Gerber

Die Gerberei erlebte bereits im Mittelalter eine Spezialisierung in Bezug auf Verfahren und zu verarbeitendes Material. Es entstanden die Gewerbe der Lohgerber oder Rotgerber, Sämischgerber und Weißgerber. In der Handwerkerhierarchie des Mittelalters und der frühen Neuzeit standen die Weißgerber hinsichtlich Ansehen, Ruf und Einkommen unter den Rot- oder Lohgerbern.  

Die Weißgerberei ist ein Gerbverfahren, bei dem die Gerbung mit Mineralien wie Alaun oder Kochsalz bewirkt wird; man nennt dies auch Mineralgerbung. Die bleichende Wirkung der Mineralstoffe ergibt ein besonders helles – eben weiß gegerbtes – Leder. Die Weißgerberei wurde bevorzugt für feinere und dünnere Leder von Kalb, Schaf und Ziege eingesetzt. Die daraus gewonnenen Lederqualitäten Chevreauleder (Ziegenleder), Glacé (Kalbsleder) oder Kid (Ziegenleder) wurden vorzugsweise zu Handschuhen, Beuteln, Buchdeckeln und Etuibezügen weiterverarbeitet. 

Der Rot- oder Lohgerber verwendete vom Baum getrennte, zerschnittene und fein gemahlene Rinde – meistens Eichenrinde, seltener auch Fichten- oder Tannenrinde – in der sich der Gerbstoff Tannin befindet. Er stellte Leder für Schuhsohlen, Stiefel, Sättel, Riemen oder Ranzen her.

Durch die starke Geruchs- und wohl auch einige Lärmbelästigung (beim Klopfen der Pelze) waren die Kürschner häufig gezwungen, sich an den Fließgewässern am Rand der Städte oder Dörfer niederzulassen. Trotzdem zählten sie zu den reicheren Gewerben und waren im Rat der Städte und Märkte vertreten. 

Mit dem Beginn der Mechanisierung in der Gerberei und der Einführung der Gerbung mit Metallsalzen (Chromgerbung) im 19. Jahrhundert verschwanden zunächst in den Städten, dann auch im ländlichen Raum die spezialisierten Gerberhandwerke. 

Diese beiden Berufszweige versorgten Kürschner, Sattler, Riemer, Schuster, Handschuhmacher, Schneider und Wagner mit Ausgangsmaterialien für deren Arbeit.   

Kürschner

Der Kürschner befasst sich mit der Bearbeitung von Fellen, die er zu Jacken, Mänteln, Mützen, Hauben etc. verarbeitet. Es kam immer wieder zu Streitigkeiten mit den Gerbern, die sich im Laufe der Zeit abgespalten hatten und sich nur der Ledererzeugung und nicht der Verarbeitung widmeten.
Meist kauften Kürschner Felle direkt von Jägern und Bauern, um die verarbeiteten Pelze direkt an die Endverbraucher zu veräußern. Konflikte gab es mit Weißgerbern, Täschnern, Handschuhmachern, da oft nur eine begrenzte Menge Felle und Häute zum Verarbeiten vorhanden war.

In unserem Raum gab es nur in Kirchberg Gerber (Lederer), Weißgerber bzw. Kürschner. In den Pfarrmatriken werden die Berufsbezeichnungen teilweise vermischt.  


Gerber und Kürschner 

1640: Kaspar Heim und Gattin Barbara

1654/1663: Adam Hoffmann wird in diesen Jahren erwähnt, er ist 1684 verstorben.
1680: Christina Hoffmannin macht am 2.1. ihr Testament und stirbt 2 Tage später.
1695: heiratet Barbara Hoffmannin, die Witwe des Adam Hoffmann, gewester Rathsbürger und Löderer, den Hanß Carl Heÿschneider aus Hag im landt ob der Enß.
1706: Der Gerber Michael Hofmann erhält von aus Schlesien per Schiff über Krems 1 Sack Rötel

1659: Thomas Quirsfelt, Weißgerber, Gattin Eva 
1663: Hans Zwirschfeld, Weißgerber. 

