Österreich gehörte wie Deutschland, aber auch Ungarn und Polen, zu den Ländern, deren Währungen nach dem Krieg völlig zusammenbrachen. Der Zerfall des Wirtschaftsgefüges der Monarchie, schlechte Ernten und allgemeine Ressourcenknappheit, die zu Ausfällen in der Industrieproduktion führte, eine Regierung, die zur Budgetfinanzierung die Banknotenmenge (http://www.geldschein.at/banknotengeschichte5.html)

 

1918

Schulchronik Neustift
…. am 12. November Errichtung der Deutschösterreichischen Republik.
Der Friede steht vor der Türe, aber ernste Nahrungssorgen bedrücken uns. Die Lebensmittel sind knapp. Wien hungert! Die Zuführungen aus den slavischen Nachbarstaaten und aus Ungarn stocken. Deutschösterreich muß sich selbst erhalten. Die Versorgung der Stadt Wien mit Milch ist derart gesunken, daß nicht einmal Säuglinge u. Schwerkranke die unbedingt notwendige Milchnahrung mehr erhalten können. Zahlreiche “Hamsterer” beleben unsere Ortschaft. Die Lieferungen sind auf die Hälfte der bisher erreichten Mengen zurückgegangen. Die Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Lande ist schwer bedroht. Einbrüche und Brandlegungen stehen auf der Tagesordnung. Alles sucht um Waffenpässe an. Häufige Schießereien mit Dieben und Einbrechern. Bildung von “Platten” in der Nachbarschaft.- Unser wackerer Ort bewahrt Ruhe und Ordnung.
 

Pfarrchronik Kirchberg, Pfarrer Karl Rasberger
… Der neue Pfarrer tat sich anfangs insoferne schwer, nachdem er gerade zu einer Zeit eintraf, wo die Lebensmittelnot eine geradezu beängstigende war und die Teuerung eine so immense war, daß er nicht einmal im Stande war, die leeren Zimmer des Pfarrhauses zu möblieren. So muß eben zugewartet werden auf bessere Zeiten. Die guten Leute erleichterten aber gleich in den ersten Tagen seines Hierseins dem Pfarrer sein Leben durch zahlreiche Gaben von Lebensmitteln.

Teuerung und Mangel
Die Teuerung und Mangel am Notwendigsten machte gewaltige Fortschritte. Im Juli war kein Brod, bis die neue Ernte kam. Es wurde für 2 Laib Brod 100 K und eine Garnitur Leibwäsche geboten. Kleider waren nicht zu erkaufen, 400 – 600 K ein Anzug, Mangel an Zündstoffen, an Beleuchtung und an Holz und Kohlen u Kerzen. Außerdem infolge der vielen Lieferungen kein Fleisch und wöchentlich höchstens 10 dk per Person. Schuhe 300 K das Paar. Der Wein kostete 14 – 15 K der Liter. In den Gasthäusern, die sehr reduzirt sind, kostet ein Mittagessen 6 – 10 K, das Viertel Wein 3 K. Im August dürfte die Teuerung den Höchststand erreicht haben. Aber auch in religiöser Hinsicht arger Rückgang. Allgemein ist die Leugnung von Gottes Dasein, „Es gibt keinen Herrgott, sonst könnte er des Blutvergießen nicht zusehen“, das Gebet nützt gar nicht etc, Alles umsonst.“ Überall Gottlosigkeit. Auch der Besuch des Gottesdienstes hat nachgelassen. Die Bauern haben in jeder Hinsicht in Überfülle, Alles Notwendige im Tauschhandel erhalten, zuerst Tabak, Zucker, Kaffee, Petroleum, Zünder, Kerzen, Wäsche, Stoffe, Leder, Kleider und jetzt begehren sie – Gold. Vieh mußten sie um billiges Geld liefern, dafür verkauften sie ein paar Schweinchen um 600 – 14000 K und Kartoffel um 1K 80k und Milch um 1K.

Friedensaussicht
Anfangs Oktober wurden die vom Presidenten der amerikanischen Union, Wilson, vorgeschlagenen 14 Punkte von den Mittelkräften acceptiert, - die Zeitungen schreiben: „Friede unterwegs.“ Auch wird berichtet vom Steigen unserer Valuta (1 K = 30 h tiefster Kurs) und vom Fallen der Preise von Wein, Stoffen, Kerzen, Zwirn, Kaffee, Chokolade sowie der Schweinepreise (=220 Kr) –

6. November :Der Kaiser und die kaiserl. Familie flohen nach Eckartsau und leiden Not.

Infolge der Kohlennot Einstellung der Eisenbahnzüge. Ein eigentümlicher Druck lastet auf der ganzen Bevölkerung.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Protokoll aufgenommen am 6/4.1918.
Nachdem jetzt in der Genossenschaft sehr wenig Milcharbeit ist, so wurde dem Abkühler für weiteres 50 Kronen pro Monat festgesetzt, daß Kassabuch wurde für Monat März bestätigt.geschlossen am 6. April 1918.

Protokoll aufgenommen am 9 Juni 1918.
Dem Kühler wurden vom Vorstande 40 Kronen für weiters pr Monat zugesprochen und daß Kassabuch für richtig konroliert.

Protokoll aufgenommen am 13. September 1918.
Das Kassabuch wurde für Monat September kontroliert und mit dem Kassarest von 894 Kronen 92 Heller bestätigt.

 

1919

Pfarrchronik Kirchberg, Pfarrer Karl Rasberger
Nahrungsmittelnot ist noch nicht geschwunden. Das Geld ist fast wertlos.

Beheizung und Beleuchtung für den Winter
Salz ist unerschwinglich teuer (mit Beschlag gelegt), Kohlen gibt es keine, ebenso kein Petroleum, gebrannt wird Karbid, das von Tag zu Tag teurer wird.

…. Die Teuerung und der Jammer um Lebensmittel wird täglich größer, sogar auf der Eisenbahn sind längst die Züge ganz beschränkt und an Sonntagen verkehrt gar kein Zug mehr. Wie lange es noch so geht bis gewohnte Verhältnisse kommen weiß man nicht.

Das Jahresende / Teuerung
Ende des Jahre 1919 fehlen dem Volke die notwendigsten Lebensmittel und sonstige Artikel statt Kleingeld gibt es Briefmarken, statt Kerzen und Petroleum ist das teure Karbid, Zündhölzchen sind fast nicht zu haben, Salz und Kohle fehlen allemals. Es ist von 22. Dezember bis 2. Jänner kein Personenzug mehr gegangen. Im Schleichhandel verkaufen die Bauern den Hafer um 8 -9 K, Weizen um 16 – 20 K das Kilo, Mohn 35 - 40 K, Butter 100 K, Milch um 9 K, Mehl um 40 K, der Wein kostet 32 – 34 K der Liter. Ein Anzug für einen Mann 3000K. Fleisch kostet in Wien 80 – 100 K das Kilo. Allgemein Unzufriedenheit über die Regierung. Die Jagd liegt ganz darnieder. Es wurden öffentlich Treibjagden abgehalten, so daß selbst der Hase auf den Feldern eine Seltenheit ist und das Fell mit 50 K bezahlt wird. Arbeiter und Soldatenräte belästigen das Volk. Die Unsicherheit ist überall zu finden. Diebstähle, Raub, Einbrüche und Mord sind Alltägliches. Die Zeiten sind schrecklicher als im Kriege.
 

Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef Dedelbacher
Für spätere Zeiten, da man vom Weltkrieg nur noch wie vom Hörensagen spricht, soll folgende instruktive Tabelle ein Wörtchen von der jetzigen Teuerung sprechen:

Artikel perkg früher K jetzt Kbis teurer Prozent   Artikel per kg früher K jetzt K Teurer Prozent
Mehl 0,34 2,7-26 7500   Zucker 1,04 1,6 – 24 2300
Butter 4,20 30 – 95 4500   Rindfleisch 3,-- 20,-- 650
Schmalz 2,-- 90-120 5000   Kalbfleisch 3,- 26 900
Brot (Leib) 0,46 1,-1,56 300   Schweinefleisch 2,80 15-50 1700
Reis 0,40 40 10000   Wurst 2,50 28-60 2400
Grieß 0,40 20 5000   Schinken kg 7,-- 60,-- 800
Tee 20,-- 100 500   Käse 8,-- 35,-- 400
Kartoffeln 0,12 2,-- 1600   Äpfel 0,80 5,-- 600
Milch 0,34 1,40 350   Zwetschken 0,20 4,-- 2000
Eier (Stück) 0,07 1,80 1800   Herrenanzüge 100,-- 1000 1000
Wein (1/4 l) 0,40 3,-- 750   Damenkleider 200,-- 2000 1000
Herrenhüte 15,-- 80,-- 500   Stiefel 20,-- 200 1000
Damenhüte 40,-- 200,-- 500   Kohle 2,04 9,10 400
Wäsche: Krägen 0,40 4,-- 1000   Holz (Bund) 0,70 7,-- 1000
Herrensocken 1,-- 30,-- 3000   Salatöl (1l) 3,60 56,-- 1500
Damenstümpfe 2,40 60,-- 2500   Gas (1m3) 0,11 0,26 250
Schafwollweste 20,-- 200,-- 1000   Wäsche waschen per kilo 0,36 1,60 450
Strickgarn 6,-- 180,-- 3000   Seife (1kg) 0,70 13,-- 1800
Zwirn (Spule) 0,30 12,-- 40000   Dienstboten p Monat 100,-- 500,-- 500
Stopfwolle 0,10 2,-- 1000   Lederhandschuhe 2,-- 40,-- 20000
Waschen von         Zwirnhandschuhe 1,-- 20,-- 2000
1 Herrensocken 0,12 0,70 1200   Kamm 2,- 20,-- 1000
2 Manschetten 0,12 1,-- 800   Schwamm 4,-- 20,-- 500
          Reibbürste 0,90 9,-- 1000
Ausreibtuch 0,60 8,-- 1300          


Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Eduard Steininger
Feb. 1919: Es begann mit diesem Tage eine traurige Zeit. Kein Brot, keine Kohle, überhaupt keine Lebensmittel, Kleider u. Wäsche wenn selbst um hohen Preis nicht zu bekommen. 


Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
.... und so weiter ins Unendliche, denn die Preise steigen noch immer. Kohlen sind schon 2 Winter hindurch nicht zu bekommen.


Milchgenossenschaft Winkl
Kühlerlohn 50 Kr. bis auf weiters, wenn die Milch sollte mehr werden, oder die Theuerung immer steigt, so wird der Arbeitslohn, vom Vorstand nach Verabredung erhöht. geschlossen am 10 Ocktober 1919 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Die Preise für Schulsachen sind enorm in die Höhe gegangen, z.B. kostet

                        eine Schiefertafel                 9 K
                        ein Griffel                                       40 h
                        eine Feder                          30 K    40 h
                        ein Federhalter                              40 h
                        ein Bleistift                                     60 h
                        ein Schreibheft                              24 h
                        ein Zeichenheft                     1 K   20 h
                        ein Radiergummi                   2 K
                        ein Fläschchen Tinte             2 K
                        eine Schultasche                 30 K (Papierstoff) 

Die Lehrerschaft bekam ein neues Gehaltsgesetz (vom 30.X.1919), dessen Ansätze leider wieder den wahnsinnigen Preisen nicht entsprechen. (1 Paar Schuhe gegen 1000 K, ein Anzug zwischen 4000 und 5000 K, 1 Hemd 300 K, 1 Ei bis 6 K, 1 kg Butter 20 K, 1 kg Fett 140 K, 1 kg Rindfleisch 32 K, 1 l Milch 3 – 5 K, 1 l Wein im Keller gegen 40 K u.s.w.).

Die Schule mußte wieder wegen Mangel an Brennstoff vom 27. Febr. bis 8. März geschlossen werden. Die Beheizung für 3 Lehrzimmer kostete für den Winter bis Ende Februar rund 10.000 K. 

 

1920

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Die Not wird größer, Teuerung ist schrecklich. Diebstähle, Mord, Einbrüche sind auf der Tagesordnung.

Die Teuerung ist wieder gestiegen. Die Preise für den Liter 1917er Wein 80 K ab Keller, die Schuhe 2000 K das Paar. Für Anzüge f. Herren 12000 K, ¼ Wein im Gasthause kostet 15 K, Postporto und namentlich die Eisenbahn wird stets teurer. 1 Paar Ferkel kostet am hiesigen Markte 2000 K. Schleichhandel gedeiht noch immer mehr. Die Bauern lassen nichts aus, treiben dabei Aufwand an Kleidern und im Gasthause kennt man gar nicht, daß die Zeiten so traurig sind. Die Bauern leben noch dahin wie im tiefsten Frieden.

Notgeld
Wie in den meisten kleinen Städten und Märkten wurde auch in Kirchberg das Notgeld, zunächst 20 und 50 Heller-Scheine von der Gemeinde ausgegeben. Auch die unscheinbarsten Dörfer beginnen schon mit der Ausgabe von Notgeld. Den Entwurf hiezu machte ein Lehrer aus Tulln. – Siehe am Ende des Artikels!

    
           
    
  
Alle Scheine wurden freundlicherweise von Herrn Anton Halmer aus Mitterstockstall zur Verfügung gestellt.
 

Teuerung
Die Zeiten werden immer trauriger. Die Teuerung nimmt zu. Für 1 Kilo Weizen werden verlangt 25 K, für ein aus dem Ei entschlüpftes Huhn 100 K geboten, für 1 Schachtel Zündhölzchen 80 h, für einen Trog (ganz einfach, ohne Zierrat)begehrt 700 K. Glaube, daß die schlechtesten Zeiten erst kommen werden, völlige Anarchie und Zusammenbruch des kleinen Deutschösterreichs. Die Anzeichen, besser gesagt, die Vorboten sind vorhanden: Herrschaft der Juden, schleichender um so gefährlicher Bolschewismus, bodenlose Frechheiten der Sozialdemokratie gegen Landwirte und Gewerbetreibende, gegen Priester- u. Bürgertum. Gott sei uns gnädig!

Teuerung
Die Teuerung dürfte im Dezember die höchste Stufe erreicht haben, die Krone hat fast keinen Wert mehr. Es sind schauerliche Preise für alle Gegenstände, Nahrungsmittel und Artikel. Das Ei kostet bei den Bauern 15 K, die Milch 10 – 20 K, Schuhe 2000 – 3000 K. Die Professionisten begehren nie dagewesene Preise. Trotzdem die Kirche für die erhöhten Pachtzinse so viel einnehmen, von einem Auskommen keine Spur, so daß sich der Pfarrer weder das Geld für Wein, für Kirchenwäsche, für Kanzleiauslagen das Geld wegnehmen konnte, und die Kirche es ihm schuldet.

Zeitungsanzeige: Notgeld der Marktgemeinde Kirchberg am Wagram. (Künstlerisch ausgestaltet.)! Auflage 10- und 20-h.Scheine beinahe vergriffen. 2. Auflage 10-, 20-, 50- und 80-h-Scheine, mit dem Amtssiegel und Namenszug des Herrn Bürgermeisters versehen, gelangt in einigen Tagen zur Versendung. 1. Auflage 1 K, 2. Auflage 2 K nebst 1 Prozent Manipulationsgebühr. Versand durch Anton Strasser, Kirchberg am Wagram
(Tagblatt vom 13.6.1920)
 

Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef Dedelbacher
Ernteergebnis: Die Monate Juni, Juli und August waren äußerst nass und kalt; infolge dessen war das Ernteergebnis ein wenig erfreuliches: - Körnerfrüchte: mittelmäßig, eher noch darunter. – Kartoffeln: sehr schlecht, Wein: wenig aber qualitativ gut, Futter und Klee: mittelmäßig. – Kraut: nicht gut, Obst: reichlich. –

Dieses Jahr überbot alles Dagewesene durch die stetig wachsende Teuerung; noch ist keine Aussicht auf Besserung. Deus providebit! 
 

Schulchronik Winkl, Lehrer Jakob Jungbauer
Der Schulbesuch war ein sehr guter und die Kinder brachten die nötigen Schulsachen anstandslos, obwohl dieselben eine riesige Teuerung erfuhren. So kostete eine Schiefertafel 36 K, ein Griffel 1 K, eine Feder 0,4 K, ein Bogen Papier 0,2 K, ein Heft 0,3 K, ein großes Zeichenheft 3,6 K. Auch die Sachen für weibliche Handarbeit wurden gebracht, obwohl 1 m Leinwand 80 K, ein Marktuch 24 K, ein Knäul Häkelgarn 5 K, eine Häkelnadel 1 K, Stricknadeln 0,5 K kostete, wetteiferten die Kinder im Herbeischaffen derselben. Von der Teuerung der anderen Bedarfsartikel an Wäsche, Kleider, Schuhen kann man überhaupt nicht sprechen, denn wenn man zum neuen Preis der Friedenspreis sagt, so klingt das wie ein Märchen. Hoffen wir, daß es bald besser wird.
 

Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Eduard Steininger
Die Preise der Lebensmittel sind noch immer im Steigen und kostete ein Laib Brot 5 K und 1 l Petroleum 5 K. 20 h. Die Züge verkehrten infolge mangels an Kohlen sehr spärlich, so daß täglich nur 1 Zug von Wien u. 1 Zug nach Wien verkehrte. Die Bahnpreise sind enorm hoch und kostet, z. B. eine Fahrt nach Krems 12 K. tour u. retour, das Korn kostet im Höchstpreis 2 K., im Schleichhandel sogar 10 K. Ein Liter Milch kostete im Höchstpreis  2 K50h. Ein Paar Schuhe 500 u. 600 K. Ein Anzug 2000K. 1 kg Rindfleisch 38K, 1 kg Butter 100 Kronen. Die Lebensmittelpreise sind noch immer im Steigen, diese Zeilen wurden im Oktober 1920 geschrieben und es kosten 1 kg Mehl 11 K im Schleichhandel 40 K, 1 kg Butter 78 K im Schleichhandel 150 – 200 K, 1 kg Salz kostet 6 K, 1 kg Fett 160 K, 1 l Petroleum 21 K, 1 Paar Schuhe 600 – 1000 K, 1 Anzug 5000 – 10000 K, 1 Ei 6 K, 1 kg Zwetschken kosteten 3 – 8 K, und  1 kg Äpfel 4  -10 K, 1l Wein 60 K, 1l Bier 20 – 26 K u. f w. schrecklich.
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Anton Bachner
Das Ansteigen der Lebensmittel- und Warenpreise ging unaufhaltsam weiter. Die Erreichung von Lebensmitteln und sonstigen Waren wurde nun immer leichter, jedoch die Preise stiegen umsomehr. Seifen- und Fettkarten wurden bereits aufgelassen. Zur Bekämpfung der Kleingeldnot wurden in vielen Orten Gutscheine ausgegeben, von denen einige für spätere Zeiten hier noch aufbewahrt sein sollen. Auch die Sammlerwut bemächtigte sich solcher Gutscheine.
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Die Preise der Schulrequisiten steigen ins ungeheuerliche:

1 St. Schiefertafel     30 K               1 St. Wasserfarbe        2 K
1 St. Griffel                 1 K 20 h         1 St. Pinsel (groß)      5 K
1 St. Feder                 1 K                 1  Lesebuch              12 K
1 Sprachheft              1 K 50 h         1 Zeichenheft              6 K
1 Radiergummi          3 K                 1 Bleistift                     5 K
1 Bogen Papier                80 h

Obwohl das Einkommen der Lehrpersonen stetig steigt, steht dasselbe doch nicht im Verhältnisse zu den Lebensmittelpreisen, welche mindestens 50fach so hoch sind wie in Friedenszeiten, während das Einkommen höchstens 8 bis 10fach ist. Einige Beispiele (15. Nov.):

                        1 Ei                    9 K               1 kg Fleisch             120 K
                        1 Hase           200 K               1 Anzug                 8000 K
                        1 kg Butter     180 K               1 P. Schuhe           1000 K
                        1 kg Bohnen    20 K               1 Hut                        600 K
                        1 kg Erbsen     30 K               1 Hemd                    300 K
                        1 kg Korn         10 K               1 l Wein                     60 K u.s.w.
                        1 kg. Kartoffeln  8 K 

Salz 5 K pf. kg, Holz 1 m (30 cm lang, sogenannte Scheitel) 100 K, Kohlen nicht zu haben u. wenn, 1 kg 3 K. Die Studenten zahlen 500 bis 800 K monatlich an Kostgeld nebst Beistellung von Lebensmitteln. Taglöhner und Handwerker haben tägl. über 100 K, außerdem noch teilweise Verpflegung. – Die Festbesoldeten haben Mühe, ihr Leben in bescheidenster Weise weiter zu fristen, während Handwerker u. Landwirte im Überflusse leben.

Freitag den 24. Dez wurden 60 Kinder der hiesigen Schule mit Schuhen, Strümpfen, Unterwäsche, dann 50 Kinder mit Weihnachtsgebäck sowie mit 1 Stück Seife beschenkt. (Amerikanische Kinderhilfsaktion).
 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Alois Riedel
Vom 2.1. bis 22.1. und vom 29.1. bis 5.2. wegen Holzmangel kein Unterricht.

Vom 13.12. bis 2.1. war wegen Holzmangel kein Unterricht; doch wurden die versäumten Unterrichtstage im Mai und Juni eingeholt.

 

1921

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Teuerung.
Mit ersten Februar wurde das Postporto erhöht auf 1 K für eine Karte, 2 K für einen Brief. Auch die Tabakpreise fanden eine große Erhöhung, allerdings alle Artikel sind verteuert worden. Die Dienstboten verlangen bei den Bauern 1000 K bis 1800 K monatlichen Lohn. Der Wein ab Keller steht mit 60 – 70 K der Heurige, der 1917er auf 80 – 100 K, dennoch sind die Gasthäuser voll.

Abermalige Teuerung
Der Wein kostet ab Keller der Allermindeste 100 K. Der Jahrgang 1917 aber 130 K. Ein Leib Brod 60 K, das Ei 15 K, das Fleisch 150 K, Kalbfleisch 260 K, Milch wird von den Hausfrauen schon mit 20 K bezahlt.

Weißgebäck
Nach langer Zeit bekommt man bei den Bäckern wieder Salzstangeln, Kipfel, Semmeln, etc. zu 4 K.
Das Fleisch im Monat Juni kostet hier 200 K. Die Erzeugung von Weißgebäck wurde behördlich wieder eingestellt. Milch kostet 20 K.
Es hat sich gezeigt, daß infolge Mangels an Arbeitskräften, dringende Feldarbeiten der Besuch der Herz-Jesu-Andacht ein sehr schwacher war und die Abhaltung der Andacht nicht sich rentierte.

Teuerung
Mit der Mitte September stattgefundenen „Wiener Messe“ setzte auch die Teuerung ein. Ein Eisenbahnstreik machte den Anfang, es verkehrte an einem Tage kein Personenzug. Die Krone sank täglich, die ausländische Valuta steigt rapid. Die Lebensmittel sind fast nicht mehr zu kaufen. Kartoffeln 40 K, Milch 50 K. Eier 25 – 30 K das Stück, für Körnerfrucht wird jetzt gezahlt: Korn 50, Weizen 70, Gerste ? K (für Brauereien) Mais 50 K, Hafer 50 K, Heu 40 – 50 K das Kilo. Wein: Meische über 300 K der Liter, Most über 300 K. Was wird die Gans zu Martini kosten? Bier 34 – 40 K ein halber Liter. In den hiesigen Geschäften tägliches Steigern aller Bedarfsartikel. Fleisch über 200 K, Schmalz 1000 K, Butter 800 K. Weintrauben 240 das Kilo. So geht es fort. Die Wiener-Geschäfte sind wegen Ausverkauf schon viele gesperrt, auch hier sind Leinwand und Stoffe in den Geschäften nicht mehr zu sehen (wurden versteckt), alles wird nun nach tschechischer Valuta berechnet. Schwere Besorgnis lastet auf allen Gemütern wegen der Zukunft. Niemand weiß wohin wir steuern.

Eine eigentümliche Schwüle ist über den Gemütern der Menschen. Wann geht das Gewitter los? Fragt sich alles. Die Teuerung nimmt rapid zu. 1 Krügel Bier kostet 42 – 46 K. Wein 70 – 80 K das Viertel. Schuhe, Stoffe unerschwinglich. Weisgebäck 8 K, das Kaisermehl über 200 K (!)

Maul- und Klauenseuche
Zu aller Not kommt noch die Maul- und Klauenseuche, so daß selbst das Bauernvolk die Milch erstehen muß. Insbesonders war Mallon und Engelmannsbrunn, Neustift und Dörfl schwer heimgesucht. Viel Rindvieh und Schweine ging zu Grunde, bei 40 Stück. Noch mehr getroffen waren Engabrunn und Feuersbrunn, wo über 100 Rinder verendeten oder notgeschlachtet werden mußten. Kein Ort der Pfarre blieb frei von der Seuche.

Eine neue Teuerungswelle brach Mitte November an, unerhörte Preise für alle Artikel u. Lebensmittel, ebenso wurde das Volk mit Steuern arg belastet. Die Preise stiegen täglich, was noch geschehen wird, weiß man nicht.

Im Dezember setzte eine neue Teuerung ein. 1 Kilo Weizen kostet 1000 K. Fleisch 1000 K. Wein ab Keller 700 K, Ei 140 K, Milch 70 – 100 K. Alles andere ist betreff Preise nicht zu schildern, wird stündlich teurer, 1000 k gelten nur 1 K, nach dieser Schätzung werden alle Preise bestimmt. In der Au wurden Lose lizitiert bis zu 60000 K für Holz.
 

Pfarrchronik Altenwörth, Pfarrer Josef Dedelbacher
Ernte-Ergebnis: Der Monat Juni war äußerst naß, wodurch die Ernte beeinträchtigt wurde, der Sommer aber gar zu trocken. Körnerfrüchte: gut. Kartoffeln: sehr wenig (wegen der großen Dürre). Wein: wenig, aber eine ausgezeichnete Qualität, Futter und Klee: schlecht. Kraut: wenig. Obst: Nur Äpfel und etwas Birnen. Zwetschken in der ganzen Gemeinde kein einziges Stück.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Der Kühler beantragte vom 1. November 1921 an 1000 Kronen pro Monat und wurde dasselbe vom Vorstande genehmigt.
 

