Pfarrer Ignaz Scheiger

Die Kraft des Weins

 
Herr Bachus, ich war stets dem Gold,
Das aus den Gläsern schimmert, hold!
Das Wasser löscht den Durst, doch Kraft
Besitzet nur der Rebensaft.
 
Bald ist dahin die Lebenszeit,
Wenn drum auch Weib und Mutter schreit,
Daß ich dem Wein nicht trauen soll,
So ist mein Gläschen doch stets voll.
 
Nur Schwache werden übermannt;
Seid ihr nur mehr mit ihm bekannt,
So macht er auch nicht mehr als naß;
Und rinnt hinein, just wie in’s Faß.
 
Mit Weile kommt man auch an’s Ziel;
Es griff zu rasch es an, der fiel.
Trinkt, sag‘ ich, aber nach und nach,
So bringt ihr recht viel unter’s Dach!
 
Der Eilfer ist zwar schrecklich grob,
geschlürft verdient er alles Lob;
Dann aber wird der Kopf zu schwer,
und reißt so manchen hin und her.
Noch aber steh‘ ich fest, Herr Wirth,
unnötig daß mich jemand führt!
Und wank‘ ich manchmal auch, so muß
Erhalten mich mein dritter Fuß.
 
So sagte Hans, allein sein Muth
Bekam ihm keineswegs so gut:
Er brach zu Folge eines Falls
Im nächsten Graben sich den Hals.

 
Vor dem KellerFoto: Leopold Bauer, Bierbaum 

Der Durst

 
Schon wiederum so heißes Wetter?
Welch eine Gottheit wird mein Retter?
Es ist die Luft so schwül;
Da sollt‘ ich nun vor Hitz‘ verschmachten;
Und nicht schnell nach dem Keller trachten,
Und nur dort ist es kühl?
 
Wie dürstet Laub und Gras nach Regen,
Wie alle Saaten, die entgegen
Ihm nur zu lang schon sahn!
Die Pflanzen und die Bäumchen tränken,
Heißt ihnen neues Leben schenken;
Drum feucht‘ ich gleichfalls an.
 
O seht nur, wie die Gäns‘ und Enten
Nach frischem Wasser sich so sehnten,
Itzt ihre Gelte voll!
Ihr werden aber nicht verlangen,
Daß ich vom Durst hart angegangen,
Ihn auch da löschen soll?
 
Die Alten, die den Wein uns wässern,
Sie sinnen bei gefüllten Fässern
Nur immer auf Verkauf;
Wenn nicht die Söhne klüger wären,
So käme nie ein Wirth zu Ehren;
So ginge gar nichts auf.
 
Und soll man sich gar nie betrinken,
Was salzet man dann so den Schinken,
Und pfeffert so die Wurst?
Mit Unrecht schimpfet ihr hier jeden,
Man hört nur stets vom Trinken reden,
Doch keiner spricht vom Durst.

 
Beim Glas WeinFoto: Anton Halmer, Mitterstockstall

Wasser, Bier, Wein.

 
Wie lieblich, wenn die Natter zischet,
Und laut vor Durst der Löwe brüllt;
Und weit davon ein Quell erfrischet,
Der aus dem kühlen Felsen quillt!
Gehabt euch wohl ihr heißen Wüsten!
Ich bin dem bösen Durst nicht hold;
Es soll darum mich nicht gelüsten
Nach euern Schätzen, euerm Gold. 
 
Ob die kastal’sche Quell begeistert,
Darüber hat des Dichters sich
Die Zweifelsucht schon oft bemeistert,
Wenn er betrübt vom Brunnen schlich?
Nicht glücket, wenn der Wirth nicht borget;
Ein Oehlenschläger wagt darum
Nur erst mit gutem Bier versorget,
Sich in der Musen Heiligthum. 
 
Was Werth hat wird ihn auch erproben,
Nur wähl‘ ich stets das Bessre mir;
In Norden will ich gerne loben
Den frischen Quell, das starke Bier;
Doch soll, wenn heiß Glutwinde wehen,
Ein Trunk mir sehr willkommen seyn,
So laß‘ ich Bier und Wasser stehen,
Und lange nach dem göldnen Wein. 
 
