, bin als Kompaniemelder. Habt Ihr meinen Brief bekommen, wo Ich um Schreibpapier schrieb? Ich habe nämlich nichts mehr, ich muss mir schon von meinen Kameraden ausborgen.

Ich werde jetzt öfters schreiben. Heute schicke ich Euch recht viele Grüße und Küsse mit. Franz.

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Brief Nr. 157

Russland, 9. 9. 44.

Liebe Eltern!

Will Euch heute wieder einige Zeilen schreiben. Neues gibt es ja nichts, was ich Euch erzählen könnte. Post habe ich seit dem Brief Nr. 1 noch keine wieder bekommen. Gestern gab es bei uns Makedenderwaren. Es war auch Schreibpapier dabei. Ich komme damit wieder einige Zeit aus. Wenn Ihr mir noch kein Briefpapier abgeschickt habt, dann könnt Ihr noch damit warten.

Vater, schreibe mir bitte beim nächsten Brief, was von meiner alten Kompanie aus Witebsk alles für Sachen nach Hause geschickt wurden, als ich im Lazarett war. Ich wäre nämlich neugierig, ob sie alles mitgegeben haben. Das übrige wäre sonst verloren.

 Für heute wieder recht viele Grüße und Küsse. Franz.

Grüße an Familie Weiß und Kohoutek.

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Brief Nr. 158

Russland, 16. 9. 44.

Meine lieben, guten Eltern!

Am Anfange kann ich mich wieder für einen lieben Brief von Euch bedanken. Den Brief Nr. 2 vom 3. 9. habe ich wieder mit recht viel Freude erhalten. Auch das Briefpapier, das Ihr mitgeschickt habt, habe ich bekommen. Ich kann es gut gebrauchen. Als Dank schreibe ich Euch gleich damit zurück. Neues von mir kann ich Euch nicht erzählen. Es ist Gott sei Dank bei uns hier noch so ziemlich ruhig. Nachts wird es bei uns immer sehr kalt, es hat jedes Mal Reif. Da wir noch keine Bunker haben, und ur in einem Erdloch wohnen, auch an Bekleidung haben wir nur das was wir anhaben, so frieren wir ganz anständig. Wie ich aus Euren Brief sehe kann, hat unser Rudi schon wieder so lange nicht geschrieben. Hoffentlich ist ihm nichts geschehen. In Rumänien ist ja jetzt auch allerhand los. Ich muss ihm gleich auch heute noch schreiben. Dass in der Heimat jetzt viele einrücken müssen, kann ich mir denken. So manchen schadet es auch gar nichts, wenn er sich den Krieg aus der Nähe anschaut. Ich habe nur Angst, dass sie zum Schluss vielleicht unsern Vater auch noch holen. Das wäre ja dann das Letzte. Unsere Familie hat ja in diesen Krieg schon genug Sünden abgebüßt. Dass in der Heimat das baldige Kriegsende Tagesgespräch ist, kann ich mir denken. Auch wir denken schon immer an den Frieden. Lange kann es ja nicht mehr dauern, einmal muss ja auch dieser Krieg aus werden. Hoffen wir, dass wir dieses Ende auch noch gut überstehen. Für heute mach ich wieder langsam Schluss. Grüße an die Großeltern und alle Bekannten.

Für Euch recht liebe Grüße und Küsse. Euer Franz.

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Brief Nr. 159

Russland, 18. 9. 44.

Meine lieben, guten Eltern!

Will Euch heute wieder einige Zeilen schreiben. Habe gestern Zulassungsmarken bekommen, die ich hier mitschicke. Leider kann man damit kein Kilopaket mehr schicken, sondern wie Ihr ja wissen werdet, nur 10 dkg Päckchen. Wenn die liebe Mutter zufällig einmal Mehlspeis macht, dann schickt mir bitte damit ein Stück. Essen haben wir ja sonst mehr als genug, aber ein Stück Kuchen wär doch etwas Seltsames.