Schulchronik Winkl, Lehrer Jakob Jungbauer
Auch in diesem Jahre wurde alles wieder teurer. So kosteten 1 Schiefertafel K 60, 1Schreib u. Sprachheft K 2, 1 Zeichenheft K 6, 1 Griffel K 2, 1 Bleistift K 10. Leinwand  1 m K 600, Marktuch K 80, Häkelgarn K 30, Häkelnadel K 6, Stricknadel 1 K. Ebenso teuer waren die Lebensmittel 1 kg Rindfleisch 500 K, 1 kg Mehl auf Brot 11 K, 1 kg Weizenmehl 60 K, 1 kg Reis 220 K, Schmalz 900 K 1 kg Butter 600 K 1 Liter Milch 60 K. Stoffe auf Kleidung das Billigste 1 m 2000 K dann aufwärts. Sehr hoch kam auch das Brennmaterial und wir klammern uns auch heuer wieder an die Hoffnung, daß es bald besser werden wird, da es sonst beinahe nicht mehr möglich ist, sich zu kleiden oder sich Schuhe kaufen zu können, da auch sie von 2500 K aufwärts nur zu haben sind, ordentliche aber 4 bis 5000 K und noch mehr kosteten.
 

Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Eduard Steininger
Lebensmittelpreise: 1 Kg Korn kostete im   Lieferpreis 10K bis 20 K, im Schleichhandel sogar bis 30 K. 1l Milch kostete 6 K bis 10K, 1 Ei 13 K, 1 kg Fett 360 K, 1 kg Fleisch 150 – 200 K und 1l Petroleum 32K. 1 kg Kohle 4 K, 1 Paar Schuhe 1000 – 1500 K, Kleider unerschwinglich.
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Friedrich Süß
Nichts destoweniger stieg aber die Teuerung in diesem Jahre. Am Jahresschlusse notierte die öst. Krone 0.10 Schweizer Franken. Der Tausender war die Einsernote. Man zahlte am Jahresschlusse für

Weizen 300 K Milch 1 l                      60 K 1 Schreibheft   (Schule) 12 K
Korn     200 K Brot 1 Laib                300 K 1 Feder                            5 K
Gerste  200 K Fett 1 kg      1600 – 1800 K 1   Schultasche              70 K
Hafer    215 K 1 St. Schicht   Seife   200 K  

Damit die Ausgaben des Staates halbwegs hereingebracht wurden, mußten die Steuern ziemlich erhöht werden und eine Menge neuer Steuern eingehoben werden. Besteuert wurden alle geistigen Getränke, Kraftfahrzeuge, etc. Es gab eine Spielabgabe, eine Lustbarkeitsabgabe, eine Fürsorgeabgabe, Börsenabgabe. Um der Teuerung standzuhalten waren die Arbeitslöhne ziemlich hoch. Die mittleren Arbeitslöhne waren in Fabriken und Unternehmen 9000 – 12.000 K und auch darüber. Die Löhne der hiesigen Zimmerleute waren pro Tag 1000 K. Für 1 Los Holz zahlte man 15 – 30.000 K. Ausländische Zahlungsmittel waren ziemlich hoch und begehrt. Für 1 Dollar zahlt man 9.000 K eine cechische Krone 93 K eine ungarische Krone 8 – 9 K eine polnische Krone 2 K. Erklärlich ist es daher, da unser armes Land und insbesondere Wien von Ausländern überfüllt war, welche mit ihren kaufkräftigen Geldern uns fast auskauften. Die Wiener Herbstmesse dieses Jahres zügelte ja auch die Fremden herein und die Folge war, daß von dieser Zeit an die Preise für alle Lebens- und Bedarfsartikel enorm stiegen. Die Wiener kommunistische Partei veranstaltete am 1. XII. einen Demonstrationszug, wobei Geschäftsladen geplündert, Auslagefenster zertrümmert und in Kassenhäusern großer Schaden angerichtet wurde.
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Am 17. Jänner begann die Ausspeisung unterernährter Kinder, 50 an der Zahl. Die Lebensmittel stellen die Amerikaner bei, die Kinder zahlen für 1 Essen 1 K, wovon 50 h an die Aktion abgeliefert werden, 50 h zur Deckung der Auslagen verwendet werden. Es ist in unserer Gegend schwer, 40 unterernährte Kinder zu finden, so nehmen auch die gut ernährten an der Aktion teil, denn weniger als 50 Kinder dürfen nicht sein. Diese Aktion wurde am 25. Febr. 1921 wieder eingestellt, da die Kinder an der Teilnahme wechselten und somit eine richtige Gewichtszunahme niemals konstatiert werden kann.

Am 13. März wurden 40 Schulknaben von der amerik. Kinderhilfsaktion mit Wäsche beteilt.

Die Schulversäumnisse betrugen 10,617 %. Dieser hohe Prozentsatz wird durch Krankheit der Kinder (Mumps), Verwendung derselben zu landwirtschaftl. Arbeiten begründet.

Die Preise der Lernmittel steigen ungeheuerlich, z.B.

1 Griffel                        10 K                 1 Reißbrett                280 K
1 Schiefertafel            140 K                 1 Reißzeug               520 K
1 St. Feder                     5 K                 1 Reißschiene           100 K
1 St. Bleistift         15 – 80 K                 2 Dreiecke und
1 Radiergummi     10 – 25 K                1 Lineal                     180 K
1 Bogen Papier              3 K                1 St. Farbe                   40 K
1 Sprachheft                  8 K                1 Doppelpinsel             50 K
1 Federhalter               15 K                1 Fl. Tusch                   60 K
1 Zeichenblock  80 – 180 K                1 Fl. Tinte                     30 K

Schulchronik Bierbaum, Oberlehrer Karl Schober
Im Winter und Frühjahr dieses Jahres ereigneten sich in Bierbaum und Frauendorf viele Einbruchsdiebstähle, besonders oft hörte man von Schweinediebstählen und Fortschaffung des ungeputzten Kornes von der Tenne. 
 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Alois Riedel
Vom 11.2. bis 19.2. wurde nur vormittags im ungeheizten Schulzimmer unterrichtet, so lange es die Kinder in der Kälte aushielten.

Das Leben ging weiter, die Jugend ließ sich den Spaß nicht verderben, vor allem die Kriegsheimkehrer wollten Versäumtes nachholen, hier die Tanzkarte von Herrn Anton Halmer aus Mitterstockstall, aufbewahrt vom Enkel Anton Halmer.


Kurskarte vom 3.II. - 2.IV, 1921
Preis 80 Kr. mit wöchentlich zwei unterrichte von 8 - 10 Uhr abends mit je 4 Kr. Regiebeitrag

1922

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Das Jahr begann schneelos, aber heftige Stürme tobten in den ersten Tagen und eine ganz entsetzliche Teuerung setzte wieder rings ein. Ganz russische Zustände! –

Mitte Jänner und anfangs Februar setzte eine neue Teuerungswelle ein, und zwar auf allen Linien. Eine Fahrt nach Wien bei 1000 K. Brief 10 K, Karten 10 K, von Telgrammen nicht zu reden. Wein 1000 K. 1 Ei 140 K, Milch 160 K Liter, 1 Krügel Bier 180 K, ¼ Wein 350 K. 1 Schachtel Zündhölzchen 60 K, ein Anzug für Herrn 100 – 200000 K, ein parr Schuhe 27000 K. 1Colare für Priester 10000 K (einst 5 K.), 2 Salzstangerln oder Semmeln 50 K, 2 Liter Petroleum = 540 K. Die Rechnungen für Kirchenbedürfnisse gehen ins bisher Unerhörte für Hostien, Wachs und Weihrauch etc

Teuerung und Wetter
Die Teuerung nimmt neuerdings zu, und Hand in Hand geht auch die Forderung für Löhne. Für Feldarbeiter werden derzeit gezahlt 3000 K per Tag u Kost. Dienstboten Mindestlohn 5000 p. Monat, u. Gewand u. Beschuhung. Für Kalbfleisch wir gezahlt 3600 K per Kilo, Schweinefleisch 5000. Milch 500 p. liter Eier 250 K, Butter 5000 K. Mehl 1000 – 1400 K, Brod 1000 K. Überall ist Futternot. Gerste u. Hafer sehr niedrig, Korn ganz kurz. Möge der liebe Gott uns den lang ersehnten befeuchtenden Regen baldigst geben.

Streik
Vom 24. Juni abends an streikten die Eisenbahner. Der Zugsverkehr ist vollkommen eingestellt, keine Beförderung von Personen, Lebensmittel von Zeitungen und Briefen. Am 27. Juni nachts wurde der Streik erfolglos beendet.

Neue Teuerungswelle.
Unerschwingliche Preise sind gegenwärtig ab 1. August zu verzeichnen. Getränke: Milch 1250 K der Liter, Wein 4000 per liter, Bier 700 der halbe Liter. Speisen: Brot 3600 – 4000 1 Laib, Eier 400 K. Fleisch 7000 1 kg. Butter 19000. Äpfel 1800, Marillen 1200 etc. Schuhe das Paar 50000, 1 Anzug für einen Knaben 200000, ein paar Socken 3000, 1 Hemd 5 – 8000. Kohle 260 – 300 das kg. Man bemerkt tägliches Steigen in allen Artikeln. Dem gemäß wurden auch die Stolbeträge und die Messen namhaft erhöht.

