Scheidungen gab es trotz kirchlichem Verbot immer schon, auch wenn sie sehr selten waren. So berichten die folgenden Unterlagen über eine Scheidung aus dem Jahr 1810 in Ruppersthal: 
 

Herrschaft Rupersthall
Comissions-Protockoll
dato 27t März 1810 

Praesentes, Franz Mantler mitnachbar in Rupersthall. Theresia Mantler geborene Baurin daselbst. 

Um Trennung von Tisch und Bette, Vermögens Vertheilungs nebst Schadens u Unkösten Ersatz dieserwegen, aber Tagsatzungsanordnung. 

Georg Jagschitz m/b Justiz. Johan Maier Verwalter, Franz Mantler, Theresia Mantler, Benedikt Sturm in Wien, Vergleich. 

Nachdem die beiden Mantlerischen Eheleite zur ferneren Beisammenwohnung durch den Seelsorger u Ortspfarrer auf keine mögliche Art zu bereden waren, u die Theresia Mantler nicht herbeilest das uneheliche Kind zur Versorgung in das Wiener Versorgungshause zu bringen, so haben sie das pfarliche Zeugniß von heutigen Dato gerichtlich eingelegt, und da der Eheman Franz Mantler ohngeachtet aller Nachgiebigkeit sein Weib und gegnerin nicht im Stande ist dahin zu bringen, daß Sie von ihrem Starsine nachläst so ist hinsichtlich der Trennung folgender Vergleich gerichtlich geschlossen worden als:

Beide Theile haben sich dahin Verglichen, daß Sie in Ansehung dessen daß die Theresia Mantler das uneheliche Kind nicht in das Versorgungshause nach Win abgeben will und der Mantler daher mit ihr wegen dem begangenen Ehebruch ferners zu Leben nicht mehr geneigt ist von Tisch und Bette getrennt leben wollen, und der errichtete bürgerliche Ehevertrag von 17t April 1809 gänzlich aufgehoben sein solle. In Ansehung des Vermögens ist verglichen worden, das die Theresia Mantlerin Die gesamte Bauernwirthschaft in Rupersthall samt Vieh und Fahrnissen mit Last und Vortheil übernimmt und ihren Ehemann Franz Mantler die zugebrachten 7000 fl nebst 5 % Proto Interessen vom 8. Mai 1809 als eine Entschädigung 1000 fl für Holz und Heu die ausgelegten 60 fl. endlich die weiters in die Wirthschaft gebrachten 50 fl. zusammen also 8110 fl. von heute binnen einem Vierteljahr sammt 5 % Proto Interessen alsogewiß zu bezahlen verspricht, als in widrigen der Mantler berechtigt sein sollte sogleich die gerichtliche Exekution zu führen, annebst hat die Mantlerin noch besonders die gegenwärtigen Streikösten und alle vorfindigen Schulden zur selbstständigen Berichtigung übernehmen.

In Ansehung dessen, daß keine ehelichen Kinder vorhanden sind, ist auch wegen Versorgung keine Vorkehrung zu treffen nothwendig. Der Mantler hat sich besonders vorbehalten daß sein Weib an ihn auf keinen Falle mehr eine Forderung zu machen berechtigt sein solle, und alle wechselseitigen Forderungen und Gegenforderungen auch aufgehoben sind. 

Franz Mantler
Theresia Mantler
Benedikt Sturm m/p. Bürger und Weinhändler
 

Die treffenden Partheien werden hievon mit dem Beisatze verständiget, daß ihnen die Beisammenwohnung für die Zukunft keineswegs gestattet werde, und im Falle sie reumlich zusammentretten und die Ehe fortsetzen wollen, vorläufig die Meldung bei hiesigen Gericht so wie die Errichtung eines neuerlichen Ehekontraktes nothwenig zur Pflicht gemacht wird.

At supera: 

Collationiert und mit den im hiergerichtlichen Archive aufbewahrten ungestempelten Originale wörtlich gleichlautend befunden. 

K.K. Kreisgericht Krems den 4. Novbr. 1869

Schneider w. 

 

Quelle: Unterlagen, die die Familie Greil aus Unterstockstall freundlicherweise zur Verfügung gestellt hat. 

 

Juli 2014
Maria Knapp