Der Kirchberger Heimatforscher Dr. Rudolf Delapina (1883 - 1965) hat neben der Erforschung der Gemeinde Kirchberg u.a. auch zwei Bücher mit insgesamt über 500 Seiten über die Herren von Winkl verfasst. Der Übersichtlichkeit halber sind die Texte auf verschiedene Artikel aufgeteilt. 


 

Weit zurück in die prähistorische Zeit reicht die Besiedlung des Wagrams, des alten Uferrandes der Donau, wie uns Funde bestätigen.

Durch Jahrhunderte hausten hier die Illyrer. Der Großhügel bei Gaisruck wurde als illyrischer Grabhügel erkannt. Um 400 v. Chr. Geb. wanderten von Westen her die Kelten zu. Um Christi Geburt drangen von Böhmen aus die Markomannen und die Ihnen stammverwandten Quaden bis an das Nordufer der Donau – den Wagram vor, während um jene Zeit die Römer ihren Herrschaftsbereich bis an das Südufer des Stromes ausdehnten. (Favianis – Mautern, Comagena – Tulln)

Die Vorstöße asiatischer Reitervölker (Hunnen) brachten die in den Gebieten bis an das Schwarze Meer siedelnden germanischen Völker in Bewegung, die nun nach Westen auswichen. Diese „germanische Völkerwanderung“ nahm ihren Weg donauaufwärts. So strömten um 400 n. Chr. Geb. Vandalen, Alanen, nach diesen Westgoten, sodann Rugier, Heruler und Ostgoten ins Land, blieben für kürzere oder längere Zeit sesshaft, bis die zuerst angekommenen dem Druck der Nachdrängenden wieder weichen mußten. Als 445 – 453 die Hunnen das Land überfluteten, gerieten die Germanen im Donauraum unter deren Herrschaft. Das Römerreich, schon im raschen Niedergang, konnte dem Ansturm der Germanen nicht standhalten und so zogen die Römer um 487/488 n. Chr. Geb. nach Italien ab. Um 488 drangen die Langobarden von Norden her ins Land, stießen 509 nach Pannonien vor, überließen dieses 568 den Awaren, die durch 300 Jahre das Land bis an die Enns unter ihrer Botmäßigkeit hielten und von hier der Donaustraße folgend, ihre Raubzüge weit gegen Westen in das Frankenreich ausdehnten.

Um dem ein Ende zu setzen, vernichtete Karl der Große in mehreren Feldzügen (791 – 795) deren Herrschaft, zerstörte die Awarenschanzen bei Grafenwörth und Königstetten. Das Land von der Enns bis zum Wienerwald und die dem Nordufer der Donau näher gelegenen Gebiete des Wagrams bis Stockerau wurden nun zum Grenzland und von bayerischen und fränkischen Einwanderern in Besitz genommen, besiedelt und von den Karolingern auch an geistliche und weltliche Herren vergeben. Zur Sicherung der Siedlungen wurde eine Mark eingerichtet. Diese Besiedelung wurde durch den Ansturm der Magyaren 907 – 955 unterbrochen.

Die siegreiche Schlacht auf dem Lechfelde (in Bayern im Dreieck zwischen Landsberg, Augsburg und Mering) 955 n. Chr. setzte den Raubzügen der Magyaren ein Ende. Das Zerstörte wurde wieder hergestellt, die Siedlungsarbeit wieder aufgenommen, geistliche und weltliche Große wurden weiterhin mit Grund und Boden beteilt, freie Siedler strömten ins Land. Die Mark wurde wieder eingerichtet, das Markgrafenamt 976 den Babenbergern übertragen.

Der Markgraf war als militärischer Führer der Mark für die Ordnung, den Schutz und die Sicherheit seines Markgebietes verantwortliche. Er hatte öffentliches Gericht zu halten, den Heerbann aufzubieten  und auszuführen. (In der Reichsheeresverfassung des Heiligen Römischen Reiches das Aufgebot aller waffenfähigen freien Grundbesitzer zur Heerfahrt, d. h. zu einem Reichskrieg.) Zur Erfüllung seiner Wehraufgabe standen ihm berittene Dienstmannen zur Seite, die er zum großen Teil aus seiner Heimat herangezogen hatte. Und wie der Markgraf vom König als Belohnung für seine Dienste mit Grund und Boden belehnt wurde, so belehnte er wieder seine Dienstmannen, später Ministerialen genannt, mit Land zur Bewirtschaftung, um den Unterhalt auch für Mann und Ross sicherzustellen, sowie zum Burgenbau.  

Auch die im Lande mit Besitz ausgestatteten Grafengeschlechter, sowie die Klöster, Stifte und Bistümer sicherten ihren Besitz durch Einstellung von Dienstmannen (Ministerialen).