Neue Teuerung.
Mit Anfang September wurden sowol die Post- und Bahngebühren als auch der Index erhöht (Bezüge und Zulagen für Beamte) Ein Herren Anzug kostet 2 Millionen, 1 Paar Schuhe 2 – 300.000, Zucker 30000 (nur 1 Kilo zu bekommen). Milch 4000, Ei = 1200 K. Butter 40000, Fleisch 26000 das Kilo, Schweinernes 30000, 1 Feldhase 25000 K, ½ l Bier 2600, Wein 16000 im Gasthause, mehr als 10000 ab Keller. Lohn für Dienstboten 30 – 60000 K pro Monat. Hoffentlich wird dies der Höchststand der Teuerung sein, denn die österr. Krone steigt, und fremde Valuta fällt. Brennholz 1 Klafter über ½ Million, Kohle (schwer zu bekommen) bei 1000 K das Kilogramm. Eine Tausendkronennote ist heute Kleingeld, es gibt nur 10000 Kr u 50000 Kr und Einhunderttausender.

Weihnachten.
Der Preis der Christbäume war von 10 – 100000 K pro Stück. Ein einziges Christbaumkerzchen kostete in diesem Jahre 180 – 300 K. Dank des Sanierungwerkes des Bundeskanzlers Prälaten D. Seipel geht vieles im Preise zurück.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Protokoll aufgenommen 13/VIII 1922
Das Kassabuch wurde revidirt und der Kassarest mit 171.566 Kronen bestättigt.
Die Kühlerarbeit wurde vom 1. August bis 31. Dezember vergeben und mit 100 Kronen pro Tag gemacht.
 

Schulchronik Winkl, Lehrer Jakob Jungbauer
Auch in diesem Schuljahre ließ die Teuerung nicht nach, sondern steigerte sich sehr. Es kostete eine Schiefertafel 1500 K, 1 Bleistift 600 K, 1 Bogen Papier 200 K, 1 Heft, Schreib und Sprachheft auch Rechenheft, 300 K. Auch die Lebensmittel stiegen sehr, so 1 l Milch auf 3000 K, 1 kg Rindfleisch auf 20000 K, 1 kg Schmalz auf 3000K, 1 kg Butter auf 50000 K, 1 kg Korn 3000 K, 1 kg Weizen 3500 K, 1 Ei 1200 K, Wäsche und Kleider stiegen sehr. 1 m Damenstoff 80000 K, Herrenstoff teurer, 1 Hemd 40000 K. Schuhe 1 Paar 50 bis 80000 K und noch mehr.
 

Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Steininger
Der Wein kostete 6000 K und ging dann gegen dem Dezember auf 3000 K zurück, sodass die Wirte, welchen den Most teuer kauften, einen großen Schaden erlitten. Da nun die Weinsteuer von 1000 K pro Liter auf 3000 K stieg, wurde die Nachfrage nach Wein immer seltener, sodass die Weinhauer anfingen, ängstlich zu werden, daß sie ihren Wein überhaupt nicht mehr verkaufen können. 


Schulchronik Altenwörth, Lehrer Friedrich Süß
Mit Beginn dieses Jahres wurde der staatliche Zuschuß für Brot und Mehl eingestellt, so daß diese beiden Artikel ein ziemliche Preissteigerung erfuhren. Der Staat zahlte nur noch den Minderbemittelten, Invaliden und Waisen diesen Zuschuß. Derselbe wurde 14täglich ausbezahlt. Hiedurch kam es auch, daß Mehl leichter erhältlich war und mit 12.III. – 25. III. war die letzte Brotkartenausgabe. Hiermit hörte die Rayonierung dieser beiden wichtigsten Lebensmittel auf. Diesen folgten gar bald Fleisch, Fettartikel und schließlich auch Zucker. Das Leben wurde erträglicher jedoch von Monat zu Monat teurer. Der Wert unserer Zahlungsmittel fiel fortwährend.

Den Fixbesoldeten brachte das Jahr ziemlich viel Leid. Die Besoldung war der Teuerung nicht angemessen, die Gehalte wurden in 2 – 3 Raten ausgezahlt. Die Teuerung stieg von Woche zu Woche.  

Über die Besoldung der hiesigen Lehrpersonen möge einiges aufgezeichnet sein. Wie bereits erwähnt geschah die Auszahlung des Gehaltes in 2 – 4 Raten. Es wurde ausbezahlt: 

  1.Monat 4.Monat 8.Monat 10.Monat 12.Monat
An Fried.Süß 73.477 K 107.172 K 979.105 K 1,869.550 K 1,618.315 K
An A. Steiner 49.104 K   65.224 K 598.490 K 1,136.650 K    991.600 K
An Th. Schardmüllner 22.229 K 36.227 K 587.860 K 1,130.306 K    979.900 K


Neues Wiener Journal vom 15.1.1922
Wie man zu billigem Wein kommt.
Seit Mitte Dezember wurden in der Umgebung von Kirchberg am Wagram fast jeden zweiten oder dritten Tag Weinkellereinbrüche verübt und Wein in kleineren Gebinden wie auch Kartoffeln entwendet. Um Mitternacht zum 11. d. M. hielt die Gendarmerie von Kirchberg in der Gemeinde Mitterstockstall die Hamsterer Adolf Veit, Silvester Hannesschläger, Rudolf Huber und Alexander Voiger, alle aus Wien-Hernals, auf, als sie mit Fässern, Korb- und anderen Flaschen, mit Milchkannen und Einbruchswerkzeugen ausgerüstet daherkamen. Sie hatten den Wein bei ihren früheren Fahrten mit den Frühzügen nach Wien gebracht, wo am Bahnhof schon die Abnehmer harrten. Um die Flaschen, die vorher als Petroleumflaschen gedient hatten, gebrauchsfähig zu machen, haben sie diese vor Weihnachten bei einem Besuche im Weinkeller des Anton Ecker in Unterstockstall mit Wein ausgewaschen, wodurch dem Ecker ein Eimer Wein ungenießbar gemacht wurde. Die Angehaltenen wurden dem Bezirksgerichte Kirchberg am Wagram eingeliefert. 

Zuckerkarte 2021Eingeklebt in der Chronik der Familie Bauer, Bierbaum

 

1923

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Witterung und allgemeine Lage.
…Was die wirtschaftliche Lage betrifft, geht vieles im Preise zurück, wieder Anderes aber steigt im Preise. Der Wein kostet ab Keller 2500 K, während die Milchpreise erhöht sind. Man ist sehr im Zweifel, ob es besser wird, aber es ist eine Sehnsucht zu bemerken nach den alten Zeiten. Hafer und Korn ist stabil.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Protokoll aufgenommen 1. März 1923
Die Milch wird an die Parteien von 1. März angefangen pro Liter f 4200 Kr. ab Stall bezahlt.
Sämtliche Parteien die nicht Mitglieder sind per Liter 4000 Kr. gezahlt.
Parteien welche kein Fuhrwerk leisten haben jede Runde 2.500 Kr. einzuzahlen.
Kühlerlohn wird vom 1. März bis auf weiteres täglich 8000 Kr. beschlossen.
 

Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Eduard Steininger
Am 3. April 1923 wurde auf dem Wege der Lizitation der hiesige Gemeindestier um den Preis von 10 Millionen 350 tausend Kronen an Leopold Weidinger in Königsbrunn verkauft.
Die Weine der Jhrg. 23 bewegen sich im Preise zwischen 4000 – 5000 K, Jhrg. 1921 notiert einen Preis von 7 – 8000 K u. Jhrg. 1917 einen Preis von 10.000 K. 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Die Preise sind gegen das Vorjahr (infolge der Geldentwertung) wieder bedeutend gestiegen. Es kostete (1.III.1923):

1 Ei                  1.500 K        1 Anzug           1 Mill. K           1 Schiefertafel       6000 K
1 kg Fleisch   28.000 K        1 P. Schuhe  200.000 K          1 Feder                    200 K
1 kg Butter     60.000 K        1 kg Kohle           900 K          1 Bogen Papier        200 K
1 Hase           50.000 K        1 Griffel               200 K          1 Farbe                     400 K
1 kg Kartoffeln    600 K        1 l Wein          16.000 K             Heft                        500 K 

Doch ist jetzt wenigstens ziemlich alles schon zu haben, wenn auch zu sehr hohen Preisen. Das Monatseinkommen der Lehrpersonen schwankt zwischen 1 und 2 Mill. Kronen. Die Auszahlung findet am 1. und 15. statt.

