Leopold von Steiner (geb. 18.10.1857 in Prag, verst. 16.1.1927 in Wien) war Weinbauer und Zimmermaler, christlich-sozialer Politiker und ein Jahr lang Landeshauptmann von Niederösterreich (1918-1919). Er wurde 1888 Gemeinderat von Unterdöbling. 1891 wurde er Wiener Gemeinderat und 1895 Reichsratsabgeordneter. 1916 wurde Steiner in den Adelsstand erhoben, verließ 1911 den Reichsrat nach einer Wahlniederlage und bekleidete 1917 bis 1918 das Amt eines Stadtrates.
Steiner war ab 1896 als nö. Landesausschuß mit dem Ressort Wohlfahrtspflege und Gewerbeförderung betraut und machte sich dabei besonders um die Errichtung der Niederösterreichischen Landes-Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Geisteskranke Am Steinhof verdient.
 
Quelle und Foto siehe hier.
Er war der Kandidat der Christlich-sozialen Partei für Tulln-Atzenbrugg-Kirchberg am Wagram-Klosterneuburg bei der Wahl am 27.10.1896. Wurde er anfangs von der Bevölkerung angefeindet, weil er kein „hiesiger“ und daher mit den Verhältnissen nicht vertraut war, gewann er doch rasch das Vertrauen der Bevölkerung. Zum Bedauern vieler trat er nach zwei Perioden für seinen Heimatbezirk Döbling zur Wahl an. 
Neue Freie Presse vom 1.10.1896
Eine große Zahl von Gemeindevorstehern des Gerichtsbezirkes Kirchberg am Wagram tritt gegen die Kandidatur Steiners auf, weil er als Wiener Zimmermaler keineswegs die Bedürfnisse eines rein bäuerlichen Wahlbezirkes vertreten könne. Sein Gegenkandidat ist der Wirtschaftsbesitzer List aus Baumgarten, ein Anhänger Schönerers. 
Kremser Zeitung vom 18.10.1896
Ein ernstes Wort.
Vor Kurzem wurde auf der Gemeindeanschlagtafel am Kirchenplatz in unserer christlichen Gemeinde der bekannte Wahlaufruf „Ein ernstes Wort“ affigiert, worüber folgende Zeilen gleichfalls ein „ernstes Wort“ zu reden sich erlauben. Da heißt es also, wie bekannt, auch folgendermaßen: „Wir …sollen einen Mann in den Landtag senden, der die Fähigkeit besitzt, dort unsere Interessen rückhaltlos, uneigennützig und mit richtigem Verständnis zu vertreten.“ Nun beachte man aber das Folgende: „Das aber kann nur jener Mann, der aus unserer Mitte, also aus unserem politischen Bezirke und so bestbekannt mit der Bevölkerung und deren Bedürfnissen ist.“ Ja, muß denn derjenige, welcher andere „vertreten“ soll, gerade aus ihrer Mitte sein! In wie viel Fällen ist denn z.B. der Vertreter eines Angeklagten aus seiner Heimat oder schon früher bestbekannt mit ihm gewesen? Bezüglich der „Bedürfnisse der Bevölkerung“ aber wird es ein gewissenhafter Abgeordneter nie unterlassen, sich redlich darum zu bekümmern. Ferner die Fortsetzung: „Eine traurige Thatsache für uns Landwirte (Hauer und Bauer) wäre es, wenn es unter uns im Bezirke keinen Mann gäbe, der uns in jeder Hinsicht vertreten könnte.“ Ob das wahr ist oder nicht, müssen die Wählen am besten wissen. Aber weiter: „Wir werden doch nicht einem Mann das Vertrauen schenken, der im Bezirk fremd ist (siehe Geßmann, Steiner) und noch dazu Ideen vertritt, deren Verwirklichung den Ruin jedes geistigen und wirtschaftlichen Aufschwunges zur Folge hätte.“ ………Endlich: „Wir sind Deutsche und wollen deutsche Oesterreicher bleiben.“ Bravo! Das ist auch Pflicht eines jeden „deutschen Oesterreichers“. Das es aber jetzt erst heißt: „Wir sind Christen,“ das ist eine Zurücksetzung der Religion gegenüber der Nationalität. Und die Fortsetzung „werden aber nie zugeben, daß das Christenthum zu Parteizwecken irgendwie mißbracht werde.“…. An die geehrten Kollegen des Schulbezirkes Tulln! usw. „List“ ist ein streng fortschrittlicher Mann, von dem wir überzeugt sein können, daß er unsere Interessen gut vertreten wird; Steiner muß als Anhänger der christlichsozialen (klerikalen) Partei Ideen vertreten, deren Verwirklichung eine ernste Gefahr für unser Schulwesen bedeuten würden.…
Der gesamte Text findet sich hier. 
Kremser Zeitung vom 1.11.1896
In der Landtagwahl vom 27.10.11896 wurde Leopold Steiner mit 1872 Stimmen gewählt, während der Gegenkandidat, der Schönerianer Franz List aus Baumgarten, es auf nur 718 Stimme brachte. Der Liberale Freundorf erhielt nur 40 Stimmen. 
Pfarrchronik Altenwörth 1897
Nach dem Hochwasser ist der Statthalter in der Nähe, was Pfarrer Karl Sedlmayer für seine Zwecke zu nutzen wußte: Als der Statthalter Graf Kielmansegg das Überschwemmungsgebiet bereiste über Verständigung hin, begaben ich und die Gemeindevertretung von Altenwörth uns zum Landungsplatz des Dampfschiffes zu Zwentendorf und brachten unsere Bitten vor wegen endlicher Erbauung des schon längst projectierten Schutzdammes. Diese Bitte wurde unterstützt und des Näheren motivirt durch unseren Land und Reichsrathsabgeordneten Herrn Leopold Steiner aus Wien. Der Statthalter erklärte, daß die Regierung bereit hiezu sei, wenn der Reichsrath die Mittel bewilligt. 
 
