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Lese- und Kellerarbeit
Kindheits- und Jugenderinnerungen der Autorin
Meine Eltern besaßen eine kleine Landwirtschaft und dazu drei Viertel Weingarten mit einem Presshaus am Wagram. Schon als Kinder nahmen die Eltern meine Schwester und mich dahin mit – entweder im Auto oder am Traktoranhänger, was für uns weit lustiger, aber oft auch recht kühl war.
Der Keller war für uns ein Abenteuerspielplatz. Wir liefen um die Wette den abschüssigen Lehmweg die Kellerröhre hinunter oder erkundeten die vielfältigen Gerätschaften, die das Jahr über am Koa (von Presskoa - Presskorb) der kommenden Weinlese harrten. Am schönsten aber war für uns die Jause, wenn die Erwachsenen mit ihrer Arbeit fertig waren. Am klobigen Holztisch, auf einer alten Bank, saßen wir und ließen uns die Ölsardinen oder den Leberaufstrich aus der Dose schmecken. Auch durften wir, wie damals noch üblich, ein wenig vom Haustrunk kosten.
Kurz vor der Lese setzte eifriges Treiben im Presshaus ein. Die Biard (die Holzplattform, auf der der Presskorb aufgestellt war) wurde abgekehrt und mit dem mitgebrachten Wasser abgewaschen. Der Koa und die Traubenmühle wurden zusammengestellt, damit man beim Lesen nicht aufgehalten war.
Schon bald wollten wir bei der Weinlese mit dem Baum gehen – Kinder wollen ja am liebsten das machen, was noch nicht für sie bestimmt ist. Das heißt, wir gingen mit einer Stange, die durch die Spindel am Pressbaum gesteckt war im Kreis, solange, bis unsere Arme zu kurz waren und die Kraft zu wenig wurde.
Manchmal fuhren wir auch mit dem Vater zum Keller, wenn er Fassl wischen musste, das heißt, er reinigte die Holzfässer mit einem Lappen, da sich in der feuchten Luft des Kellers gerne Schimmel ansetzte. Nach getaner Arbeit holte er mit dem Weinheber noch etwas Wein zum Kosten und zum Mitnehmen aus einem der Fässer. Anfangs ging man mit der Kerze in den Kellerschlauch, später, da waren wir aber schon erwachsen, leitete mein Vater das elektrische Licht ein. Nur wenige Jahre später ging er in Pension. Da keine von uns beiden die Landwirtschaft übernahm - wie bei vielen kleinen Bauern wäre der Betrieb zum Sterben zu viel und zum Leben zu wenig gewesen - verkaufte er schweren Herzens seine Weingärten mitsamt dem Keller.
Ein Viertel Weingarten ist in unserer Gegend ein Viertel vom Joch (5755 m²), also ca. 1439 m². (Auf diversen Seiten im Internet ist es als Viertel vom ha angegeben.)
Fotos: Maria Knapp
Februar 2024
Maria Knapp