Ein Mann, der im 19. Jahrhundert für Winkl viel geleistet hat, war Ignaz Bösel.

Er wurde am 7. November 1802 in Engelmannsbrunn Nr. 51 geboren. Seine Eltern waren der Inwohner Andreas Bösel aus Engelmannsbrunn und Katharina, geb. Hammader aus Hippersdorf. Die Familie dürfte später nach Neustift umgezogen sein, da bei der Hochzeit von Ignaz (12. 1. 1829) als Wohnort der Eltern Neustift angegeben ist. Zum Zeitpunkt der Heirat war er 28 Jahre alt, seine Frau Maria Anna, Witwe des Josef Holzmann, Fassbinder in Winkl 13,  30 Jahre. Sie war die eheliche Tochter des Johann Herzog, Hauers in Schmida.

Das Haus Nr. 27, das er mit seiner Frau in Winkl bewohnte, (heute Schörgmayer), gehörte zur Herrschaft Winkelberg. Aus den Aufstellungen der Ablösungszahlungen von 1851 geht hervor, dass er auch Überländäcker der Herrschaft Grafenegg besaß.

Ignaz Bösel war von 1850 - 1867 Bürgermeister von Winkl. Um 1836 ist er aber schon als Dorfrichter genannt. Daneben war er auch Kirchenvater der Winkler Kirche.
 

Die Pfarrchronik Kirchberg am Wagram berichtet über ihn:
Nun wollte die Gemeinde etwas sichers über ihre Kirche und über ihre Rechte haben und begaben sich daher die 2 Männer, Ignaz Bösel und Franz Söllner nach Wien zum Regierungsrathe Reichel. Von dem konnten sie nur erfahren, daß die Winkler Kirche eine Gülde, ein Gut sei – der schickte sie zur Statthalterei, von der schickte man sie auf das Landhaus, von dem auf die alte Landtafel, aber erst im Katastralamte wußte man etwas von den 'Weiden'. Nämlich die Herrschaft Grafenegg hat im Jahre 1787, als Johann Exinger Bürgermeister von Winkl war, mit der Gemeinde eine Theilung der Donauauen vorgenommen, die der Kirche gehörten, Grafenegg bekam 80 Joch, die Winkler 78 Joch. Als besagter Johann Exinger gestorben war, verlangten (und ihr Verlangen war Befehl) die Grafenegger alle Bücher und Dokumente der Gemeinde, die auch auf Nimmerwiedersehen ausgeliefert wurden. Das 2. das sie erfuhren war, daß sie zu spät gekommen sind, um wenigstens die 2. Theilung die Grafenegg im Jahre 1822 mit der Gemeinde vornahm und wobei von den 78 Joch Auen nur 23 Joch der Gemeinde von der Herrschaft Grafenegg belassen wurden, rückgängig zu machen. Gleich nach der Rückkehr von Wien 1836 ließ daher Ignaz Bösel, damals Bürgermeister die Weiden urbar machen und zu jedem Hause 2 Theile zuweisen, sodaß Grafenegg nicht mehr theilen konnte.
….Eine neue Epoche für die Kirche begann 1863 als Ignaz Hohmann, damals Cooperator in Kirchberg war im Verein mit dem Bürgermeister Ignaz Bösel ging er daran, die Kirche zu bauen, so wie sie jetzt steht. ....Von Herrn Bösel aber ist noch zu bemerken, daß er es gewesen ist, der Winkl bewohnbar gemacht hat. Früher war der ganze Ort eine stinkende Sumpflacke, die Leute zum großen Theile blöd und mißgestaltet, wie man heute noch einige Exemplare sehen kann.

Das Ehepaar zog spätestens 1873 nach Kirchberg, wo sie im Haus Nr. 44 wohnten, wie aus folgendem Stiftungsbrief hervorgeht:
Wie Endesgefertigte: Pfarrer und Kirchenvater der Pfarrkirche ad St: Stefanum zu Kirchberg am Wagram bekennen kraft dieses Stiftbriefes: Es habe der mitgefertigte Ignaz Bösel, Hausbesitzer zu Kirchberg am Wagram No 44 den beiliegenden Grundbuchsauszug vom 6. Mai 1873 mit der Bestimmung überreicht, daß von den in dem Grundbuchsauszug angeführten Gründen jährlich 20 fn Ö:W. sage zwanzig Gulden Ö:W: an die hiesige Pfarrkirche entrichtet werden und zwar von dem Acker folium 31 von einem halben Joch Acker in Zwerchfeld .. Donaufeld und fol: 34 von ein halben Joch Acker in Donaufeld auf den Zwerchweg stossend 12 fn Ö.W: sage zwölf Golden Ö.W. und von der fol: 188. 1 ½ Achtl Weingarten in Wagram, Unterstockstaller Freiheit 8 fn Ö:W. sage acht Gulden Ö:W:
Die hier genannten Grundstücke, welche nach dem Tode des Herrn Ignaz Bösel in das Eigenthum seiner legitimen Erben übergehen, sollen in dem Grundbuche und zwar die 2 halbe Joch Äcker mit 12 fn und 1 ½ Achtl Weingärten mit 8 fn dem ausgesprochenen Willen des Herrn Ignaz Bösel belastet werden.
(Akten Pfarrkirche Kirchberg am Wagram, Landesarchiv St. Pölten) 

Als er schon in Kirchberg wohnte, dachte er noch an die Winkler, wie die Pfarrchronik Kirchberg berichtet:
1886. Am 11. April wurde durch Ignaz Pösl von Kirchberg der Gemeinde Winkel, wo selbiger lange Zeit Bürgermeister war, geschenkte Glocken über der Kapelle im oberen Orte, nachdem sie früher vom H. Pfarrer geweiht wurden, in einem eisernen Glockenstuhle aufgehangen, wobei es feierlich herging, und ein Mahl im Gasthause des H. Josef Schocher auf Kosten des H. Bösel die Feier beschloß.

Das Haus Winkl 27 in Winkl ging an Franz Bösl-Lastinger und seine Frau Katharina Reiser. Da das Ehepaar Bösl keine Kinder hatte, übernahm  Franz Lastinger, der Enkelsohn von Anna Maria Bösl aus ihrer ersten Ehe mit Josef Holzmann (Tochter Anna), die Landwirtschaft in Winkl. Bei seiner Heirat 1871 mit Katharina Reiser aus Kollersdorf lautet sein Name „Lastinger“, im NÖ. Amtskalender, wo er von 1889 bis 1891 als Bürgermeister angeführt ist, wird er Bösl-Leistinger genannt, in seiner Sterbeurkunde Bösel-Lastinger. Er war bereits in Neustift im Schulgemeinderat und ab 1892 im  Winkler Schulgemeinderat, wo er nach seinem Ableben im Jahr 1907 von Lehrer Jungbauer als "großer Schulfreund" bezeichnet wurde.

Anna Bösel starb 1872 an Schwäche, Ignaz Bösel 1888 an einem Herzfehler.
 

Quellen:
Diözesanarchiv Wien, Landpfarren Kirchberg am Wagram, Kass.3, Fasz.14, Filialkirche in Winkl
Pfarrmatriken Kirchberg am Wagram
Pfarrchronik Kirchberg am Wagram 
NÖ. Amtskalender, NÖ Landesarchiv, St. Pölten 
 

August 2012, letzte Änderung März 2024
Maria Knapp