1661:  Margarethe Gaymanin, Weißgerberin 

1663: Bei der Hochzeit seiner Tochter  im Jahr 1678 wird der Weißgärber Michael Huebmann als bereits verstorben angeführt.

1663/80: Paul Staufenecker, Kürschner 

1728:  Weißgerber Johann Daniel Rogl und Gattin Clara. Sie macht am 13.2. 1730 ihr Testament und stirbt am 17.2. 
1732 heiratet er Anna Maria. 1740 ist er Taufpate des Franz Anton Schmekher.

1725: Leopold Margott und Franziska im Haus Nr. 38 im Tobel.

1728: Balthasar Loibel wird im Oberstockstaller Grundbuch auf Haus Nr. 8 genannt (Gattin Magdalena).
1729 heiratet die Witwe Magdalena den Johann Michael Schindlberger. 1761 ist sie wieder Witwe.

1739: Leopold Graf, ledig, im Haus Nr. 38, ab 1741 mit Gattin Elisabeth, 1751 mit Anna Maria.
1775: stirbt Leopold  Graf in Kirchberg 38 mit 63 Jahren.
1784: Der ledige Leopold Graf jun. in Kirchberg 38.
1785: Der Lederermeister Josef Graf von Kirchberg 37 ist mit 22 Jahren im Kamp ertrunken. 

1785: Im Haus Nr. 1 wohnt Franz Ecker, Gärbermeister.

1788: Der bürgerl. Weißgerber Franz Schützenberger stirbt mit 75 Jahren in Kirchberg 10, Ehegattin war Klara geb. Engelhauser.
1789/1793: stirbt Klara Schützenberger, verwitwete Weißgerberin.

1788: stirbt Anton Wohlfarth.

1787: Josef Haid ist Hausbesitzer und Gerber im Haus Nr. 37/38, Ehegattin ist Theresia geb. Mayer. Er stirbt 1801mit 56 Jahren in Kirchberg 37.
Zwey Häuser samt Lederergewerbe zu verkaufen
Es sind in dem Markt Kirchberg am Wagram V.U.M.B. nachstehende zwey Häuser zu verkaufen: als 1) das Haus Nr. 37, worauf das Lederergewerb radicirt und sonst bey guten Bau ist, auch vorzüglich die Bequemlichkeit des nöthigen Wassers hat; 2) das nahe daranstoßende Haus Nr. 38, so ebenfalls bey besonders guten Bau, mit den bequemsten Zimmern, vielen Gewölbern, einen guten Stall auf 8 Pferde, zwey besonders guten Hausgärten, einen Stall auf 8 Stück Hornvieh, nebst mehrern Schweinställen versehen, in welchen Haus auch ein gut gewölbter Keller auf 4000 Eimer befindlich, und worauf auch die Greißlerey betrieben werden kann; wer demnach Belieben trägt entweder beede Häuser zusammen, oder einschichtig auseinander zu kaufen….
(Wiener Zeitung vom 28.2.1787)

1789: Paul Regelsberger, Kürschner. Er stirbt 1797 mit 60 Jahren in Kirchberg 8.
1798: Auf Wunsch der Witwe wird das Kürschnergewerbshaus Nr. 8 versteigert.
(Wiener Zeitung vom 6.1.1798)

1799/1806: Der bürgerl. Kürschnermeister Joseph Fürweger. Er stirbt 1806 mit 49 Jahren in Kirchberg 18. Gattin war Katharina geb. Lechner.

