Die Einleitung des elektrischen Stromes und damit die Möglichkeit, Licht und Energie zum Betreiben von Geräten zu haben, war zu Anfang des 20. Jahrhunderts eine Sensation. Doch nicht überall in unserer Gegend konnte man diese Annehmlichkeit zur gleichen Zeit genießen. Gab es etwa in Kirchberg bereits um 1920 elektrischen Strom, wurde er beispielsweise in Winkl erst 1949 eingeleitet.

Bereits 1944 wurden Rücklagen zur zukünftigen Installierung des elektrischen Stromes getätigt. 

In der Schulchronik vermerkt Schulleiter Leopold Engelberger im Jahr 1949:
Seit Pfingsten l.J. brennt in Winkl das elektrische Licht. Im September 1948 entschloss sich die Gemeinde, die Anlage zu bauen. Der Lichtausschuß (Herr Bgmstr. Leopold Grill, Herr Karl Schmidt, Herr Rudolf Steinpatz, Herr Michael Bachmayer, Herr Nofirth Anton, Herr Franz Grausenburger, Lehrer Engelberger Leopold), von der Versammlung der Interessenten gewählt, erledigte alle Vorarbeiten. Am 15. Oktober 1948 wurde der Bau des Ortsnetzes begonnen, dann der Bau der Hochspannungsleitung und des Transformatorenhauses. Am 15.1.49 war die Leitung vollkommen fertig. Der von der Newag angeordnete Umbau des Transformatorhauses in Bierbaum wurde im Herbst nicht mehr fertiggestellt und dadurch verursacht, daß nicht – wie vorgesehen – schon im Winter – sondern erst im hohen Sommer eingeschaltet werden konnte. Was es für die Schule bedeutet, Licht zu haben, brauche ich wohl nicht zu erläutern.

Die Kosten waren erhebliche. Das Ortsnetz samt Ortsbeleuchtung kostete 51.000 S, die Hochspannungsleitung 32.000 S, die Einrichtung des Transformatorhauses 12.000 S, der Transformator 11.000 S, das Transformatorhaus 13.000 S, Projektierung 2.300 S, Projektberatung und sonstiges der Newag 5.800 S. Diese 127.000 S wurden von den Lichtwerbern im Laufe eines Jahres aufgebracht. Die Gemeinde übernahm davon eine Summe von 38.000 S. Die Finanzierung wurde nach folgendem Schema durchgeführt. Jeder Lichtwerber bezahlt für 1 Joch Eigenbesitz 150 S, für 1 Joch verpachtetes Land 110 S, für 1 Joch gepachtetes Land 75 S, außerdem einen Hausanteil, der von 0 – 5 Joch 500 S, von 5 – 10 Joch 750 S, von 10 – 15 Joch 1000 S und von 15 – 30 Joch 1250 S betrug. Diese soziale Staffelung ermöglichte jedem seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechend, seinen Beitrag zum Gelingen der gewiss schweren Aufgabe zu leisten. Ganz besonderer Dank gebührt dem Obmann des Lichtausschusses Franz Grausenburger, der unermüdlich tätig war. 

Aus den Erinnerungen von Herrn Leopold Grill:
Mein Vater war der Meinung, dass auch Winkl den elektrischen Strom bekommen müsse. Er begab sich mit dem Lehrer zum Landesrat Waltner. Dieser befürwortete das Projekt, doch der Kostenvoranschlag war für die Winkler Gemeindekasse viel zu hoch. Lehrer Engelberger forschte nun einen Kremser Betrieb aus, der billiger arbeitete, allerdings mussten die Winkler beim Aufstellen der Masten mithelfen.
Um die Installation zahlen zu können, wurden 40 – 50 Eichen versteigert, die von den 'Boh-Gartln' Richtung Gigging bis zu den Äckern 'in der Woad' standen. Diese Bäume wurden natürlich von Auswärtigen ersteigert, da es in Winkl keinen gab, der sich dies leisten konnte. Das Holz wurde unter anderem für Weinfässer verwendet.
Die ersten Installationen in den Häusern waren eher bescheiden, so ließ sich mein Vater drei Lampen montieren – er hätte diese umsonst bekommen, doch wollte er so wie alle anderen dafür bezahlen. 

Die ersten Geräte, die angeschafft wurden, waren Bügeleisen und Radioapparate. 

Die Kremser Firma hatte zwar billig gearbeitet, doch waren die Holzmasten von schlechter Qualität und mussten bereits 1953 ausgetauscht werden. Die Entfernung und Neusetzung besorgten die Ortsbewohner. In einem Nachtragsvoranschlag wurden die Kosten der Landesregierung vorgelegt und zur Deckung des Defizits um eine Bedarfszuwendung bzw. ein zinsenloses Darlehen angesucht. Der Gemeinderat beschloss, dass von den Lichtwerbern pro Haus 600,-- S und pro ha 60,-- S eingehoben werden. Die Bevölkerung wurde in einer allgemeinen Versammlung darauf aufmerksam gemacht, dass der Betrag unter allen Umständen zu bezahlen sei. Wirtschaftlich schlechter gestellte konnten ein Darlehen aufnehmen (2 ¾ %). Wer keine Arbeit leistete, hatte einen Taglöhner zu bezahlen.
Der Bürgermeister schlug vor, dass die angefallenen Altmasten auf dem Lizitationswege verkauft werden und das Geld in die Gemeindekasse fließt. Als Ausrufungspreis für einen Hochspannungsmasten wurden 30,-- S, für einen Ortsleitungsmasten 10,-- bestimmt. Die Lizitation wurde Dienstag, den 8.12.52 durchgeführt. 

Vom 13.9. – 11.10.1957 wurde die Ortsbeleuchtung erweitert und modernisiert. Es wurden statt der Holzmasten Eisenmasten versetzt und die meisten Lampen durch Quecksilberdampflampen ersetzt. Die Kosten betrugen 14.112,83 S.
 

Juni 2014
Maria Knapp