Kremser Zeitung vom 24.10.1897
Dankadresse an den Abg. Steiner.
In einer Versammlung im Kirchberger Rathaus beschlossen am 3. Oktober 34 Bürgermeister des Gerichtsbezirkes Kirchberg am Wagram einstimmig nach kurzer Beratung eine Resolution, die das hervorragende Wirken des Landesausschusses Leopold Steiner, vor allem in Bezug auf das Hochwasser in diesem Jahr, besonders hervorheben sollte. Diese Ehrung wurde in einer hübsch ausgestatteten Adresse niedergelegt und dem Geehrten in dessen Büro im Landhaus am 12.Oktober vom Überschwemmungs-Hilfskomitee des Bezirkes unter Führung des Obmannes Franz Roskopf überreicht.
 
Reichspost vom 18.10.1902
Landgemeinden-Wahlbezirk Tulln.
Sonntag den 12. d. M. fand eine vom Landesausschuß Steiner in Kirchberg einberufene Wählerversammlung statt. Den Vorsitz führt Herr Dr. Rudolf Roth, Bürgermeister von Kirchberg, welcher die ungemein zahlreich erschienenen Landtagswähler und Landesausschuß Steiner als Kandidaten herzlichst begrüßte. Hierauf entwickelte Landesausschuß Steiner in längerer Rede sein Programm. Seine Kandidatur wurde einhellig zum Beschlusse erhoben. 
Neue Freie Presse vom 29.10.1902
Leopold Steiner von der Christlichsozialen Partei wird für die Bezirke Tulln-Atzenbrugg-Kirchberg- Klosterneuburg mit 2103 Stimmen wiedergewählt.
Er war zu diesem Zeitpunkt Reichratsabgeordneter, n.-ö. Landesausschuß, Komtur des Franz Josefs-Ordens und Ritter der eisernen Krone. 
Kremser Zeitung vom 20.4.1907
Der Landgemeindevertreter von Kirchberg, Atzenbrugg, Tulln und Klosterneuburg, Abg. Steiner, hat auf seine Landesausschußstelle verzichtet. Das wird auch von den Gegnern der christlichsozialen Parteirichtung bedauert. Denn Steiner ist im ganzen Bezirke beliebt, er gehört den ruhigen, gemäßigteren Politikern an, und auch die Gegner zollen seinem redlichen Willen und seiner Tatkraft wie seiner persönlichen Liebenswürdigkeit, Achtung und Sympathien. Es ist auch gewiß, daß Steiner, wenn es heute zu einer Neuwahl käme, auch ohne werktätige Unterstützung seitens der Lueger- und Pfarrerpartei mit Riesenmehrheit wieder gewählt würde, ja – wenn’s sein müßte, auch gegen den Willen der klerisozialen Partei. Denn Steiner, der heute nicht mehr „Favorit“, zu deutsch, die Lieblich der klerikalen Mächte zu sein scheint, genießt in der Wählerschaft eine wirkliche und wahre Popularität, im Gegensatz zu gar manchen seiner Parteigenossen… 
Das Vaterland vom 20.11.1907
Leopold Steiner lässt sich als Kandidat für die Wahl für seinen Heimatbezirk Döbling aufstellen. 
(Neuigkeits) Welt Blatt vom 28.1.1910
Die Marktgemeindevertretung Kirchberg am Wagram hat mit Stimmeneinhelligkeit beschlossen, dem Oberkurator der n.-ö. Hypothekenanstalt Reichsraths- und Landtagsabgeordneten Leopold Steiner für die aus Anlaß des Baues des neuen Amtsgebäudes Kirchberg geleisteten Unterstützungen und für seine aufopferungsvolle außerordentliche Mühewaltung hiebei zum Ehrenbürger zu ernennen. 
Dazu eine kritische Stimme:
Österreichische Land-Zeitung vom 5.2.1910
……. Es ist für das ganze System der christlichsozialen Führer so recht bezeichnend, wie sich diese Herren alle durch das Volk zuerst Ämter, sodann Geld verschafften, um sich schließlich auch noch von den einzelnen Gemeinden „ehren“ zu lassen für die Dinge, zu denen sie als Abgeordnete verpflichtet waren, und die die Wähler als Steuerträger nur immer aus eigener Tasche bezahlen können. Es ist eine ganz verkehrte Welt infolge der vollständigen politischen Unreife der Wähler und Schlechtigkeit der Volksführer, aber lange kann das frivole Spiel dieser nicht mehr dauern. Da ist der Trost!
 
Zu den Vorfällen im Wahlkampf 1896 siehe hier. 
Jänner 2021
Maria Knapp