Lager Franz, mein Kamerad aus Fels, hat mir gestern erzählt, er hat Post von zu Hause bekommen, dass die Wiener Bahnhöfe bombardiert worden sind. Hoffentlich ist der Helatante dabei nichts passiert. Ich warte schon dringend wieder auf Post. Der letzte Brief war Nr. 2 vom 4. 9. Für heute schließe ich wieder mit recht vielen Grüßen und Küssen.

Euer Franz.

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Brief Nr. 160

Russland, 20. 9. 44.

Meine lieben Eltern!

Vorgestern abends bekam ich den Brief Nr. 4, wo Vater von unserem Rudi schrieb. Ich wusste augenblicklich nicht, ob ich mich freuen oder weinen sollte. Aber jetzt, weil alles wieder gut ist, freue ich mich doch. Rudi muss ja furchtbar viel mitgemacht haben, der Arme. Jetzt hat er’s wieder geschafft. Hoffentlich bekommt er mit diesem Krieg nichts mehr zu tun. Dass er in Wien im Lazarett liegt, ist ja sehr günstig. Ihr könnt ihn da ja oft besuchen und er wird ja auch leichter einmal heimfahren können. Hat es ihn schwer erwischt? Ich habe ihm auch gleich heute einen Brief geschrieben. Ich bin ja so neugierig, was mit ihm ist und wie es ihm geht. Vater schreibt, er ist noch der Alte. Das freut mich, dass er seinen Hamur noch nicht verloren hat. Schön wär es, wenn wir wieder so wie im Frühjahr, zusammenkommen könnten. Fredi hat auch schon so lange nicht geschrieben. Ja und nicht zuletzt, das Bildchen von unserem lieben, lieben Otto hat mir Freude gemacht. Ich werde es immer bei mir tragen, dann wird mir schon nichts geschehen.

Brief Nr. 3 ist noch ausständig.

Für heute tausend liebe Grüße. Franz.

Für die lieben Zeilen von Mutti recht vielen Dank. Ich habe mich sehr darüber gefreut.

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Brief Nr. 161

Russland, 27. 9. 44.

Liebe Eltern und lieber Rudi!

Habe gestern Euren lieben Brief Nr. 5 und den Brief von Rudi von zu Hause mit recht vielen Freuden bekommen. Rudi schreibt, dass ich die Post für ihn gleich auch nach Hause schicken soll. Wie ich aus seinem Schreiben entnehmen kann, geht es ihm ja soweit gut. Er soll nur die Zeit, die er in der Heimat sein kann, recht genießen und so lange wie nur möglich hinausziehen. Zu Hause muss es jetzt ja so schön sein. Die Weinlese, die heuer so gut ausfallen soll, wird ja auch nicht mehr lange auf sich warten lassen. Zum Naschen muss es doch schon gehen?! Wenn „normaler Krieg“ wäre, könnte ich jetzt bald in Urlaub fahren. Da könnte ich wieder mit Rudi zusammen sein. So aber, glaube ich, wird es für mich in diesem Krieg keinen Urlaub mehr geben.

In Eurem lieben Brief war diesmal auch der Zettel von meinen Privatsachen von meiner alten Einheit drinnen. Es ist schön, dass die so alles geschickt haben. Hier könnte ich jetzt wieder so verschiedene Sachen davon brauchen. Wir haben uns hier einen wunderbaren Bunker gebaut und haben wieder einen festen Wohnsitz, da braucht man wieder so alle möglichen Sachen. Aber mir diesen kleinen Päckchen kann man sich ja auch nichts schicken lassen. Wie Ihr Euch ja denken könnt. Habe ich nämlich zur Zeit überhaupt keine Privatsachen. Gerade, dass ich das notwendigste Waschzeug habe. Ich besitze kein Nähzeug, kein Putzzeug, gar nicht, nur was ich am Leibe anhabe. Wenn es geht, könnt Ihr mir jedes Mal etwas im Brief mitschicken, nur so ein paar Kleinigkeiten wie zum Beispiel ein Briefumschlag, oder ein Päckchen Puddingpulver, Fotos von Euch, Otto und Rudi, ein paar Zwirnsfäden zum Knöpfe annähen und sonst so ein paar Kleinigkeiten, die man im Brief immer mitschicken kann. In den 100 Gramm Päckchen dürft Ihr mir keine solchen Sache schicken, die sind dafür zu schade.