Ignaz Scheiger war von 1799 bis 1835 Pfarrer in Kirchberg am Wagram, 1831 hat er einen Gedichtband veröffentlicht. Weitere Gedichte siehe hier.  
 

Franz Schauenstein  

Da Wein und d‘ Weibsbilda

 
Va Klingadorf da Schulmoasta
Hāt g’stritt’n mit sein Wei‘
Und a pāār Krātza, a blobs[1] Aug’n,
Wia `r öfta, --- kriagt dabei.
 
Er retarirt ös Wirtshaus, lāßt
Sö geb’n a hālwi Wein;
Do wia `r `an kost hāt, spirzt a’n aus
Un kimmt ön Gift erscht d’rein.
 
„D‘ Weibsbilda,“ – räsanirt a laut,
„Sand grād als wia da Wein;
„Ös best‘ war schon, ma lāssat sö
„Mit dö zween gār net ein!“
 
„Bei oan wia bei den ān’ern derft’s
„Ön Ausseg’n nöt viel traun,
„Bei āllizween kimmt’s āllaweil
„Noglei aum Nāg’schmāck ān!“
 
„Daß s‘ guit wirkan, - wia mānige sān’n,
„Dā san ma’r liawa stad;
„Grād dö zween hāmt no auf da Welt
„Nix thān, - āls Köpf vadraht!“
 
„Mi’n Zuifāll is `s bei ālli zween
„A recht a hoagligs Ding
„Und g’rād, vāl’s oana weg hām will,
„- Bleib‘nt s‘ eahm aum Lācha[2] lieg’n.
 
„Dö Siaß’n, dös s‘ ön Anfang hāmt,
„Dö kān oan nöt lāng g’freun;
„Vageht gār gach – und wās d’rauf kimmt,
„Hoaßt „Sturm“ bei lli zween!“
 
„Für’n Wein und a für d‘ Weib’sbilda,
„Dā g’hört a g’sunda Māg’n;
„Und `s „Altl“ kān bei ālli zween
„Da zehnti nöt vatrāgn!“
 
Da Wirt, der, weil’s sein Wein āngeht,
Gern boshafti iaßt war,
Fāllt eahm ö d‘ Red: „He Schulmoasta!
„An Untaschied – is a!“
 
„An niada, der Di‘ ānschaut, wird
„Zween Sāchan nöt vamisch’n:
„Ön Wein, den kānnst an Einschlā geb’n,
„Van Weiwan – oan dawisch’n!“
 
ā gesprochen wie oa
[1] blaues
[2] Lager
 
Franz Schauenstein, eigentlich Franz Rosskopf, (1858 – 1936), Dialektdichter in Kirchberg am Wagram und Wien. Näheres siehe hier und hier.

 
Vor dem KellerFoto: Anton Halmer, Mitterstockstall 
 

Sepp Rittler 

Im Lesn - eine Betrachtung

 
Im Weigat drom geht’s lusti zui,
s’wiad gsunga und wiad glocht,
a volli Buttn hat da Bui
grod zu da Boding brocht.
In d’Wei-ba-mü wern d’Wei-ba glaht
und in de Boding broat
werdn’s duach de Woizn durchidraht,
drauf kimmt da Moasch in d’Load.
 
Min Leswogn wiad a weggagführt,
es glinserlt spot und fria,
 es leitn d’Ros bei an niadn Schriat,
weuls Glöckerl trogm am Gschia.
Da Leskraunz hängt am Preßbaum drau,
da Most rinnt von da Büad,
de Spindl draht a oida Mau,
des mocht’n goa net müad.
 
Da Köllegrobn ist auf und auf
voü Fuawerk und voü Foß,
s’wird kost und gwägn,
s’geht da Kauf ums braune, süaße Noß.
Und owan Grobn, berg-auf, berg-o
do is a lustigs Lebn,
do schneidn d’Leit de Weinba o
vo hunderttausnd Rebn.
 
Sepp Rittler (1892-1943) war ein Kirchberg Heimatdichter. Näheres siehe hier und hier.
 
 
Bei der WeinleseFoto: Familie Grausenburger, Winkl 
 
Februar 2024
Maria Knapp