 

1924

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Eisenbahnstreik.
Am Samstag den 8. November ist aller Verkehr infolge des Eisenbahnstreiks lahmgelegt, keine Briefe, keine Zeitungen überhaupt keine Post, bis zum 13. November, wo der Streik ergebnislos beendet wurde.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Protokoll aufgenommen am 15 Juni 1924
Da heute eine Vorstandssitzung stattgefunden wurde folgender Rechnungsbericht vorgelesen und der Kassastand mit drei Millionen fünfhundertneunundzwanzigtausend vierhundertdreiundsechzig Kronen bekanntgegeben.
geschlossen am 15. Juni 1924
Für Ihl und Bierochs wurde für Wien fahrt gezahlt a 100.000 Kronen.
geschlossen und gefertigt am 15/11. 924
 

Amelie Hoffmann, Neustift – aus ihren Erinnerungen, aufgezeichnet um 1975
Als wir heiraten wollten – 1924 – war es in Wien schon unsicher puncto Arbeit. Mein Mann war zu Ende des 1. Weltkrieges Kranführer im Arsenal. Er hatte das Glück in die Landwirtschaftsschule in Admont zu kommen, danach war er 2 Jahre auf einem Rittergut in Sachsen. Als dort die Inflation kam, kehrte er mit einem Karton voll 100.000 Markscheinen nach Wien zurück. 2 Jahre nicht leichte Arbeit für 1 Karton wertloses Papier (er konnte sich dafür wegen der Inflation gerade ein paar Schuhe kaufen). Ich hatte eben die Modistengesellenprüfung gemacht und fürchtete von einem Freitag zum anderen entlassen zu werden.

 

1925

Währungsreform 1. März 1925
Die Währungsreform der Ersten Republik löste die seit 1919 mit Deutschösterreich abgestempelten Banknoten der Kronenwährung aus der österreichisch-ungarischen Monarchie ab. Die österreichische Krone, die durch die Inflation nach dem Ersten Weltkrieg sehr stark an Wert verlor, wurde nach dem Währungsumstellungsgesetz vom 20. Dezember 1924 mit Wirkung vom 1. März 1925 durch den Schilling zu 100 Groschen ersetzt. 10.000 österreichische Kronen waren in einen Schilling umzutauschen. Der durch entsprechende Währungspolitik stabil gehaltene Schilling galt umgangssprachlich als Alpendollar.
Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungsreformen_in_%C3%96sterreich
 

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Es war ein sorgenvolles Jahr, drückende Steuerlast, große und steigende Teuerung, Geldknappheit, schlechter und schleppender Geschäfte, Mangel an Obst, Getreide und namentlich Wein als Haupteinnahmsquelle der hiesigen Bevölkerung.
 

Protokoll der Gemeinderatssitzung, Winkl
(dies ist das erste, vorhandene Protokoll)
2. 8. 1925
Der Voranschlag für 1925 wurde verfasst und von der Gemeindevertretung genehmigt. Die Einnahmen für 1925 wurden mit 35.686.657 K, die Auslagen mit 37.600.000 K veranschlagt. Der Abgang von 1,913.343,-- Kronen wird durch eine 10%ige Umlage gedeckt.
Das Gehalt des Bürgermeisters wurde von 300.000 K auf 600.000 Kronen erhöht, die Bezüge des Kassiers von 200.000 auf 500.000 Kronen erhöht, …. die Entschädigung für den Fleischbeschauer wurde auf 400.000 Kronen erhöht.

 

1928

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Die Eismänner kommen in diesem Jahre um 1 paar Tage früher, aber umso stärker. Die Nächte vom 10. u 11. Mai brachten starken Frost, man las am Thermometer 4 – 5° Kälte. Namentlich die Nacht des 11. Mai hat fast die ganze Hoffnung auf Weinernte zunichte gemacht. Die Ansätze der Weinstöcke waren prächtig, oft 20 – 25 Traubenansätze. Jetzt ist Alles ganz schwarz in den Weingärten. Vergeblich alle Arbeit, vergeblich jede Hoffnung. Es ist ein großer Jammer unter den Weinhauern, große Geldnot und ungeheure Steuern. Auch dem Getreide soll der Frost stark geschadet haben.

Auch der Juni brachte in den ersten Tagen Frost. So sind die Kartoffeln u. Bohnen durch den Frost schwarz geworden. Die Apfelernte ist vernichtet, das Getreide ist weiß, in den Ähren des Kornes sind höchstens 3 Körner zu finden. Im Juni auch keine Rose, kein Jasmin oder sonstige Blume. In der Schule sind viele Kinder an Keuchhusten, Feuchtblattern und Masern erkrankt.

Getreideschnitt. Mit 10. Juli begann in diesem Jahre der Kornschnitt. Leider war das Erträgnis in unseren Gemeinden so schlecht und gering, daß manche Bauern nicht einmal das Getreide dreschen wollen. Recht arg mitgenommen sind Dörfl u. Mallon. Die meisten Ähren sind leer, in manchen Ähren sind 2 – 3 Körndl zu finden.

…. Leider spürten die Geschäftsleute einen starken Rückgang infolge des Mißjahres, der umso mehr um sich greifenden Geldnot und der erhöhten Steuern. Auch ist zu bemerken, daß die Preise der Lebensmittel steigen. Noch nie hat sich der Pfarrer mit der Einbringung der Pachtzinse so schwer getan wie in diesem Jahre.

 

1929

 
Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Nur ist ein solcher Winter überhaupt seit Menschengedenken nicht zu verzeichnen. 3. u. 10. Februar erreichten eine Kälte von 29 – 30 Grad. Bei 10 Grad Kälte war die Kälte verträglich aber was darüber war, war im Freien unerträglich. Zu Hause und in allen Häusern, waren die Brunnen und Aborte gänzlich zugefroren. …Die Schule ist nur mit zusammengezogenen Klassen möglich. Fleischteuerung, Kohlennot wie in der Kriegszeit. Die meisten Schulen sind wegen Mangel an Brennmaterial gesperrt, Fabriken geschlossen, Arbeiter entlassen, Züge stecken im Schnee und viele Eisenbahnzüge sind sogar wegen Schneeverwehungen und Kohlennot eingestellt.
 
 
Kleine Volkszeitung vom 3.6.1929
In Kirchberg fand gestern unter großer Anteilnahem von Heimwehrleuten und der einheimischen Bevölkerung die Weihe von drei Heimwehrwimpeln statt, die Pfarrer Rasberger nach einer Festmesse vornahm. Der Heimwehr war eine Triumphpforte errichtet worden, alle Häuser waren beflaggt. In mehreren Ansprachen wurden die Aufgaben der Heimwehr dargelegt und auf das unaufhaltsame Anwachsen der Bewegung hingewiesen.
 
 
Der Morgen. Wiener Morgenblatt vom 3.6.1929
Nicht nur …. Sondern auch gegen die Behören.“
Heimwehraufmarsch in Uniform in Kirchberg am Wagram.
Heute fand in Kirchberg ein Heimwehraufmarsch unter der Marke „Wimpelweihe“ statt.
In aller Früh kamen in Lastautos aus der Umgebung Kirchbergs ungefähr 820 Mann in voller Uniform, einige mit Tornister und Rucksäcken in Kirchberg an.
Nach einer Feldmesse am Hauptplatz hielt Landesstabsmeister Gallian eine Rede, in der er erklärte, daß die Heimwehren nicht mehr blos gegen die Austromarxisten, sondern auch nötigenfalls gegen die Behörden, die nicht nach ihrem Willen handeln, energisch vorgehen werden. Auch dieser Aufmarsch so wie der in Aspang, erklärte Gallian, wurde bei der Behörde durch den Druck der Heimwehren durchgeführt. Die Entscheidung werde jedenfalls in Wien fallen; dorthin werde die Heimwehr am Entscheidungstage ziehen müssen.
Wiewohl auf Grund des Aufmarschverbotes der n.ö. Landesregierung das Durchziehen der Orte durch geschlossene Formationen in Uniform verboten ist, marschierten daraufhin die Heimwehren geschlossen durch Kirchberg und defilierten vor dem Kriegerdenkmal.
Unter der Bevölkerung von Kirchberg und Umgebung herrscht ungeheure Aufregung, man fragt auch überall, wieso es möglich ist, daß trotz der Aufmarschverbote dieser Aufmarsch stattfinden konnte.
 
 
Die Rote Fahne vom 4.6.1929
Verschärfung der Lage
Die ohnehin gespannte Lage hat durch die Zusammenstöße zwischen Heimwehren und Arbeitern am Sonntag in Mödling und Graz und den Heimwehraufmarsch in Kirchberg am Wagram eine neue Verschärfung erfahren.
In Kirchberg haben die Heimwehren unter dem Vorwande einer Wimpelweihe einen Aufmarsch durchgeführt, obwohl für Niederösterreich bekanntlich ein Aufmarschverbot besteht.
 
 

1930

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
… Desto ungünstiger sind die Wirtschaftsverhältnisse. Für landwirtschaftliche Produkte keine Preise wie Getreide, Obst, Wein, Fleisch etc. Daher ein unheimlicher Geldmangel unter dem Volke. Überall stockt es. Die Wirtschaftskrise ist auf der ganzen Welt. Also traurige Zeiten in denen wir leben.
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Friedrich Süß
Das Jahr 1930 brachte gute Ernte, insbesonders viel Wein. /:Weinpreise im Keller von 1,30 S auf 60 g herabgefallen:/ Auch der Preis der Körnerfrüchte fiel stark. /:Roggen 17 g, Weizen 21 g:/ Die Wirtschaft liegt arg darnieder, Zahl der Arbeitslosen sehr groß.