Um 1800/1815: Franz Stöger ist bürgerl. Weißgerber in Kirchberg 10. 1822 bekommt er eine Auszeichnung vom Kaiser für seine fortschrittliche Gerbmethode: 
Sr. k.k. Majestät geruhten mit allerhöchster Entschliessung vom 11. Nov. d. J. dem Franz Stöger, Weißgärbermeister in Kirchberg am Wagram, auf die „Verbesserung in Bearbeitung der rauhen Felle, wornach diese dem Verderbnisse durch die Motten eben so wenig, als die nach der bisherigen Meithode der Weißgärber bearbeiteten Felle ausgesetzt, zugleich aber etwas wohlfeiler, mehr zügig, mild und viel dauerhafter seyen, dann vor den durch die Kirschner bearbeiteten Fellen, gleichfalls durch viel größere Dauerhaftigkeit, und durch gänzliche Beseitigung des üblen Geruches sich auszeichnen;“ ein fünfjähriges Privilegium nach den Bestimmungen des allerhöchsten Patentes vom 8. Dec. 1820 zu verleihen.
(Grazer Zeitung vom 23.12.1822)

1928 wird ihm diese Ehre aber wieder aberkannt:
Da laut Befundes der competenten technischen Behörde, der Gegenstand desjenigen Privilegiums, welches dem Weißgärbermeister zu Kirchberg am Wagram, Franz Stöger, auf eine Verbesserung in der Bearbeitung der rauhen Felle, am 11. November 1822 für die Dauer von fünf Jahren verliehen, und in der Folge von mehreren Kirschner-Innungen bestritten worden ist, sich lediglich auf die in Ungarn und Siebenbürgen schon lange vor Ausfertigung des Certificates an gedachten Stöger angewendete Art der Beitze mittelst eines Zusatzes von Milch, Weinstein und Eyern bezieht; so fand sich die k.k. allgemeine Hofkammer laut Eröffnung der hohen Hofkanzley vom 13. Junius d. J. bestimmt, im Einklange mit der Entscheidung der Nieder-Oesterreichischen Regierung, das erwähnte Privilegium wegen des Mangels an Neuheit des Gegenstandes nach dem Wortlaute des 23. § des Allerhöchsten Patentes vom 8. December 1920 litt. B. für ungültig zu erklären.
(Wiener Zeitung vom 9.7.1827)
Er stirbt 1852 mit 90 Jahren in Kirchberg 10.

1803/1808: Johann Jüttner ist bürgerl. Lederermeister in Kirchberg 37, Ehefrau Theresia geb. Weixelbaum.

Um 1817: Joseph Fürweger ist bürgerlicher Kürschnermeister in Kirchberg 18, Gatin Katharina geb. Lahoth oder Lawat

1818: Zwei nebeneinander liegende Häuser, wovon auf einem das Lederergewerbe bestand:
Licit. Zweyer Häuser sammt Lederergewerb.
Mit herrschaftlicher Bewilligung werden am 24. August d.J. Vormittags um 9 Uhr in dem Markte Kirchberg am Wagram (bekanntlich einer der schönsten und vermöglichsten Gegenden Oesterreichs) die zwey Häuser Nr. 37 und 38, sammt dem auf ersteren radicirten Lederergewerbe dem Meistbietenden hindangegeben. Bey diesen zwey Häusern die sehr geschmackvoll, solid, und dieses Nr. 38 herrschaftlich gebaut, auch zu einer Fabrik besonders geeignet sind, nur einige Schritte voneinander stehen, und einen gemeinschaftlich grossen Hof haben, befinden sich zwey grosse vfollkommen eingerichtete Werktstätten mit einem lebendigen, zu jeder Jahreszeit reichlich in dieselben fliessenden vortrefflichen Quellwasser; fernes befinden sich in beyden Häusern mehrere sehr schöne, geräumige Zimmer, verschiedene Gemächer, Küchen, Gewölber, 2 grosse Keller auf 5000 Eimer sammt Preßhaus, gewölbte Pferde- und Hornviehstallungen, eine grosse Scheuer, dann ein Obst- und Kuchengarten, dieß alles unter dem nemlichen Hofmach mit einer Mauer umgeben….
(Wiener Zeitung vom 3.8.1818)

1819: Johann Michael Prosel, Eigentümer und Lederer und Rotgerber im Haus Nr. 38, ab 1821 mit Antonia geb. Paschinger. Er hat die obigen Häuser ersteigert.
1839: Sohn Michael Prosel übernimmt den Betrieb, ab 1846 Gattin Theresia Mantler aus Brunn im Felde. Er stirbt 1867 mit 46 Jahren in Kirchberg 37.
Um 1882: Michael Prosl ist Lederermeister in Kirchberg 37.