Die Herren von Winkel waren nun solche Dienstmannen. Ihr Name, sowie die Namen ihrer Standesgenossen, die als Ministeriale meist auch zum Heerbann des Markgrafen gehörten, kehren nicht nur in der Landesgeschichte wieder, wir werden sie auch immer wieder in den im folgenden angeführten Urkunden vorfinden, so um einige zu nennen: die Herren von Maissau, von Mühlbach, von Rußbach, von Sonnberg, von Falkenberg, von Feldsberg, von Kuenring, von Wallsee u.a. 

Da bereits die ersten Babenberger Leopold I. (967 – 994) und Heinrich I. (994 – 1018) bei der Kolonisierung auf das nördlich der Donau gelegene Gebiet übergegriffen haben, ist nicht unwahrscheinlich, dass bereits diese die Herren von Winkel in ihrem Kriegsgefolge ins Land mitgebracht haben. Möglich ist, dass Markgraf Heinrich I. die königliche Schenkung vom Jahr 1002, die ihm 30 Königshufen nach seiner Wahl zu freiem Eigen überließ, nützend, im Anschluss an das vom Bistum Passau bei Trübensee-Neuaigen eingenommene Gebiet bzw. in der Nachbarschaft des vom Kloster Niederaltaich durch königliche Huld erworbenen Besitzes, der sich seit 1011 von Absdorf gegen Westen bis gegen Utzenlaa – Bierbaum erstreckte, und zwar im Sprengel = Amtsbereich des Untergrafen (?) Sigmar, welches Gebiet uns auch den Jahren 1011 und 1014 unter dem Namen Sigmaresweret überliefert ist, die Herren von Winkel mit Grundbesitz lehensmäßig ausstattete und sie in einem Arme der damals noch vielarmigen Donau im Raume der heutigen Ortschaft Winkl, dort wo heute das Ortskirchlein steht, eine Burg u.zwar eine Wasserburg errichten ließ. Durch ihre Lage konnte von dieser Wasserburg neben dem befestigten Trübensee der Annäherung feindlicher Kräfte an den uralten Donauübergang bei Tulln – Trübensee entgegengetreten werden. Trübensee war damals schon im Besitze des Hochstiftes Passau und den öst. Landesfürsten Babenbergischen Stammes geliehen. 

Nach der Lage der Wasserburg: am Südrand des nördlich der Donau gewonnenen Gebietes, das sich anfangs nur über die Kremser Gegend, den Unterlauf des Kamp, über einen Streifen vom Straßer Tale, über die nächsten Striche des Wagramer Hügellandes gegen Stockerau erstreckte, war diese Wasserburg zweifellos eine der ersten Vesten im nördlichen Landesteile.

Bei einem Zweig des Geschlechtes der Herren von Winkel führen dessen Angehörige zu dem Namen Winkel zusätzlich den Beinamen „Bavvarrus“ (der Payer). Liegt darin ein Hinweis auf die Herkunft aus Bayern und auch auf Beziehungen zu dem bayerischen Niederaltaich oder Passau? Darf man daraus die Annahme ableiten, Niederaltaich oder Passau haben die ersten Herren von Winkel aus Bayern als Dienstmannen, als Beschützer ihres Gebietes ins Land gerufen? Und haben Niederaltaich oder Passau am Rand ihres geistlichen Gebietes Absdorf, Kirchheim, bzw. Triebensee, den Herren von Winkel Grund und Boden für ein festes Haus, eine Veste überlassen, zumal in jenen Zeiten stets mit feindlichen Einfällen von Norden her gerechnet werden musste? All das sind nur Vermutungen über die Herkunft des Geschlechtes, da Urkunden hierüber nicht vorliegen.
 

Mag. Günter Marian (NÖ. Landesarchiv) schreibt über die Herkunft der Herren von Winkl dagegen folgendes: Die ersten gemeinsam nach Winkl genannten Ministerialen heißen Tiemo, Rahawin und Adalbrecht (um 1130/40) Dazu kommen noch ein Dietmar von Winkl (1130/1141) sowie der als Spitzenahn der Geschlechts ausgewiesene Poppo. Bemerkenswert ist, dass sich genau diese charakteristischen Namen bei den um die markgräfliche Residenz Klosterneuburg sitzenden babenbergischen Ministerialen gehäuft nachweisen lassen. Was Poppo von Winkl betrifft, so ist er höchstwahrscheinlich mit einem 1114 singulär genannten Poppo identisch, der das Amt eines markgräflichen Burggrafen zu Krems (1131) ausübte und diese Position zur Errichtung der Herrschaft Winkl in den nahegelegenen Donauauen genutzt haben dürfte. 

Jedenfalls treffen wir später die Herren von Winkel als Vogtherren von Niederaltaicher und Passauer Besitz an.

 

Mai 2013
Maria Knapp