Habt Ihr übrigens das Geld schon bekommen, das von hier nach Hause geschickt wurde? Ich gebe hier in diesen Brief den Einlieferungsschein mit. Bekommt Ihr meine Briefe immer regelmäßig? Von Euch fehlt mir noch Brief Nr. 3, sonst habe ich alle bekommen. Wenn Vater einmal Sonntag Nachmittag etwas mehr Zeit hat, das wird ja jetzt wenig der Fall sein, dann möchte ich Ihn um ebnen ausführlichen Brief bitten. Ich bin sehr stark interessiert, wie es so im Allgemeinen bei uns daheim ausschaut. Wie es mit der Arbeit steht, wie die Ernte ausgefallen ist – die Weinlese, wie es finanziell ausschaut und sonst so Kleinigkeiten, die man für gewöhnlich gar nicht schreibt, die mich aber interessieren. Hoffentlich bleibt es jetzt hier bei uns so ruhig. Wir sollen den Winter über in diesem Bunker bleiben. Im Stellungskrieg geht es ja doch noch etwas besser, aber wenn wir in Bewegung sind, dann kann man keine Minute für sich verwenden. Das einzig Gute, was wir in letzter Zeit hatten, war das Essen. Die litauische Bevölkerung hat hier alles liegen und stehen gelassen. So manche Sau musste schon für uns sterben. Nur schade, dass man nicht alles so machen kann, wie daheim. Vieles geht dabei verloren, was man zu Hause gut verwenden könnte. In 2 – 3 Tagen hatten wir paar Mann immer so ein Schwein von ungefähr 100 Kilo aufgefressen. Was hier so verloren geht, kann man sich gar nicht vorstellen. Geflügel, Schweine, Kühe und schöne schwere Pferde haben sie hier. Auch einige Bienenstöcke hatten wir aufgetrieben und den Honig davon ausgelassen. Aber jetzt geht uns der Vorrat schon langsam zu Ende. Erdäpfel haben wir noch, da kochen wir uns immer einen Topf voll als Zugabe.

Ja für heute werde ich wieder langsam schließen. Ich möchte noch fragen, habt Ihr meine Urkunde zum silbernen Verwundetenabzeichen bekommen? Ich habe sie vom Lazarett Wileika damals nach Haus geschickt.

Es grüßt Euch recht lieb Vater, Mutter und Rudi Euer Franz.

Rudi wünsche ich noch recht gute Unterhaltung!

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Brief Nr. 162

Russland, 1. 10. 44.

Meine lieben Eltern!

Ich habe zwar gestern einen kurzen Brief geschrieben. Aber da ich heute wieder Zeit habe, so will ich Euch wieder einige Zeilen schicken, Es ist ja heute Sonntag. – Bei uns merkt man ja sonst wenig. Aber heute fühlt man doch, dass nicht ein gewöhnlicher Wochentag ist. Das Wetter ist heute ausnahmsweise schön. Wir hatten jetzt schon immer kalte und windige Tage, aber heute ist es so richtig spätsommerlich warm. Ich könnte mir jetzt so vorstellen, jetzt nachmittags daheim spazieren gehen, oder im Weingarten Trauben naschen. Vom Rudi, den ich heute auch noch einen Brief schreibe, bekam ich gestern Post, er schreibt, dass er mit Hermi und Lina im Keller war. Ich vergönn ihm das von Herzen, er soll es sich nur so gut wie  möglich gehen lassen. Wir sitzen hier ja auch tief im Dunkeln, aber in einem Bunker und draußen reifen nicht die Trauben, sondern es platzen Granaten und Kugeln pfeifen, aber das wird ja auch wieder anders kommen. Heute bekamen wir auch Marketenderware, jeder Mann einen halben Liter Schnaps, 1oo Zigaretten und 8 Zigarren. Die Stimmung, die hier in unserem Bunker ist, könnt Ihr Euch ja vorstellen. Leider kann ich jetzt für unseren Vater keine Zigaretten mehr schicken. Es ist verboten, dass man solche Sachen nach Hause schickt. Päckchen, die von hier nach Hause gehen, werden vom Kompaniechef überprüft. Aber ich werde schon sehen, dass ich Vater wieder ein paar Stück zubringen kann.