 

1931

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
aber die Preise sind allgemein niedrig. Überall herrscht empfindlicher Geldmangel, auf der ganzen Welt ist eine Wirtschaftskrise eingetreten. Zu was wird das noch führen?

Allgemeine Stimmung.
Empfindlicher Geldmangel, Arbeitslosigkeit, für landwirtschaftliche Erzeugnisse kein Preis, der annehmbar wäre, politische Gewitterstimmung, auf der einen Seite riesige Gehälter, auf der anderen Seite wieder empfindliche Abzüge, wie beim Clerus und bei den Beamten, endlich der Steuerdruck verkünden, daß unser Los in Österreich kein rosiges ist und das ganze Volk und vermutlich die katholische Kirche bange in die Zukunft blickt und sorgenvoll wartet, was noch kommen wird.
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Friedrich Süß
Die sonstige wirtschaftliche Lage des Landes verschlechterte sich sehr; Die Zahl der Arbeitslosen stieg ungeheuer (500.000). Die Gehälter der Beamten wurden um 6 – 11 % gekürzt.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Wurde dem Kühler 10 Schilling draufgegeben und hat jetzt statt 50 Sch 60 monatlich. Anträge wurden keine gestellt.
geschlossen und gefertigt am 14. Juni 1931
 

Schulchronik Kirchberg am Wagram
Mit Wirksamkeit vom 1. X. l.J. gelangte eine weitere, sehr drückende Sparmaßnahme zur Durchführung. Den Beamten und Lehrern wurde der Gehalt um 4 – 6 % gekürzt und für 2 Jahre die ½ jährige Sonderzulage gestrichen. Überdies wurden diese durch neue Steuern (Besoldungs-, Krisen- und Ledigensteuer) belastet. Gott gebe, daß wir aus dieser Wirtschaftskrise bald herauskommen! 

 

1932

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram
Das Jahr wurde geschlossen mit vielen Sorgen des Pfarrers, der kaum mit den Restgeldern Regens Chori und Mesner ausbezahlen konnte. Es ist kein Geld unter den Leuten, überall Not. Was wird das noch werden? Alles schaut bange in die Zukunft. Am Silvester war die Sammlung für die Spitäler, die unbefriedigt ausfiel. Die Andacht war gut besucht, der Opfersinn fehlte.
 

Schulchronik Winkl, Schulleiter Ernst Pircher
Die Wirtschaftskrise nimmt immer beängstigendere Formen an. Heute, am 1. Dezember, soll eine Lebensmittelsammlung für die Arbeitslosen veranstaltete werden. Ob wohl die notwendige Gebefreudigkeit vorhanden sein wird? Ich wage es nicht, diese Frage zu bejahen, da doch erst gestern im Dorfe 44 Pfändungen eingeleitet worden sind, weil die Bauern ihre Steuern nicht mehr zahlen können. Unsere Währung soll, so liest man wenigstens in den Zeitungen, nunmehr wieder so gefestigt sein, daß man für den  Schilling nichts zu fürchten hat. 
 

Bauernbündler
In den Zeitungen war der Ton ein rauer:
Eine unerhörte Herausforderung eines Hakenkreuzlers
Aus Mallon bei Kirchberg am Wagram schreibt man uns: „Hier war am 1. und 2. Mai Kirtag. Leider litt die Festesstimmung sehr unter fortwährenden Provokationen von Hitlerianern. Hitlerlieder und Heil-Hitler-Rufe wollten kein Ende nehmen. Die größte Frechheit aber erlaubte sich der Bindermeisterssohn Dechant aus Fels, dessen Benehmen ein wenig den Punkt 24 (positives Christentum) des Hitlerprogramms beleuchtete. Dieser junger Mann  zog nämlich am Montag ein rotes Käppchen aus der Tasche, setzte es sich auf sein weises Haupt und sagte: „Nachdem Piffl gestorben ist, werde ich sein Amt antreten“. Mit diesen Worten konnte nur unser edler Oberhirte gemeint sein. Der fromme Bauernbündler Herr Franz Inführ, stellte den Lästerer sofort zur Rede, worauf der tapfere Jüngling auskneifen wollte und meinte, er habe einen anderen Piffl und nicht den Kardinal gemeint. Was dabei das rote Käppchen zu tun hatte, daß sie nicht die Lästerung verstünden, fragte Dechant seinen Bruder: „Hat der überhaupt so viel Intelligenz, daß wir mit ihm sprechen?“ (Dummheit und Stolz….!) Jeder weiteren Verantwortung entzogen sich die tapferen Brüden durch schleunige Flucht auf ihrem Motorrade. Nun übernahmen die Kirchberger Nazisozi, unteren anderen Herr Sepp Rittler und Alois Schiel die Verteidigung und wollten das Ganze als Scherz bezeichnen. Im übrigen aber ärgerten sie sich, daß Dechant die wirkliche Gesinnung der Hakinger verraten habe. So mancher Malloner, der am 24. April für Hitler gestimmt hatte, meinte, das hätte ich nicht geglaubt. Ja, die Herren Hakinger werden den christlichen Bauern noch mehr anschauen lassen. Aber das merkt euch, Bauern, man traut euch nicht einmal soviel Intelligenz zu, daß ihr mit diesen Leuten redet, die wahrlich selber nicht die Intelligenz mit dem großen Löffel gegessen haben und die Bischofswürde verhöhnen. Als Stimmvieh zur Erreichung des glorreichen „Dritten Reiches“ seid ihr ihnen gerade gut genug, sonst aber sei d ihr „blöde Bauernbuam“, wie euch die Hakinger in Ruppersthal betitelten. Also Bauern, freut auch auf des „Dritte Reich!
(Der Bauernbündler vom 14.5.1932)

Hakenkreuzler verleumden einen katholischen Priester und halten die Hauer und Bauern für Trotteln.
Vom Wagram wird uns geschrieben: In Krems erscheint eine Hakenkreuzlerzeitung namens „Niederösterreichisches Volksblatt“, in Kirchberg und Umgebung auch „Rittlerzeitung“ genannt. Der Herausgeber und verantwortliche Schriftleiter heißt Karl Siller und seine Geschäftsstelle in Kirchberg am Wagram führt Sepp Rittler, der auch schon ein eifriger Sozialdemokrat war, als man die Arbeiter gegen die Bauern aufhetzte nach dem Kriege, wie sich die Bauern am Wagram noch gut erinnern. In dieser Hakenkreuzlerzeitung wurde am 6. Juli 1932 ein katholischer Priester in ganz niederträchtig gemeiner, lausbübischer Weise verdächtigt, allerdings nicht mit Namen (dazu ist dieser niederträchtige Hakenkreuzschurke, der diesen Artikel verfaßte, wohl viel zu feige), sondern mit einer sehr eindeutigen Beschreibung. Es wird der katholische Priester verdächtigt, daß er die Knechte des Ortes Ottenthal für eine schwarze „Sturmtruppe“ organisieren will und gleichzeitig soll er den Knechten versprochen haben, daß sie dadurch die Einführung der achtstündigen Arbeitszeit erreichen werden. Die Hakenkreuzler müssen uns Hauer und Bauern für vollendete Trotteln halten, wenn sie meinen, daß wir ihnen solche blödsinnige Lügen und Niederträchtige Verleumdungen glauben und uns ihnen anschließen. Hände weg von unserem katholischen Väterglauben und unseren katholischen Priester; wer sich an ihnen vergreift, der hat sich selber die Folgen zuzuschreiben! Und der katholische Hauer und Bauer gibt sich auch nicht dazu her, mit seinem bitter erarbeiteten Gelde Hakenkreuzlerzeitungen zu bezahlen und sich von ihnen zum Narren halten zu lassen!
(Der Bauernbündler vom 16.7.1932)

Vergangenen Sonntag, den 27. November 1932, hielten die Nationalsozialisten hier in Altenwörth eine Versammlung ab, zu welcher Parteigenosse Uitz aus Wien erschienen war. Kurz vor Beginn derselben, als sie schon ersehen mußten, daß der Versammlung niemand beiwohne, hatten ihrer sechs Mann in Uniform, welche durch den Ort marschierten, dieselbe durch Trommelschläge nochmals angekündigt. Massen von Menschen liefen auf die Straße um zu sehen, was da nach Altenwörth gekommen. Zu ihrem Erstaunen konnte sie nun erfahren, daß die Hitler nach Altenwörth gerückt sind und hier eine Versammlung abhalten, welche, wie angeblich, eine großartige Kundgebung werden soll. Nun was war es mit dem Erfolg? Acht ganze Männer waren bei der Versammlung anwesend. Der Redner mußte bald mit seinen Ausführungen schließen und traurigen Blickes Altenwörth verlassen. Er hatte also gesehen, daß die Leute nicht für seine Idee leben, sondern Freunde des echten katholischen Volkes sind. – Die Nazi hab’n an großen Zurn, - Sie tuan uns schrecklich hassen, - Weil sie nun mußten ohn‘ Erfolg – Stets Altenwörth verlassen.
(Der Bauernbündler vom 10.12.1932)

 

1933

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Ein eigentümlicher Druck lastet auf der Bevölkerung wegen dem Geldmangel und der Eintreibung der Steuern.
 

