Chronik und Inventar angelegt am 16. Juni 1920 durch den Bürgermeister K. Höflinger.

Um die dem heiligen Stephan gewidmete Kirche des Marktes und Wallfahrtsortes Kirchberg am Wagram herum lag seinerzeit der alte Friedhof. Durch den Bau der Schule, so erzählt man, wurde jener Friedhofsteil, der jetzt Kirchenplatz genannt wird, aufgelassen und liegt nun der alte Friedhof östlich, südlich und südwestlich von der Kirche und bietet einen herrlichen Ausblick über das ganze Tullnerfeld, über den Donaustrom hinüber bis zum Horizente, den die niederösterr. Kalkalpen einsäumen. Der alte Friedhof hat eine Stufe nach Südosten. Auf dieser Höhe liegt
 
I. Die Totenkammer, erbaut im Jahre 1903.

In dieser Totenkammer befinden sich laut Aufnahmeprotokoll vom 16.6.1920 folgende Utensilien:
  1. Eine Pritsche für eine Leiche,
  2. 1 Tisch mit 4 Sesseln (braun gestrichen),
  3. 1 Seziertisch mit Zinkblechüberzug,
  4. 1 Waschbecken, 1 Seife, 1 Schwamm,
  5. 1 Flasche mit Karbolwasser,
  6. 1 Ofen mit Rohr, 1 Kohlenkübel,
  7. 1 Tragbahre mit Strohmatratze u. 1. Keilpolster,
  8. 1 Bahrübertuch (grün).
Es wird festgestellt, daß zwei Fensterscheiben zerbrochen sind.  Friedhofswerkzeuge wie Schaufeln, Krampen u.s.w. sind nicht vorhanden.

 
II. Vorhanden sind weiters ca. 10 Steine, die herrenloses Gut sind.

Südwestlich von der Kirche und dem alten Friedhofe liegt der seitens der Sanitätsgemeinde Kirchberg am Wagram von der Kirchenvorstehung Kirchberg a.W. gekaufte und errichtete neue Friedhof.
Die Pfarrgemeinde Kirchberg am Wagram bestehend aus den Gemeinden
  1. Kirchberg am Wagram,
  2. Engelmannsbrunn,
  3. Mallon,
  4. Dörfl,
  5. Neustift,
  6. Unter-Stockstall,
  7. Mitter-Stockstall,
  8. Ober-Stockstall,
kaufte von genannter Pfarre die im Grundbuch desselben Ortes unter E.Z. 34 eingetragenen Parz. R.Z. 19/1, 19/2 Garten im Orte und 88 Bauarea (Scheuer) um den Kaufpreis von 4400 K. Die Scheuer wurde um den Betrag von K 400,-- feilgeboten bzw. weiter verkauft. Im Jahre 1907.
Die Errichtung des Friedhofes kostete der Pfarrgemeinde 10.000 K und die Errichtung des im neuen Friedhofe befindlichen Kreuzes rund 500 K.
Als weiteres Inventarstück muß der

 
III. Versenkungsapparat genannt werden. Anschaffungspreis rund 500 K.

Seit dem Jahre 1907 besteht nun der neue Friedhof und muß zum Leidwesen festgestellt werden, daß dieser vollständig belegt ist.
Es tritt nun an die Gemeinde die neue Sorge heran, einen neuen Friedhof trotz der ungeheuren Bodenpreise zu erwerben. An dieser Stelle muß erwähnt werden, daß eine Landgemeinde wie Kirchberg a. W. deren Bestand viele hunderte Jahre nachgewiesen erscheint, nicht einmal 1 Joch Acker als seinen Besitz nennen kann.
Als seinerzeit das Gut Oberstockstall samt den dazugehörigen Gründen, welche Kirchberg wie eine Klammer umfassen, käuflich zu erwerben war, verabsäumten, die Gem. Kirchberg, sowie die wohlhabenden Bürger derselben, diese günstige Kaufgelegenheit.
Wenn, was Gott verhüten möge, eine epidemische Krankheit ausbrechen würde, müßte sofort Friedhofgrund gekauft werden.

 
IV. Der Stand des in Sparkassebüchern festliegenden Vermögens am 1. Jänner 1920 ist K 3579.46

      und aus der „Anton Berger“schen Verlassenschaft                                400,--
Um die Geschäftsgebarung der Friedhofsverwaltung in richtige Bahnen zu lenken und um aus den Ein- und Ausgängen den jeweiligen Besitz der Pfarrgemeinde feststellen zu können, wird die Rechnungslegung des Herrn Johann Damböck, datiert vom 13. Mai 1920 als Anfangspunkt genommen.
Es erscheint die Amtstätigkeit des ersten Friedhofsverwalters, auf den die Errichtung des neuen Friedhofes zurückzuführen ist, sowie die provisorische Übernahme der Verwaltung seitens des Vorgängers, Herr Bürgermeister Friedrich Dewisch, des jetzigen Bürgermeister Karl Höflinger in den abgeschlosenen Friedhofsakte festgelegt.
Nach der Errichtung des neuen Friedhofes wurde beigeschlossene Friedhofsordnung aufgestellt.
Seit dieser Zeit sind insbesonders in den Jahren 1918-1919 sowie im Jahre 1920 durch die schlechten Valutarverhältnisse und die hohe Arbeitslöhne bestimmt, höhere Ansätze in der Tarifierung beschlossen worden.
Stand der Pfarrgemeinde Friedhofsverwaltung
Vermögen am 1. Juni 1920
Laut Einlagebüchlein No 17.931 d. Spark. Kbg.a.W.          K 3579,46
„          „                      No 22.867 „   „      Bergersche Verl.         400,--
„          „                       No 164 d. Sp.u.Vorsch.K.Kbg.             2105,04
an Bargeld                                                                                     72,--
                                                                                                   6256.50

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Den Text hat Herbert Eder aus Kollersdorf zur Verfügung gestellt.

 

Oktober 2020
Maria Knapp