Für heute viel Grüße und Busserl. Franz.

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Brief Nr. 163

Russland, 8. 10. 44.

Meine lieben Eltern!

Heute müsste ich Euch ja einen langen Brief schreiben, ich habe mich ja für so viel zu bedanken. Aber mit der Zeit ist es so knapp, dass es sich nur für einen kurzen Feldpostbrief ausgeht. Zuerst einmal meinen besten Dank für die ersten 2 Päckchen. Dass meine Freude darüber riesig groß war, könnt Ihr Euch ja vorstellen. Es waren die Päckchen mit Speck. Sie haben mir wunderbar geschmeckt. Diese Päckchen sind schneller angekommen, als der Brief, den Ihr an den gleichen Tag abgeschickt habt. Sie haben bis zu mir 4 Tage gebraucht. Auch die Briefe Nr. 7 und 8 habe ich erhalten. Recht lieben Dank dafür. Ist das der Weidinger Franz aus Kirchberg, von dem Vater schreibt, dass er in Rumänien vermisst ist? – Von unserer Anna war ich ja gewaltig überrascht. Was sagt sie? Ist das Kind bei uns zu Hause? – Hier bei mir gibt es nichts Neues Heute haben wir Sonntag, ein ausgezeichnetes Herbstwetter. Wie schön müsste es daheim sein!!

Für heute grüßt Euch recht lieb Euer Franz.

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Brief Nr. 164

Russland, 9. 10. 44.

Liebste Eltern!

Recht lieben Dank für den Brief Nr. 9, den ich gestern mit großer Freude bekommen habe. Ich habe ja gestern erst einen kurzen Brief geschrieben, aber weil ich gerade Zeit habe und damit Ihr mehr Post von mir bekommt, will ich Euch gleich antworten. Neues gibt es bei uns hier nichts. Es ist alles noch ruhig. Gestern nachts hätte ich bald einen „Urlaubsschein“ bekommen. Eine Gewehrkugel streifte mich am linken Fuß gleich über den Knöchel. Es gab mir einen anständigen Schlag, bekam aber nur einen blauen Fleck ab. Es war eine Leuchtspur. Ich sah, wie sie ankam. Sie blieb dann neben mir liegen und brannte noch weiter. Schade, das wäre ein schöner Heimatschuß gewesen. – Bei der Weinlese wünsche ich Euch recht schönes Wetter.

Gruß in Kuss. Franz.

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Brief Nr. 165

Russland, 10. 10. 44.

Meine lieben Eltern!

Schnell wieder einige Zeilen. Ich habe gerade ein paar Minuten dazu Zeit. Im letzten Brief schrieb Vater, dass Ihr von mir so wenig Post bekommt, da muss ich jetzt wieder ein wenig nachholen.

