Anna Lohner (Absdorf, geb. Zimmermann, 1929-2013) erzählte ihrer Tochter Marianne Eckart (Engelmannsbrunn) folgende Geschichte, die ihr von ihrer Großmutter berichtet worden war: Deren Ehemann, Leopold Kranzl, war Forstarbeiter in der Au bei Utzenlaa. Eines Tags kam ein Ortsbewohner zu ihm und trug ihm auf, er solle mit seinen Steirerwagen (oder Truhenwagen) einen Herrn von der Au abholen und zum Absdorfer Bahnhof fahren. Dieser Herr war auf einer Lichtung, der „Ploaka-Irksen“ mit seinem Ballon gelandet und wollte weiterkommen. Herr Kranzl fuhr also in die Au, holte den Herrn samt Begleitung ab und brachte sie nach Absdorf zum Bahnhof. Dort angekommen, wollten sie wissen, was der Fuhrlohn sein. Herr Kranzl, der noch nie Personen befördert hatte, wusste keinen Preis und so drückte ihm der Fahrgast einen Packen Geld in die Hand. Im Nachhinein erfuhr man, wer der Ballonfahrer gewesen war: Niemand geringerer als der Kaiser Franz Joseph II. selbst war sein Gast gewesen!
Marianne Eckart aus Engelmannsbrunn ging nun dieser alten Erzählung ihrer Mutter nach und wurde auf der Seite ANNO der Österreichischen Nationalbibliothek fündig. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dieser Begebenheit aber nicht um den Kaiser selbst, sondern um zwei Erzherzöge, nämlich das Brüderpaar Josef Ferdinand und Heinrich Ferdinand.
Nachrichten aus Oberösterreich und Salzburg. (Gekürzt)
(Gleichzeitiger Aufstieg zweier Luftballons.) Zu einem ebenso schönen als interessanten Schauspiel gestaltete sich der gestern, Donnerstag, um 8 Uhr morgens vor sich gegangene Aufstieg der beiden Luftballons „Wien II“ und „Salzburg“. Der Ballon „Wien II“ war bereits tags zuvor gefüllt worden und in diesem Zustande im Hofe der Gasanstalt (in Linz) an Pflöcken, die in die Erde getrieben worden waren und an Seilen wohlversichert verblieben; die Füllung des Ballons „Salzburg“ fand unmittelbar vor der Ausfahrt statt. Diese erfolgte vom Felde, beziehungsweise von der Wiese aus, die an den Hof der Gasanstalt angrenzt und konnte infolgedessen von dem zahlreich erschienenen Publikum aus nächster Nähe frei beobachtet werden. …  Gegen ¾ 8 Uhr trafen die Teilnehmer an der Fahrt ein und kurz vor 8 Uhr bestiegen sie die Körbe der beiden Luftschiffe. Den Ballon „Wien II“ der Wiener militäraeronautischen Anstalt bestiegen die Erzherzoge  Josef  Ferdinand  und Heinrich Ferdinand, sowie Generalstabsmajor Schamschula, den Ballon „Salzburg“ Hauptmann Hoffory der Wiener militärischen Luftschifferabteilung, Generaldirektor Cossinone und der Abg. Graf Sternberg. Um 8 Uhr morgens erfolgte, wie erwähnt, der gleichzeitige Aufstieg der beiden Luftballons unter den Hochrufen des versammelten Publikums. Die beiden Ballons stiegen fast senkrecht empor, verschwanden aber sehr bald in den tieflagernden Nebelmassen. Kurze Zeit darauf teilte sich der Nebel etwas und, schimmernd im Glanze der Morgensonne, tauchten die beiden mächtigen Ballonkugeln in ziemlich bedeutender Höhe nordwestlich vom Abfahrtsplatze auf. … Nachdem die Ballons durch ausgiebiges Ballastauswerfen eine Höhe von ungefähr 1000 Meter erreicht hatten, schlugen sie, sich lange Zeit neben einander haltend, zuerst einen nordwestlichen, dann einen nördlich Kurs und schließlich die Richtung gegen Gallneukirchen ein. … Über Prägarten, Tragwein, und St. Georgen kamen sie bis noch Oed bei Ottenschlag, weiter ging die Fahrt über Martinsberg, Wösendorf, Dürnstein und Traismauer. … Südlich der Donau ging es in der Richtung gegen Traismauer weiter und dann trat abermals längere Zeit große Windstille ein, sodaß der Ballon für die Stecke von Traismauer bis in die Gegend von Zwentendorf über eine Stunde benötigte und den letzteren Ort erst um 12 Uhr 15 Minuten, und zwar in eine Höhe von 2000 bis 2200 Meter erreichen konnte. Bei sehr schwachem Winde wurde sodann die Donau abermals überquert und nördlich von ihr in den Auen südöstlich von Utzenlaa um 12 Uhr 30 Min. mittags glatt gelandet. Mit dem Ballon  „Wien II“ wurde sodann wegen des ungünstigen Terrains ein Ballonmarsch gemacht, bis endlich im Walde eine Wiese erreicht war, wo er eingezogen und verpackt werden konnte. Von hier aus wurde er mit einem Wagen nach Absdorf zur Bahn gebracht. Der Ballon „Salzburg“ landete in der Nähe von Tulln und wurde mit einem Wagen nach Tulln verbracht, wo sich sämtliche Teilnehmer an der Doppelfahrt wieder trafen.
((Linzer) Tagespost vom 27.3.1909, S. 4)
Die beiden Erzherzöge  
Erzherzog Joseph Ferdinand von Österreich-Toskana (1872-1942) war ein Sohn Ferdinands IV., Großherzog der Toskana aus dem Hause Habsburg-Lothringen, Linie Habsburg-Lothringen-Toskana. Er war Generaloberst der k. u. k. Doppelmonarchie und Ballonfahrer.
Nach den vielen Skandalen seines älteren Bruders Leopold (1868–1935), sowie dessen Verzicht, wurde er Thronprätendent der Toskana. Er war ein Ur-Ur-Enkel von Kaiser Leopold II.
Später zog er sich ins private Leben zurück und lebte als Bürger Österreichs. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde er zeitweise im KZ Dachau gefangen gehalten.
 
 
Erzherzog Heinrich Ferdinand Salvator von Österreich-Toskana (1878-1969) war Offizier, Maler und Fotograf. Vielfältig technisch und künstlerisch interessiert und ausgebildet, diente er bis zum Ende des Ersten Weltkriegs als Offizier und zog sich dann als Künstler ins Privatleben nach Salzburg zurück.
  
Ein weiteres Foto einer Ballonfahrt der Erzherzöge findet sich hier:
November 2018
Maria Knapp