Schulchronik Winkl, Schulleiter Ernst Pircher
Das Jahr 1933 hat für Lehrer und Landesangestellte schlecht begonnen, denn es brachte neuerlich recht empfindliche Gehaltskürzungen. Der Gehalt wird in Zukunft auch noch zu „allem Überfluß“ in 2 Raten (am 1. und 15. d.M.) ausbezahlt werden, da infolge der allgemeinen Wirtschaftskrise die Steuereingänge weit unter dem erstellten Voranschlage blieben. 
 

Schulchronik Altenwörth, Lehrer Friedrich Süß
In diesem Jahre scheint die Schule unter keinem besonders guten Stern zu stehen. Die Gehälter der Landesangestellten und Lehrer von Niederösterreich wurden mit Beginn des Jahres um 2 – 8 % gekürzt und der Schule drohen durch Abbaumaßnahmen manche Gefahren: Abbau von Klassen und dadurch gedingte Überfüllung der Klassen mit Kindern, Zwangsabbau der verheirateten Lehrerinnen, Stundenentlohnung der provisorischen Lehrer, ja sogar Entlassung prov. u. ad personam definitiven Lehrer. Natürlich erfolgen keine Neuanstellungen und tausende von Lehramtsanwärtern warten auf Anstellung. Die triste Lage des Landes wirkt sich überall ganz aus und der gegenseitige Haß der Menschen, hervorgerufen durch Not aber auch Neid, bringt recht unerfreuliche Tatsachen.

 

1934

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Karl Rasberger
Die Weltwirtschaftskrise ist groß. Die Fleischpreise sind sehr gesunken, die Fleischhauer geben für 1 Kilo Lebendgewicht der Schweine nur 18. Ein Kitzelfleisch kostet in der Fleischbank 18. Wohin?!!

Die Ernte setzte in diesem Jahre frühzeitig ein, sie war reichlich. Jedoch für das Getreide keine ordentliche Preise, sodaß die Pächter nicht mehr auf die Äcker reflektieren und dieselben zurücklassen. Was wird dies noch werden? Wohin? Es ist gar kein Geld unter den Leuten, die Gasthäuser und Geschäftshäuser sind öde und leer. An Obst sind Marillen gut gediehen, Haben aber auch keinen Preis. Mitte Juli setzte eine Hitzewelle ein, es hatte am 21. Juli ebenso im Schatten über 30° R. Alles ist ausgetrocknet, Futter verdorrt. War kein Regen geworden. Ein Tag nach dem anderen unerträgliche Hitze. Äpfel wenig, Zwetschken.
 

Schulchronik Winkl, Schulleiter Ernst Pircher
Was Österreich befürchtet hat, ist nun zur Wahrheit geworden. Die nationalsozialistische Regierung, die in Deutschland am 5. März 1933 zur Macht gelangt ist, hat nun eine Verordnung erlassen, nach welcher reichsdeutsche Staatsangehörige die Grenze gegen Österreich erst dann überschreiten dürfen, wenn sie eine Taxe von 1000 Reichsmark (= 1700 S) pro Kopf erlegt haben. Da dies nur wenigen möglich sein wird, ist also der Fremdenverkehr von Deutschland in unsere Alpenländer lahmgelegt, was besonders Tirol und Salzburg empfindlich verspüren werden.

 

1935

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Josef Pelzmann
Was freilich die die wirtschaftliche Lage anbelangt, so leidet alles noch unter der Weltkrise; erdrückend hohe Steuern und Kürzungen der Gehälter sind die Kriterien dieser Krise. Auch die politischen Verhältnisse dieser Krise sind hierorts keineswegs rosig. Wenn auch äußerlich Befriedigung eingetreten ist, so herrscht doch in manchen Kreisen Verbitterung; gebe Gott, daß Friede in der Gemeinde einkehrt.
 

Schulchronik Neustift, Teil II, Adalbert Hirsch jun.
Geängstigte Menschheit, Fettmangel
Die politische Lage in Gesamteuropa hat durch die Kriegsführung Italiens gegen Abessinien eine Verschärfung erfahren. Die Menschheit ist, wahrscheinlich unbegründet, geängstigt. Die Städter machen Angsteinkäufe. Die Bauern halten die Lebensmittel zurück. So kommt es, daß in unserem Orte kein Schweineschmalz zu bekommen ist.

 

1936

Schulchronik Engelmannsbrunn, Lehrer Trimmel
Fast in jedem Keller liegt Wein, doch besteht derzeit sehr geringe Absatzmöglichkeit, die Weinpreise um 60 g pro l. Die Leute sind verdrossen, denn Steuern werden gefordert, Pfändungen auf Pfändungen erfolgen. Einen kleinen Ausweg suchen sie im Heurigenschank. 

Im Feber wurden in unserer Gemeinde die Erkennungskarten angelegt. In die Luftschutzübung vom 2.10.1936 war auch unser Ortsgebiet einbezogen. Der Frontaufmarsch der V.F. am 18.10. in Wien wurde von 11 Mitgliedern besucht.
Das Weingeschäft geht sehr schlecht; die Leute klagen, daß sie ihre Produkte nicht einmal zu einem niedrigen Preise absetzen können. 
 

Neues Wiener Journal vom 14.9.1936
Unter Teilnahme von mehreren tausend Personen fand gestern im festlich geschmückten Ottenthal die Weihe der vergrößerten Kirche sowie eines Dollfuß-Kreuzes statt. In Verbindung mit dieser Feier wurde auch ein Gautreffen der Sturmscharen abgehalten. Die Weihe vollzog unter großer Assistenz Kardinal-Erzbischof Doktor Innitzer, der in einer Ansprache darauf hinwies, daß der Neubau der Kirche für die beteiligten Gemeinden das Bekenntnis für Glaube und Heimat, für den christlichen, deutschen österreichischen Heimatstaat bedeute. 

 

1937

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Josef Pelzmann
Niedriger Weinpreis
Obwohl die Weinernte sowohl 1935 wie 1936 zufriedenstellend war, trug sie zur Linderung der wirtschaftlichen Not wenig bei, da die Weinpreise immer niedriger wurden (1937 40g-50g) und trotz dieses Preises der Wein vielfach nicht abgesetzt werden konnte.
 

Milchgenossenschaft Winkl
Als Entlohnung werden 50 Sch. fünfzig S. ausgesprochen. geschlossen und gefertigt am 29.3.1937
 

Schulchronik Winkl, Schulleiter Ernst Pircher
Heute, d.i. am 5. April 1937, wurde ein „Luftschutzbund Winkl“ gegründet, nachdem Oberl. Pircher als Luftschutzreferent in einem zweistündigen Vortrage die Bevölkerung von der Notwenigkeit einer Luftschutzortsgruppe überzeugt hatte. 
 

Schulchronik Utzenlaa, Schulleiter Josef Schmidl
Es wurde viel und sehr guter Wein geerntet, jedoch war so gut wie gar kein Absatz den ganzen Winter hindurch und die geringe Menge, welche zum Eigenbedarf gekauft wurde, war so niedrig im Preis, daß kaum die Gestehungskosten gedeckt wurden. 

 

1938

Pfarrchronik Kirchberg am Wagram, Pfarrer Josef Pelzmann
Die Weinernte, ohnehin durch die Nässe i. d. Reifezeit sehr beeinträchtigt, brachte einen minderen Wein. Die Preise waren so niedrig, daß der Hauer nicht einmal die Gestehungskosten erhielt. Manche Hauer, besonders ärmere mußten ihr Produkt mit ca. 20 g pro l Weinmaische abgeben. Viel zu spät wurde von der Regierung der Mindestpreis festgesetzt. Die Weinhändler, meist Juden, boten nur 18-25 g. Die Mindestpreise waren: Maische 25 gr, Most 33 g, Wein 36 g.

Dabei blieben die hohen Steuern und Abgaben. Nichts war natürlicher, als dass die Unzufriedenheit und den Bauern immer mehr zunahm. Nach der Festsetzung der Mindestpreise, verschwanden die Händler von der Bildfläche und der Hauer konnte seinen Wein nicht an den Mann bringen.
 

Währungsreform 1938
Nach dem Anschluss im Jahr 1938 wurde der Schilling mit einem für die Österreicher scheinbar günstigen Kurs von 1,5 Schilling für 1 Reichsmark umgewechselt – bei gleichzeitiger Beschlagnahme des Gold- und Devisenschatzes der Oesterreichischen Nationalbank. Dadurch konnten die völlig erschöpften Devisenreserven des NS-Staates wieder aufgefüllt werden: 78,3 Tonnen Feingold im Wert von 467,7 Millionen Schilling sowie Devisen und Valuten im Wert von 60,2 Millionen Schilling (auf der Basis der niedrigeren Berliner Kurse) wurden zur Reichsbank nach Berlin transferiert.
(http://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%A4hrungsreformen_in_%C3%96sterreich)

 

Maria Knapp
Juni 2012