Am 15. fängt Ihr mit der Weinlese an? Ich würde mich so freuen, wenn ich wieder einmal dabei sein könnte. Es ist jetzt schon die Dritte, dass ich nicht mehr zu Hause bin. Wenn Ihr diesen Brief bekommt, werdet Ihr schon fest bei der Arbeit sein. Die Weintrauben müssen ja heuer wunderbar sein, bei diesem schönen Wetter. Wenn dieser verfluchte Mist nicht gekommen wäre, könnte ich jetzt mit Urlaub dran sein. Wer weiß wie lange es jetzt wieder dauert, bis ich fahren kann. Heute sind es gerade sieben Monate, dass ich von zu Hause weg bin. Wie die Zeit vergeht!

Baum Johann soll auch in meiner Ecke sein? Wasserburger Erwin ist verwundet? Das möchte man alles gar  nicht glauben. Ich kann mich noch so gut erinnern, wie wir als Kinder beim Wasserburger gespielt haben und jetzt haben wir alle schon so viel erlebt. Hoffentlich nimmt das alles bald ein Ende, damit wir wieder nach Haus dürfen. In einem Monat wird es zwei Jahre, dass ich mit meiner Einheit in Russland bin. Da wäre es kein Wunder, wenn einem alles schon zuwider wird.

Für heute wieder viele liebe Grüße. Wünsche Euch recht schönes Lesewetter.

Euer Franz.

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Brief Nr. 166

Russland, 11. 10. 44.

Meine lieben Eltern!

Habe gestern gleich 2 Briefe auf einmal von Euch bekommen. Für die große Freude recht vielen Dank von mir. Es war der Brief Nr. 10, in dem mir Vater alles von der Ernte und so weiter schreibt und dann der Umschlag mit Bildern. Dieser Brief hat mich ja sehr überrascht. Wie ich sehe, wäre ja das heurige Jahr, vom Wirtschaftlichen aus gesehen, sehr gut gewesen. Ich kann mir jetzt so beiläufig ein Bild über die Verhältnisse daheim bei Euch machen. Was aber das alles an Arbeit und Plage gekostet hat, kann ich mir vorstellen. Die Ernte war heuer so schön, da habt Ihr den Sommer über keine ruhige Minute gehabt. – Der Viehbestand ist ja auch sehr gut. Wie oft könnt Ihr abstechen, habt Ihr genug zu essen? Nun und die Weinlese wird ja heuer auch nicht schlecht ausfallen. Da kann man ja fast damit rechnen, dass zu den Kapital noch eine Null dazukommt. Ich will den Anfang dazu machen und schicke Euch hier 20 RM mit. Hoffentlich geht der Krieg recht bald und gut aus. Damit Euch die viele Plage vergolten werden kann und dass dann mit diesem Geld auch etwas angefangen werden kann. – Ich schicke auch hier die Liste mit, die Vater in einen der letzten Briefe mitgegeben hat. Ja, und den Zwirn habe ich auch bekommen. Vielen Dank, Mutter! Ich warte jetzt auf die Päckchen mit Rebeltorte, die müssen jeden Tag kommen. Ich freue mich schon darauf. Am 16,. Bei der Weinlese, werde ich recht fest an Euch denken. Wer hilft Euch denn aller?

Für heute recht liebe Grüße und Küsse. Franz.

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Im August 1944 geriet Franz Weiss im Raum Wilkowischken in Litauen in Kriegsgefangenschaft und wurde im Kriegsgefangenenlager 195/II  in Vilnius interniert. Mitte September 1947 kehrte er heim.

Franz Weiss verstarb am 04..09.2018 im 95. Lebensjahr.

 
Erste Nachricht aus der Kriegsgefangenschaft.
Alle Bilder: Franz Weiss jun.

Unsere Artikel, die NS-Zeit betreffend, die mit Emblemen des Dritten Reiches versehen sind, dienen nur dem Zweck der staatsbürgerlichen Aufklärung und der militär- und zeithistorischen Forschung über die Ereignisse und Vorkommnisse von vor über 70 Jahren. Wir wollen solche Darstellungen nicht als falsche Glorifizierung verstanden wissen und distanzieren uns dezidiert von nationalsozialistischem Gedankengut.  

18.07.2022
Andreas Nowotny