1840: Das Haus Nr. 18 samt hierauf befindlichem Kürschnergewerbe wird von der Witwe Katharina Eder im Wege der freiwilligen Versteigerung  an den Meistbietenden vergeben: Dieses Haus ist in gutem Baustande, ebenerdig, hat in 2 Abtheilungen 4 Zimmer, 2 Kammern, 2 Speisen und Küche, 1 Kuh- und 1 Pferdestalung, 1 Brunn, 1 Schoppe mit Schüttkasten im Hofe, 2 Keller, dann einen Obst- und Gemüsegarten sammt darin befindlicher Fruchtscheuer. Mit diesem Hause werden unter Einem einige Ueberländgründe, dann die Haus- und Wirtschaftseinrichtung, so wie die Gewerbes-Utensilien und das vorräthige Kirschnerwarenlager versteigert.
(Wiener Zeitung vom 10.12.1840)

Um 1842: Johann Wilhelmseder (Gattin Katharina geb. Hartmann) ist Kürschnermeister. (Wiener Zeitung vom 6.12.1842)
Im Jänner 1843 wurde das Haus Nr. 18 samt dem darauf radizierten Kürschnergewerbe offiziell zur Versteigerung ausgeschrieben: Das Haus besteht aus einem Erdgeschoße, enthält 4 Zimmer, 2 Kammern, Speisen, und Küche, ist auch mit Wirthschaftsgebäuden versehen, und befindet sich im guten Baustande; dem guten Betriebe des Kirschnergewerbes ist die Lage des Marktes Kirchberg sehr günstig…. 
(Wiener Zeitung vom 13.1.1843)

1859/63: Josef Kotzinger ist Weißgerber in Kirchberg 10, Gattin ist Maria geb. Wittwer.

1851/59: Anton Heinrich ist bürgerlicher Kürschnermeister in Kirchberg 18, Gattin ist Anna geb. Steinbacher.
Um 1862: Anton Heinrich ist behauster Kürschnermeister in Kirchberg 18.
1871: Anna Heinrich, geb. Reinbacher, Kürschnersgattin, stirbt mit 49 Jahren.
Um 1888: Josef Heinrich ist Kürschnermeister in Kirchberg 31. Seine Gattin ist Maria Höfinger aus Unterstockstall.

1869: Der Weißgerber Anton Skuzak stirbt mit 70 Jahren in Kirchberg 10.

Um 1880/82: Franz Schwarz ist Lederergehilfe in Kirchberg 51.

Verlassenschaften 

Verlassenschaften von Gerber Leopold Graf (1781), Franz Schützenberger (1788) und Johann Paul Regelsberger (1797) siehe hier.
 

Quellen:
Dissertation von Dr. Franz Eiselt: „Beiträge zur Geschichte des Marktes Kirchberg am Wagram unter besonderer Berücksichtigung des Zeitraumes 1650 – 1806“, Wien 1973
Peter Rauscher–Andrea Serles (Bearb.), Bibliographie „Der Donauhandel“, https://donauhandel.univie.ac.at/bibliographie/ (10.10.2022)
Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram
Bay. HStA, HL Passau, Rep. 51, Verz. 1 Fasz. 5/101
http://de.wikipedia.org/wiki/Lohgerber
http://de.wikipedia.org/wiki/Wei%C3%9Fgerber_(Beruf) 
https://www.google.at/?gws_rd=ssl#q=anno+digitalisierte+zeitungen
http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCrschner 
 

Oktober 2014, letzte Änderungen April 2024
Maria Knapp